Bericht: "Ins Land der Franken fahren …"

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VIELEN DANK

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für die so reich bebilderten Fortsetzungen

:thumbup::thumbup::thumbup:
 
Pasquetta,
dieser Bericht macht besonders Spaß. Du gibst mir eine Vorlage für einen wunderschönen Sonntagsausflug von meinem Zweitwohnsitz aus. Castell, Wiesentheid und Ebrach, alles sehenswerte Orte die ich jetzt erst durch Dich etwas kennengelernt habe. Herzlichen Dank.
 
@ Asterixinchen und Ludovico

Bitte schön - wie heißt es so schön: immer wieder gerne; vielleicht ein bisschen viel Text, aber die "Tagesform" war anscheinend nicht so gut, als ich nachbereitet habe... ;)

Du gibst mir eine Vorlage für einen wunderschönen Sonntagsausflug von meinem Zweitwohnsitz aus. Castell, Wiesentheid und Ebrach, alles sehenswerte Orte die ich jetzt erst durch Dich etwas kennengelernt habe.

Das freut mich und wir haben es auch genossen, diese schönen Orte kennenzulernen - und den guten Frankenwein dazu wieder zu entdecken. Irgendwie musste er seit langem immer hinten anstehen zugunsten Pfalz und Rheinhessen...
 
und den guten Frankenwein dazu wieder zu entdecken. Irgendwie musste er seit langem immer hinten anstehen zugunsten Pfalz und Rheinhessen...

Das wundert mich sehr. Wie pflegte mein Cousin zu sagen: Nr. 1 der Getränke ist Frankenwein, Nr. 2 Frankenwein, ...., Nr. 7 Frankenwein, Nr. 8 Krimsekt und dann kommt kein erwähnenswertes Getränk mehr ;).
 
Liebe Pasquetta,

jetzt am Wochenende komme ich endlich dazu, Deinen wundervollen Bericht in Ruhe zu lesen und Dir für dieses Lesevergnügen und die schönen Photos zu danken. Von diesen zitiere ich hier nur einige meiner ganz grossen Favoriten:

Die Alte Hofhaltung – mit ihrer mächtigen Renaissancefassade, mit Fenstererker und Treppengiebel und der Schönen Pforte wie ein Triumphbogen.


Über dem Mittelbogen: die Muttergottes, hinter ihr das Dommodell, getragen vom Stifter Heinrich II. und seiner Frau Kunigunde, neben ihnen die Patrone des Domes, der hl. Petrus und der hl. Georg.

(...)

Tilman Riemenschneider schuf für das heilig gesprochene Kaiserpaar Heinrich II. und Kunigunde dieses prächtige Hochgrab. Die Deckplatte zeigt das kinderlos gebliebene Ehepaar, mit den Reichsinsignien, auf Kissen ruhend.


(...)


Da ich Dir aus der Heimat Kunigundes schreibe, haben mir diese Bilder natürlich besonders viel bedeutet. :nod: Wie Du ja weisst, war Kunigunde die Tochter des Grafen Siegfried dessen Burg auf dem Bockfelsen in Luxemburg stand. Dort wurde sie wahrscheinlich geboren.


(...)​


:thumbup: :thumbup: :thumbup:​

Das absolute „Highlight“ ist jedoch die barocke Innenausstattung und hier vor allem das bedeutendste Deckengemälde des italienischen Freskomalers Giovanni Francesco Marchini. Man erliegt der Illusion, dass die Kirchendecke eine hohe Kuppel ist. Marchini hat die Kunst der Architekturmalerei hier voll ausgelebt. (...)​


Gerne bin ich weiter dabei auf den Spuren der Schönborns. :nod:​

Liebe Grüsse
Simone​
 
Liebe Simone,
es freut mich, dass auch Du Dir durch mich vom schönen Frankenland erzählen lässt. Wie gut für uns, dass u.a. die Schönborns so bauwütig waren ;). So manches Schöne blieb uns davon erhalten :nod:.

Da ich Dir aus der Heimat Kunigundes schreibe, haben mir diese Bilder natürlich besonders viel bedeutet. :nod: Wie Du ja weisst, war Kunigunde die Tochter des Grafen Siegfried dessen Burg auf dem Bockfelsen in Luxemburg stand. Dort wurde sie wahrscheinlich geboren.

Und das mit Kunigunde finde ich ein schöne "Vernetzung": Von Luxemburg - vielleicht, vielleicht sogar über's (damals allerdings noch nicht unter diesem Namen bekannte, aber mit Luxemburg "verbandelte") Hessenland - ins schöne Franken, nach Bamberg. Natürlich gab es auch "Umwege" nach Rom ;) in der Geschichte der hl. Kunigunde. Wen wundert das hier im Forum?

Heute geht es noch nach Kitzingen verspricht
Pasquetta.
 
Heute geht es noch nach Kitzingen ...

Nun hieß es, flott nach Kitzingen zu fahren. Anhand einer kleinen Stadtführung wollen wir auch hier den Baumeistern der Schönborns nachspüren und sehen, was sie in dem Mainstädtchen hinterlassen haben.Wir sind am Etwashauser Mainufer verabredet und „bewundern“ schon mal, während wir auf unseren "Geschichtenerzähler“ :~warten, Balthasar Neumann in Lebensgröße und in Bronze. Die Plastik ist ein Alters- und Meisterwerk des 2003 verstorbenen Kitzinger Bildhauers Klaus Rother und steht seit 2001 vor der Kreuzkapelle.


Und er

– Balthasar Neumann –
hat dieses kleine, barocke Meisterwerk geplant. Die Kreuzkapelle entstand zwischen 1741 und 1745 auf dem Grundriss eines lateinischen Kreuzes – nomen est omen -, der auch auf dem 50 DM-Schein zu bewundern war. Auftraggeber war der Würzburger Fürstbischof Friedrich Carl von Schönborn.

Die Kreuzkapelle ist Balthasar Neumanns aufwändigste Dorfkirche, und das war so gewollt: die katholische Heilig-Kreuz-Kirche sollte die in der Nähe errichtete evangelische Michael-Kirche „ausstechen“. Der Fürstbischof Schönborn hatte zwar den Bau der evangelischen Kirche erlaubt und wollte damit seine Liberalität zeigen, aber auf der anderen Seite wollte er den absoluten Vorrang der Katholischen Kirche demonstrieren. Neumann plante einen der schmucklosesten, ganz auf die Architektur konzentrierten Kirchenbau, das Baumaterial aus fränkischem Sandstein, die Fassade gebogen und der Fassadenturm relativ niedrig mit Zwiebelhaube. Neumanns Pläne überforderten jedoch die örtliche Bauleitung und er musste Einwölbung und Rotunde verändern, so dass die geplante elegante Lösung nicht ganz zum Tragen kam. Trotzdem scheint der ganze Bau wie in Bewegung mit den Schnecken, Giebeln, Türmchen und Vasen.

