Bericht: Von A bis Z durch das Lazio

Pasquetta

Magnus
Stammrömer
Von A bis Z durch das Lazio

Beide Buchstaben finden sich im Wort Lazio, so bietet es sich an, diesen Reisebericht daran auszurichten und ich werde versuchen, pian piano ;), dieses Orte(und Sonstiges)-Alphabet mit Inhalt zu füllen oder manchen erwähnten Ort auch nur „auf der Durchfahrt“ zu streifen.

A Anagni, Ardea "Raccolta Manzù"
B Bassano Romano, Bracciano
C Castel Sant'Elia, Casamari, Ciociaria, Cori, Capranica Prenestina, Castel S. Pietro Romano, Castelli romani, Castel Gandolfo,
D Dolce Bigne di San Giuseppe 8)
E Estate e Mare man wird wohl noch träumen dürfen :~
F Fossanova, Frascati,
G Genazzano, Grottaferrata
H Horaz-Villa und
I/J Jenne haben wir angeschrieben gesehen, aber nicht besucht
K Sieger Köder "Mahl mit den Sündern"
L Lago di Bracciano, La Storta, Latina, Lido di Castel Fusano und Ostia
M Mentorella, Marino
N Nepi, Nemisee und Nemi
O Olevano Romano
P Palestrina, Pontinische Ebene
Q Quattro chiacchiere
R Roccasecca dei Volsci, Rocca di Papa, Rom "Dio Padre Misericordioso"
S Sutri, Santa Maria di Galeria, San Cesareo, Subiaco
T Tivoli (stand jedoch erst wieder im Mai auf dem Reiseplan), Tusculum
U Uve für den Vino di Frascati ;)
V Vicarello, Veroli, Velletri
Z Zagarolo

Das Latium (auf dem Festland) zieht natürlich weitere Kreise, ungefähr vom
Lago di Bolsena (bei einer Assisi-Fahrt 1994 besucht)


über das Rieti-Tal (wo wir 2007 waren)


Rieti am Velino-Fluss

Poggio Bustone

Greccio


und östlich Richtung :~ "Amatrice" ;) und – grosso modo - zum Gebiet des Nationalparks Gran Sasso, dann südlich Richtung Cassino und weiter zur Küste des Thyrrenischen Meers nach Gaeta, Terracina, am markanten Monte Circeo vorbei bis hinauf nach Civitavecchia und noch ein bisschen weiter.

So werden meine A-Z-Orte nur eine kleine Auswahl im südlichen Lazio oder eher: im Umland von Rom sein. Wir haben uns ja vor allem in der Provinz Rom bewegt und darüber hinaus ein wenig in den Provinzen Viterbo, Frosinone und Latina aufgehalten. Vieles, was ich mir notiert habe, haben wir in diesen knapp sieben Reisetagen nicht besuchen und sehen können – mangels Zeit oder Kraft oder auch, weil uns Wetter und Verkehr eingeschränkt haben. Aber was wir gesehen haben und in Ruhe und mit Muße betrachten konnten, war sehr schön.

Fast jeder der besuchten Orte wäre einen Tagesausflug wert, aber diese Zeit stand uns leider nicht zur Verfügung und so wussten wir von vornherein, dass wir uns beschränken müssten. Die Auswahl war darum verhältnismässig klein, aber dafür überzeugte uns die Qualität der angefahrenen Ziele.

Und so möchte ich alle, die sich dafür interessieren, einladen, mit mir einen kleinen Teil des schönen Latiums zu entdecken.
 
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Und so begann an einem nasskalten, trüben Samstag im Februar 2015 unsere Reise in das Umland von Rom.

Der Flug, die Ankunft in FCO und Übernahme des Mietautos funktionierten problemlos und auch der Weg Richtung Frascati wurde gut bewältigt. Jedoch das Hotel mussten wir suchen. 8O Unser Navi wollte einfach nicht akzeptieren, dass die Hausnummer 15 nicht zu sehen war bzw. das Hotel zurückgelegen in einem kleinen parkähnlichen Gelände lag. Aber der Klügere gibt nach und ruft ihm Hotel an, so dass auch ohne technischen Hinweis die exakte Einfahrt gefunden wurde.
Das Hotel entsprach den Angaben im "www.*", Zimmer und Bad waren ansprechend und sauber und der Blick vom Minibalkon aus in die Ebene, wo Rom sich ausbreitet bis zu den Bergen, entschädigte für das, was wir schon gewusst hatten: auf der Via Tuscolana rauscht der Verkehr.
Eigentlich möchten wir nun etwas zu Abend essen, aber die italienischen Verhältnisse sind anders „getaktet“ als unser Hunger. Um diese frühe Abendzeit sind hier die meisten Lokale noch nicht geöffnet. In Grottaferrata werden wir nach einigem Suchen und etwas später doch fündig, auch wenn sich die „Locanda“ erst nach und nach füllt, während wir schon das verspeisen, was uns der freundliche Wirt und seine Gehilfin empfohlen haben: eine reiche Palette von sehr guten „Antipasti di Terra“ - von Schinken, Salami und Käse auf Rucola über diverse Gemüse gegrillt und „in umido“ bis zu Polpettine und Trippa -, ein Teller randvoll mit „una Pasta semplice“ ging gerade noch, aber mehr war nicht mehr zu schaffen... Gut, dass ein Espresso hilft zu verdauen.


Vom Hotel-Balkönchen aus sieht man das Lichtermeer von Rom. Vor uns liegt eine ruhige Nacht – bis gegen fünf Uhr früh in einem der Gärten ringsum ein Hahn zu krähen beginnt...

Sonntag, 22.2.2015 – Es regnet schon wieder etwas und ist ziemlich frisch – Februarwetter. Obwohl, zaghafte Frühlingszeichen sind zu erkennen – die zarten Blüten einer kleinen Magnolie brechen auf...


Der Nachtregen hat alles blank gewaschen, Rom liegt vor uns, der Monte Soratte erhebt sich aus der Ebene und der Blick geht bis zu den Monti Tiburtini.



Der erfragten Öffnungszeiten geschuldet soll uns unser erster Ausflug in das nördliche Lazio führen. Die Fahrt auf dem GRA geht zügig - rechts sieht man die schneebedeckten Berge des Apennin - an Prima Porta heißt es schon „Willkommen in Veio“ (von wo der schöne Apollo in der Villa Giulia in Rom herstammt) und auf der Via Cassia geht es weiter Richtung Norden durch noch ursprüngliche Landschaft, der Nebel zieht über Berghänge und durch Täler, Schafherden auf den Wiesen...

In Nepi kommt das Acqua di Nepi vom Himmel und es gibt auf der Durchfahrt nur einen Fotoblick auf das noch relativ junge Aquädukt

- und dabei dann den „Durchblick“ gehabt, dass die Batterie des Fotoapparates fast leer ist 8O und die zweite im Hotel liegt. :x Künstlerpech: es regnet und ich werde nicht viel fotografieren können :cry:, dabei haben wir doch für heute eine „Tour“ geplant in Orte, von denen ich noch keine Fotos habe. x(

Castel St. Elia: Das idyllisches Städtchen liegt hoch oben auf einem Tuffplateau, das steil in das Valle Suppentonia abfällt. Man betritt das Städtchen durch ein schönes Stadttor mit Uhrturm. Noch ist alles ruhig, Sonntagmorgen eben. Wir fahren aber hinab ins Tal zur Hauptattraktion des Ortes, zur kleinen, über tausend Jahre alten Basilika, die dem hl. Elias geweiht ist. Um 520 wurde hier vom hl. Benedikt eines seiner ersten Klöster gegründet und die Abteikirche auf den Resten eines Diana -Tempels errichtet. Anfang des 11. Jh. – das genaue Datum kennt man nicht – ließ der Benediktinerabt Elia die jetzige Kirche erbauen und wurde so zum neuen Namenspatron.


Man betritt die unscheinbar wirkende Kirche durch ein mit schönen Steinreliefs verziertes Portal. In der „langobardischen Flechtarbeit“ jagen wilde Tiere ihre Beute und haben sich bemitleidenswerte Gestalten verirrt.




