Bericht: Me and my fruitcake

Aurelia

Aedilis
Stammrömer
ich kann hier leider nur auf eine englische Tastatur zurueckgreifen, ich entschuldige mich also fuer die erschwerte Lesbarkeit und die gehaeuft auftretenden Fehler...



England 13. 09. – 27. 09. 2006

Mittwoch

Es war mal wieder so weit, bepackt mit jetzt schon schweren 17 Kilos trat ich meine lange Reise zum Frankfurter Flughafen an. Mehr als rechtzeitig stand ich dann auch schon im Terminal 1 und da ich bereits online eingecheckt hatte, wurde ich vom Personal konsequent an die Self-Check-Inn Terminals verwiesen um meine Bordkarte zu bekommen. Lustig, dass dies sozusagen meine erste Reisebegegnung war und ich schon auf Englisch zugetextet wurde.

Er: Show me your ticket please.
Ich: Ja, bitte, hier…ich habe schon eingecheckt (Anm. Der Redaktion: heisst das eigentlich habe eingecheckt oder bin ich eingecheckt? Mache ich das aktiv oder passiv??)
Er: Ah, right…you are going to London…
Ich: Ja, nach London
Er: Over there please!
Ich: Dankeschoen!

Die Schlange war mal wieder undurchschaubar, also fragte ich den naechsten Herrn und der geleitete mich mit einem galant-militanten “Folgen sie mir bitte” durch alle Asperrungen hin zu meinem liebsten Part der Reise – dem Roentgen. Es geschah wie schon bei meinem letzten Lufthansa Flug: ich musste meinen Koffer oeffnen und mein Ladegeraet wurde auf Sprengstoff untersucht.

Dazu kann ich nur sagen; ich wuenschte ich haette den technischen Sachverstand so etwas ueberhaupt ansatzweise zu praeparieren! Aber dann wuerde ich wahrscheinlich auch Elektrotechnik in Hamburg-Harburg oder vergleichbaren Orten studieren, kleiner politische inkorrekter Scherz am Rande.

Diesmal regte mich das Prozedere nicht auf, da der zustaendige Herr wirklich nett und freundlich war und wie es in den Wald hereinschallt…eben! Er entschuldigte sich fuer die Wartezeit, ich sagte das schwierigste sei ja nur keine dummen Witze zu reisen, er schmunzelte wieder, trug mir meinen Koffer noch an den Schalter und wuenschte eine gute Reise.

Was am ganzen Quick-Check-Inn so quick sein soll, weiss ich ja irgendwie auch nicht. Der Unterschied ist ja praktisch nur das man anstelle einmal an den Schalter sich insgesamt 3mal mit dem Vorgang beschaeftigen muss. Aber man umgeht die Herrschaften vom Personal, das hat ja auch so seinen Reiz.
Nun denn, ich passierte umringt von unverstaendlichen Schweizern die erste sehr unfreundliche Kontrolle und bummelte noch ein wenig durch die Laeden, Plaene schmiedend was ich auf dem Rueckflug so alles einkaufen wollte. Dann noch eine Kontrolle und ich wartete…Achja, die Passkontrolle war auch lustig, der Herr Bundespolizei, der eindeutig nicht hier geschrien hatte als der liebe Gott die Freundlichkeit verteilt hatte, musterte mich als sei ich ein gefaehrlicher Gewaltverbrecher…noch mehr Blicke wie dieser und ich ueberlegs mir nochmal, hmmpf.

Ich ergatterte viele dicke, tolle Zeitungen zum Schmoekern die im Augenblick leider immer noch unaufgefaltet auf dem Wohnzimmerboden liegen und las stilecht und vorurteilsbestaetigend noch 2 Seiten “Stolz und Vorurteil” von Jane Austen. Ist noch meine Reclam-Ausgabe aus der Schule und da ich ja nur Englisch studiere, lese ich es natuerlich auf Deutsch.
Der Flug mit der A321 die den spannenden Namen “Heilbronn” trug, war unglaublich ereignislos. Die Stewardessen waren muffig, und da der Flug ausschliesslich aus Businesstypen bestand, herrschte eisiges Schweigen an Bord. Ich gebe ja zu ueber den Charter-Flug nur gelaestert zu haben, aber das hier hat leider auch nicht so einen Unterhaltungswert.