Der Innenraum besitzt keine Malerei und keinen Stuck, Schönborn wollte auch die Altäre und die Kanzel zurückhaltend gestaltet haben. Der ganze Raum scheint auf den Schnittpunkt der Kreuzform konzentriert und wirkt wie ein Zentralraum.


Der Altaraufbau ist ein großes Kreuz mit Maria Magdalena und Engelsfiguren, in den Fensternischen Maria und Johannes – weiß und golden.

Wir gehen über die Alte Mainbrücke, die auch schon auf das Jahr 1300 zurückgeht, hinüber in die Altstadt. Die große Bedeutung der Brücke für die Stadt zeigt sich darin, dass sie in das Stadtwappen übernommen wurde. Erste Abdrucke eines Siegels mit dem Brückenbild lassen sich bereits auf 1349 datieren. Die Alte Mainbrücke erleichterte den Handelsweg von Frankfurt am Main über Würzburg und Nürnberg nach Regensburg und brachte somit auch Kitzingen, das günstig an einer Furt durch den Main lag, Vorteile. Durch Hochwasser und Eisgang wurde die Brücke immer wieder beschädigt und so sind auch Instandsetzungsarbeiten an den Pfeilern unter der Leitung von Balthasar Neumann bekannt wie auch von seinem Sohn Franz Ignaz, der den Neubau von fünf Bögen betreute.
Die Schifffahrt auf dem Main nahm zu und so wurde die Alte Mainbrücke 1955 ganz neu umgebaut.


Schon einige Jahrzehnte vorher war die Zeit der „Mainkuh“ zu Ende gegangen. Das erzählte uns unser „Geschichtenerzähler“, der uns durch das Städtchen begleitete. Die „Mainkuh“ - was war das?

In der Zeit von 1886 bis 1936 gab es auf dem Main eine spezielle Art des Schiffstransportes: die Kettenschifffahrt. Entlang einer im Fluss verlegten Kette zogen sich Kettenschleppschiffe mit den (bis zu zehn) angehängten Schleppkähnen stromaufwärts (mit etwa fünf Km/h). Diese Technik löste die bis dahin übliche Treidelschifffahrt ab, bei der die Schiffe von Pferden gezogen wurden.
(Zur „allgemeinen Erheiterung“ zitiere ich ein bisschen aus wikipedia: „ Der Fränkische Kurier schrieb in einem Rückblick über die Anfänge der Kettenschifffahrt:
Das war die Zeit, in der eines Tages das ‚Kettenboot’ die Dörfer und Städte überraschte. Welch ein Jubel damals! Als wäre ein Überseedampfer den Rhein und Main heraufgekommen! […] Meter um Meter stieg da triefend wie eine eiserne Schlange die Kette aus der Tiefe, rollte über das Verdeck, verkroch sich, und plötzlich war sie wieder da, um im nassen Element zu verschwinden. Und die Kinder und Alten standen und staunten.““)
Als der Main immer mehr kanalisiert wurde, Staustufen erhielt und dann auch noch die Dieselmotorschiffe aufkamen, kam die Kettenschleppschifffahrt zum erliegen.
(Erneutes Zitat, wie oben, zur „allgemeinen Erheiterung“: „Der Fränkische Kurier beschreibt am 14. Mai 1938 die letzte Fahrt eines Kettenschiffs auf dem Main:
Die ‚Mainkuh’ hat in Aschaffenburg ihre letzte Fahrt nach Bamberg angetreten. Die ganze Reise wird ein einziger Abschied sein; denn ihre Kette verlässt nun für immer den Fluss, und überall am Main, nicht nur in den bekannten alten Schifferstädtchen und Schifferdörfern […] sind mit dieser Mainkette und ihren ‚Kettenbooten’ tausend Erinnerungen verknüpft. Die Mää-, die Maa-, die Meekuh, wie man den Kettenschlepper mainaufwärts mit immer neuem Klang getauft hat, ist jedem Kind am Main bekannt. Heute noch. Morgen aber wird sie der Geschichte der Mainschifffahrt angehören."")
Also waren die „Mainkühe“ die Kettenschiffe auf dem Main. Aber warum wurden sie „Mainkuh“ genannt? Darum: Vor gefährlichen Flussstellen hatten die Kettenschiffe Vorfahrt vor anderen Schiffen. Um diese zu warnen (und auch bevor ein geschleppter Kahn in seinem Hafen abgekoppelt werden sollte) gaben die Kettenschiffer schon lange vorher ein lautes Pfeifsignal ab. Dieses Tuten hörte sich wie ein lautes Muhen an, und die laut rasselnden Ketten – wie in einem Kuhstall – führten dazu, die Schlepper „Mainkuh“ - oder im Dialekt auch Määkuh, Meekuh oder Maakuh – zu nennen. Das ist des Rätsels Lösung!

In der Zwischenzeit sind wir über die Alte Mainbrücke gelaufen und in der Altstadt von Kitzingen angekommen, am Rathaus und Marktplatz. Bei St. Kilian am Brunnen sind die (Aufnahme-)Kräfte erlahmt und es ist Zeit für ein großes kühles Eis - stattliches Renaissance-Rathaus mit schöner Giebelfassade hin und “Poganietz-Haus” her.

Werbung für den guten
Frankenwein ;)

Das Poganietz-Haus ist eines der ältesten und schönsten Bürgerhäuser mit Fachwerkfassade in Kitzingen. Seit seiner Erbauung – nach neuesten Erkenntnissen aus verstaubten Steuerbüchern des Stadtarchivs 1556, also etliche Jahre früher als bisher angenommen! - sind es zwei Häuser unter einem Giebel. Ursprünglich von einem Kaufmann erbaut, wechselte das Haus mit den schön geschwungenen Andreaskreuzen im Zierfachwerk 1722 in den Besitz eines Lebkuchen-Bäckers, später war die erste Konditorei Kitzingens darin untergebracht und heute beherbergt es neben dem Conditorei-Museum natürlich auch ein stilvolles Café. Also: vormerken für einen zukünftigen Besuch in Kitzingen!


