Bericht: Von A bis Z durch das Lazio

Liebe Pasquetta,

äußerst beeindruckend, Deine nächsten Impressionen! Dass man dort nicht fotografieren darf ist verständlich, man muss tatsächlich einmal selbst hinfahren. ;)
Es gibt noch so viel Schönes zu entdecken in Italien, danke fürs Mitnehmen!

Liebe Grüße

Angela
 
@ Simone

Deine Zeilen über den Künstler Gismondi finde ich, wie Du Dir denken kannst, sehr spannend und fühle mich gar ein wenig an unsere Recherchen zu Lello Scorzelli erinnert! :idea:
...
Hast Du gesehen, dass Tommaso Gismondi den Kasten (Schrein) angefertigt hat, in dem die Schlüssel zu den Heiligen Pforten in Rom aufbewahrt werden? Wer weiss, vielleicht findet sich Ende des Jahres irgendwo ein Bild davon.

Ja, das ging mir auch so: als ich anfing über Tommaso Gismondi nachzulesen, habe ich gemerkt - wie seinerzeit bei Scorzelli - wie eines das andere nach sich zieht ;) und finde es sehr interessant, was man so alles dabei entdeckt.
Wie hier zu lesen ist, gibt es in Rom z.B. etliche Kirchen in denen Werke von Gismondi zu sehen sind. Also: genug neue Punkte, die in Rom - irgendwann mal wieder - angesteuert werden sollten :~.

Dein Bericht über die Fresken in der Krypta der Kathedrale hat mir eine besondere Freude gemacht ...
Hier der Link von der Webseite der Stadt Anagni: Navig@nagni - Comune di Anagni (Foto der Krypta anklicken und die virtuelle Erkundung kann beginnen.)

Vielen Dank für die bisherigen Schilderungen und Bilder; gerne begleite ich Euch weiter durch das Latium. :nod:

Bitte schön, gerne geschehen - ich erlebe ja die Reise so auch noch einmal. Dir, liebe Simone, herzlichen Dank für den Link zur Krypta. Das werde ich mir in Ruhe und mit Muße zu Gemüte führen. :nod:

@ Angela

Dass man dort nicht fotografieren darf ist verständlich, man muss tatsächlich einmal selbst hinfahren. ;)
Es gibt noch so viel Schönes zu entdecken in Italien, danke fürs Mitnehmen!

Gerne, liebe Angela, und gut "schlussgefolgert" :D: hinfahren und selbst (nach-)schauen. Es lohnt sich ;).

Etwas später folgt der Rest des Tages (eine Erkältung, die mich nun doch erwischt hat, nachdem ich gut durch den ganzen Winter gekommen bin, lässt mir heute sicher die Zeit dazu ;)).
LG
Pasquetta


Nachtrag: Die Baustelle ist aufgehoben - hier wurde die "Baugrube" gefüllt.
http://www.roma-antiqua.de/forum/showthread.php?p=255951
 
Zuletzt bearbeitet:
Nach einer etwas längeren - unfreiwilligen - Pause soll es nun wieder weitergehen, quer durch das schöne Latium. Wer möchte, kann ja mitkommen ;). Zuerst wird es ein wenig "privat", aber das gehört dazu.

Dienstag, 24.2.2015
Unter tausend Entschuldigungen wurde uns bereits bei Ankunft im Hotel mitgeteilt, dass das Domus ab Dienstag voll belegt wäre und unsere Buchung „irgendwie“ falsch gelaufen wäre – obwohl ich annehme, dass es sich schlicht und einfach um eine Überbuchung handelte -, aber da man mit Menschen, die gemachte Fehler eingestehen, nicht so streng umgehen soll – und weil wir von Haus aus gutmütig sind und im Hotel ja sowieso fast nur zum Schlafen sein werden – haben wir uns mit einem Hotelwechsel arrangiert. Gleiche Hotelkategorie, etwas weiter Richtung Rom (;) Mezzavia = auf halbem Weg zwischen dem Rom mit der Aurelianischen Mauer und Frascati :~), die dort fällige Touristenabgabe übernehmen natürlich sie, uns entstehen keine weiteren Kosten... Na ja, außer ein paar „verlorenen Urlaubsstunden“. Aber es kann ja auch ganz amüsant werden und wir werden ein „Stück Rom“ und seine Einwohner ganz und gar abseits dessen, was Touristen sonst sehen, erleben. Aber davon später.