Die Verpflegung war erneut des Erwaehnens nicht wert; ein klitzekleines Vollkornbroetchen mit einer sehr mageren Scheibe Putenbrust. Wusste gar nicht, dass Lufthansa jetzt so eine Art Diaet-Flug betreibt. Auch das niedliche Twixlein fuellte mit viel Optimismus einen hohlen Zahn. Ich weiss ja nicht, ob ich da unnormal bin aber ich bekomme sobald ich in der Luft bin immer einen unglaublichen Hunger der selten gestillt wird. Dafuer das Lufthansa soviel Wert darauf legt, nicht in den Billlig-Sektor gesteckt zu werden, sollten sie ihr Nahrungsangebot wirklich etwas umfangreicher gestalten, jawohl!
Dafuer hatte ich nun auch die Erkenntnis gewonnen auf die Frage warum Menschen in 10.000Metern gerne Tomatensaft trinken! Jaa, naemlich…Tomatensaft ist ja schon mehr Suppe oder Sosse als Getraenk und da es fast nicht zu essen gibt fordern die besonders hungrigen eben noch eine Art Kaltschale getarnt als Tomatensaft mit Salz, Pfeffer und Tabasco.

Im Landeanflug kam dann endlich der Moment auf den ich schon so viele Fluege gewartet hatte, es gab keine tiefhaengende Wolkenschicht und ich sass auf der rechten Seite, also: Ich konnte London sehen! Ich erkannte ganz nah und deutlich die Tower Bridge, Westminster, das London Eye Riesenrad, den Buckingham Palace und die Royal Albert Hall! Mir standen schon wieder fast die Traenen der Ergriffenheit in den Augen…In Heathrow ging alles fix…vorbei an der Endlosschleife von “Bye bye –bye bye – bye bye - …” am Flugzeugausgang und rein ins schaebige aber recht uebersichtliche Terminal 2. Die Koffer waren auch schnell da und beim Rauchen machte ich schon wieder eine englische Bekanntschaft mit einer Dame die gerade aus Zuerich kam und mit mir im schoensten Englisch ueber Abzocke bei den Tabaksteuern und den boesen Gordon laesterte.

Obwohl ich zu frueh war, wurde ich schon erwartet und im Parkhaus kam dann auch schon mein obligatorischer Aussetzer als ich auf die Fahrerseite steuerte…ich werde es einfach nie schaffen meine Instinkte umzupolen! Die Fahrt nach Billingshurst in West Sussex zog sich dank stockenden Verkehrs auf der M1…hier war ein ganz trueber Tag und es sah um 18h schon aus als ob es gleich Nacht wuerde. Bei Tesco machte ich gleich noch meinen ersten Rundgang um zu sehen ob alle Produkte noch da waren und freute mich irrsinnig wieder hier zu sein. Zu Hause gab es dann eine Art Shepherds Pie, leckere Puddingtoertchen, etwas englisches Fernsehen und dann eine angenehme Nachtruhe…morgen wuerde es zu Robbie nach Milton Keynes gehen, wir wuerden alle Kraefte dafuer brauchen…
 
AW: Me and my fruitcake

Aurelia ist wieder auf der Insel...

Da freut man sich ja schon auf jede einzelne Zeile! Und der Titel "Me and my fruitcake" ist auch schon wieder überaus verheißungsvoll!

Schreib schnell mehr... Biiiiiitte!!!
 
AW: Me and my fruitcake

Hallo und Moin, Moin Aurelia!

...... wieder höchst amüsant Dein Bericht !!! :) :) :) Wann geht er weiter ???

Ich wünsche Dir weiterhin noch ganz viel Spaß !!!


Gruß - Asterixinchen :)
 
AW: Me and my fruitcake

Hallo Aurelia,
ich hoffe ja, dass du nicht daran Schuld trägst, dass ich heute der Presse folgendes entnehmen musste:
Große Sorge um Robbie Williams! Der britische Megastar hat seine komplette Asien-Tour gecancelt, weil er "zu erschöpft und müde" ist, wie sein Management mitteilte...


:twisted: :] :lol:

Gruß gengarde
 
AW: Me and my fruitcake

gengarde schrieb:
Hallo Aurelia,
ich hoffe ja, dass du nicht daran Schuld trägst, dass ich heute der Presse folgendes entnehmen musste:
:twisted: :] :lol:
Gruß gengarde

"Unsere" Aurelia?