Weiter geht es vorbei an der rückwärtigen Fassade des Rathauses zum Platz der Partnerstädte mit dem hübschen Ludwigsbrunnen inmitten einer blühenden Blumenrabatte und dominiert von der Petrini-Kirche, so genannt nach ihrem Baumeister Antonio Petrini. Er war fränkischen Baumeister italienischer Abstammung und „erfand“ durch geglückte Verbindung von italienischem Barock und deutscher Renaissance den schönen „fränkischen Barock“.


Die jetzige evangelische Stadtkirche entstand Ende des 17. Jh. als Kirche eines Ursulinnenklosters, an dem Platz, auf dem ehemals ein vom hl. Bonifatius gegründetes Kloster stand. Nachdem das Ursulinnenkloster 1803 aufgelöst wurde und Jahre lang als Heulager und Lazarett gedient hatte, wurde sie von den evangelischen Christen aus Etwashausen, deren Kirchengebäude für die Gemeinde zu klein geworden war, gekauft und 1817 erneut als Gottesdienstraum geweiht. 1945 durch den Luftangriff der Alliierten auf Kitzingen stark zerstört, wieder aufgebaut und 1950 zum dritten Mal geweiht, ist sie bis heute Mittelpunkt des evangelischen kirchlichen Lebens.

Vorbei an der im dichten Kreisverkehr stehenden und uns mit ihrem Schleier winkenden Hadeloga geht es weiter zur katholischen St. Johannes Kirche. - Wer war Hadeloga? Der Legende nach die bezaubernde Tochter des fränkischen Hausmeiers Karl Martell, die eines schönen Sommertages auf dem Aussichtsturm des Schlosses ihres Bruders König Pipin der Jüngere, auch genannt der Kurze, stand und in das grüne Maintal zu ihren Füßen schaute. Da war sie von der Lieblichkeit der Landschaft so angetan, dass sie beschloss ein Kloster zu gründen. Sie warf ihren Schleier in die Luft und der Wind wehte ihn hinab in das Tal. Da, wo er zu Boden fiel, sollte das Kloster erstehen. Der Schäfer Kitz fand den Schleier am Ufer des Mains an einem Weinstock hängend. Und just dort wurde um 745 das Kloster erbaut und man gab dem Ort den Namen Kitz-ingen. So schön kann man die Gründung von Kitzingen erklären.
Rein faktisch ist festgehalten: als zeitlich früheste Beurkundung des Klosters Kitzingen wird 748 unter dem ersten Fuldaer Abt Sturmius erwähnt, dass Bonifatius das Benediktinerkloster Kitzingen geweiht hat und Hadeloga dessen Äbtissin ist. Allerdings stammte Hadeloga wohl nicht aus dem Königsgeschlecht der Karolinger. In keiner Ahnentafel dieses Geschlechtes ist ihr Name zu finden. Es wird angenommen, dass Hadeloga aus dem einflussreichen Adelsgeschlecht der Mattonen stammte. Das würde auch erklären, dass das Kloster den Rang einer wichtigen Reichsabtei hatte.

Und schon sind wir an der katholischen Pfarrkirche St. Johannes angelangt. Sie gehört zu den bedeutendsten spätgotischen Gotteshäusern Frankens. Besonders erwähnenswert sind die reichen Steinmetzarbeiten (Anfang 15. Jh). Im Giebel des Nordportals ist das „Jüngste Gericht“ dargestellt und am Westportal die „Krönung Mariens“, während die gotische Ölberggruppe an der südlichen Außenwand der Riemenschneiderschule (um 1500) zugerechnet wird.


Und neu und modern gestaltet ist der Jerusalem-Brunnen auf dem kleinen Platz vor der Südseite der Kirche.

Hier spielt sich das kleine Leben Kitzingens ab: Kinder spielen Nachlaufen, vor den kleinen Geschäften sitzt Alt und Jung – einheimische und ausländische Bürger der Stadt... - Hier auf dem Platz verabschiedet sich unser „Geschichten-Erzähler par excellence“. Bei der Hitze war es fast des Guten zu viel und nicht verwunderlich, dass wir nicht immer aufmerksam seinen Ausführungen folgen konnten - und fast so müde sind, wie der schlafende Jünger aus der Ölberggruppe ;).


Da braucht es gleich noch einmal ein erfrischendes Eis. An der Marktstraße beim Kiliansbrunnen werden wir wieder bestens bedient und über die Alte Mainbrücke geht es gestärkt wieder zurück zum Treffpunkt für die Weiterfahrt nach Würzburg.


Kitzingen war bis 2006 eine große amerikanische Garnisionsstadt. 61 Jahre war die Anwesenheit der US Army für Stadt und Umland ein erheblicher wirtschaftlicher Faktor und der komplette Abzug der Army und die damit verbundenen Folgelasten stellten Kitzingen vor eine kaum zu bewältigende Aufgabe. Zahlreiche Arbeitsplätze gehen verloren wie auch die enorme Kaufkraft der Soldaten und ihrer Familien. Wir kommen an den früheren Kasernen und Wohnsiedlungen vorbei. Noch weiß man nicht genau, wie dieser frei gewordene Wohnraum genutzt und umgestaltet werden kann. Als reines Wohnquartier ist das riesige Gelände zu weit von der eigentlichen Stadt entfernt, der bereits bestehende Golfplatz verkleinert das Gelände auch nicht erheblich, es wird wohl darauf hinauslaufen, das Gewerbegebiete aller Art dort entstehen werden. So kann die andere Seite einer schönen, alten fränkischen Stadt aussehen.

Etwas müde und auch erwartungsvoll kommen wir in Würzburg in unserem Quartier für die nächsten Tage an. Das Hotel „Franziskaner“ ist angenehm, wenn auch nicht so „luxuriös“ wie das Schlosshotel gestern, liegt zentral und der Empfang ist ausgesprochen freundlich. Kurz das kleine Zimmer „personalisiert“ und dann ins Restaurant zum Abendessen. Das fränkische Schäufelchen in Dunkelbiersoße und die hausgemachten Serviettenknödel stärken uns und wie gut, dass das fränkische Bier so süffig ist und der spritzige Frankenwein so gut schmeckt.
 