Das Kircheninnere birgt vor allem einen reichen Schatz an frühromanischen Fresken, die sorgfältig und hervorragend restauriert worden sind. Die Maler „fratelli Giovanni e Stefano“ und ihr „nipote Nicola“ haben die Fresken „signiert“, so dass man sie auf Anfang des 11. Jh. datieren kann.


An der Apsiswand Christus zwischen Petrus und Paulus
Bei den beiden anderen Figuren ist man nicht sicher wen sie darstellen, wahrscheinlich Elias (Soldat, Mönch und dann Abt des Klosters) und Eliseus (Nachfolger des Propheten Elias). Das Lamm Gottes ist eine Übermalung des Originalfreskos.​


Byzantinischen Einfluss lassen die Jungfrauen in prächtigen Gewändern erkennen. Sie halten Kronen und andere Gaben in ihren verhüllten Händen. Zwei Engel, in den Händen Zepter und eine Scheibe oder ein spiralförmiges Gebilde, für welche man noch keine Erklärung hat, stehen hier an so zentraler Stelle, wie man es bei der abendländischen Malerei bis dahin noch nicht hatte.



Die Fresken auf der linken Querhauswand sind fast vollständig zerstört, auf der Wand des rechten Querhauses sind die „Visionen der Apokalypse“ (aus der Offenbarung des Johannes) abgebildet.




Aus der Offenbarung (5,8 ) auch die "vierundzwanzig Ältesten ... alle trugen ... goldene Schalen voll von Räucherwerk ..."



Aus einer späteren Epoche (13./14. Jh.) sind die Fresken an der Langhauswand, Maria und Heilige darstellend.

Wie schon erwähnt: die Batterie des Fotoapparates war fast leer, darum gibt es leider auch nur wenige – und auch nicht besonders gelungene – Fotos von den Fresken. Aber man kann u.a. hier etliche Fotos dazu finden.


Es lohnt weiterhin, den Kircheninnenraum aufmerksam zu erkunden: der schöne Kosmatenfußboden,


die Kanzel aus reich verzierten Marmorplatten zusammengesetzt,


auch am Ziborium über dem Altar Kosmatenarbeit – ein Kreuz und zwei „Gamma“ -,

an den Stangen zwischen den korinthischen Kapitellen wurden die Vorhänge angebracht, die den Altar während des „Hochgebetes“ verhüllten (Ziborium (Altaraufbau)


Bei den antiken Marmorsäulen aus den unterschiedlichsten „römischen Ruinen“, die das Mittel- von den Seitenschiffen trennen, fällt eine besonders auf : das Kapitell bilden eine Reihe von Figuren, die sich an den Händen halten und mit großen Augen auf den Betrachter herunter schauen. Wer hat diese Figuren wohl gemacht, was wollen sie uns sagen? Haben sie die böse Geister der Etrusker – die in der Gegend von Castel St. Elia bereits siedelten – oder der Langobarden abgewehrt? - Schade, dass sie sich durch die ungünstige Lichtquelle oberhalb der Säule nicht auf ein „privates“ Foto bannen ließen.


Wieder im Freien sind wir ganz angetan von der Landschaft, der Lage der Kirche hinter der sich die rötlichen Tuffwände erheben. Über die Felswand schaut die kleine Kirche S. Michele herunter – die eigentlich auch einen Besuch wert wäre, sie beherbergt das „wundertätige“ Bild der Maria „ad rupes“.


Wir steigen noch die Treppen zum kleinen Friedhof hinab, der direkt an und in den Felsen angelegt ist. Einige Besucher schauen nach den Gräbern, ansonsten ist es still und sonntäglich ruhig. Nur das Rauschen des kleinen Flusses auf dem Grund des wie verwunschen anmutenden, mit Bäumen und Pflanzen aller Art überwucherten Tales ist zu hören.


 
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Liebe Pasquetta,

das ist ja eine schöne Überraschung! Ein Bericht über mein geliebtes Lazio. Ich freue mich sehr auf dein ABC und bin gespannt was ihr alles entdeckt habt.

Die lombardische Flechtarbeit werde ich mir demnächst in Como gründlich ansehen.

Also ich freue mich riesig über deinen Bericht der sicher viele schöne Bilder und interessante Texte verspricht!

Viele Grüße

Tizia
 
Liebe Pasquetta,

mit Freude habe auch ich Deinen Lazio-Bericht entdeckt und bin fasziniert Euren ersten Wegen gefolgt. Die romanische Kirche St. Elia erinnerte mich sehr an Apulien - mit den Flecht- und anderen Ornamenten und Ziborium. Da ich ja wohl als Erste im Vorfeld von Eurem Ausflug wusste, habe ich mit Geduld darauf gewartet - ohne zu glauben, dass Du schon jetzt dazu kommen würdest. ;)

Genauso geduldig werde ich Deine weiteren Schilderungen erwarten - und dann vielleicht doch einmal auch diese Gegend erkunden. :~

Liebe Grüße

Angela
 
Liebe Pasquetta,

herzlichen Dank für den Beginn des Berichts mit wunderschönen Fotos.



Ein toller Ausblick! :thumbup:

Als ich am 1. Januar mit Tizia durchs Lazio gefahren bin, habe ich ihre Leidenschaft für diese schöne Landschaft verstanden und geteilt.​

Daher schließe ich mich hier nur allzu gerne an.​

Also ich freue mich riesig über deinen Bericht der sicher viele schöne Bilder und interessante Texte verspricht!

Liebe Grüße
dentaria
 
Danke Euch für Eure Rückmeldungen! Es freut mich, dass Ihr schon mit dabei seid auf unseren Wegen durch das schöne Lazio. Dabei habe ich doch gerade erst angefangen ;). Und es wird auch seine Zeit brauchen, bis ich "durch" sein werde (es wartet neben dem Forum noch so manche andere "Beschäftigung" x(). Aber umso länger können wir in dieser angenehmen Landschaft unterwegs sein :~.
Liebe Grüße
Pasquetta
 
Und ein Stückchen geht es jetzt von hier

noch weiter:

Um noch rechtzeitig vor Schließung der Klosterkirche nach Bassano Romano zu kommen sind wir ohne längeren Aufenthalt im Ort weitergefahren. Die Suche nach dem Kloster in Bassano gestaltete sich ein bisschen schwierig, da uns (und dem Navi) im Ort eine (Friedhofs-)Kirche „im Weg stand“ 8O (während das Kloster am Ortsrand liegt) und erst mit Hilfe eines freundlichen alten Mannes haben wir den richtigen Weg gefunden. Am Eingang zum Klosterhof sucht eine Gruppe Pfadfinder Schutz vor dem Regen. Die Jungen und Mädchen lagern mit ihren Rucksäcken unter dem Torbogen und wir bahnen uns unseren Weg zum Eingang der Kirche. Aber das Künstlerpech findet hier seine Fortsetzung: nach Regen und fast leerer Fotobatterie folgte nun „Hochzeit in der Klosterkirche von Bassano“. :roll: Das heißt, im „Schnelldurchgang“, bevor das Brautpaar ankommt, den „verworfenen“ Christus von Michelangelo in der abgesperrten Seitenkapelle angeschaut.


Ein bisschen möchte ich doch auf die Geschichte um diesen „auferstandenen Christus mit dem Kreuz“ eingehen, auch wenn es auf einschlägigen Seiten besser erklärt wird – hier im Forum hat es bereits Simone - u.a. hier - getan.

Nur soviel: Wie bekannt ist, hat der Perfektionist Michelangelo „Hammer und Meißel weggelegt“, als sich im Marmor, den er für einen „Cristo Portacroce“ vorgesehen hatte, eine schwarze Ader zeigte, die über die linke Gesichtshälfte der Figur verläuft. Michelangelo hatte kein Interesse mehr an diesem Christus und schenkte ihn dem Auftraggeber Metello Vari von dem er im Gegenzug „un cavallo“ bekam (Il Cristo Portacroce). Jahre später schuf Michelangelo die Christus-Statue die wir aus S. Maria sopra Minerva in Rom kennen und bewundern. Metello Vari veräußerte daraufhin die makelhafte und unfertige Christus-Statue – er hatte ja jetzt eine „vollkommene“. Sie kam in den Besitz der Giustiniani, die fleißige Kunstsammler waren und in Bassano Romano ihren „Sommersitz“ hatten. Der Marchese kaufte den Cristo Portacroce sozusagen zum „Materialwert“ von „trecento scudi“, ließ ihn ein wenig „nach seinem Gusto“ abändern und Mitte des 17. Jh. kam die Christus-Statue aus dem römischen Palazzo der Giustiniani in die familieneigene Kapelle der Kirche San Vincenzo in Bassano Romano.