Neeiiiiiin, dass glaube ich nicht!!! :lol:
 
AW: Me and my fruitcake

Hi Aurelia..

weiter bitte bitte...

werde bald mit einem London-Bericht folgen... morgen in einer Woche gehts los - juhuu!!!! :)...

lg
maus
 
AW: Me and my fruitcake

Donnerstag

So richtig Vorfreude hatte ich ja nicht gerade, zu gross erschienen mir die Anstrengungen des Tages und die Idee Robbie endlich in echt zu sehen war so abstrakt, dass ich sie mir nur mit Muehe vorstellen konnte. Um kurz nach 10Uhr bepackten wir den Lieferwagen mit Kissen und Schlafsack und ich hatte konzerttauglich die Corny Riegel, das erlaubte Flaeschen Wasser, genuegend Zigaretten, etc. dabei. Es kam auch endlich mal mein Gratis-Robbie-Shirt von T-Mobile zur Geltung, fuer den Verein moechte ich ja eigentlich im Leben kein Werbetraeger sein aber egal…Das Wetter war trueb aber trocken und die Strassen normal. Irgendwo auf der Strecke bei unglaublich einschlaefernder Musik aus dem Mp3-Player meines Freundes war es dann auch schon wieder um mich geschehen und ich war eingeschlafen. “99 Luftballons” erweckte mich kurzzeitig wieder zum Leben doch mein Daemmerzustand hielt an. Vorbei am Flughafen Luton, der ja wirklich schon unverschaemt weit weg von der Stadt liegt, und hinein ins wunderschoene Milton Keynes.

Ich hatte schon so viel schlechtes ueber die Reissbrettstadt gehoert, dass ich mir eigentlich gerne selbst ein Bild gemacht haette. Gerne waere ich im so anschaulich von Bill Bryson in “Reif fuer die Insel” dargestellten Tunnelgewirr verloren gegangen und haette mich nochmal bei McDonalds staerken koennen…Die Milton Keynes Bowl war gut ausgeschildert, lag aber gelinde gesagt mal wieder am Arsche der Welt. Wir wurden problemlos auf den erstbesten sich fuellenden Parkplatz gelotst und stiefelten los ohne ganz genau zu wissen was auf uns nun zukam.
Die Schlange endete schon auf der Fussgaengerbruecke ca. 30m vom Auto entfernt. Ich haette ja schon wieder die Krise kriegen koennen, die Englaender queuen allen ernstes vor einem Stadionkonzert! In Deutschland gaebe es bereits an dieser Stelle die ersten gebrochenen Rippen und in diesem Augenblick ging mir diese scheinbare Ordnung auch ziemlich auf die Nerven. Da standen wir also um 12h mittags in einer Schlange voller Englaender die ernsthaft mit dem Gedanken spielten sich einen dieser pinken blinkenden Cowboyhuete bei den fliegenden Haendlern zuzulegen (ok, ich habe auch drueber nachgedacht mich dann letzlich aber doch dagegen entschieden ;-) ). Den Gedanken, dass die Gatter erst in 2 ½ Std geoeffnet werden wuerden, versuchte ich bestmoeglich zu verdraengen. Nach 10Minuten war uns langweilig und wir verliessen unseren sicheren Warteplatz um nochmal ein bisschen uebers Gelaende zu gehen und auch dem Merchandising-Stand einen Besuch abzustatten bevor der Run losgingt.

Ich erstand ein Programm (in das ich bis heut noch nicht wirklich reingeschaut habe, huestel) und ein T-Shirt (ohne Tourdaten! Wie langweilig, und die unauthorisierten vor der Tuer sahen eigentlich besser aus, naja…) und wurde stolze 30Pfund leichter (schoen waer’s*lach). Ploetzlich fielen ersten Tropfen vom Himmel und ich wollte mir in meinen kuehnsten Trauemen nicht ausmalen was wir nun bei Dauerregen machen sollten. Es gab hier keine Daecher, keine Gebaeude und Schirme waren offiziell nicht erlaubt (trotzdem fuehrte jeder einen mit sich ausser wir natuerlich). Der Himmel hatte ein Erbarmen, der Regen stoppte bevor er richtig losgelegt hatte und so sollte es nun auch den ganzen Tag ueber bleiben.