Zuletzt bearbeitet:
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VIELEN DANK

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für die Fortsetzung mit den schönen Bildern

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Danke Pasquetta. Du hast bestätigt, was ich vermutete. Auch Kitzingen ist sehenswert. Es stand im August auf meinem Plan bei meinem kleinen Ausflug ins Weinfranken. Leider ließ ich mir diesen Abstecher von einem Bekannten ausreden. Da ich Kitzingen aus meiner Kindheit als die Stadt der Schrotthändler kennengelernt hatte, ließ ich mich überreden die Stadt als wenig sehenswert einzustufen. Dass es anders ist, zeigst Du anschaulich in Deinem Beitrag.

Ich bin schon gespannt auf Würzburg, meine Geburtsstadt.
 
Heute nur soviel:

Du hast bestätigt, was ich vermutete. Auch Kitzingen ist sehenswert. ... ließ ich mich überreden die Stadt als wenig sehenswert einzustufen. Dass es anders ist, zeigst Du anschaulich in Deinem Beitrag.

Ich bin schon gespannt auf Würzburg, meine Geburtsstadt.

Ich finde schon, dass Kitzingen sehenswert ist. Es präsentierte sich uns bei unserem wirklichen Schnelldurchgang sehr ansprechend, fast südlich fröhlich und lebhaft. Wir haben ja nur ein paar bauliche Sehenswürdigkeiten (von außen, außer der Neumann-Kirche) angeschaut. Es würde sich lohnen, mehr davon zu sehen und auch Muße zu haben, das "Ambiente" zu genießen.
Bis ich mit Würzburg dran bin, dauert es noch ein wenig ;), aber es wird - auf Umwegen - kommen...
Pasquetta
 
Donnerstag, 02.08.2012

Gestärkt mit einem guten Frühstück und heute ein bisschen später als die Tage vorher konnten die weiteren Erkundungen rund um die Schönborns und ihre Baumeister gut fortgesetzt werden. Auf unserem Weg nach Gaibach ist es auffällig, dass wir durch ein Weinland fahren: überall Weinberge und Weingärten – die Felder sind bereits abgeerntet – eine weite, wellige Landschaft breitet sich vor uns aus. Und dann stehen wir vor dem Schloss in Gaibach, einem Ortsteil von Volkach.

Erst eine alte Burg und dann ein Wasserschloss im Renaissance-Stil, das einem Echter gehörte, bereits 1650 erwarb es Philipp Erwein von Schönborn. Lothar Franz von Schönborn beauftragte dann seinen Bamberger Baumeister Johann Leonhard Dientzenhofer, das Wasserschloss in ein – was wohl? natürlich – Lustschloss umzubauen (1694-1712). Dientzenhofer baute auch die Kreuzkapelle, von der wir ein Modell im Schlosshof erspähten.


Aus der barocken Gartenanlage wurde Anfang des 19. Jh. ein riesiger Englischer Landschaftspark und unter dem, von der bayerischen Verfassung von 1818 begeisterten Graf Franz Erwein von Schönborn-Wiesentheit im Schlosspark eine Konstitutionssäule errichtet – der Trajanssäule in Rom nachempfunden – und im Schloss der Konstitutionssaal. König Ludwig I. von Bayern und seine Gemahlin waren eigens zur Einweihung angereist, wie man auf einem Gemälde im Mainfränkischen Museum in Würzburg noch sehen kann.
Am 27. Mai 1832 fand im Schloss Gaibach zeitgleich mit dem Hambacher das Gaibacher Fest statt. An der Konstitutionssäule waren über 5000 freiheitlich gesinnte Bürger aus ganz Franken zusammengekommen, um eine Verfassungsfeier abzuhalten. Was Hambach für Freiheit und Demokratie in Deutschland symbolisierte, war Gaibach für Bayern.

Seit 1949 ist im Gaibacher Schloss ein Gymnasium und ein angegliedertes Internat untergebracht. Den bunten Fähnchen, Biertischgarnituren im Hof und den Aufräumarbeiten, die gerade stattfanden, nach zu schließen war ein Schul- oder Sommerfest gewesen. Es war leider nicht möglich, mehr als einen Blick in den Innenhof zu werfen oder den Schlosspark zu besichtigen.


Aber die gegenüber liegende Pfarrkirche Zur Heiligsten Dreifaltigkeit können wir besichtigen. Sie ist ein Spätwerk (1743-45) des Balthasar Neumann und eine Stiftung des Würzburger Fürstbischofs Friedrich Carl von Schönborn. Die Pläne, die alte Echterkirche umfassend zu renovieren und zu erweitern, wurden fallen gelassen und dafür Balthasar Neumann mit einem Neubau beauftragt. Es gelang ihm wieder eine Meisterleistung: Ostturm und Westfassade in ockerfarbenem Steigerwald-Sandstein, helle Putzfelder und schlanke Rundbogenfenster an den Seitenmauern lassen die barocke Kirche betont schlicht und leicht erscheinen. Im Inneren konzentriert sich Neumann auf die Mitte: Langhaus – Ovalraum – drei Konchen als Chor und Querhaus, eine Anspielung Neumanns auf die Dreifaltigkeit.
Der Innenraum ist spärlich ausgestattet, wenngleich mit schönen vergoldeten Stuckornamenten und Altartafeln aus Stuckmarmor von Antonio Bossi, der zu der Zeit an der Würzburger Residenz arbeitete.

(leider etwas :~ unscharf :blush:)

Das Hauptaugenmerk fällt sofort auf das Hochaltarbild. Es wurde 1748 von Franz Lippold gemalt und zeigt geistliche und weltliche Würdenträger aus dem Hause Schönborn, wie sie der Heiligsten Dreifaltigkeit huldigen. Die Pracht und Ausstattung der hohen Herren lässt die Frage zu, wem hier wohl gehuldigt werden soll.
[FONT=Times New Roman, serif](In der vorderen Reihe, von links nach rechts, sind dargestellt: Fürstbischof Friedrich Karl, Kurfürst Erzbischof Johann Philipp, Obermarschall Philipp Erwein und Obermarschall Melchior Friedrich. In [/FONT][FONT=Times New Roman, serif]der hinteren Reihe, von links nach rechts, sind dargestellt: Fürstbischof Johann Philipp Franz, Kurfürst Bischof Lothar Franz, Kurfürst Erzbischof Franz Georg, Kardinal u. Fürstbischof Damian Hugo, Domprobst Marquard Wilhelm, Oberhofmarschall Rudolf Franz Erwein und General Anselm Franz. Genaueres nachzulesen im Kirchenführer der Gaibacher Kirche zur Heiligen Dreifaltigkeit)[/FONT]

