Pasticcio romano
Von dieser Rom-Reise wird es aus der verschiedensten Gründen keinen herkömmlichen Reisebericht geben, u.a. auch, weil ich noch den Bericht über die Lazio-Reise „in Arbeit“ habe. Aber so ganz ohne die Reiseeindrücke zu verarbeiten und sie mit anderen, die ebenfalls der Ewigen Stadt „verfallenen“ sind, zu teilen, geht es wohl doch nicht. Darum werde ich versuchen, ein kleines pasticcio romano zu fabrizieren. Mal abwarten, was daraus wird. Denn ein pasticcio kann ja vieles sein: ein Durcheinander, etwas (eine Pastete) zum Genießen , eine – wenn möglich nette – Bescherung und – ich werde mich bemühen – hoffentlich keine Pfuscherei... :~
Nachdem ich in Rom dieses Mal auch mit Rom-Neulingen unterwegs war, führten die Wege durch die Stadt auch zu Hauptsehenswürdigkeiten, die hier im Forum schon oft, ausführlich und vor allem sehr kompetent dargestellt worden sind – besser als ich es je könnte – und darum brauche ich nicht weiter darauf einzugehen. Ich werde auch nicht immer chronologisch vorgehen, sondern vor allem – sozusagen als Grundteig – die fotografierten Eindrücke mit Euch teilen, immer wieder ein Zitat einfügen oder einen Link, storielle erzählen oder meine persönlichen Erinnerungen dazu anmerken. Mal sehen, wie sich il pasticcio entwickelt. :roll:
Falsch kann es nicht sein, so zu beginnen, wie wir in realtà begonnen haben: mit einem Überblick über Rom. Nach Santo Spirito und der gleichnamigen Porta in der Leoninischen Stadtmauer
mühsam den Hügel erklommen
und dafür belohnt worden mit wunderschönen Blicken über die Stadt im spätnachmittäglichen Licht, bunt wie die Luftballons für die kranken Kinder im Ospedale Bambino Gesù.
Der kleine Platz vor der Kirche San Onofrio eröffnet den Reigen: schon „Goethe was here“ wie er nicht per Graffiti , sondern in seinem Reisetagebuch unter dem 16. Februar 1787 vermerkt (und anhand einer Gedenktafel dokumentiert ist):
Was wäre eine passeggiata über den Gianicolo ohne Anita und Giuseppe Garibaldi -
ohne das Lieblingsautomobil der Römer – Raum ist im kleinsten Fiat -
und ohne eine Hochzeitsgesellschaft?
Schlicht und einfach: nicht denkbar. :nod:
geht es über die Treppenanlage hinab nach Trastevere, hinein ins Gassengewirr und Menschengetümmel eines lauen Samstagsabend.
Zu Trastevere gehört für mich unabdingbar S. Maria in Trastevere und die Abendandacht der Gemeinschaft Sant'Egidio.
Auch dieses Mal besuchten wir sie, hatten einen anregenden Austausch über die Schönheit dieser Marienkirche, eine der ersten, wenn nicht sogar die älteste in Rom, und schauten mit Sig.a Cecilia von der Gemeinschaft auch noch in der Kirche Sant'Egidio vorbei, bevor wir uns am Tiberufer entlang wieder auf den Weg zurück ins Hotel machen.
Die von Pietro Cavallini geschaffen Mosaiken im unteren Bereich der Apsis zeigen Episoden aus dem Leben Marias: blush: leider nur unscharfe Aufnahmen)
Der wunderschöne Kosmatenfußboden -
dessen älteste Stücke sich im Chorraum vor dem Bischofsstuhl befinden. (Foto leider unscharf)
Auch dieses Mal wieder besonders beeindruckend für mich die Ikone der Madonna della Clemenza e della Pace in der Kapelle Altemps.
Erst durch längeres Betrachten erkennt man die als Königin dargestellte, auf einem Thron sitzend und das Kind auf dem Schoß haltende Mutter Maria, immer klarer, tritt sie einem fast zauberhaft entgegen – wie auch die beiden Engel zu ihrer Seite.
Diese wie nicht von Menschenhand gemalt anmutende Ikone geht auf das VI. Jh. zurück. Anderen Quellen datieren sie auf Anfang VIII. Jh., da man in der kleinen knienden Figur zu Füßen Marias den Papst Giovanni VII. (705-707) zu erkennen meint (der auf den Fresken in S. Maria Antiqua als großer Marienverehrer signiert: „schiavo dalla Madre di Dio“).