Um verwegen zu sein und einen Tapetenwechsel zu bekommen stellten wir uns nun in die Schlange rechts vom Eingang an. Also, der Eingang war am Ende der Schlange schon bestimmt wieder 300m entfernt. Da standen wir also in the middle of nowhere und warteten darauf uns von einer Warteposition in eine andere begeben zu koennen. Ich war absolut fasziniert; etwas vor uns war ein Grueppchen englischer “Damen” die in voller Playboy-Bunny Montur erschienen waren. Wen stoerten schon kuehle Temperaturen und grosse Mengen an Uebergewicht wenn er dafuer mit Bommelschwaenzchen und Oehrchen rumalbern durfte!? Ich philosophierte darueber ob dies mangelnde Selbstkritik , ein hohes Selbstwertgefuehl oder einfach eine Risenmenge des britischen Humors sein sollte und kam mir im Vergleich zu diesen beschwippsten Wuchtbrummen doch sehr deutsch und vernuenftig vor…

Andere assen pausenlos mitgebrachte Dinge aus ihren Tesco-Tueten und da es dort ja auch keine Muelleimer gibt, sah es bald auch schon sehr adrett aus hier. Vor runs stand ein Paerchen in meinem Alter an, die optisch so gar nicht hierher zu passen schienen. Sie mit ledernen Cowboyhut und Wanderstiefeln, er mit Goretex Jacke und Rucksack schienen sie mir eher von einer Backpacker-Tour zu kommen. Zwangslaeufig schnappten wir einige Gespraechsfetzen auf, noch wussten wir nicht mit wem wir es zu tun hatten: dem Fruitcake-Man!
 
AW: Me and my fruitcake

Hallo Aurelia.
Danke für deinen tollen Bericht. :D
Ich bin schon ganz gespannt auf deine Erlebnisse beim Robbie Konzert und auch ein bißchen neidisch, hätte Robbie auch gerne life und in Farbe erlebt. ;) Hoffentlich geht es bald weiter. Deine Berichte sind immer wieder ein Highlight hier im Forum.
LG Trine
 
AW: Me and my fruitcake

Hallo und Moin, Moin Aurelia!

Tja, mal wieder klasse - DANKE :) .... aber gemein!!! Warum hörst Du immer dann auf .... wenn es richtig interessant wird ????? Hoffe, dass es bald weitergeht ..............


Gruß - Asterixinchen :)
 
AW: Me and my fruitcake

Bald gehts weiter, komm hier leider nicht so zum schreiben und nun fahr ich auch noch weg uebers Wochenende...aber spaetens Mittwoch muss es weitergehen :)
 
AW: Me and my fruitcake

Aurelia!​

Wie kannst Du es wagen, uns Robbie sooooo lange vorzuenthalten! ;)

Wünsche Dir ein schönes Wochenende in "good old England"!
 
AW: Me and my fruitcake

Und vor allen Dingen: Wer oder was ist der "Fruitcake-Man" ????

Hau in die Tasten, Aurelia! Ich will wissen, wie es weitergeht...

Ingo
 
AW: Me and my fruitcake

Erst legte er sich auf den Boden um sich zu entspannen, genau dann als sich die Schlange mal wieder um zwei Inches voran bewegte. Wieso das bei noch geschlossenen Gattern geschah, wusste niemand; die ganz vorne mussten bestimmt schon ein Stück platter sein. Die Nachricht das innen keine Lebensmittel erlaubt sein, erreichte den Fruitcake Man. Er schaute verlegen in seine Plastiktüte, schaute wieder auf und meinte festentschlossen wie ein Zitat aus einem Action-Film:
„That means I have to eat everything…best is I start…NOW!!!“.

Jaa, gesagt getan, es wurde eine Schweinefleischpastete und ein riesiger Chicken-Wrap verspeist, immer wieder unterbrochen von unglaublich lustigen Kommentaren an die ich mich nicht mehr voll erinnern kann und die wahrscheinlich auch nur in britischem Englisch und in der Situation ihre volle Komik entfalteten.
Seine vernünftige Freundin wirkte beschwichtigend und as schon mal zwei Äpfel und eine halbe Tüte Madeleines. Die Digestif-Kekse verspeiste er immer zwei auf einmal, das räumt besser…auch wir bekamen welche angeboten, was wir (ohne Verpflegung abgesehen von Corny-Riegeln) gerne annahmen und so langsam machte sich wohl die Sättigung bei unserer schlanken Frohnatur und geborenem Zyniker in bester Manier breit.