Die schöne Kanzel mit Intarsien und Schnitzereien aus Nußbaumholz sowie auch das Orgelgehäuse sind Arbeiten aus der Rokokozeit. Die Orgel baute der bekannte Würzburger Hoforgelbauer Johann Philipp Seuffert (1747/48), sie ist eine der besterhaltenen Seuffertorgeln. Das kunstvolle Orgelgehäuse ist in Form und Dekor für die Gegend einmalig.
Die Kirche wurde im Laufe der Zeit mehrfach restauriert, die letzte umfassende Renovierung erfolgte, unter Wahrung des Denkmalschutzes, 1977 bis 1979. Das kostet natürlich viel Geld. Kein Wunder, dass in der Kirche groß darauf hingewiesen wird: ;) :~


Die nächste Station unserer Fahrt durch Franken ist Volkach. Bevor wir durch den Ort schlendern werden, kommt erst einmal in voller Sommersonne der Aufstieg auf den Kirchberg. Zwischen Weingärten und Rebhängen führt der Kreuzweg hinauf zur hoch über der Mainschleife liegenden Kirche „Maria im Weingarten“.


Bereits um das 10./11. Jh. befand sich hier eine Pfarrkirche, die dem Apostel Bartholomäus geweiht war. Als Volkach im 13. Jh. Stadt geworden war verlegte man die Gottesdienste in die Tochterkirche im Tal, der tägliche Aufstieg war doch recht beschwerlich. 1332 siedelten sich Beginen auf dem Kirchberg an, unabhängige, selbstständige Frauen, die, ohne einem Orden anzugehören, ein andächtiges und caritatives Leben führten. In dieser Zeit entstand auch das eigentliche Gnadenbild, das nicht hinter der berühmteren Riemenschneider „Madonna im Rosenkranz“ zurückstehen muss. Die beeindruckende spätgotische Pietà gilt als frühes Beispiel der „schönen Vesperbilder“, die „den Ausdruck des Schmerzes in stilles Leid wandeln“: der blutüberströmte Christus liegt in Todesstarre auf dem Schoß der jugendlichen, anmutigen Maria.

Dieses und auch folgende Fotos sind leider total unscharf (ohne Blitz und wackelig aus der freien Hand gemacht :~),
ich möchte sie aber zum Verständnis des Textes doch einstellen.


Im 15.Jh. kam es zu Neubauten der im Tal liegenden Kirche und der „im Weingarten“. Hier war eine dreischiffige Hallenkirche mit Gewölbe geplant, am Ende wurde aber, wahrscheinlich aus Kostengründen, nur eine einschiffige flachgedeckte Halle daraus. Es gab in den letzten Jahrzehnten verschiedene Restaurierungen. Verstörend und doch auch beeindruckend die Umgestaltung des Altarraumes, der 2002 unter der Federführung des Domkapitulares Lenssen neu gestaltet wurde. Die meisten von uns dachten für sich, das Altargemälde sei vielleicht noch nicht fertig oder es sei ein provisorischer Bildhalter angebracht. Aber nein, wie uns unsere sachkundige und überaus freundliche Stadtführerin bestätigte, alles war so gewollt, wie es sich präsentiert.


„Das auf Ruhe abzielende Gestaltungsprinzip will die alten Kunstwerke wieder stärker herausstellen, miteinander in Beziehung setzten“ wird es unter „Wallfahrten im Bistum Würzburg“ erklärt und will so den schlichten Kirchenraum „wieder als Ort der Stille und Andacht erleben lassen“.
Die letzte Außenrenovierung ist gerade abgeschlossen, die Kirche von ihren Schutzplanen befreit. Über drei Jahre lang wurden Fassaden und Dach für über eine Million Euro saniert, davon kamen vom Denkmalschutz 120.000 Euro, so dass „Volkachs wertvollster Schatz“, wie es in Franken.de vom 04.08.12 heißt, wieder strahlt.


Und der wertvollste Schatz dürfte Tilman Riemenschneiders „Madonna im Rosenkranz“ sein. Kurz vor der Vollendung der Kirche gab man 1521 bei ihm das Werk in Auftrag, das Riemenschneider 1524 fertiggestellt hatte und das eines seiner letzten Arbeiten sein sollte.
Frei und eindrucksvoll hängt sie im Chorbogen, die vielbewunderte „Madonna im Rosenkranz“: Maria in Lebensgröße mit dem Jesuskind auf dem Arm, auf einer Wolke und der Mondsichel stehend im Strahlenkranz der Sonne, umgeben von Engeln und 50 Rosen und Medaillons, in denen die Geheimnisse des freudenreichen Rosenkranzes dargestellt sind.

Nicht immer hing sie dort oben, dem Betrachter entrückt. Der „Volkacher Krimi“ spielte sich so ab: In der Nacht zum 7. August 1962 stiegen Diebe über ein Seitenfenster in die Wallfahrtskirche ein, rissen die Rosenkranz-Madonna aus ihrer Verankerung über dem Altar und transportierten das erheblich beschädigte Kunstwerk mit einem bereitstehenden Pritschenwagen ab. Obwohl der neben der Kirche wohnende Mesner morgens gegen 4.00 Uhr durch das abfahrende Auto geweckt wurde, nachsah und auf den ersten Blick bemerkte, was geschehen war, sofort mit dem Fahrrad hinab nach Volkach zum Pfarramt und zur Polizeistation fuhr, von wo aus bereits um 4.20 Uhr die Fahndung nach dem geraubten Kunstwerk eingeleitet wurde, konnten die Täter nicht mehr ermittelt werden. Die Spur der „Madonna im Rosenkranz“ verlor sich in Bamberg. (Neben der Madonna waren auch die Holzplastik der Anna Selbdritt aus der Riemenschneider-Schule und die Pietà aus dem 14.Jh. entwendet worden.) Die Volkacher hatten es den dreisten Dieben aber auch zu leicht gemacht, die damals auf eine Million DM geschätzte Madonna zu rauben: Die Kirchentür war lediglich durch einen Riegel und Vorlegebalken gesichert, die „Madonna im Rosenkranz“ und die „Anna Selbdritt“ hingen ungesichert ohne weitere Befestigung an einfachen Mauerhaken und das Gnadenbild der „Pietà“ stand einfach auf einem Wandbrett über dem linken Seitenaltar.
Später stellte sich heraus, dass einer der Kunstdiebe Sachverstand hatte und den anderen klar machte, „ein Riemenschneider – den können wir ja nie verkaufen“. „Dann wird die Lusch (auf fränkisch: leichtsinniges (leichtlebiges) Mädchen) eben verbrannt“ soll die Antwort gewesen sein. Entgegen diesem Ansinnen „konservierten“ die Diebe die Madonna mit rotbrauner Schuhcreme und Bienenwachs, vergruben sie und warteten der Dinge, die da kommen könnten.
Zwei Wochen nach dem Raub mischte sich der „Stern“-Herausgeber Henri Nannen in die bisher vergebliche Suche nach dem Kunstwerk ein. Der studierte Kunsthistoriker appellierte im „Stern“ „Gebt die Madonna von Volkach zurück!“ und versprach Verschwiegenheit und ein Lösegeld von 100.000 DM. Nach einigem Hin und Her und als nach detaillierter Beschreibung des Bildwerkes feststand, dass sich die „richtigen Leute“ gemeldet hatten (auf der Rückseite des Rosenkranzes waren Merkmale, die nur die Täter kennen konnten), wurde am 26.Oktober die erste Hälfte des Lösegeldes bezahlt und am 4. November fand endlich der Austausch der Lindenholzfigur gegen die restlichen 50.000 DM statt. Das Riemenschneider-Meisterwerk musste umfassend restauriert werden und kehrte fast auf den Tag genau ein Jahr nach dem Diebstahl, am 6. August 1963, wieder nach Volkach zurück, wo es nun mit einer aufwändigen elektronischen Alarmanlage gesichert ist.
Die Polizei kam den Dieben Jahre später im Zuge anderer Vergehen auf die Spur. Während sie mehrere Jahre hinter Gittern verbringen mussten, hatten sie vielleicht auch Zeit und Reue der „Madonna im Rosenkranz“ zu gedenken.