Ohne Zweifel ist es die älteste, fast vollständig erhaltene Ikone dieses Ausmaßes (165 cm x 110). 1953 wurde sie restauriert und die Magie, die diese Ikone ausstrahlt spiegelt sich auch wider in der Erzählung, dass ein Restaurator, nach seiner Arbeit am Bild auf dem Heimweg einen Verkehrsunfall erlitt, sechs Tage in Koma lag und bei seinem Aufwachen sich nur daran erinnerte, dass die Madonna sich von ihrem Thron erhoben hatte, um ihm das Jesuskind zu geben. - Storielle romane...
Durch das Gewirr von „Abendschwärmern“, vorbei an dicht besetzten Tischen vor den Trattorie und Restaurants, entlang an umlagerten Verkaufsständen mit immer gleicher Ware gehen wir mit Cecilia noch zur Kirche Sant'Egidio, wo die Gemeinschaft 1968 ihr erstes Treffen hatte und nach der sie ihren Namen wählte.
Der Rückweg zum Hotel war die „übliche“ lange, schöne passeggiata am Tiber entlang, darauf achtend, die Stolperfallen in Form von Baumwurzeln, die den Asphalt des Bürgersteiges aufgeworfen haben, zu umgehen und trotzdem die am Lungotevere gelegenenen, erleuchteten Palastfassaden, Kirchenkuppeln und die Engelsburg zu bewundern. Ein kleiner Schlenker zum Ospedale di Santo Spirito – und ja, die Drehlade für ausgesetzte Babys ist auch noch da.
Diese hier ist eine der ältesten „Babyklappen“, eingerichtet 1198, nachdem Innozenz III. verfügt hatte, dass an den Pforten von „Findel-“ und Waisenhäusern sogenannte torni (Drehladen) für Findelkinder anzubringen sind.
Bevor wir den nächtlichen Petersplatz mit der beleuchteten Basilika und den sprudelten Brunnen erreichen, passieren wir die nicht dokumentierte, dunklere Seite der auf den Platz zuführende Via della Conciliazione. In den Ecken und Eingängen zu den Palazzi nächtigen Obdachlose, in Schlafsäcke oder dicke Jacken gewickelt, als Unterlage eine große Pappe, eine Decke oder gar nichts…
Schon die Schriftstellerin Marie Luise Kaschnitz, die lange Zeit in Rom lebte und deren römische Erzählungen und Gedichte ich schätze, beschrieb schon Anfang der 1950er Jahre in ihrem Gedichtzyklus „Ewige Stadt. Rom-Gedichte“
Diese Bilder legen sich vor die stimmungsvolle Kulisse – die sich leichter ablichten lässt.
Wie überall: zwei Seiten einer Stadt, auch an diesem Ort.
Bei Tag sieht alles wieder heller aus – darum zur Einstimmung auf den sonnigen Sonntag eine Frage an die, die raten wollen :
Romreise vom 02. bis 09. Mai 2015
Von dieser Rom-Reise wird es aus der verschiedensten Gründen keinen herkömmlichen Reisebericht geben, u.a. auch, weil ich noch den Bericht über die Lazio-Reise „in Arbeit“ habe. Aber so ganz ohne die Reiseeindrücke zu verarbeiten und sie mit anderen, die ebenfalls der Ewigen Stadt „verfallenen“ sind, zu teilen, geht es wohl doch nicht. Darum werde ich versuchen, ein kleines pasticcio romano zu fabrizieren. Mal abwarten, was daraus wird. Denn ein pasticcio kann ja vieles sein: ein Durcheinander, etwas (eine Pastete) zum Genießen , eine – wenn möglich nette – Bescherung und – ich werde mich bemühen – hoffentlich keine Pfuscherei... :~
Nachdem ich in Rom dieses Mal auch mit Rom-Neulingen unterwegs war, führten die Wege durch die Stadt auch zu Hauptsehenswürdigkeiten, die hier im Forum schon oft, ausführlich und vor allem sehr kompetent dargestellt worden sind – besser als ich es je könnte – und darum brauche ich nicht weiter darauf einzugehen. Ich werde auch nicht immer chronologisch vorgehen, sondern vor allem – sozusagen als Grundteig – die fotografierten Eindrücke mit Euch teilen, immer wieder ein Zitat einfügen oder einen Link, storielle erzählen oder meine persönlichen Erinnerungen dazu anmerken. Mal sehen, wie sich il pasticcio entwickelt. :roll:
Falsch kann es nicht sein, so zu beginnen, wie wir in realtà begonnen haben: mit einem Überblick über Rom. Nach Santo Spirito und der gleichnamigen Porta in der Leoninischen Stadtmauer
mühsam den Hügel erklommen
und dafür belohnt worden mit wunderschönen Blicken über die Stadt im spätnachmittäglichen Licht, bunt wie die Luftballons für die kranken Kinder im Ospedale Bambino Gesù.
