Italien: Regierung Meloni


Im neuen Kabinett haben die Fratelli mit neun Posten die meisten Minister. Lega und Forza Italia erhielten je fünf. Außenminister und Melonis Stellvertreter wird der EU-Politiker Antonio Tajani (Forza Italia). Lega-Chef Salvini ist ebenfalls Vize-Premier und musste sich mit dem Infrastrukturministerium zufriedengeben. Zunächst beanspruchte er das Innenministerium, das er 2018 in der Regierung Conte mit einer harten Anti-Migrationspolitik leitete. Innenminister wird nun stattdessen der Präfekt Roms, Matteo Piantedosi – einer von fünf parteilosen Experten des Kabinetts.
 

Salvini, der auch Vizepremier und Chef der rechten Regierungspartei Lega ist, hatte Musk vor einigen Tagen als „eines der führenden innovativen Genies“ bezeichnet. „Ich möchte, dass er mehr mit Italien und in Italien arbeitet, denn als Infrastrukturminister möchte ich ausländische Investitionen und Kapital anziehen“, hatte Salvini erklärt.

Davor hatte er Musk aufgefordert, an Italiens Wachstumsaussichten zu glauben. „Ich weiß, dass Musk Probleme hat, in Deutschland Fuß zu fassen. Hier in Italien ist er willkommen“, so Salvini. Musk ist öfters in Italien. So war er kürzlich bei einem Aufenthalt in Venedig fotografiert worden. Der 51-jährige war auch vom Papst im Vatikan empfangen worden.
 

Jahrzehntelang fühlten sie sich in die politische Schmuddelecke gedrängt. Die Postfaschisten von Giorgia Meloni sowieso, aber auch die übrige italienische Rechte, deren Ruf zuerst durch Silvio Berlusconi und dann durch dessen noch ungehobelteren politischen Erben Matteo Salvini nachhaltig ramponiert worden war. Doch dann kam der 25. September: Die postfaschistischen Fratelli d’Italia von Meloni wurden bei den Parlamentswahlen mit 26 Prozent der Stimmen stärkste Partei im Land, die Forza Italia von Berlusconi und Salvinis Lega erzielten je 8 bis 9 Prozent. Sie konnten die neue Regierung bilden, die am weitesten rechts stehende in der Geschichte der Republik, obwohl sie zusammen nur auf 43 Prozent der Stimmen gekommen waren. Für die italienische Rechte war der Wahlsieg eine regelrechte Befreiung.

Die „luna di miele“, die Flitterwochen, zwischen Meloni und einem beträchtlichen Teil der Italienerinnen und Italiener hält also vorerst noch an. Dazu trägt auch der forsche und zuweilen rotzige Umgangston der 45-jährigen Römerin aus dem Arbeiterquartier Garbatella bei, die sich in der Antrittsrede im Parlament selber als „Underdog“ bezeichnet hatte. Als Meloni beim G20-Treffen in Bali von Journalisten gefragt wurde, warum sie mit ihrer sechsjährigen Tochter Ginevra angereist sei, beschied sie den Medienschaffenden, dass das niemanden etwas angehe: „Ich habe das Recht, eine Mutter zu sein, wie ich es für richtig halte. Ich hoffe, dass diese Antwort genügt, damit ihr euch um wichtigere Themen kümmern könnt, von denen ihr eine vage Ahnung habt.“ Solche Sprüche gefallen vielen Italienern, auch linken. Und sie gefallen vorallem den Italienerinnen.
 

Die mögliche Rückkehr Italiens zu Schuldenwirtschaft und "kreativer" Finanzpolitik war nach dem Wahlsieg Melonis am 25. September denn auch die größte Sorge an den Finanzplätzen und auch in Brüssel gewesen. Doch zumindest bisher – nach einem Monat Regierungsarbeit – kommen ermutigende Signale aus Rom: In den Plänen der Regierung für den Staatshaushalt 2023 ist von den Wahlversprechen Salvinis und Berlusconis wenig übriggeblieben.


Das ist in erster Linie Finanzminister Giancarlo Giorgetti von Salvinis rechter Lega zu verdanken: Der Absolvent der renommierten Mailänder Wirtschaftsuniversität Bocconi ist das einzige Kabinettsmitglied, das schon unter Draghi Minister war – und zwar für wirtschaftliche Entwicklung –, und er gilt als Vertrauter des früheren parteilosen EZB-Präsidenten.
 