Soviel zu dieser Geschichte. Noch schweift unser Blick weit über die Weinberge, die hügelige Landschaft, das liebliche Franken – bis wir uns dann wieder hinab begeben, den Kreuzweg entlang – abwärts geht es flotter als beim Aufstieg -, in den Rebhängen wird gearbeitet, Sommerblumen leuchten zwischen dem Grün der Rebstöcke.



Fortsetzung folgt ;)
Pasquetta
 
Liebe Pasquetta,

ganz herzlichen Dank für die toll bebilderte Fortsetzung! :thumbup: In der Gegend um Volkach war ich schon sehr lange nicht mehr - dorthin muß ich unbedingt bald wieder. Als meine Kinder klein waren, wollten sie immer mit der Mainfähre fahren. ;)

Liebe Grüße
dentaria
 
Danke besonders für den Ausflug nach Volkach. Deine ausführlichen Erläuterungen sind eine gute Ergänzung im Nachgang zu unserem Ausflug im August.

Vielleicht kann ich mich revanchieren mit einigen Fotos, die in meinem Bericht enthalten sind (untere Abschnitte Volkach)

Da die Madonna von Riemenschneider voll im Gegenlicht hängt, ist sie schwierig zu fotografieren. Wenn es draußen dunkel ist, geht das bei hoffentlich guter Beleuchtung dann besser.
 
Hallo dentaria und Ludovico -
danke für Euer Interesse :nod:

Vielleicht kann ich mich revanchieren mit einigen Fotos, die in meinem Bericht enthalten sind (untere Abschnitte Volkach)

und Dir, Ludovico, auch herzlichen Dank für den Hinweis auf Deinen Frankenbericht, den ich seinerzeit sehr gerne gelesen habe und so manches eben erst Kennengelernte darin entdeckte. Deine Fotos sind dazu (und auch im noch folgenden Teil) eine sehr gute Ergänzung zu meinen Amateuraufnahmen :~ :D.

Nachdem ich gestern unterbrochen worden bin, will ich jetzt versuchen, wenigstens noch ein bisschen von Volkach zu berichten...
 
Volkach besitzt eine geschlossene Altstadt mit zwei Stadttoren (Oberes und Unteres Tor, beide aus dem 13. Jh., die Tortürme wurden unter Julius Echter von Mespelbrunn im 16. Jh. erweitert).

Am Oberen Markt führt uns unsere freundliche kompetente Stadtführerin durch das Obere Tor, auch Sommeracher Tor, in die engen, krummen Altstadtgassen, wo sich immer wieder malerische Blicke auf Volkacher Sehenswürdigkeiten auftun. Das Obere Tor wird im Volksmund auch Diebenturm genannt, da es Sitz des Stadtgefängnisses war. Im Turm befinden sich noch Gefängniszellen aus dem 13. Jh., die aber – das sei angemerkt - leer stehen.

In den Gassen hinter der Hauptstraße, wo die Kaufleute ihre Niederlassungen hatten, war ursprünglich das Viertel der „Hörigen“. Dort siedelten sich im Laufe der Zeit Handwerkern und kleine Weinbauern an.



Der Gänseplatz – ursprünglich komplett bebaut, entstand nach einem großen Brand im Jahre 1804 und wurde als Viehtränke genutzt – daher der Name - lässt diese Besiedlungsstruktur noch schön zu erkennen: Höfe und kleinere Anwesen, typische Häckerbürgerhäuser aus Muschelkalkstein, Fachwerk mit Hinterhöfen, in denen Weinbauern ihrer Arbeit nachgehen und ihren Ausschank haben. Es soll noch Schankhöfe geben, die bereits im Volkacher Salbuch erwähnt sind.
Der schöne Platz mit den blühenden „Sophara japonica“-Bäumen (um deren Name und Herkunft ein großes Rätselraten entstanden war, dessen Lösung also der Schnurbaum oder noch ansprechender der Honigbaum (da er wegen seiner Sommerblüte eine wertvolle Nahrungsquelle für Bienen und Hummel ist) ist, der – entgegen seinem Namen – aus China und Korea stammt) lädt rund um den 1996 geschaffenen Gänsebrunnen zum geruhsamen Verweilen ein.

Weiter geht es zum Schelfenhaus. Der vermutlich aus Oberitalien stammende Handelsmann und Ratsherr Johann Georg Adam Schelf ließ es sich 1719/20 als barockes Stadtpalais erbauen und seitdem gilt es als einer der schönsten Profanbauten „zwischen Würzburg, Schweinfurt und Bamberg“. Und es macht seinem Ruf alle Ehre mit seiner reich verzierten Fassade und den Sälen mit prächtigem Deckenstuck und -gemälden.