„Those biscuits would taste really nice if you don’t have to eat so much of them! “.
Er machte die Wartezeit ungemein unterhaltsam auch wenn sein bissiger Kommentar “Jippie!!!Only 6 ½ hrs until we see Robbie!!! Only 9hrs. Until we can go home and probably only 17hrs until we are in bed!!!“ uns die Uferlosigkeit unseres Vorhabens einmal mehr vor Augen führte.

Ungefähr eine Stunde vor Einlass war „nur“ noch ein solider, runder Früchtekuchen als Proviant übrig geblieben. Guter Rat war teuer…der Fruitcake-Man handelte weise und kurzentschlossen. Er öffnete seine Allwetterjacke und versenkte das Backwerk in der linken Innentasche! Von außen sah man kaum etwas und als er sein geniales Werk abtastete kamen folgende Kommentare:
„I think it feels absolutely natural! “, “When they check me and ask what I have inside my pocket I will say: A fruitcake!”…ich lag fast am Boden vor Lachen! Es war einfach zu komisch und ich wünschte ihn für den Rest des Abends um mich zu haben und alles was er sagte als Buch veröffentlichen zu können.

Er machte die Playboy-Hascherl und die Wodka trinkenden Gestalten fast vergessen und wirkte wie ein effektvoll deplaziertes Relikt aus einer Monty Python Satire. Relativ hübsch war er auch…als wir ihm von unsrem Plan im Van zu übernachten bis die Straßen wieder frei waren, erzählten, war er begeistert von dieser Idee und adaptierte sie sofort.
„That’s brilliant! We will get more sleep that way than in a traffic jam! What a good idea I had, fantastic”. Von seiner besseren Hälfte wurde dies mit einem trockenen “Well done” quittiert, leicht ist es sicherlich nicht einen hyperaktiven zum Freund zu haben.

Die Zeit war gekommen und innerhalb weniger Minuten gelangten wir vorbei an nicht vorhandenen Sicherheitschecks ins Stadion. Den Fruitcake-Man verloren wir aus den Augen, wir werden ihm ewig gedenken und haben in Gedanken seinen warmgehaltenen Fruitcake mitgenossen J God bless you J
Im Stadion hatten wir noch so ziemlich die freie Auswahl und ließen uns auf dem Grashügel zu unserer linken mit guter Sicht auf die Bühne nieder. Wir hätten auch noch wesentlich näher an der Bühne Platz gefunden (nur natürlich nicht im teureren Bereich der Inner Sanctum Mitglieder) aber auf das Gedränge und 2-Meter-Menschen vor uns hatten wir keine Lust. So langsam entwickelte sich alles zu einer Mischung aus Volkfest, Familienpicknick und Woodstock. Die Open Air erprobten Briten hatten Decken etc. dabei, wir hatten nur uns und die erlaubten Wasserfläschen. Egal, es war halb drei und nun galt es unser Sitzfleisch zu erproben.
Etwas nervig waren die im September überall in Scharen herumfliegenden Grain Flies, eklige RiesenSchnakenSpinnenFliegeDinger, aber da sie nicht stechen…

Die Zeit verging, wir quatschten, ich fand heraus das sowohl die sanitären Anlagen als auch Verpflegung ausreichend vorhanden waren, wir tranken Tee aus Pappbechern und beobachteten die Menschen um uns herum. Ein wirklich harmloses und angenehmes Publikum, keine Säufer, keine hysterischen Teens sondern Menschen wie du und ich aus wirklich allen Alters- und Bevölkerungsschichten.

Gegen 6h nahte ein Hubschrauber der sofort als Robbie enttarnt wurde. JUBEL! Hätte ich mal schneller gedacht, hätte ich es sogar noch schnell an den unteren Rand neben der Bühne geschafft um den Star des abends im Van vorbei flitzen zu sehen. Alles immer noch ziemlich irreal und faszinierend für mich.