Der kleine Platz vor der Kirche San Onofrio eröffnet den Reigen: schon „Goethe was here“ wie er nicht per Graffiti , sondern in seinem Reisetagebuch unter dem 16. Februar 1787 vermerkt (und anhand einer Gedenktafel dokumentiert ist):
Vielleicht hatte er sich schon auf diesem „Bänkchen“ niedergelassen und – wie auch Marie-Henri Beyle besser bekannt als Stendhal - über die Stadt geschaut und „ohne Zweifel einer der schönsten Plätze der Welt um zu sterben“ geseufzt. Oder hatte Stendhal dabei eher an den Dichter Torquato Tasso gedacht, der hier gestorben und beerdigt ist?„Am 2. Februar begaben wir uns in die Sixtinische Kapelle zur Funktion, bei welcher die Kerzen geweiht werden. Ich fand mich gleich sehr unbehaglich und zog mit den Freunden bald wieder hinaus. ... [FONT=Times New Roman, serif]Darauf suchten wir das Freie und kamen nach einem großen[/FONT][FONT=Times New Roman, serif] Spaziergang auf St. Onofrio, wo Tasso in einem Winkel begraben liegt.“ [/FONT]
Was wäre eine passeggiata über den Gianicolo ohne Anita und Giuseppe Garibaldi -
ohne das Lieblingsautomobil der Römer – Raum ist im kleinsten Fiat -
und ohne eine Hochzeitsgesellschaft?
Schlicht und einfach: nicht denkbar. :nod:
geht es über die Treppenanlage hinab nach Trastevere, hinein ins Gassengewirr und Menschengetümmel eines lauen Samstagsabend.
Zu Trastevere gehört für mich unabdingbar S. Maria in Trastevere und die Abendandacht der Gemeinschaft Sant'Egidio.
Die von Pietro Cavallini geschaffen Mosaiken im unteren Bereich der Apsis zeigen Episoden aus dem Leben Marias: blush: leider nur unscharfe Aufnahmen)
die Geburt Marias und die Verkündigung durch den Engel Gabriel
die Geburt Jesu und die Anbetung der Weisen
die Vorstellung Jesu im Tempel und der Tod Marias.
Die mächtigen Säulen vermutlich aus den Caracallathermen hierher verfrachtet und bunt zusammengewürfelt hier zur Wiederverwendung gebracht.die Geburt Jesu und die Anbetung der Weisen
die Vorstellung Jesu im Tempel und der Tod Marias.
Der wunderschöne Kosmatenfußboden -
dessen älteste Stücke sich im Chorraum vor dem Bischofsstuhl befinden. (Foto leider unscharf)
Erst durch längeres Betrachten erkennt man die als Königin dargestellte, auf einem Thron sitzend und das Kind auf dem Schoß haltende Mutter Maria, immer klarer, tritt sie einem fast zauberhaft entgegen – wie auch die beiden Engel zu ihrer Seite.
Diese wie nicht von Menschenhand gemalt anmutende Ikone geht auf das VI. Jh. zurück. Anderen Quellen datieren sie auf Anfang VIII. Jh., da man in der kleinen knienden Figur zu Füßen Marias den Papst Giovanni VII. (705-707) zu erkennen meint (der auf den Fresken in S. Maria Antiqua als großer Marienverehrer signiert: „schiavo dalla Madre di Dio“).
Ohne Zweifel ist es die älteste, fast vollständig erhaltene Ikone dieses Ausmaßes (165 cm x 110). 1953 wurde sie restauriert und die Magie, die diese Ikone ausstrahlt spiegelt sich auch wider in der Erzählung, dass ein Restaurator, nach seiner Arbeit am Bild auf dem Heimweg einen Verkehrsunfall erlitt, sechs Tage in Koma lag und bei seinem Aufwachen sich nur daran erinnerte, dass die Madonna sich von ihrem Thron erhoben hatte, um ihm das Jesuskind zu geben. - Storielle romane...
