Noch immer Sonntag, 26.09.2010
An diesem Nachmittag wollen wir, fachkundig begleitet von „unserer“ Signora B. das barocke Rom kennen lernen, ein „Muss“ für jeden Rom-Neuling und auch für Rom-Erfahrene immer wieder schön.
Wir treffen B. am Petersplatz und spazieren die Via Conciliazione
entlang zur Engelsburg. Ab hier werde ich mich ab und zu ein wenig von dem Grüppchen entfernen und eigene Wege gehen

Dank eines Tages der Monumenti patriacali ist freier Eintritt in die Engelsburg und entsprechend viele Menschen wollen sie auch besichtigen – aber es lohnt, auch im Gedränge, ein Blick auf die Stadt aus dieser Sicht.
Wegen zeitweiliger Überfüllung reicht die Menschenschlange weit hinaus auf die Engelsbrücke,
eine gute Gelegenheit die ausdrucksvollen Engelsstatuen (nach Entwürfen von Bernini geschaffen) auf der schönsten Brücke Roms zu betrachten.
Immer die Via Coronari entlang, vorbei an alten Palazzi und kleinen Antiquitätengeschäften, ein schneller Blick über eine kleine Piazza und in verwinkelte Gassen
– bevor ich zur Piazza Navona komme und wieder auf die Mitreisenden treffe schaue ich noch in die schön restaurierte Kirche der deutschsprachigen Katholiken in Rom:Santa Maria dell'Anima
SMA
Hier rechts im Chor ist der – nunmehr vorletzte – „deutsche“ Papst, Hadrian VI. begraben.
Ich verlasse die Kirche und ahne natürlich schon, wo nicht nur die Touristen sich einfinden, sondern auch die Römer sich gerne verabreden – auf der Piazza Navona.Mitten zwischen all den Menschen, die hier flanieren, den Straßenkünstlern und fliegenden Händlern, den Modefotografen mit ihren überschlanken Models und den gelangweilt herumstehenden Polizisten muss doch auch der Vier-Ströme-Brunnen zu sehen sein. Und hier ist es, dieses Meisterwerk des Barock!
Bernini hat die vier größten Flüsse der damals bekannten Erdteile personifiziert: der Nil, die Donau, der Ganges und der Rio de la Plata haben sich um den Obelisken, gekrönt mit der Taube – Symbol der Pamphili-Familie –, versammelt. Und zwischen sprudelndem Wasser wachsen steinern Pflanzen und Pferd und Löwe tummeln sich mit anderem Wassertieren unter der steinernen Palme, in deren Wedeln soeben der Wind gefahren zu sein scheint.
Ein weiterer Anziehungspunkt für die vielen Rom-Touristen - und wir mitten drin – das Pantheon. Unwillkürlich sieht man beim Eintreten nach oben, wo durch die 9 m breite Öffnung das Licht in den Raum fällt,
man sieht die Wolken vorbeiziehen und die Schatten an der Kassettendecke entlang wandern. Trotz Geschiebe und Gedränge erahnt man etwas von der Größe und Bedeutung dieses einzigen vollständig erhaltenen Kuppelbaus aus der Antike.
Jetzt erfrischt ein Caffè oder Eis oder wenigstens ein Schluck Wasser aus dem Nasone-Brunnen auf der Piazza, an dem sich auch die Tauben gütlich tun, bevor es weiter geht. Vorbei an Säulen aus dem ehemaligen Tempel des Kaisers Hadrian, heute die römische Börse an der Piazza di Pietra, hinüber zur Piazza Colonna mit der Mark-Aurel-Säule,
(wie ein Bilderband ist das Relief mit den Darstellungen der Siege von Mark Aurel um die Säule geschlungen) der jedoch nicht mehr die Säule krönt. Er wurde vom Apostels Paulus abgelöst – der nicht nur über die Stadt sondern auch auf den Sitz der italienischen Regierung im Palazzo Chigi auf diesen Platz blickt (und auf das Desaster das sich zur Zeit dort abspielt 8O). Wir überqueren die Via del Corso, die schnurgerade die Piazza del Popolo mit der Piazza Venezia verbindet, und gehen durch die ehemalige Galleria Colonna, die jetzt eine chice neu gestaltete Galleria Alberto Sordi geworden ist.