Über dem prächtigen Hauptportal sind die Wappen der Erbauerfamilie Schelf angebracht: links das des Ratsherrn (ein Mann der einen Apfel in der Hand hält, von dem sich die Schale (mittelhochdeutsch „Schelve“) ringelt) und rechts das seiner Ehefrau Margareta Anna Regina, die aus der angesehenen Familie Balbus stammte. Unsere freundliche Frau Volk hatte den Schlüssel für das Schelfenhaus besorgt, so dass wir auch das Innere besichtigen konnten. Im Erdgeschoss ist seit 2006 die Geschäftsstelle der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur, einer lobenswerten Einrichtung zur Pflege der Literatur für die Kleinen und Jüngeren (Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendliteratur), untergebracht.





Die Säle im Obergeschoss, die als Tagungsräume gemietet werden können, sind prunkvoll ausgestattet mit Stuckarbeiten und Fresken. An der Decke des Ofensaals tummeln sich Putti zwischen Blumenkörben, Girlanden und allerlei Tieren, der passende Rahmen für die Fresken mit Themen aus der griechischen Mythologie. Auch der Bildersaal ist reich dekoriert. Einen ganz anderen, fast schweren Eindruck vermittelt der Festsaal, der 1980 an der Stelle einer früheren Scheune gebaut wurde. Hier eine schwere Eichenkassettendecke, dort die filigranen Stuckdecken, die Porträts an den Wänden sind jedoch auch hier historisch.


Obwohl das Ehepaar Schelf 16 Kinder hatte, ist die Familie um 1800 ausgestorben, die letzte Schelfin war Äbtissin in Würzburg. Das Palais wurde von der Stadt Volkach in den 1950er Jahren von Privat gekauft, was eine gute Entscheidung war, denn „das Schelfenhaus ist ein Denkmal, das genutzt wird“.
Weiter die Hauptstraße entlang geht es zum Marktplatz,

dominiert vom Rathaus, dem Brunnen mit einer Maria Immaculata aus dem ausgehenden 15. Jh. und einem schönen Fachwerkhaus aus dem 16. Jh., das ehemals ein Handwerkerhaus war, eine Schmiede und eine Färberei und heute ein Hotel beherbergt.

Das schöne Renaissance-Rathaus hat ganz im fränkischen Stil eine doppelläufige Außentreppe, die zum Ratssaal führte. Darüber ein mit Fachwerk verzierter Erker. Im Sockelgeschoss konnten die Händler und Kaufleute ihren Geschäften nachgehen und links und rechts vom spitzbogigen Tor war in den winzigen, niedrigen Räumen ein kleines „Gefängnis“ eingerichtet, in dem – man sagte uns: vor allem zänkische, streitlustige Frauen – geringe Strafen verbüßen mussten. Dort wurde man zum Gespött der Marktleute und Marktbesucher, die die Inhaftierten mit Pferdeäpfel und faulem Obst und Gemüse bewarfen, sie durch die nur vergitterten Fenster bespucken und beschimpfen konnten.


Heutzutage wird der schöne Marktplatz auch noch von allerhand „modernen“ Skulpturen bevölkert. Was für ein Volkacher „trojanischer“ Brauner will hier wohl dem Stadtkämmerer entfliehen und warum ausgerechnet eine Schnecke vor dem Rathaus?

Wir werden dieses Geheimnis nicht lüften können. Vielleicht sollten wir das hochinteressante, über 500 Jahre alte Volkacher Salbuch zu Rate ziehen, das detailgetreu und mit ebensolchen Miniaturen bebildert, die Stadtrechte und das Gemeinwesen Volkachs aufzeichnet. Reinschauen lohnt sich: Volkacher Salbuch

Bei der alten Lateinschule, einem hübschen Fachwerkbau, in dem auch der Lehrer, Stadtschreiber und Notar Niklas Brobst, Verfasser des Volkacher Salbuches, gearbeitet hat – unterrichtet wurden hier bis ins 19. Jh. ausschließlich Jungen - , kommen wir zur katholischen Pfarrkirche St. Bartolomäus. Eine Inschrift besagt, dass „am Tag Petri Stuhlfeier (22. Februar) 1413 der Bau zu Ehren des hl. Apostels Bartoholomäus und das hl. Ritters Georg“ begonnen wurde.

Den Innenraum beherrschen Barockaltäre und Rokoko-Stuck – Engel und Heilige aus strahlend weißem Gips - geschaffen im 18. Jh. von Bildhauern und Malern der Region.




Wir laufen parallel zur Stadtmauer zurück zum Parkplatz und werfen auf der Vorbeifahrt noch einen Blick auf den "Nepomukstrudel" auf der neuen Mainbrücke. Der neue "Brückenheilige" von Volkach, ein gut drei Meter hohes Edelstahl-Strudelgewirr, der eigentlich ein hl. Nepomuk hätte werden sollen, wird nicht nur von den Volkachern sehr zwiespältig betrachtet...


Fortsetzung folgt ;)
 
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VIELEN DANK

:thumbup: :nod: :thumbup: :nod: :thumbup:

für die so reich bebilderten und schönen Fortsetzungen

:thumbup::thumbup::thumbup:​
 
Während draußen der Schneeschieber über den Gehsteig kratzt, versuche ich dem trüben Wintertag noch ein paar sonnige Sommerstunden im schönen Frankenland abzutrotzen :~ :roll:

Immer noch Donnerstag, 02.08.2012

Weiter geht es nach Sommerach zu einer kurzen Mittagspause. Wir entdecken eine kleine Bäckerei alten Charme und Stils. Die freundliche Verkäuferin sperrt noch einmal den Laden auf und holt den bereits weggeräumten Kuchen wieder heraus. Sie schneidet für uns großzügig köstlichen Zwetschgenkuchen ab und packt uns duftende Brötchen und Stückchen in die Tüte.


Wir genießen die Ruhe zwischen den Blumen in der kleinen Parkanlage und bummeln durch das hübsche Örtchen.


Sommerach: ein historischer und romantischer Weinort – schon der Ortsname verkündet „Urlaub auf der Sonnenseite des Lebens“, wie es in der Werbung des Fremdenverkehrsamtes heißt. Seit dem 11. Jahrhundert bestimmt hier der Weinbau den Lebensrhythmus der Menschen. Eine gut erhaltene Wehrmauer mit Wehrtürmen und Toren umschließt den Ortskern. Stattliche Weinbauernhöfe an der Hauptstraße und ansehnliche Häckerhöfe in den Nebengassen ergeben ein geschlossenes und anmutiges Ortsbild. Sommerach: ein Weinort zum Verweilen.