Keine wirkliche Überraschung. Sie hat schon mehrfach bewiesen, dass sie sich nach der populären Meinung richtet, damit sie bei den wichtigen Akteuren (EU etc.) nicht aneckt. Man darf nur nicht glauben, dass das alles auf ihrem Mist gewachsen ist. Sie ist hier ein ziemliches Fähnchen im Wind. Man darf das nicht als eine souveräne Politik angesehen, als ob sie Ahnung hätte. Sie hatte ja selbst von Anfang an gar kein konkretes Konzept, sondern nur mit Schlagworten um sich gehauen, kann also alles als ihre Politik verkaufen. Andererseits kann man sie dadurch gut "lenken", warum ich mir nicht so viel Sorgen mache
 
Zuletzt bearbeitet:

Außerdem ist im Haushaltsentwurf eine Erhöhung der Mindestrente von 20 Prozent vorgesehen. Gleichzeitig bekommen Arbeitnehmer, die sich für einen Aufschub des Renteneintritts entscheiden, obwohl sie die Voraussetzungen erfüllen, 9,19 Prozent mehr Gehalt pro Monat.

Neuerungen betreffen auch die Lohnsteuer: Sie wird nach dem Pauschalsystem auf Jahreseinkommen bis 85.000 Euro ausgedehnt.
 

Zusatz:

Die italienische Regierung hat im Rahmen ihres Haushaltsgesetzes für 2023 beschlossen, das Bürgergeld weitgehend abzuschaffen. Bis Jahresende muss das Gesetz vom Parlament bestätigt werden - in beiden Kammern hat die Rechtsallianz unter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni die Mehrheit.


2023 soll Bürgern, die nach Maßgabe der Regierung in der Lage sind zu arbeiten, nur noch acht Monate lang das Bürgergeld ausgezahlt werden. Ab 2024 bekommen sie dann gar kein Geld mehr, wenn sie ein nach der Definition der Regierung "angemessenes" Jobangebot ablehnen. Andere Menschen, die die Unterstützung beziehen, sollen intensiv überprüft werden. Dazu gehören unter anderem ältere Menschen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zwar mit Bezahlschranke, aber es ist hier im Forum ja mittlerweile Usus, auch solche Artikel einzustellen und bis zur Schranke zu zitieren.


10 Wochen nach ihrem Wahlsieg halten die Flitterwochen von Premierminister Giorgia Meloni und den Italienern an. Ihre Regierungspartei Fratelli d'Italia genießt den letzten Umfragen zufolge weiterhin starken Konsens und konnte sogar auf fast 30 Prozent der Stimmen zulegen, 4 Punkte mehr als bei den Parlamentswahlen im September. + von Micaela Taroni
 

Italien produziert nur 25 Prozent der benötigten Energie selber, die übrigen 75 Prozent werden in Form von Gas, Erdölprodukten und Kohle aus dem Ausland importiert. Zwar sind die erneuerbaren Energien in den vergangenen Jahren deutlich ausgebaut worden, die Produktion von Ökostrom reicht aber bei Weitem nicht aus. Der russische Angriffskrieg in der Ukraine macht Italien jetzt deutlich, dass die Energie-Abhängigkeit vom Ausland das Land hohen Versorgungsrisiken und einer instabilen und spekulativen Dynamik aussetzt.

Kein Wunder, dass die neue Regierung um die Rechtspopulistin Giorgia Meloni die Rückkehr zur Atomenergie, auf die die Italiener infolge einer Volksabstimmung 1987 verzichtet hatten, als Lösung für die Energieprobleme betrachtet.

Der Widerstand in Italien, der nach Tschernobyl einen Höhepunkt erreichte, beginnt inzwischen unter dem Druck der Energiekrise zu bröckeln. Daher will Ministerpräsidentin Meloni Pläne für den Bau eines Atomkraftwerks wieder in die Hand nehmen. Dabei muss sie jedoch mit dem sogenannten „Nimby“-Phänomen rechnen – das Kürzel steht für „Not in my Backyard“. Viele Menschen wären also prinzipiell für Atomenergie, aber nicht in ihrem Hinterhof.
 
Zurück
Oben