Die Italiener lieben ihre Gallerie um sich dort zu treffen, zu verhandeln, einzukaufen, einen Caffè zu nehmen. Wir stürzen uns auf der anderen Seite der Galleria erneut ins Getümmel. Kein Bad in der Fontana, wie bei Anita Ekberg im Film „La dolce vita“ ist möglich, aber ein Bad in der Menge:
der Trevi-Brunnen ist fast nur noch aus erhöhter Position sichtbar – von Romantik keine Spur – Gott Neptun scheint aus der Rückwand des Palazzo derer von Poli direkt in die über Felsen und Muscheln strömenden Wasserfluten, vorbei an Tritonen und geflügelten Pferden, gleiten zu wollen.
Wagt einer den obligatorischen Münzwurf? Ich denke, wir kommen auch ohne wieder einmal nach Rom zurück.
Immer nur durch die kleinen Straßen jenseits der Via del Tritone den Menschenmassen nach und auch wir kommen zu unserem nächsten Ziel. Am großen Palazzo di Propaganda Fide, Sitz der vatikanischen „Kongregation für die Verbreitung des Glaubens“, haben – wie schon auf der Piazza Navona mit Vier-Ströme-Brunnen und Kirche S. Agnese in Agone - die beiden rivalisierenden Baumeister Bernini und Borromini gewirkt.
Ein paar Schritte weiter steht die Colonna dell’Immaculata, eine antike Säule mit einer Marienstatue gekrönt. Jedes Jahr zum Fest der „Unbefleckten Empfängnis Mariens“ am 8. Dezember kommt der Papst hierher um Maria seine „Aufwartung zu machen“ und es wird traditionell ein großer Kranz mit weißen Blumen abgelegt. Noch ein paar Schritte weiter steht der Palazzo di Spagna, seit Jahrhunderten Sitz der spanischen Botschaft beim Hl. Stuhl, der dem Platz seinen Namen gab.
Müde sind wir, aber angekommen auf der Piazza di Spagna
mit der schönen Treppe, die elegant und beschwingt, unterbrochen durch Absätze und kleine Terrassen – aus unserer Sicht – hinaufführt zum Obelisken und zur Kirche SS. Trinità die Monti, geschaffen für’s Schreiten und Verweilen – wir sind jedoch auch dafür zu fußlahm. Diese müden Füße jetzt in der Fontana della Barcaccia kühlen – schöner Wunschtraum… unterbrochen durch die Überlegung, auf welchem Umweg wir uns zurück zum Hotel begeben wollen.
Die Via Condotti lockt und im Pulk der Flaneure bummeln auch wir vorbei an Prada, Gucci, Valentino und Versace, auch Ferragamo ist uns zu teuer und der zur Schau getragene Luxus verpackt in entsprechend groß beschriftete Tragetüten kann uns nicht beeindrucken. Wir riskieren einen Blick ins
in dem das Interieur noch immer vornehm-plüschig ist und die Kellner über allen Rummel erhaben zu sein scheinen. Gibt es noch Künstler, die hier verkehren, wie weiland Goethe & Co. und später Guttuso, de Chirico. oder sonstige Prominenz?
So einen mit so vielfältigen und reichlichen Eindrücken angefüllten Tag sollte man ruhig ausklingen lassen, was wir dann auch taten, erst beim guten Abendessen im Keller des kleinen „Piccolo“ um die Ecke am Hotel, bei angeregten Gesprächen in entspannter Atmosphäre und dann bei einem kleinen Abendspazierung „um’s quartiere“ bis wir wieder die beleuchtete Kuppel von St. Peter vor uns sahen.
Zur Einstimmung auf den morgigen Tag studierten wir noch die sinnigen Sprüche im Gästebuch des Hotels und wollten diesen - hier im Forum ja bekannten - Spruch ganz besonders beherzigen: „Gib jeden Tag die Möglichkeit, der schönste in deinem Leben zu werden“ (stammt übrigens von Marc Twain – oder ist es doch eine indische Weisheit?).