Im Rückblick frage ich mich immer wie wir die lange ereignislose Wartezeit so lange ausgesessen haben aber es ging wirklich problemlos. Die Menschen um uns konsumierten Unmengen von englisch eklig aussehenden Chinanudeln mit Currysauce und Chickenwings und trugen gehäuft die blinkenden Cowboyhüte auf den englischen Häuptern.
Ich bin ja beileibe nicht geizig aber unsere Nachbarn schienen alle so geschätzte 20Pfund pro Kopf für Smirnoff, Tee und Fressalien auszugeben und das fand ich doch relativ erstaunlich. Komischerweise war ich noch nicht mal besonders hungrig dabei hatte es seit dem Frühstück praktisch nichts gegeben.

Wann es soweit war kann ich kaum noch rekonstruieren aber die erste Vorgruppe „Orson“ legte los. Netter Rock der mich teilweise an „The Police“ erinnerte obwohl der Frontman mehr Ähnlichkeit mit Michael Stipe aufwies. Ich glaube ich hatte die Band schon mal am Rande auf MTV wahrgenommen aber so richtig bekannt war sie mir nicht. Es war nicht schlecht doch auch nicht mitreißend genug um mich wirklich gefangen zu nehmen. Die ersten haben es natürlich auch immer besonders schwer.

Nach ca. einer halben bis dreiviertel Stunde wurde wieder um- und abgebaut und wir wurden schonungslos mit Werbung beschallt. T-Mobile verschenkte auf SMS-Abruf (der leider nur für englische Handys zu funktionieren schien) Klingeltöne und Wallpapers, wir sollte alle Bluetooth einschalten und auf weitere Infos warten (die bei mir nie eintrafen auch wenn ich bis heute Bluetooth aktiviert habe) und zum wiederholten Male „The new single: Rudebox“ und „Studiolife, Hairstyling“…so langsam senkte sich die Dämmerung über diesem wahnsinnigen romantischen Ort namens Milton Keynes und der Sonnenuntergang zauberte noch mehr Stimmung über die Bowl.

Es wurde wieder licht auf der Bühne und Support Nummer 2 legte los wie ein Feuerwerk. „Basement Jaxx“, eine mir bis dato vollkommen unbekannte Elektro-Dance-Crosstyle Formation mit Bläsern im Schottenrock und echten Granaten als Sängerinnen. Ich muß zugeben, auch wenn ich keins der Lieder kannte, es zündete und mit jedem Lied erhoben sich mehr zum Mittanzen. Das ist es wohl, was man gelungenes Anheizen des Publikums nennen darf. Mittlerweile habe ich mir auch eine „Best of CD“ der Band zugelegt aber live war da doch wesentlich mehr Feuer unterm Arsch als auf dem Silberling.
Es wurde getanzt wie beim Karneval in Rio (oder sagen wir fast) aber für mich war so langsam der Punkt erreicht an dem ich den Herrn und Meister sehen und höre wollte und mein zwar gutgepolstertes doch trotzdem taubes Hinterteil nicht mehr länger auf dem Boden hocken wollte.

Um ca. 20.30h war es dann soweit, in einem Moment in dem das Gehirn von sich wiederholenden Werbebotschaften schon fast erweicht war, ging die Lightshow los und die Technik setzte an zum langem Intro eines unvergesslichen Abends. Meine Kamera war gezückt, der Adrenalin Spiegel blendete selbst die leichtesten Anzeichen von Ermüdung aus und da schoss er umhüllt von einer Rauchsäule aus dem Boden.
„This is not a drill!“,,,LISTEN TO THE RADIO! Vielleicht hätte ich mir doch eines der vorher an älteren Konzertbesucherinnen gesichteten T-Shirts „Mr. Williams – I need a shag“ zulegen sollen! Da war er, aus Fleisch und Blut, einer der diversen Männern aus meinen Träumen!
 
AW: Me and my fruitcake

Hallo und Moin, Moin Aurelia!

DANKE! Ich habe mich mal wieder köstlich amüsiert ....... bitte um baldige Fortsetzung !!!


Gruß - Asterixinchen :)
 
AW: Me and my fruitcake

Hallo Aurelia!
Danke, für deinen tollen Bericht. Es hat wirklich Spaß gemacht mit dir zusammen dem Auftritt von Robbie entgegen zu fiebern. :lol:
Das schreit auf jedenfall nach mehr!!!! :nod:
LG Trine!
 