Durch das Gewirr von „Abendschwärmern“, vorbei an dicht besetzten Tischen vor den Trattorie und Restaurants, entlang an umlagerten Verkaufsständen mit immer gleicher Ware gehen wir mit Cecilia noch zur Kirche Sant'Egidio, wo die Gemeinschaft 1968 ihr erstes Treffen hatte und nach der sie ihren Namen wählte.
Die kleine Kirche ist als „Ausweichmöglichkeit“ gedacht, für diejenigen, die dem Ansturm und Trubel in S. Maria entgehen wollen. Hier finden sich die ein, die in Ruhe zum stillen Gebet vor der Ikone verweilen wollen. Anrührend fand ich den Korpus des gekreuzigten Christus ohne Arme: er hat nur unsere Arme für die Hinwendung zu den Armen in unserer Gesellschaft, erklärte Cecilia uns das Symbol dieser Skulptur für die Gemeinschaft.Die Gemeinschaft Sant' Egidio hat ihren Namen von der dem Hl. Ägidius von Rom geweihten Kirche im römischen Stadtteil Trastevere, in dem ihre ersten Treffen seit 1968 stattfanden. Zu den Gründern gehört insbesondere Andrea Riccardi, Geschichtsprofessor und Träger des Karlspreises 2009. Zusammen mit anderen Studenten war Riccardi zwar von der Empörung der Studentenrevolte mit ergriffen worden, spürte aber schon bald, dass eine wirkliche Erneuerung des menschlichen Zusammenlebens nur auf christkatholischer Grundlage möglich ist. Vor allem ist ein intensives Gebetsleben und ernsthaftes Engagement für die Armen und Schwachen vonnöten.
Der Rückweg zum Hotel war die „übliche“ lange, schöne passeggiata am Tiber entlang, darauf achtend, die Stolperfallen in Form von Baumwurzeln, die den Asphalt des Bürgersteiges aufgeworfen haben, zu umgehen und trotzdem die am Lungotevere gelegenenen, erleuchteten Palastfassaden, Kirchenkuppeln und die Engelsburg zu bewundern. Ein kleiner Schlenker zum Ospedale di Santo Spirito – und ja, die Drehlade für ausgesetzte Babys ist auch noch da.
Diese hier ist eine der ältesten „Babyklappen“, eingerichtet 1198, nachdem Innozenz III. verfügt hatte, dass an den Pforten von „Findel-“ und Waisenhäusern sogenannte torni (Drehladen) für Findelkinder anzubringen sind.
Bevor wir den nächtlichen Petersplatz mit der beleuchteten Basilika und den sprudelten Brunnen erreichen, passieren wir die nicht dokumentierte, dunklere Seite der auf den Platz zuführende Via della Conciliazione. In den Ecken und Eingängen zu den Palazzi nächtigen Obdachlose, in Schlafsäcke oder dicke Jacken gewickelt, als Unterlage eine große Pappe, eine Decke oder gar nichts…
Schon die Schriftstellerin Marie Luise Kaschnitz, die lange Zeit in Rom lebte und deren römische Erzählungen und Gedichte ich schätze, beschrieb schon Anfang der 1950er Jahre in ihrem Gedichtzyklus „Ewige Stadt. Rom-Gedichte“
den sehr Armen ...
Der schläft, den Kopf auf dem Nomadenstroh.
Diese Bilder legen sich vor die stimmungsvolle Kulisse – die sich leichter ablichten lässt.
Er sprudelt wieder
und auch wenn das Gedicht Der römische Brunnen nicht für diesen Brunnen geschrieben wurde , so passt es doch immer wieder :~.
Aufsteigt der Strahl und fallend gießt
Er voll der Marmorschale Rund,
Die, sich verschleiernd, überfließt
In einer zweiten Schale Grund;
....
und auch wenn das Gedicht Der römische Brunnen nicht für diesen Brunnen geschrieben wurde , so passt es doch immer wieder :~.
Wie überall: zwei Seiten einer Stadt, auch an diesem Ort.
Bei Tag sieht alles wieder heller aus – darum zur Einstimmung auf den sonnigen Sonntag eine Frage an die, die raten wollen :
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