Das Wetter ist nicht besser geworden, Wolken ziehen am Himmel. Die Koffer packen, frühstücken und auschecken. Schade, gerade heute sieht man die Peterskuppel von unserem Balkönchen aus.


Und dann die „Irrfahrt“ oder besser: die Suche nach dem neuen Hotel, das sich zuerst partout nicht finden lassen wollte. Auch das Navi war ratlos und schickte uns im vormittäglichen Berufsverkehr im Kreis herum, die verflixte Via Tuscolana mit ihren Auf- und Abfahrten rauf und runter – dabei gab es aber auch schöne Blicke auf römisches Stadtrand-Leben ;).


Endlich der gesuchte Straßenname "Torre di Mezzavia" - und wie wir gleich sehen konnten, der dazu gehörige mittelalterliche Torre eines ehemaligen Gutshofes, gelegen zwischen den schon immer viel befahren Straßen, der Via Tuscolana und der Via Latina (heute dort als Via Anagnina verlaufend) hinaus nach Frascati. Wo in Rom – und sei es auch noch so abwegig, im wahrsten Sinne des Wortes – gibt es nicht sofort etwas Antikes als Dreingabe dazu. :thumbup: 8)

Aber das Hotel haben wir immer noch nicht gefunden. Nächster Anhaltspunkt: ein "Centro commerciale" mit neben dran – ta ta :] – IKEA :roll:. Na, wenn das mal nichts ist ;), aber „ein Hotel, no, no – qui non c'è“ war die Antwort von freundlichen Anwohnern auf unser mehrfaches Fragen. Jedoch: wer suchet, der findet - endlich und von außen tatsächlich kaum als Hotel erkennbar haben wir das Vintage entdeckt. Das Hotel ist im Stil der 50-70er Jahre gehalten (nomen est omen): "echte alte" Vespa am Eingang, alte Schallplatten an den Wänden, alte Olympia-Schreibmaschine auf der Theke und Telefon mit Wählscheibe, Flower-power-design von den Farben bis zu den Tapeten an den Türen. "Man" fühlt sich ja direkt in die eigene Jugend zurückversetzt – :lol: - , aber sonst ist alles auf den heutigen Stand der Technik.
Dieser kleine Exkurs in das rein Private, das aber ja auch mit Rom zu tun hat, musste sein, damit man die folgenden (morgens)-Aus-dem-Fenster-Fotos versteht.

Der Vormittag ist schon fortgeschritten und so machen wir uns ohne lange Pause auf zu unserem heutigen Ausflugsziel: Palestrina.

Palestrina präsentiert sich heute ganz anders als ich es in Erinnerung habe
nämlich so:

Sommer 1992

aber es sind ja auch schon über zwanzig Jahre vergangen, seitdem ich das letzte Mal dort war, da wird auch an solchen Orten gebaut und Straßenführungen werden geändert.

"Die in mythische Zeit zurückreichende Stadt ist das antike Praeneste, eine der ältesten und bedeutendsten Städte Latiums" (Zitat aus: Anton Henze "Reclams Kunstführer Rom und Latium" ;)) und darum sollte man einen guten Reiseführer zur Hand nehmen, zu umfangreich ist das, was man über diesen Ort wissen sollte/möchte, wenn man ihn besucht.