AW: Me and my fruitcake

OK, die "Aura" dieses Mannes kann wohl nur eine Frau nachvollziehen...

Aber wenn ich schon an einem "Robbie-Event" teilhaben muss, dann am allerliebsten mit Dir, Aurelia :) !

Schade, dass uns allen (und Dir auch) vorenthalten bleibt, wie es dem fruitcake und dem dazugehörigen Mann im Verlauf des weiteren Abends ergangen ist.

Schreib schnell weiter... Ich will mehr!
 
AW: Me and my fruitcake

An die genaue Setlist kann ich mich nicht mehr erinnern deshalb folgen die Impressionen vom eigentlichen Konzert nun eher bruchstückhaft. Song Nummer zwei war „Rock DJ“, da gab es natürlich kein Halten mehr. Man sieht dass auch schön an meinen Kameramitschnitten bei denen das Bild so nett rhythmisch wackelt.
Er begrüßte das Publikum mit „Welcome to the new Wembley. English craftsmen, isn´t it great?!“…Ja, das hatte gesessen. Wenn man mal ehrlich ist, einen unerotischeren Städtenamen als Milton Keynes kann man ja auch kaum finden, oder?
Sein Freund und Duettpartner Johnny kam mit auf die Bühne, der Auftritt war herrlich aufgrund kleiner Pannen wie Stolpern, fallende Mikros und endlose englische Flüche wie ich sie so liebe.
Ich merke gerade wie schwer es mir fällt, das Konzert in seiner Gesamtheit zu erfassen. Robbie war einfach der Entertainer schlechthin. Die Akustik war hervorragend, er sang sicher und gut und die in der deutschen Presse zuletzt ja so oft bemängelten billigen Obszönitäten; sie gehören zu ihm und seinem Image und so dramatisch ist das ganze ja auch nicht wenn er fragt „Do you wanna have sex with me“ lol.
Mir gefiel besonders, dass „Me and my shadow“ gesungen wurde, eins meiner Lieblingslieder von ihm. Auch „Back for good“ gepaart mit bissigen Bemerkungen über seine Take That Zeit hatte nichts an Wirkung verloren, im Gegenteil…Erstaunlich war, dass er manchmal ins Deutsche rutschte und Sachen wie „wunderbar“ oder „Scheiße“ sagte. Ob außer mir das überhaupt jemand bemerkt hatte? Egal, ich schoss ein Bild nach dem anderen (von der Leinwand versteht sich), filmte viel und freute mich an der ausgelassenen Stimmung der Südafrikaner neben uns.
Es war einfach nur geil (auch wenn ich mich mit diesem Statement bestimm fürchterlich wiederhole)! Er entdeckte einen Eiswagen und lies sich prompt Cadbury 99p Icecream auf die Bühne bringen. Ich sage euch, niemand sieht mit weißem Milcheisbart so sexy aus wie er.

Als Zugabe gab es das viel gescholtene „Rudebox“ welches für mich zum echten Ohrwurm mutiert ist, „Let me entertain you“, „Angels“ und „Kids“…muß ja wirklich blöd sein, wenn man nie mehr die Bühne verlassen darf ohne „Angels“ zum besten gegeben zu haben aber ach…es ist so schööön. Auf meinen Aufnahmen hört man mich fast lauter singen Robbie! Und als er sich dann mit Tränen in den Augen verabschiedete „I love you England! – and what I always wanted to say: GOOD-NIGHT WEMBLEY!“ war auch ich leicht am vor mich hin schniefen…