Die Spur verliert sich über die Jahrhunderte. Bassano wird im letzten Krieg stark zerstört, der Wiederaufbau des Klosters und die Sanierung der Kirche zieht sich hin und erst anlässlich einer Ausstellung über die Werke der „sammelwütigen“ Kunstliebhaber aus dem Hause – und eben auch aus dem Bassano-Palazzo - der Giustiniani schaut man im Jahre 2000 genauer auf den Cristo Portacroce in Bassano Romano.


So wie auch wir nun am Gitter der kleinen Seitenkapelle: ein schöner Christus (auch wenn er nicht vollständig Michelangelos Werk sein dürfte) – wie er so locker und entspannt dasteht und zur Seite blickt (so dass man die schwarze Ader im Marmor gar nicht sehen kann) die schön geformte linke Hand greift in ein Tuch während die rechte – wahrscheinlich von einem anderen Bildhauer ausgearbeitet, da schmaler gestaltet – das Kreuz und Marterutensilien (Essigschwamm und Seil) hält. (Monastero San Vincenzo)

Und welcher Christus würde mir nun besser gefallen: der hier in dieser Kapelle oder der in S. Maria sopra Minerva – hier die Seite zum Vergleich Cristo della Minerva - Wikipedia – . Ich könnte es nicht so leicht sagen. Beide finde ich wunderschön und sehr beeindruckend – sowohl die Figur selbst wie auch die Aussage der Darstellung: Christus als Auferstandener mit dem Siegeszeichen über den Tod.

:idea: Übrigens: In den Buch "La lettere di Michelangelo Buonarroti" von Gaetano Milanesi ist auf S. 641/42 der „Contratto artistico“ „Auftrag an Michelangelo über eine Marmorfigur des auferstandenen Christus für die Kirche della Minera in Rom“ vom 14. Juni 1514 abgedruckt, d.h. für den „ersten Christus“ (der „zweite“ in S.Maria sopra Minerva entstand infolge um 1520). Nicht, dass ich das Buch gelesen hätte – das Internet macht solche Einblicke möglich ;) – aber ich fand den Bezug zum Christus in Bassano Romana einfach interessant.

Der Organist sitzt schon an der Orgel und intoniert die Begleitmusik zur Trauungszeremonie. Fröhliches Stimmengewirr der Hochzeitsgäste in Erwartung des Brautpaares. Der Pater schreitet bereits den Mittelgang entlang. Noch mehr Hochzeitsgesellschaft rückt an, stimmungsvolle Begrüßung unter Orgelklängen. Und das Brautpaar? Wir werden nicht darauf warten können…
Draußen auf dem Parkplatz, an den Autos der Hochzeitsgäste flattert goldener Bänderschmuck, keine Pfadfinder mehr im Klosterhof, wir machen uns auf den Weg zum nächsten Tagesziel, vielleicht hört es ja auch auf zu regnen ;). 8)

Sutri – hier möchten wir das römisches Amphitheater bei den etruskischen Felsengräbern sehen. Glück gehabt, wir haben es auf Anhieb gefunden. War ja auch nicht so schwer, da es am Eingang zur Stadt liegt und sozusagen „im Vorbeifahren“ entdeckt werden kann. Dank der aufmerksamen Signora am Kassenhäuschen den Tipp bekommen, zuerst am Mithräum vorbei zu schauen, das gerade noch offen sei. So haben wir dieses interessante Kleinod gesehen: Kirche, Mithräum und Etruskergrab, was für eine Zeitspanne und was für ein Ort!


Der Eingang an der steilen Tuffwand sieht eher wie der in einen alten Weinkeller aus und nicht wie der für ein „Heiligtum“. In einer etruskischer Grabanlage (6. Jh. v.Chr.) wurde die Kirche Madonna del Parto errichtet.



An ihrer Form kann man erkennen, das vorher ein, wie es beim Mithraskult üblich war, relativ kleines Mithräum (2. Jh. n.Chr.) hier gewesen sein muss.

Darauf weisen hin die Felsbänke für die kultischen Bankette und die Rinne zum Auffangen des Stierblutes, das während des Opferkultes für den Sonnengott Mithras vergossen wurde. Die kleine Felsenkirche (6.od.7. Jh.) birgt wunderschöne mittelalterliche Freskenreste (10.-14.Jh.):


die Geburt Christi über dem Altar, an den Seitenwänden Darstellungen von Maria mit dem Kind und die Heiligen Christophorus und Michael. Über dem Eingangsbereich ist ein Pilgerzug zum Berg Sant'Angelo in Gargano dargestellt, was wiederum mit dem hl. Michael zu tun hat. (Leider habe ich in der Eile, da die freundliche Dame gerade dabei war, das Kirchlein zu schließen, kein Foto mehr davon gemacht, aber siehe z.B. hier.)
Der Blick in dieses Kleinod war zwar zeitlich begrenzt, aber dafür sehr beeindruckend.



Der Weg zurück zum Amphitheater führt vorbei an den Höhlen einiger Etruskergräber, die aus dem 6.-4. Jh. v. Chr. stammen. Insgesamt gibt es 64 dieser Gräber, die alle leer sind und im Laufe der Jahrhunderte als Ställe und Unterstände dienten. Den ganzen Hügel mit den Grabanlagen könnte man mit etwas mehr Zeit umwandern...



Wir „erwandern“ uns nun das Amphitheater, das „Kernstück des archäologischen Parks“ (Sutri - Wikipedia) herausgeschlagen aus dem Tuffsteinhügel, also nicht frei errichtet wie die römischen Amphitheater, und darum vermutet man etruskischen Ursprung ungefähr und ungewiss aus dem späten 1. Jh. v. Chr.: zwei Eingänge, drei Zuschauerränge die 9000 Personen Platz boten, die über ein ausgeklügeltes Zugangssystem ihre Plätze schnell erreichen und wieder verlassen konnten, durch einen Gang mit zehn Öffnungen wurden die Kampftiere in die Arena geführt.


Alles noch gut erkennbar und mit den bemoosten Stufen, der saftig grünen Arena-Wiese und den hinter dem Theater aufsteigenden Felswänden ein malerisches Bild, das die Phantasie anregt. Wir haben noch den Hinweis bei einer Führung durch die Ausstellung Gladiatoren. Tod und Triumph im COLOSSEVM im Ohr, nachdem die Gladiatorenkämpfe vermutlich bei den etruskischen Totenfeiern ihren Ursprung haben und als Spiele eine religiöse Bedeutung hatten. Und das lange bevor sie in Rom zum ersten Mal auf dem Forum Boarium „gespielt“ wurden. Es fällt also nicht schwer, sich solche Gladiatorenspiele und auch Tierkämpfe hier in der Arena nahe der etruskischen Grabanlagen vorzustellen.


Auch wenn es immer wieder leicht regnete war es sehr schön, hier in aller Ruhe das Areal zu erkunden. Andere Spaziergänger hatten da „andere Sorgen“, wie z.B. das (ebenfalls ;)) etwas ältere Paar im Sonntagsstaat: sie watet über die durchnässte Wiese und ruft dem Begleiter zu, er solle lieber am Rande bleiben. Er stapft ihr jedoch tapfer hinterher – 8O - ein Blick auf seine feinen Lederschuhe verraten, warum er besser am Rand entlang gehen hätte sollten :lol: :twisted:. - Als wir das Theater verließen, wagte sich die Sonne heraus, junge Leute hielten „merenda“ unter den Steineichen am Parkplatz und die kleine Katze am Kassenhäuschen putzte sich ganz wohlig in der wärmenden Sonne.