Wurde Palestrina gegründet von Caeculus, dem Sohn des Vulcanus oder von Praenestes, dem Enkel des Odysseus – ist es eine italische oder griechische Gründung? Eine Besiedelung ist nachzuweisen durch Grabfunde aus dem 8. Jh. v.Chr. und die Gründung als Kolonie von Alba Longa vermutet man im 7. oder 6. Jh. v.Chr.. Bürgerkriege zwischen Gaius Marius, dem Sohn des Marius den wir bereits aus Casamari kennen, und Sulla spielten der Stadt – und vor allem ihren Bewohnern, die 82 v.Chr. hingemetzelt wurden – arg mit. Da musste die Göttin Fortuna Primigenia, die in Praeneste seit der Antike einen Tempel und ein Orakel besaß, wieder versöhnt werden und so ließ Sulla die Tempelanlage erneuern, die seinerzeit eine der beeindruckensten sakralen Anlagen des römischen Reiches gewesen sein muss.

Praeneste entstand in neuem Glanze, die römischen Kaiser von Augustus bis Marc Aurel bevorzugten es als Sommerfrische - „frigidum Praeneste“ nannte es Horaz - , Philosophen und Dichter verfassten kluge und schöne Texte über das „römische Delphi“.
Die Langobarden kamen und kämpften, die antike Stadt ging unter und mit ihr verfiel die Tempelanlage, wurde überbaut und verschmolz mit der mittelalterlichen Stadt. Die Colonnas bekamen die Stadt, Papst Bonifatius VIII. (der von Anagni) ließ die Stadt seiner „Feinde“ zerstören, hundertfünfzig Jahre später das gleiche Spiel. Wahrscheinlich hatte es Francesco Colonna wiederum zweihundert Jahre später, 1630, endgültig satt und verkauft die Stadt „für 775.000 Scudi“ an Carlo Barberini, der einen auf dem Gipfel des Berghangs bereits bestehenden Palazzo erneuern und ergänzen ließ. Um den kurzen Abriss der Geschichte Palestrinas zu beschließen und wieder auf das Heiligtum der Fortuna Primigenia zu kommen: im Sommer 1944 wurde die Stadt von den Allierten stark bombadiert und wieder einmal verwüstet. Nebeneffekt: das Bombardement legte die Trümmer der Tempelanlage frei.
(Ein interessanter alter Artikel dazu: ARCHÄOLOGIE / ITALIEN: Das römische Delphi - DER SPIEGEL 45/1956 . Darin wird auch erwähnt, dass das Vittoriano in Rom die Tempelanlage als Vorbild hatte. So hatte ich die „römische Schreibmaschine“ noch gar nicht gesehen.)

Genug der Ausführungen zur Geschichte Praenestes, jetzt wollen wir die Überbleibsel des Heiligtums auch sehen.


Wir haben gleich am Berg unten einen Parkplatz gefunden, aber ganz unten – jeder schlägt darüber die Hände über dem Kopf zusammen wie weit wir hinaufsteigen wollen. „Der Weg ist schon richtig, aber …“ - die Signora wedelt mit der Hand über dem Kopf - „scale, tante scale!“




Stufen über Stufen, die Stadt liegt noch immer am Berg und das Heiligtum ist ganz oben. Ich machte kurz schlapp x(, aber dann sind wir endlich oben angelangt :proud:. Und siehe da: auch ganz oben gab es noch einige freie Parkplätze :x. Und so wissen auch wir, warum der Tempel der Fortuna Primigenia heißt wie er genannt wird :~: weil es ein (göttliches) Glück (fortuna) ist, wenn man endlich oben – schon fast im Himmel - angelangt ist, klärte uns der freundliche Museumswärter am Eingang zum Museum auf. :D

Irgendwie habe ich versäumt ein - aktuelles Foto des Palazzo Barberini, in dem sich das Museum befindet zu machen. Um sich ein Bild von ihm machen zu können hier ein Link:
Palazzo Colonna Barberini Palestrina

Der Gang durch das Museum – das Eckart Peterich in seinem „Italien“-Führer (Bd. II) als „eines der geschmackvollsten Museen Italiens“ bezeichnet - , einfach nur wunderbar! Wir mussten zum Glück im oberen Stock beginnen, da im Erdgeschoss Aufbauarbeiten für Fernsehaufnahmen im Gange waren. So haben wir mit viel Muße und Zeit (und noch frisch und aufnahmefähig für die Eindrücke) uns das wunderbare Nilmosaik in allen Einzelheiten anschauen können, ganz allein nur mit dem über seinen Arbeitsplatz zufriedenen Aufseher, der auch von der Schönheit des Mosaiks schwärmte.