Ich hasse diesen Moment in dem man sich eingestehen muß, dass nun alles zu Ende ist und man aus dem Traum wieder aufmachen wird. Die Lichter gehen an, das Geschiebe geht los, die Beine schmerzen und der Blick ist glasig. Wir bahnten uns unseren Weg zum Van und dort angekommen ließen wir uns im Laderaum auf Schlafsäcken und Fleecedecken nieder. Als ich so dort lag, die Töne der Musik noch im Ohr nachklingend und in Gedanken an Bord von Robbies knatterndem Hubschrauber da wusste ich: einen romantischeren Moment würde ich in meinem Leben wohl kaum noch erleben. Ich hatte ihn gesehen, es war toll, ich war seit über 14 Stunden auf den Beinen, ich hatte es nach Milton Keynes geschafft, ich war in England und lag neben meinem (schlafendem) Freund in einem Lieferwagen inmitten eines chaotischen Parkplatzes…ich gebe zu, ich hab ein paar Tränchen verdrückt*seufz.
Dann und wann schaukelte mich das monotone Motorengebrumme von außen in den Schlaf aber dummerweise stieg auch der Druck auf meine Blase und ich wurde immer wieder unsanft in die Realität ohne Klos in der Nähe zurückgeholt. Die von unten aufsteigende Kälte war da auch nicht gerade förderlich…um Mitternacht wachte ich wieder auf und wagte einen Blick aus dem Rückfenster. Ach, die Autos waren weg! Wohl noch nicht lange, aber der Stau hatte sich aufgelöst! Ich weckte meinen Freund, verschlafen krabbelten wir ins Führerhäuschen und machten uns auf den Rückweg. Der Mensch in der einsamen Hot Dog Bude gegenüber hat bestimmt den Schreck seines Lebens bekommen als aus diesem verwaisten Auto urplötzlich Menschen in Decken ausstiegen und wegfuhren*lach. Auch die Parkplatzwächter waren sichtlich froh ihren letzten „Kunden“ für heute Nacht endlich loszuwerden.

Auf den Straßen um die Bowl herrschte jedoch noch Stop and Go Verkehr. Zwei Wagen vor uns fing ein BMW an zu qualmen und rettete sich noch auf den Seitenstreifen bevor er die Wasserlachen sah, die er hinter sich herzog. Mein Mitleid hatten diese Robbie-Fans; es muss schrecklich sein nach einem langen Tag mitten in diesem Chaos mit einem Schaden liegenzubleiben. Als uns der Stau zu dumm wurde, nutzen wir die Möglichkeit etwas in die Gegenrichtung zu fahren und damit die nächste Autobahnauffahrt staufrei zu erreichen. Der Plan funktionierte und da waren wir. Um 1h nachts auf der Autobahn Richtung Süden.
Wir kamen dann auch an eine große Raststätte (voll mit mitgenommen aussehenden Robbie-Jüngern) bei der ich endlich die sanitären Einrichtungen benutzen konnte und wir Sandwiches kauften. Wir waren bereits jetzt beide so müde und ausgepowert, dass nächtliches Kochen in weite Ferne gerückt war. Wieder so einer meiner surrealen Momente; ich um halb zwei auf dem Parkplatz einer Autobahn-Raststätte mit einem Bacon+ Lettuce Sandwich in der Hand.

Ich hoffte dass wenigstens dies mich nun mal etwas wacher halten würde. Von wegen; die weiteren über 100Kilometer verbrachte ich mit Kopf anheben, dem starken Willen „Nun bleibe ich aber wirklich wach!“ und dem Sekunden später wieder auf die Brust sackenden Haupt…ich denke jeder war schon mal in der selben Situation und weiß wie kräftezehrend es sein kann sich lange Zeit durch dieses Dämmertal quälen zu müssen. Dabei wollte ich doch unbedingt wach bleiben um meinen armen fahrenden Freund wach zu halten und moralisch zu unterstützen!

Gegen 3h morgens erreichten wir den rettenden Heimatort. Ich brachte es kaum noch fertig auszusteigen und in den zweiten Stock zu gelangen. Aber trotz allem erfreute mich noch der Gedanke: Du hast etwas einmaliges erlebt und bist ungemein verwegen. Ich schaffte es noch eine Tasse heißen Kräutertee zu trinken, mich meiner Klamotten zu entledigen und dann war ich in einem komaähnlichem Schlaf…als ich um 9h morgens wieder am Leben war, wusste ich von Robbie geträumt zu haben.
 
AW: Me and my fruitcake

Hallo Aurelia!

Vielen Dank für den tollen Bericht!!!

Bevor ich angefangen habe deinen Bericht zu lesen, habe ich erstmal eine meiner Robbie Cd`s in den CD Player geschmissen und dann deinen Bericht auf mich wirken lassen. Ich kann deine begeisterung verstehen und ärgere mich immer mehr, dass ich Robbie nicht auch life gesehen habe (war zum Zeitpunkt seines Köln Konzertes in Rom).

LG Trine!
 
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