Auch Sutri selbst wäre einen ausgiebigen Besuch wert. Die Altstadt liegt malerisch auf einem Tufffelsen. Etrusker, Römer und das Mittelalter haben das Stadtbild bis heute geprägt. Hier in dem Ort, der strategisch günstig an der Via Cassia – der Straße vom Norden nach Rom – lag, spielte sich „Welt- und Kirchen-Geschichte“ ab. Am bekanntesten dürfte wohl die Synode von Sutri sein, deren Hintergrund und Ablauf sich wie ein Krimi liest. Und für uns, mit dem damals vom Kaiser ernannten „deutschen Papst“ Clemens II. gibt es dadurch eine schöne Verbindung zu Bamberg: dort im Dom hat er seinem Wunsch nach seine letzte Ruhestätte gefunden – nachdem er, wie man munkelte, Opfer eines Attentats wurde und an einer Bleivergiftung starb. Heute geht man davon aus, dass es eine Vergiftung durch „Bleizucker“ war, ein Stoff, der im Mittelalter zum Süßen von Wein 8O verwendet wurde. - Ein Schelm, wer Böses denkt. :roll: :twisted: - All dies um Clemens II., der im einzigen erhaltenen Papstgrab nördlich der Alpen ruht, nahm seinen Anfang in Sutri.

(Hier im Forum hat bereits Tizia – z.B. hier- einen schönen Eindruck von Sutri gegeben.)

Wir haben uns in den engen Gassen zwischen den ihre „nach dem Pranzo-Passeggiata“ machenden Einheimischen nach einer Pause nur kurz aufgehalten um dann weiter zu fahren zum Lago di Bracciano.


Wenig Verkehr auf der mit Schlaglöchern übersäten Straße, Haselnussplantagen ziehen sich die Hänge entlang, näher beim See dann Olivenhaine, immer wieder mal Schafherden auf den Wiesen.



Vicus Aurelius hieß die Gegend hier unter Marc Aurel und die großen Kuhherden auf den Weiden lassen heute noch ahnen, dass hier in Vicarello eine tenuta von über 1000 ha bestand. Was als Gutshof mit Landwirtschaft mit Olivenbäumen und Kühen verblieb und Anfang des 18 Jh. um die Thermalbäder erweitert wurde, war über Jahrhunderte im Besitz des Collegium Germanicum et Hungaricum, bis auch dort Bares gebraucht und die tenuta 1983 verkauft wurde. Aber im Vorbeifahren sehe ich, dass es noch immer, nun in einem Parco Naturale Regionale, eine prächtige tenuta gibt.(Azienda Agricola Vicarello)


Der Ausflugsverkehr rund um den Lago di Bracciano hält sich an diesem kühlen Februarsonntag noch in Grenzen. Schön liegt der große, heute ruhige See in seinem Kraterbecken.



In Bracciano hoch oben über dem See, haben wir auf der Durchfahrt nur das Stadtbild dominierende Castello Orsini-Odescalchi von außen gesehen. Aber bei einer kurzen Caffè-Pause ein bisschen „typisches Kleinstadt-Leben“ vorgeführt bekommen: am Sonntagnachmittag nur Männer und junge Burschen vor und in der Bar. Eine Beobachtung, die nicht nur früher, sondern auch heute noch in einer südlichen Kleinstadt oft zu machen ist. Mit einem guten Caffè „gestärkt“ machten wir uns auf der Via Claudia Braccianese wieder auf den Weg Richtung Rom, vorbei an den Sendemasten von Radio Vatikan. Die Sendeanlage befindet sich auf exterritorialem Gelände in der Nähe von Santa Maria di Galeria, einem kleinen Ort der – in dieser Gegend nicht ungewöhnlich – bis auf die Etrusker zurück geht. Dann passieren wir La Storta, der Ort liegt an der Via Cassia und hier an der „schiefen Römerstraße“ hatte Ignatius von Loyola im November 1537 auf seiner Reise von Venedig nach Rom eine Vision, die ihn dazu veranlasste, seine Bruderschaft „Gesellschaft Jesu“ zu nennen und dem Papst die Unterstützung durch die Gemeinschaft anzubieten. Der Orden der Jesuiten wurde gegründet. Man könnte annehmen, jeder kleine Ort hier hat eine bedeutende Geschichte zu erzählen...

Je näher wir der Stadt kommen umso mehr Verkehr machte sich bemerkbar. Kein Wunder, auch die Römer machten ihre Sonntagspasseggiata ;-). So ging es auf der Welle des sonntäglichen Ausflugsverkehrs zum GRA und zurück ins Hotel.

Ein bisschen ausruhen ist angesagt und nachdem es aufgehört hat zu regnen und sich die Sonne aus den Wolken hervor wagt, könnten wir ja mal nach Frascati fahren und uns dort nach der typischen Castelli-Spezialität umschauen... So gedacht, aber nach Frascati fahren am Sonntagabend wohl mehr als ein paar Römer und gesellen sich unter die ebenfalls in ihrem Städtchen unterwegs seienden Einheimischen... Es ist praktisch unmöglich, zu einer solchen Tageszeit in Frascati zentrumsnahe anzuhalten um als „bewegunsgeschädigter“ müder Tourist in die Altstadt zu gelangen, alles zugeparkt oder für Autos gesperrt... bleibt nur der Blick vom überfüllten Parkplatz an der Piazza Marconi auf die schöne Villa Aldobrandini die von der untergehenden Sonne feuerrot angestrahlt wird, die einige Augenblicke später auch die Hügel in dieses Licht taucht.


Nachdem sowieso alle Porchetta, die in den Castelli verkauft wird aus Ariccia kommt, können wir auch wieder nach Grottaferrata hinüber fahren und uns dort umsehen. Und wir hatten Erfolg: allerbeste Porchetta, wunderbar knuspriges Pane casareccio, ein Stück würziger Provolone-Käse, schmackhafte Oliven aller Art und – natürlich :D – ein fruchtiger „süffiger“ Castelli-Wein. Und als nette „Zugabe“ die ausgesprochen freundliche Bedienung in der Fraschetta, die auf unsere Bemerkung, dass wir in Frascati „nicht landen konnten“, lachend meinte: „Unsere Porchetta ist sowieso viel besser!“ So wie es uns geschmeckt hat wird sie wohl recht gehabt haben... 8)
 
Zuletzt bearbeitet:
Liebe Pasquetta,

herzlichen Dank für den Beginn des Berichts mit wunderschönen Fotos.



Ein toller Ausblick! :thumbup:

Als ich am 1. Januar mit Tizia durchs Lazio gefahren bin, habe ich ihre Leidenschaft für diese schöne Landschaft verstanden und geteilt.​

Daher schließe ich mich hier nur allzu gerne an.​

Liebe Grüße
dentaria

Das hast du wirklich schön ausgedrückt und freut mich und Pasquetta sicher auch, sehr!​
 
Ich muss mich meinen Vorrednern gleich mal anschließen, auch ich freue mich über diesen Bericht und warte (un)geduldig ;) auf die Fortsetzung!
 
Ich durfte mir diese Christusfigur in der Michelangelo-Ausstellung in der KM ansehen. Ich war begeistert und habe nur bedauert, dass der andere Christus nicht gegenüber stand.

So wie auch wir nun am Gitter der kleinen Seitenkapelle: ein schöner Christus (auch wenn er nicht vollständig Michelangelos Werk sein dürfte) – wie er so locker und entspannt dasteht und zur Seite blickt (so dass man die schwarze Ader im Marmor gar nicht sehen kann) die schön geformte linke Hand greift in ein Tuch während die rechte – wahrscheinlich von einem anderen Bildhauer ausgearbeitet, da schmaler gestaltet – das Kreuz und Marterutensilien (Essigschwamm und Seil) hält. (Monastero San Vincenzo)


Nun, auch der Christus in Santa Maria sopra Minerva ist nicht allein von Michelangelos Hand, wie ich hier geschildert habe:



Pasquetta schrieb:
Und welcher Christus würde mir nun besser gefallen: der hier in dieser Kapelle oder der in S. Maria sopra Minerva – hier die Seite zum Vergleich Cristo della Minerva - Wikipedia – . Ich könnte es nicht so leicht sagen. Beide finde ich wunderschön und sehr beeindruckend – sowohl die Figur selbst wie auch die Aussage der Darstellung: Christus als Auferstandener mit dem Siegeszeichen über den Tod:

Ich bin damals gleich nach der Ausstellung nach Santa Maria sopra Minerva geeilt - aber auch ich konnten keinen Favoriten erkennen.​
 
Liebe Pasquetta,
ganz besonders die Kirche in Castel St. Elia gefällt mir sehr gut. Danke für die lebhaft geschilderten Eindrücke.