Weiterfahrt nach Münsterschwarzach, um dort einen kleinen Eindruck von der Abtei zu bekommen. Aus Wikipedia ein schönes Wortspiel: „Die Abtei Münsterschwarzach liegt an der Mündung der Schwarzach in den Main in Schwarzach am Main...“ und ist eines der wichtigsten Benediktinerklöster in Deutschland.


Die dritte Ehefrau Karl des Großen, Fastrada, gründete es um 780 als Frauenkonvent, geweiht der hl. Felizitas. Es war Eigenkloster der Karolinger und Töchter der kaiserlichen Familie seine Äbtissinnen. Die erste Abteikirche entstand 788. Bereits 844 ging das Kloster an das Bistum Würzburg und wurde mit Benediktinermönchen besetzt. Adelskämpfe und kriegerische Auseinandersetzungen führten im 10. Jh. zum Niedergang des Klosters. Im 11. Jh. erlebten die Benediktiner eine neue Blütezeit. Eine große Abteikirche im romanischen Stil wurde gebaut und Schwarzach ein bedeutendes spirituelles Zentrum, das an der Gründung vieler Klöster beteiligt war.
Münsterschwarzach überstand mit mehr oder weniger großen Schäden im Laufe der Jahrhunderte Phasen des „geistlichen Niedergangs“ genauso wie den Bauernaufstand, die Klosterreform des Würzburger Fürstbischofs Julius Echter und den Dreißigjährigen Krieg.


Und dann treffen wir auch hier auf Balthasar Neumann: im Zuge einer umfassenden Erneuerung der Klosteranlage konnte man für die Errichtung einer neuen Basilika, neben anderen bedeutenden Malern und Stuckateuren jener Zeit, Balthasar Neumann beauftragen. Er schuf eine gewaltige barocke Basilika, die in etwa den Maßen der heutigen Abteikirche entsprach, die Kuppel erreichte eine Höhe von 52 Metern, so hoch wie die heutigen Osttürme. Bischof Friedrich Karl von Schönborn weihte 1743 die Abteikirche ein. Der Glanz war jedoch von kurzer Dauer: 1803 wurde das Kloster im Zuge der Säkularisation aufgelöst, die Gebäude veräußert, durch Blitzschlag und Brand zerstört, als Steinbruch benutzt und verfiel ganz.
1913 kamen die (Missions-)Benediktiner wieder ins Spiel: sie erwarben die Überreste des alten Klosters und kauften den entsprechenden Grund zurück, um dann in mühsamer Arbeit das Kloster wieder auf- und auszubauen. 1938 konnte dann auch die neue Abteikirche eingeweiht werden. Die in ihrer Architektur an die Romanik erinnernde Abteikirche mit vier Türmen ist der größte während der NS-Zeit in Deutschland errichtete Kirchenbau. Sie wurde 1941 von den Nationalsozialisten enteignet, als Lazarett genutzt und erst 1945 erhielt der Orden seinen beschlagnahmten Besitz zurück und konnte das Kloster wieder eröffnet werden.

Um sich einen guten (fotografischen) Eindruck vom Kloster Münsterschwarzach zu verschaffen, erlaube ich mir, auf den

Die sprichwörtliche Gastfreundschaft der Benediktiner zeigt sich in Münsterschwarzach in dem vielfältigen Angebot, dass für alle offen ist, die auf der Suche nach Stille und Einkehr, nach Lebensorientierung und Glaubensvertiefung sind. Die Abtei betreibt eine Reihe von Werkstätten und Betriebe, in denen die Mönche und Mitarbeiter Klosterprodukte herstellen und auch Lehrlinge ausbilden: einenVerlag mit Druckerei, eine Goldschmiedewerkstatt, die Buch- und Kunsthandlung, Bäckerei, Metzgerei, Fairhandel sowie ein staatlich anerkanntes Gymnasium.


Eine kurze Einführung durch einen Pater der Abtei in die Missionsarbeit des Ordens und ein Film über das (tägliche) Leben der Mönche im Kloster Münsterschwarzach zeigten uns interessante Einblicke bevor wir dann auch die Abteikirche besuchten. 1935 wurde mit ihrem Bau begonnen, eingeweiht 1938, eine umfangreiche Innenrenovierung bzw. Neugestaltung fand 1987/88 statt. Patronin des Klosters ist die hl. Felizitas, die mit ihren sieben Söhnen während der römischen Christenverfolgung den Märtyrertod starb. Eine Darstellung dazu findet sich in der zum stillen Gebet einladenden Krypta.


Die Kirche zeichnet sich durch Einfachheit und Klarheit der Formen aus, der Mönchschor ist dunkel gehalten, der Altarraum mit dem Christus Salvator am Kreuz von hellem Licht erfüllt. Eine Besonderheit sind die vielen Seitenaltäre für die Einzelzelebration. In jeder dieser Nischen stehen von den Mönchen des Klosters geschaffene Heiligenfiguren, die in Beziehung zur lokalen Geschichte, dem Benediktinertum und der Missionstätigkeit stehen.


Noch bei Fair-Handel im Torhausladen vorbei geschaut, eingekauft und dann soll es weiter gehen. Wir haben noch überlegt, was wohl das Schild „Svarizaha“ an der (geschlossenen) Wirtschaft „Zum Benediktiner“ bedeuten könnte. Kommt das Wort aus dem Tschechischen? Hat es irgendwas mit essen zu tun? Oder was könnte es bedeuten? Wieder zu Hause löste sich das Rätsel: Svarizaha = Schwarzach = das Kloster Svarizaha, oder Schwarzach in Franken.




Unser nächstes Ziel ist Iphofen. Davon nun doch erst später...
 
Pasquetta,
mit großem Interesse verfolge ich Deinen Spuren der Schönborns. Danke für die vielen Hintergrundinformationen und ganz besonders für die leuchtenden Blumenbilder, die in diesen trüben Herbsttagen aufwärmen.
 
Hallo Asterixinchen und Ludovico -

... bei diesem Bild bekommt man gleich gute Laune :!:

Es freut mich, dass ich Euch zu "(noch mehr ;)) guter Laune" verhelfen konnte :]. Hoffe, dass das auch weiterhin möglich sein wird.
Hier scheint - noch - die Sonne, Schnee von gestern :lol: ist passé und so kann es, hoffentlich für alle, ein weiterhin guter Tag bleiben.
Gruß
Pasquetta
 
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