Von wann das sogen. Nilmosaik ist weiß man nicht genau: manche Forscher datieren es auf das 2. od. 1. Jh. v. Chr., andere meinen, es stammt aus der Zeit Hadrians (2. Jh. n.Chr.).


Zu dieser Zeit war die Begeisterung für alles Ägyptische groß. Wer hat es angefertigt? Vielleicht Künstler aus Alexandrien, denen eine ägyptischen Buchrolle als Vorlage diente? Eine Fülle von Einzelheiten, farbig und reizvoll, die sich zu diesem Gesamtkunstwerk vereinen, breitet sich vor uns aus.
Man geht davon aus, dass eine Nillandschaft zur Zeit der Überschwemmung dargestellt ist. Einer anderen Deutung zufolge schildert das Mosaik eine ägyptische Expedition (historisch belegbar: 280 v. Chr. nach Äthiopien), wäre also eine Art Reisebericht wie auf den antiken Siegessäulen. Egal - es ist einfach nur wunderbar :nod:!




























Was sehen wir alles auf diesem Mosaik :idea:: Fels- und Wüstenlandschaft, Jagdszenen zu Land und zu Wasser, Menschen in ägyptischer und griechischer Tracht, eine Vielfalt von Tieren - Affen, Löwen, ein Rhinozeros, ein Krokodil, ein Nilpferd - aber auch eine Sphinx, Städte und heilige Bezirke mit Türmen und Statuen, auch ein Gebäude mit Obelisken. Besonders schön die Darstellung eines Gelages in einer Weinlaube - Interpretation: hier ist Kanopos, das "St. Tropez der Antike" 8), zu erkennen. Dann sollte nach diesen Interpreten der dargestellte Tempel mit den Kriegern und einer Priesterin der Serapis-Tempel in Kanopos sein... Soviel zu den Spekulationen rund um die bunten Steinchen, die zu so schönen Bildern zusammen gesetzt sind.


Zu unserem Rundgang durch das Museum hier noch ein paar :~ Eindrücke in loser Folge:


wir sind in Praeneste und nicht bei Bulgari ;)








Und wenn das Heiligtum schon der Fortuna geweiht war, so sollte auch ein Bild von der Göttin nicht fehlen. Zum Glück gibt es im Museum ein Kultbild der Fortuna aus dem 2. Jh. v. Chr., zwar nur noch ziemlich fragmentarisch erhalten :roll:, aber immerhin.





Kontrast ;) - die Bemalung des Palazzo Barberini:



und wieder zurück in die Antike - auch Praeneste hatte einen römischen Festkalender, den Fasti Praenestini:





Der Blick aus den Fenstern des Museums ist auch nicht zu verachten ;), auch wenn der Himmel wolkenverhangen ist.



In einem Raum im Erdgeschoss wurde gerichtet für die Fernsehaufnahmen – ein Interview mit dem Archäologen Filippo Coarelli - die Fernsehleute und der Museumswärter entschuldigten sich, dass sie so ein Durcheinander machen würden. Uns störte das nicht, wir waren fast die einzigen Besucher im Museum und nur die freundlichen Museumsbediensteten standen bei einem Schwätzchen zusammen.










Beim Verlassen des Museums machte uns der Wärter darauf aufmerksam, dass die Ausgrabungen an der Tempelanlage noch geöffnet wären, wir könnten einfach hinunter gehen.






Was wir natürlich gerne taten, auch wenn es gerade wieder „nieselregnete“ und selbst wenn es erneut hieß, Treppen steigen. Aber diese waren ja auch noch beim Abstieg zum geparkten Auto zu bewältigen. x(
Die Aufseherin an der Museumspforte war „entsetzt“ :D, als sie hörte, dass wir hinunter zur Porta San Martino wollten.