Ich werde schon beim Lesen der Beschreibung eures ausgiebigen Mahles satt.
 
Liebe Pasquetta,

vielen Dank für das neue Kapitel, ich habe mich darüber sehr gefreut und bin gespannt auf A bis Z ;).

In Firenze, in Santo Spirito gibt es auch eine Christus Statue, aber nur eine Kopien von Michelangelo.

vielen Dank und liebe Grüße,

Qing
 
Danke für die noch eingetroffenen Rückmeldungen auf den Beginn meines Latium-Reiseberichtes. Ich habe mich gefreut, dass ich "Mitreisende" hatte. :nod:

Und nun habe ich auch den ersten Tag abgeschlossen. Hier geht es weiter von Bassano Romano nach Sutri (das wir ja schon von anderen Reiseberichten kennen ;)).
 
Ich bin begeistert und freue mich auf 'mehr'.. da ist jetzt schon einiges dabei, was mich zu einer Tour in der Zukunft animiert.

Herzlichen Dank :)
 
Liebe Pasquetta,

vielen Dank für die schöne Fortsetzung deines Berichtes und für die Verlinkung zu meinen Eindrücken um Sutri.

Du hast recht, wohl fast jeder Ort weiß eine Geschichte zu erzählen und birgt irgendwelche Kostbarkeiten.

In Frascati war ich noch nicht aber Bracciano ist mir wohlbekannt. Und die Römer sind da draußen überall zu finden. :lol:

Du weckst Erinnerungen und Sehnsucht. Ich bin gespannt wie euere Reise weitergeht. Und ich freue mich dass du sie obgleich bewegungsgeschädigt offensichtlich genießen konntest.

Die Bilder sind alle toll, am besten haben mir die Fresken und der glutrote Abendhimmel gefallen.

Liebe Grüße

Tizia
 
Es freut mich, wenn einmal Wünsche für eine zukünftige Tour durch diese Landschaft geweckt werden ;) und zum anderen schöne Erinnerung daran aufgefrischt werden konnten. :nod:

Na ja, und das mit den Fotos ist noch sehr verbesserungswürdig. :blush: Aber mit rot angezeigter Batterie und "nur" dem Handy zum Fotografieren zur Verfügung war halt für mich nicht mehr drin. :roll:

Der nächste Ausflug geht dann südlich von Rom in die Ciociaria. Aber es dauert noch ein bisschen bis ich "in die Sandalen" komme :].
 
Neben den Sandalen hast Du dann doch hoffentlich an das Solarpanel zur Stromversorgung der Kamera gedacht!?:D;)
 
Montag, 23.2.2015 - Dieses Mistvieh von Gockel, könnte der nicht zwei Stunden später anfangen zu krähen :x,

wo doch nachts schon ein Hund sich die Kehle heiser gebellt hat und keiner sich einer Autowarnanlage erbarmte... x( Aber immerhin scheint der Tag recht schön zu beginnen.




Unser Weg führt uns zwischen ein paar Weingärten und vorbei an noch zaghaft blühenden Mimosenbäumen zur Autobahn Richtung Napoli.


Die Berge liegen noch im Morgendunst, manche sind schneebedeckt, rechter Hand taucht der Monte Circeo aus der Ebene auf und linker Hand sind auf den Hängen und Berggipfeln die typischen kleinen Ortschaften zu erkennen, die wie Nester hoch oben kleben.


Heute wollen wir ein paar Orte in der Ciociaria aufsuchen. Im zweiten Weltkrieg erlebte diese Region, deren Bevölkerung sowieso schon zu den ärmsten Italiens gehörte, auch durch die Nähe zu Monte Cassino, große Schäden. Viele Einwohner suchten als Arbeiter in Norditalien und -europa ihr Auskommen. Erst die Industrialisierung durch die Maßnahmen der „Cassa per il Mezzogirono“ und der Bau der Autostrada del Sole nach Neapel brachte Anfang der 60er Jahre einen besseren Lebensstandard für die Bevölkerung. Aber noch heute sind „die Orte“ in der Ciociaria (so genannt nach der früheren traditionellen Sandale der armen Bauern und Hirten, der ciòcia) mit ihren wunderbaren Kunstschätzen noch nicht so überlaufen – vor über vierzig Jahren war es schon so, und ich denke, auch jetzt ist es - nicht nur im Februar – ähnlich.

In Anagni die Treppchen hinauf


zur Piazza Cavour, von wo man einen weiten Blick in das schöne Tal des Sacco-Flusses hat, wenn es nur nicht so zersiedelt wäre, und weiter durch das „Centro storico“.


Im Städtchen ist es gemütlich ruhig, durch die engen Straßen, es sind eher Gassen ;), vorbei an dem markanten Bogengang des Palazzo Comunale,


hinauf zum Platz vor dem Dom


und den „Rundgang“ bei der freundlichen Dame im ufficio gebucht. Zur Erklärung (für eventuelle Nachahmungstäter ;) :twisted:): seit einiger Zeit ist der Besuch der berühmten Krypta nur – und zeitlich begrenzt - möglich auf einem Rundgang mit dem – ebenfalls sehenswerten – Museum und der Kirche (die man natürlich auch ohne „Rundgang“ besuchen kann). Auf unsere Verwunderung, dass außer uns niemand da sei, meinte sie lachend: „Abbiamo lunedì - heute ist Montag, die waren alle gestern, am Sonntag da.“ Und sie hätten auch die Besuchszeit in der Krypta schon erweitert von 15 auf 20 Minuten. Das ist beides gut für uns: wir können in aller Ruhe zuerst die Schätze des Museums betrachten, von dort durch die Kirche gehen und dann zur vereinbarten Zeit in die Krypta hinabsteigen. Dort flammt dann pünktlich das Licht auf und verlischt ebenso pünktlich nach 20 Minuten. Aber der Reihe nach.

Anagni hatte schon in der Antike Bedeutung, heute besticht jedoch „in der Papststadt“ vor allem das mittelalterliche Stadtbild. Hier residierten über drei Jahrhunderte immer wieder Päpste und drei davon wurden hier geboren (bzw. vier, wenn man Innozenz III. dazu zählt, der in der Nähe, bei Segni, geboren wurde): Gregor IX., Alexander IV. und Bonifatius VIII. und mit ihm endete auch die Geschichte Anagnis als Papststadt (mit der sogenannten "Ohrfeige von Anagni", die wahrscheinlich gar keine war :roll:). Aber das kann man alles an geeigneten Stellen besser nachlesen.


Wir bewundern zuerst die romanische Kathedrale, Baubeginn 11. Jh., die Mitte des 13. Jh. in etwa ihre heutige Gestalt bekam und die sehr schön – und nicht umsonst festungsartig – im hochgelegenen Teil der Stadt liegt. Die Schauseite mit den drei Apsiden, Kapellen und über einer kleinen Terrasse in einer Nische der markanten Statue des Bonifatius VIII., ist der Stadt zugewandt.


Als drohend oder „von götzenhaftem Ausdruck“ wird die Statue (von 1295, also zu seinen Lebzeiten entstanden) beschrieben und was man über den Charakter von Bonifatius VIII. lesen kann wird diese Beschreibung nicht von ungefähr kommen.

