Rom im Netz: Das antike Romdies lunae ante diem XVI Kalendas Octobres MMDCCLXXVII ab urbe condita Mondtag, 16. Tag vor den Kalenden des Oktober, 2777. Jahr nach Gründung der Stadt Ziegelsteinsaal und Santa Maria AntiquaQuelle: Plattner 1902
Folgt man dem antiken Vicus Tuscus, dem Weg, der zwischen dem Tempel des Castor und des Pollux und der Basilica Iulia hindurchführt, stößt man linker Hand auf die Überreste eines großen Baukomplexes, der sich in drei Teile gliedern lässt und dessen Funktion nicht eindeutig geklärt ist. Am auffälligsten ist die große Halle aus Ziegelsteinen direkt am Vicus Tuscus (A), die man lange Zeit fälschlicherweise für einen Augustus-Tempel hielt: Ihr waren auf der zum Forum hin gelegenen Seite eine Porticus, auf der dem Vicus Tuscus Seite kleine Ladenlokale (tabernae) vorgelagert. Der Bau selbst stammt aus der Zeit des Kaisers Domitian, mithin vom Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr., während die Läden erst zu Zeiten Hadrians angebaut wurden. Die Wände der Halle verfügten über große Nischen und waren mit Marmor ausgekleidet. Die Tatsache, dass der Baukomplex Zugang zum Palatin (C) und damit zu den kaiserlichen Palästen bot, hat zu Mutmaßungen geführt, ob es sich nicht um eine monumentale Eingangshalle der kaiserlichen Residenz handele. Unter dem Baukomplex wurden außerdem Überreste eines Vorgängerbauwerkes gefunden, das aus der Zeit Caligulas stammt, von dem bekannt ist, dass er den Eingang der Domus Tiberiana bis an den Tempel des Castor und Pollux heranbaute. Heute vermutet man, dass es sich bei dem Bauwerk um das von Hadrian gegründete Athenaeum gehandelt haben, einen Ort, der dem Studium und der Wissenschaft gewidmet war. Die Nischen wären damit als Aufbewahrungsorte für Schriftrollen zu erklären, und der Name Athenäum könnte auf die Nähe zu einem Tempel der Minerva (griech.: Athene) hinweisen, der Göttin der Wissenschaft, von dem bekannt ist, dass er im Velabrum (dem Gebiet hinter der Basilica Iulia) lag. Der mittlere Teil des Baukomplexes gliedert sich in zwei Räume: Einen offenen, nicht überdachten Raum (B1), der vermutlich eine Art Atrium bildete, und einen dahiner liegenden Raum (B2), der im 6. Jahrhundert zu der Kirche S. Maria Antiqua umgewandelt wurde. Die Porticus, die den Raum umgab, wurde zu Seitenschiffen umgewandelt und eine Apsis angebaut. Die Kirche verfügt über wertvolle byzantinische Malereien, ist aber seit langem nicht mehr zugänglich. Sie wurde im 9. Jahrhundert aufgegeben, weil der mehr und mehr verfallende Palast auf dem Palatin zu einer wachsenden Bedrohung für die darunter am Abhang gelegene Kirche wurde. Statt dessen richtete Papst Leo IV. in den Ruinen des Venus- und Roma-Tempels die neue Kriche Santa Maria Nuova ein. Vier Jahrhunderte später wurde über der mittlerweile völlig verschütteten alten Kirche ein neues Gotteshaus errichtet (S. Maria Liberatrice), die 1899 abgerissen wurde, um S. Maria Antiqua ausgraben zu können. Vor dem Eingang zum Atrium befindet sich eine weitere christliche Kultstätte (D), die nach dem Apsisgemälde als Oratorium der vierzig Märtyrer benannt ist. Folgt man dem Vicus Tusculus weiter, schließen sich an die große Ziegelsteinhalle die Horrea Agrippiana an, die Getreidespeicher des Agrippa.
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