Der etwas regnerische Nachmittag verleitete nicht groß zu einer „Landpartie“, so dass wir kurz entschlossen ein weiteres Museum „in Angriff“ nehmen wollten. Und so sind wir an dem kleinen Städtchen Zagarolo, das auch einen Abstecher zum dort bummeln wert gewesen wäre, und San Cesareo vorbei gefahren – hier in dieser Gegend schickte ich gedanklich herzliche Grüße an Casaromana ;), der ich hiermit auch nochmal für die guten Tipps zu diversen Lokalitäten und ähnlichem danken möchte :nod: - und weiter ging es durch die noch sehr zaghaft in helles Frühlingsgrün sich hüllende Landschaft der Colli Albani, deren Schönheit - für mich - leider sehr getrübt wurde. So „krass“ hatte ich das nicht in Erinnerung. :? War es früher auch so schlimm oder habe ich „verklärte“ Erinnerungen an die Campagna? Was wir da an Müll am Straßenrand (vor allem entlang der Via dei Laghi) sahen stimmte mich traurig und auch zornig. :x Alles, vom Sofa und Kühlschrank bis zum Regenschirm, Unmengen aufgeplatzte Mülltüten und Plastikflaschen, einfach am Straßenrand entsorgt. 8O Es sah - gerade zu dieser Jahreszeit da noch kein Grün das alles ein bisschen verstecken konnte - für meine Begriffe furchtbar aus. Da half auch nicht der frühere Ausspruch einer Freundin: „ Du musst es machen wie die Römer. Der sieht mit erhobenem Kopf die Schönheit der Landschaft und nicht den Dreck auf der Straße.“ :roll:


Und wo uns unser Weg genau hinführte, das folgt demnächst, wieder hier :~...

 
Zuletzt bearbeitet:
Trotz Baustelle bringt dieser begonnene Tagesbericht viel Interessantes. Eine ähnliche Quartiersuche hatten wir auch schon mal in der Toscana. Die Geschichte von Palestrina ist wirklich toll zusammengefasst. Mich freut natürlich, dass nun wohl das Fotografieren des Nilmosaiks erlaubt ist. Ich erinnere mich einen einen Bericht von Asterixinchen, wo sie bedauert hat, dass man nicht knipsen darf.

Pasquetta, vielen Dank für den ersten Teil. Ich werde die Geschichte weiter verfolgen.
 
Liebe Pasquetta,

dein Bericht zeigt mir mal wieder dass das Rom-Forum für mich viel mehr Anreize bietet als jeder Reiseführer. Du machst mir Palestrina erst so richtig schmackhaft.

Vielen Dank für die vielen tollen Bilder aus dem Museum. Ich finde die antiken Skulpturen einfach wunderschön.

Wie gut dass man in Italien bei schlechtem Wetter immer eine Ausweichmöglichkeit mit einer Besichtigung von schönen Kirchen oder Museen hat. Ich bin gespannt wie es weitergeht.

Viele Grüße

Tizia
 
Hallo Tizia,

Du machst mir Palestrina erst so richtig schmackhaft.

das freut mich und nachdem Du ja immer wieder mal mit dem Auto in und um Rom unterwegs bist ;), ist so ein Abstecher nach Palestrina - und Umgebung - als Tagesausflug nur anzuraten. Du wirst es nicht bereuen!

Übrigens: ich begleite Dich auch gerne auf Deinen Ausflügen durch Oberitalien :thumbup:.
Und hier geht es nun gleich noch weiter zum nächsten Museum...

LG
Pasquetta
 
Wir haben also Palestrina verlassen und uns Richtung Colli Albani aufgemacht.

Es hat wieder angefangen zu regnen, alles ist grau in grau und wolkenverhangen.




Von Nemi oben am Kraterrand auf einem schmalen Schottersträßchen hinabgefahren zum See.


An den Hängen sprießt es grün und es blühen – rechtzeitig zum Internationalen Frauentag – die Mimosen.