Auf der kleinen Piazza wie auch in den Gassen rund herum stehen noch etliche mittelalterliche Gebäude, die das Altstadtbild prägen. In einem davon, „a due passi“ von der Kathedrale und gegenüber des Papstpalastes, befindet sich das Studio-Museum des aus Anagni stammende Künstler Tommaso Gismondi. Leider wusste ich vor bzw. während der Reise noch nichts von ihm, so dass ich nicht darauf geachtet habe. Erst bei der Recherche nach der Bedeutung dieses Reliefs


bin ich auf ihn gestoßen und sollte ich noch einmal nach Anagni kommen, werde ich genauer hinschauen (bzw. in Rom u.a. hier nach Werken von ihm Ausschau halten ;)). Das kleine Relief ist ein Ausschnitt der Tür des vatikanischen Geheimarchivs, die der Künstler Gismondi 1986 geschaffen hat – zusammen mit der Tür zur Biblioteca Vaticana – und zeigt eine Szene aus der Geschichte des Archivio Segreto: hier dessen Auslagerung, als la Santa Sede sich nicht in Rom aufhielt, sondern „durch die Lande zog“ nach Viterbo, Anagni und Avignon.


Wir steigen die paar Stufen hoch zum Platz vor der Kirche und stehen vor dieser schmucklosen Fassade – nur noch einige Spolien aus dem 9. Jh. sind erhalten.





Der schöne Campanile im lombardisch-romanischen Stil steht frei, der Kirchenfassade gegenüber.


Und dann beginnen wir den bereits oben erwähnten „Rundgang“.
Das Museum – hier durfte noch fotografiert werden, darum einige Bilder aus diesem interessanten Komplex.
Ein Blick in die reich bestückte Bibliothek:






in den Kapitelsaal:


"Littera executoria di Innocenzo IV
datata al 1246"

in die Sakristei und die Schatzkammer mit liturgischen Gewändern und Geräten.
Bei diesen mittelalterlichen „Nadelmalereien“ handelt es sich um erstrangige Werke des 13. Jh. aus dem Besitz der Päpste, die durch Schenkung von Bonifazius VIII. an das Domkapitel kamen.

Meßgewand Bonifatius' VIII. in roter Seide
und mit Goldfäden aufgestickt
Greif, doppelköpfiger Adler und Papageien


Chormantel von 1295,
aus Leinen bestickt mit Seiden- und Goldfäden,
auf dem das Leben Christi und Marias in Rundbildern dargestellt ist


Ein weiteres kostbares Stück ist das Reliquienkästchen des Thomas Becket, eine Emailarbeit (Mitte 13. Jh.) aus Limoges

die Mitren gehören zu den ältesten in Europa.


Von der Schatzkammer gelangt man in die mittelalterliche Salvator-Kapelle, in der noch Freskenreste aus dem 12./13. Jh. zu sehen sind, ebenso ein schönes Vortragkreuz und ein hölzerner Bischofsstuhl, der auch auf das 12. Jh. datiert wird.


Der Rundgang setzt sich fort durch die Kirche




(die man natürlich, wie bereits erwähnt, auch ohne Museumsbesuch – dann eben nur bis zur „Absperrkordel“ - besichtigen kann), deren schönster Schmuck die reiche Kosmatenarbeit von 1227 des Fußbodens und der Chorschranken ist.






Vassalletto gestaltete (Mitte 13. Jh.) den feinen Altarbaldachin, den Osterleuchter mit schön gewundener Säule, auf der ein Putto – wie ein „Atlant“ - die Schale für die Kerze trägt und den marmornen Bischofsstuhl: zwei liegende Löwen als Armlehnen und ein farbige Rundscheibe als Kopf- und Rückenlehne. „Löwe und Kreis, alte Sinnbilder der Macht und der herrschenden Mitte, bezeichnen - … - die Würde des Thronsitzes“ wie mein alter Reclam-Kunstführer (Anton Henze, 1962) weiß.


Verschiedene Päpste, nicht nur die in Anagni geborenen, hielten sich oft und lange hier auf, so dass die Kathedrale mehrmals Schauplatz der Kirchengeschichte wurde: hier wurden exkommuniziert Friedrich Barbarossa, Friedrich II. und auch sein Sohn Manfred, König von Sizilien. Aber es wurden hier auch heilig gesprochen: Eduard von England, Klara von Assisi, Bernhard von Chiaravalle und der Einsiedler Petrus von Trevi. Zwei Seiten einer Kathedrale.



Vom linken Seitenschiff aus betritt man die Cappella Caetani mit u.a. dem Grab der Adelsfamilie Caetani, aus der auch Bonifazius VIII. stammt, das mit wunderschöner Kosmatenarbeit geschmückt ist.




An der Wand ein Fresko „Madonna mit Kind und zwei Heiligen“ (1325), das der Schule von Pietro Cavallini (man erinnert sich: Santa Cecilia in Trastevere;)) zugerechnet wird.




Wir steigen hinab in die „Unterwelt“ der Kirche – ab hier ist strenges Fotografier-Verbot :( - um vor dem „Zeitfenster“, das uns für den Besuch der Krypta zugewiesen wurde, noch das Oratorium des hl. Thomas Becket anzuschauen. Die Kapelle wurde nach Thomas Becket benannt, als Erinnerung daran, dass britische Gesandte den Papst in Anagni aufsuchten, um Verzeihung für Heinrich II. zu erbitten, der den "berühmten" "Mord im Dom" an dem Erzbischof von Canterbury
- der so anschaulich auch auf dem Reliquienkästchen im Museum abgebildet ist – veranlasst hatte. Vermutlich befand sich hier in der Antike ein Mithräum, im 13. Jh. wurde der Raum ausgemalt mit Fresken, die allerdings stark beschädigt sind, die u.a. Szenen aus dem Alten Testament wiedergeben. Sehr anschaulich: die Trennung von Licht und Finsternis aus der Genesis (1. Buch Mose) wird durch einen weißen und einen schwarzen Menschen dargestellt.
(Zum verlinken habe ich im Internet leider keine guten Bilder vom Oratorium gefunden. Es wurde auch restauriert und sieht jetzt "besser" aus, als auf einigen Bildern, die eingestellt sind. Als kleine Ahnung vielleicht dieses hier: Photo of Anagni Cathedral: Vestibule of St. Thomas' Oratory)

Und dann ging nebenan in der Krypta das Licht an – und wir standen ganz allein in der „unterirdischen Sixtina des Mittelalters“. Dieser Bezeichnung ist nichts hinzuzufügen. Und beschreiben kann ich diese Schönheit, den Reichtum und die leuchtende Farbenpracht dieser Fresken sowieso nicht.
Papst Alexander IV. weihte 1255 diese Hallenkrypta, deren Freskenschmuck alle sieben Schiffe füllt. Die Maler dieser Bilderwelt sind unbekannt, man weiß aber, dass es drei waren die von 1231 bis 1255 hier tätig waren. Wie die Bilderzyklen angeordnet sind geht man davon aus, dass von Anfang an der ganze Raum ausgemalt werden sollte. Man findet eine solche Bildervielfalt vor, dass es müßig ist, zu versuchen sie – ohne Abbildungen zu haben – zu beschreiben. Es geht um die Heilsgeschichte: von Christus als Lamm Gottes, dem die 24 Ältesten ihre Kronen darbringen, als Weltenrichter (mit einem Schwert im Mund), Szenen aus dem AT und NT, besonders Darstellungen zur Geschichte der Bundeslade oder zur Apokalypse, Geschichten aus dem Leben Marias, der Evangelisten, des Patrons von Anagni, dem hl. Magnus, bis zu Persönlichen der antiken Wissenschaft (besonders bekannt die beiden Ärzte Hippokrates und Galenus (auch wenn sie nicht zur selben Zeit gelebt haben)im Gespräch). Ein Kaleidoskop von Farben, Figuren, Ornamenten – das Freskenprogramm mit seinem „philosophisch-naturwissenschaftlichen Gemälden“ scheint von hochgebildeten Theologen, vielleicht Gelehrten aus dem Umkreis der Päpste, erstellt worden zu sein.

Wir konnten uns nicht satt sehen. Beeindruckt bei der Sixtinischen Kapelle im Vatikan auch die Größe und Weite des Raumes, so ist es hier die Nähe zu den Bildern. Ich hebe den Kopf und habe den Propheten Elias auf dem Feuerwagen über mir oder stehe einer byzantinischen Muttergottes direkt gegenüber.

Bevor das Licht verlöscht und man mit den ganzen Eindrücken „im Dunkeln steht“, sollte man auch einen Blick auf den farbenfrohen, ziemlich unversehrten Kosmatenfußboden werfen.

Natürlich – und verständlicherweise, aber auch leider – darf man keine Fotos machen und natürlich sind auch 20 Minuten zu wenig, um alles eingehend zu betrachten. Die Überfülle an Eindrücken ist einfach überwältigend, aber mit ein wenig Vorbereitung sollte man die vorgegebene Zeit gut nutzen können. Natürlich wäre es schön, alles viel intensiver anschauen zu können und mehr Zeit dafür haben, aber die Gegebenheiten sind nun mal so wie sie sind.

(Auch hierfür habe ich keine ansprechenden Bilder im Netz gefunden, vor allem die Farben werden nicht gut wiedergegeben. Im Infopoint des Museums gibt es ein kleines Heftchen mit recht anschaulichem Bildmaterial. - Hier die Homepage der Cattedrale di Anagni)

Ich gebe zu, dass wir nach der Besichtigung der Krypta den kleinen Bereich des Museums mit Steinmetzarbeiten und einigen Ausstellungsstücken aus der römischen Zeit vernachlässigt haben.
Den Abschluss bildete ein langer Blick von der kleinen Piazza vor der Kirche auf das schöne Panorama des Valle del Sacco und der Monti Lepini.


Obwohl die freundliche Dame im Buchladen des Museums meinte, das Zisterzienserkloster Casamari habe ja nun leider schon geschlossen, machten wir uns doch dorthin auf den Weg. Es war uns klar, dass wir den ganzen Klosterkomplex nicht anschauen würden können (geöffnet nur bis 12 Uhr), aber ich hatte gelesen, dass um 12.45 Uhr zum Mittagsgebet der Mönche die Kirche noch einmal kurz geöffnet ist, so wollten wir wenigstens diese sehen. Das hat auch gut geklappt und war eine schöne ruhige Viertelstunde in dieser harmonischen Zisterzienser-Klosterkirche.


Man betritt die Klosteranlage – die einen sehr schönen Kreuzgang haben soll – durch ein Torhaus, in dessen Obergeschoss früher der Abt seine Wohnung hatte, geht an ein paar Säulen und Bruchstücken römischer Bauten vorbei und erreicht über die Freitreppe die Kirche (erbaut 1203-17) mit ihrer markanten Vorhalle.


Der Name Casamari wird von Casa Marii (Haus der Marius) abgeleitet. Wo jetzt das Kloster ist – dessen Gründung auf das Jahr 1005 zurück geht -, war in der Antike der Ort Cereatae, in dem der Überlieferung nach der römische Feldherr und großer Rivale Sullas, Gaius Marius, geboren wurde. Daher logisch, dass es im Klosterbereich noch römische Überreste gibt.


Ein schweigsamer Mönch ließ uns noch eintreten und wir verfolgten mit noch zwei „Außenstehenden“ das mittägliche Stundengebet. Ein Foto nach vorne zum Chor wollte ich nicht machen, der kleinen Mönchsgemeinschaft, die dort versammelt war, wegen und des wuchtigen Barock-Altarziboriums (fremdes Bild :~) (aus SS. Apostoli in Rom hierher verfrachtet ;)), der das einheitliche Bild des Kirchenraumes für meine Begriffe stört. Ein Eindruck vom Inneren des – wie alle Zisterzienserkirchen – sehr schlichten Gotteshauses soll der Blick nach hinten zur Fensterrose vermitteln.


Der schweigsame Mönch am Kirchenportal vermittelte auch ohne Worte, das ein weiterer Aufenthalt in der Kirche jetzt nicht mehr möglich war – und natürlich fügten wir uns dem.


Wenn im Kircheninneren jeder Schmuck fehlt, am schönen Hauptportal gibt es feine Bildhauerarbeiten. Da bei den Zisterziensern jede figürliche Darstellung untersagt war, griff man auf Ornamente und Pflanzenmotive zurück.



Die Bronzeskulpturen an der modernen Kirchentür stammen von Pietro Canonica (den wir von hier kennen ;)), der sich in seinen letzten Lebensjahren der religiösen Kunst zugewandt und u.a. (in den späten 1950er Jahren) auch diese Porta geschaffen hatte.


Eigentlich :~ stand nun noch ein Besuch der zweiten Zisterzienserabtei, Fossanova, auf dem Programm. Die Zeit, bis sie nachmittags wieder zugänglich sein würde, haben wir genutzt und sind nach Veroli gefahren. Ein kleines Städtchen hoch oben auf dem Berg, das zwar kaum große Kunstwerke aufzuweisen hat, aber ich wollte gerne den in Marmor gemeißelten "römischen Kalender" sehen. Wir sind gerade voll in der Zeit des Unterrichtsschlusses angekommen. Die ganze Oberstadt schien nur aus Schülern allen Alters zu bestehen, die Polizei spielte an allen Straßenkreuzungen Schülerlotse.

Endlich einen Parkplatz vor dem Stadttor gefunden und zuerst zu einer kleinen Pizzeria gegangen, aus der wir Schüler mit ihrer „Pizza auf die Hand“ rausgehen hatten sehen. Wo Jugendliche einkehren ist das "kurze Mahl" vielleicht gar nicht so schlecht, war die Überlegung :roll:. So haben also auch wir unseren Hunger gestillt mit einfacher, aber guter, knusprig (auf-)gebackener Pizza mit Gemüse, Salsiccia und Formaggio belegt und schön mit der Schere abgeschnitten. :D In den inzwischen ruhigeren Gassen der Oberstadt haben wir noch eine offene Bar gefunden und bei einer netten „Chiacchierata“ mit dem Barista einen guten Caffè getrunken.

So gestärkt sind wir dann auf die Suche nach dem „Fasti Verulani“ gegangen. Die Gassen rund um den Dom waren wie ausgestorben, jeder sitzt wohl daheim vor dem Pasta-Teller.


Der Dom steht zwar dort, wo sich ehemals das römische Forum befand, wurde aber nach einem Erdbeben im 18. Jh. vollkommen umgebaut, so dass eigentlich nur das noch aus der mittelalterlichen Kirche stammende schönen Rosenfenster und der romanische Glockenturm zu bewundern sind.

Aber wo versteckt sich nun dieses raren Exemplare eines römischen Kalenders, der „Fasti Verulani“? Der eine schickt uns die Straße hinauf, der andere, den wir fragen die Gasse hinab.


Endlich entdecken wir in einem Gässchen den hübschen Innenhof der Casa Reali und durch das Gittertor – wir wussten, dass er nur so zu sehen ist – ist der Blick möglich auf den in die Mauer eingelassenen calendario aus der Zeit des Augustus,gemeißelt auf eine Marmorplatte und bei Grabungen auf dem antiken Forumsgelände 1922 entdeckt.


Das Foto vom Stadttor zeigt es:


"SPQV"

Veroli durfte bereits 307 v.Chr. die Bezeichnung "Senatus Populusque Verulanus" für sich in Anspruch nehmen. Das Städtchen hoch auf dem Berg mit weitem Blick in die Ebene ist ein hübsches, kleines Ziel, keine besonderen Sehenswürdigkeiten aber ein Stadtbild mit Flair. Während der Mittagszeit und auch zu dieser Jahreszeit war zwar nicht viel "los", die Gässchen fast menschenleer, aber auch das hatte etwas für sich.


Wir fahren weiter, denn eigentlich :~ wollen wir noch nach Fossanova. Wir befinden uns in der Ciociaria. Auf der Fahrt Richtung Frosinone merken wir die Auswirkungen der Industrialisierung des „Mezzogiornos“, die aber vielleicht auch notwendig war um einen gewissen Lebensstandard der Bevölkerung zu ermöglichen.



Die Berge säumen grüne Täler ein, die kleinen Orte liegen wie Nester auf den Bergkuppen, eine Rinderherde, die vielleicht den echten, so guten Büffel-Mozzarella liefert, auf der Weide…


Der Himmel hat sich bewölkt – und uns holt das „Künstlerpech“ ein: nachdem wir den ganzen Verkehr um Frosinone hinter uns hatten und auf der Autostraße abgefahren waren, standen wir bei Priverno vor einer Straßensperrung, hier ging es nicht weiter (obwohl Fossanova noch angezeigt war). Aber es war eine Umleitung ersichtlich, also einfach dem (irre leitenden) Hinweis folgen und weiter fahren. Einen Berg hoch gekurvt, auf abenteuerlichen Wegen nach Roccasecca dei Volsci, eine Spitzkehre nach der anderen … :~ ein hübscher Ort hoch oben in den Monti Ausoni oberhalb der Pontinischen Ebene :D … schöne Landschaft mit weiß und rosa blühenden Bäumchen, kleine Wildnarzissen neben dem Sträßchen, viele Zitronen- und Orangenbäumchen zwischen deren dunkelgrünen Blättern die Früchte leuchten. Den Berg hinauf ziehen sich Olivenhaine, in denen die Olivenbäume geschnitten werden... aber ... :? Und irgendwann stehen wir wieder vor dem Gesperrt-Schild und der Straßensperre. Nun reicht es, etwas genervt – und auch ein bisschen enttäuscht, denn eigentlich wollten wir doch noch nach Fossanova :cry: - geben wir auf, denn wir haben ja auch noch den langen Heimweg zum Hotel vor uns.

Der Himmel hat sich ganz zugezogen und dunkle, fast schwarze Regenwolken hingen über den Bergen. Es zieht eine Regenfront heran, die kurze, aber heftige Schauer bringt. Die Straßen durch die Castelli sind im späten Berufsverkehr wieder einmal total verstopft. Wie gut, dass zu den Castelli der gute Castelli-Wein gehört, mit dem ein Tag wie dieser in einen angenehmen Abend übergehen kann ;), mit schönem Sonnenuntergang



und später Mond und Abendstern am Nachthimmel. Der Autoverkehr rauscht die Via Tuscolana hinauf- und hinunter. Morgen ist auch wieder ein Tag und da werden wir – nicht ärgern, nur wundern ;) - erst mal das Hotel wechseln...
 
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Liebe Pasquetta,

leider lassen mir die Pflichten ausserhalb des Forums momentan nur ein Minimum an Zeit für dieses, aber Deinen Bericht habe ich von Anfang an als stille Mitleserin sehr interessiert verfolgt.

Deine Zeilen über den Künstler Gismondi finde ich, wie Du Dir denken kannst, sehr spannend und fühle mich gar ein wenig an unsere Recherchen zu Lello Scorzelli erinnert! :idea:

In einem davon, „a due passi“ von der Kathedrale und gegenüber des Papstpalastes, befindet sich das Studio-Museum des aus Anagni stammende Künstler Tommaso Gismondi. Leider wusste ich vor bzw. während der Reise noch nichts von ihm, so dass ich nicht darauf geachtet habe. Erst bei der Recherche nach der Bedeutung dieses Reliefs


bin ich auf ihn gestoßen und sollte ich noch einmal nach Anagni kommen, werde ich genauer hinschauen (bzw. in Rom u.a. hier nach Werken von ihm Ausschau halten ;)). Das kleine Relief ist ein Ausschnitt der Tür des vatikanischen Geheimarchivs, die der Künstler Gismondi 1986 geschaffen hat – zusammen mit der Tür zur Biblioteca Vaticana – und zeigt eine Szene aus der Geschichte des Archivio Segreto: hier dessen Auslagerung, als la Santa Sede sich nicht in Rom aufhielt, sondern „durch die Lande zog“ nach Viterbo, Anagni und Avignon.


Aufgrund eigenen Interesses an Anagni, war mir der Name des Künstlers ein Begriff und die von Dir verlinkte Wikipedia-Seite kannte ich. Hast Du gesehen, dass Tommaso Gismondi den Kasten (Schrein) angefertigt hat, in dem die Schlüssel zu den Heiligen Pforten in Rom aufbewahrt werden? Wer weiss, vielleicht findet sich Ende des Jahres irgendwo ein Bild davon.

Wikipedia schrieb:
(...) il Cofanetto per le chiavi delle Porte Sante a S. Pietro, San Paolo, San Giovanni e Santa Maria Maggiore. Città del Vaticano, San Pietro (1983)

Tommaso Gismondi - Wikipedia

Dein Bericht über die Fresken in der Krypta der Kathedrale hat mir eine besondere Freude gemacht:

Und dann ging nebenan in der Krypta das Licht an – und wir standen ganz allein in der „unterirdischen Sixtina des Mittelalters“. Dieser Bezeichnung ist nichts hinzuzufügen. Und beschreiben kann ich diese Schönheit, den Reichtum und die leuchtende Farbenpracht dieser Fresken sowieso nicht.
Papst Alexander IV. weihte 1255 diese Hallenkrypta, deren Freskenschmuck alle sieben Schiffe füllt. Die Maler dieser Bilderwelt sind unbekannt, man weiß aber, dass es drei waren die von 1231 bis 1255 hier tätig waren. Wie die Bilderzyklen angeordnet sind geht man davon aus, dass von Anfang an der ganze Raum ausgemalt werden sollte. Man findet eine solche Bildervielfalt vor, dass es müßig ist, zu versuchen sie – ohne Abbildungen zu haben – zu beschreiben. Es geht um die Heilsgeschichte: von Christus als Lamm Gottes, dem die 24 Ältesten ihre Kronen darbringen, als Weltenrichter (mit einem Schwert im Mund), Szenen aus dem AT und NT, besonders Darstellungen zur Geschichte der Bundeslade oder zur Apokalypse, Geschichten aus dem Leben Marias, der Evangelisten, des Patrons von Anagni, dem hl. Magnus, bis zu Persönlichen der antiken Wissenschaft (besonders bekannt die beiden Ärzte Hippokrates und Galenus (auch wenn sie nicht zur selben Zeit gelebt haben)im Gespräch). Ein Kaleidoskop von Farben, Figuren, Ornamenten – das Freskenprogramm mit seinem „philosophisch-naturwissenschaftlichen Gemälden“ scheint von hochgebildeten Theologen, vielleicht Gelehrten aus dem Umkreis der Päpste, erstellt worden zu sein.

Wir konnten uns nicht satt sehen. Beeindruckt bei der Sixtinischen Kapelle im Vatikan auch die Größe und Weite des Raumes, so ist es hier die Nähe zu den Bildern. Ich hebe den Kopf und habe den Propheten Elias auf dem Feuerwagen über mir oder stehe einer byzantinischen Muttergottes direkt gegenüber.

Bevor das Licht verlöscht und man mit den ganzen Eindrücken „im Dunkeln steht“, sollte man auch einen Blick auf den farbenfrohen, ziemlich unversehrten Kosmatenfußboden werfen.

Natürlich – und verständlicherweise, aber auch leider – darf man keine Fotos machen und natürlich sind auch 20 Minuten zu wenig, um alles eingehend zu betrachten. Die Überfülle an Eindrücken ist einfach überwältigend, aber mit ein wenig Vorbereitung sollte man die vorgegebene Zeit gut nutzen können. Natürlich wäre es schön, alles viel intensiver anschauen zu können und mehr Zeit dafür haben, aber die Gegebenheiten sind nun mal so wie sie sind.

(Auch hierfür habe ich keine ansprechenden Bilder im Netz gefunden, vor allem die Farben werden nicht gut wiedergegeben. Im Infopoint des Museums gibt es ein kleines Heftchen mit recht anschaulichem Bildmaterial. - Hier die Homepage der Cattedrale di Anagni)
Nach meiner Rom-Reise im September 2014 habe ich aus einem bestimmten Grund (ich werde noch berichten) nach Informationen über die Fresken der Krypta von Anagni gesucht und habe im Netz eine Webseite gefunden, dank der man sie virtuell in voller 3D-Pracht betrachten kann. Die Steuerung ist vielleicht nicht ganz einfach aber es geht und ich wünsche Dir viel Freude dabei. Hier der Link von der Webseite der Stadt Anagni: Navig@nagni - Comune di Anagni (Foto der Krypta anklicken und die virtuelle Erkundung kann beginnen.)

Vielen Dank für die bisherigen Schilderungen und Bilder; gerne begleite ich Euch weiter durch das Latium. :nod:
 
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