Hier sind es richtig große Bäume, die ihre gelben Blütenzweige in den Himmel strecken. Schon mehrmals habe ich mich die letzten Tage gefragt, was das für gelb schimmernde Bäume am Straßenrande sind und erst heute gemerkt, dass es ausladende Mimosensträucher sind. Jetzt gehen auch die Blüten auf, so dass man sie als solche erkennen kann. Und hier am Nemisee gibt es viele dieser prächtigen Farbtupfer zwischen den noch blattlosen Bäumen. Auch Haselnusssträucher mit blühenden „Kätzchen“ gibt es hier reichlich. Aber die berühmten Walderdbeeren sehen wir noch nicht erröten (trotz Gewächshäuser, denn die kleinen fragole wachsen nicht mehr alle nur im Wald rund um den Nemisee).


Am See das (Museo delle Navi Romane (die beiden großen Gebäude rechts im Bild) - Link funktionier nicht mehr, hier ein neuer / ergänzt am 23.7.19) besucht und auch hier wieder fast (mit zwei später dazu gekommenen) die einzigen Besucher gewesen. Auch dieses Museum ist interessant und sehenswert, gerade wenn man sich für diese Seite der römischen Geschichte (Caligula und seine Prachtschiffe) interessiert.


Ein Museum für die Überreste der zwei, zwischen 1928 und 1932 auf dem Grund des Nemisees gefundenen, Prachtschiffe wurde bereits 1935 gebaut, um 1940 die restaurierten Schiffe präsentieren zu können.




Caligulas „Partyschiffe“ müssen prächtig gewesen sein: mehr als siebzig Meter lang, Bug und Heck identisch konstruiert, damit man ohne zu wenden auf dem See „hin und her“ fahren konnte. Ein Schiff auf dem für die Göttin Diana ein Tempel aus Marmor mit Mosaikfußböden und Bronzeziegeln stand - Diana, der hier am Nemisee ein Heiligtum geweiht war und der Caligula zugetan war- , das andere Schiff trug eine prunkvolle Palastanlage in der der Luxus soweit ging, dass sogar eine "Badeanstalt mit Warmwasserleitung" nicht fehlte.

(Sockel für eine Säule aus dem zweiten Schiff)

(Muster des Mosaikbodens)



(Mosaikfragmente aus dem ersten Schiff)

Mit Caligula gingen auch die Schiffe unter und gerieten in Vergessenheit, auch wenn immer wieder mal ein Bronzestück oder anderes aus dem See gefischt wurde. Bereits ab 1446 versuchte man „systematisch“ der Legende um einen Schatz im See auf den Grund zu gehen, wurde auch mit Fundstücken fündig, konnte die Schiffe aber nicht heben. Erst in den zwanziger Jahren des 20. Jh. gelang dies in jahrelanger Arbeit. Unter Mussolini wurde der See „einfach“ abgelassen indem man das Wasser durch einen bereits aus der römischen Frühzeit stammenden Tunnel, der wieder freigelegt wurde, Richtung Meer abpumpte – und schon kamen die Schiffe an die Oberfläche. :D Die Begeisterung war groß – ein Museum wurde gebaut und die Schiffe dort ausgestellt. Ihre Zeit im Museum währte nicht viel länger als die ihrer Prachtfahrten auf dem See: in der Nacht zum 31. Mai 1944 brach im Museum ein Feuer aus und legte so ziemlich alles in Schutt und Asche. Wie – warum – und wer die Katastrophe ausgelöst hat, :? ließ und lässt sich nicht eindeutig feststellen. Was man noch retten konnte wurde ausgelagert und in das 1953 wieder erbaute und bis 2000 immer mal neu strukturierte Museum am See gebracht.



(Infotafel)

Vielleicht wirken die Schiffsmodelle (im Maßstab 1:5) in der Riesenhalle ein wenig verloren, aber mit den ganzen anderen Ausstellungsstücken – den verschiedenen Reproduktionen oder auch Originalen, den weiteren archäologischen Funden der Umgebung u.a. reiche Grabbeigaben aus einem Fürstengrab,







bis hin zu einem Stück der römischen Via Virbia die zum Diana-Heiligtum führte –





lohnt ein Besuch des Museums, auch wenn einige Bronzen, die die Schiffe zierten, nicht hier, sondern im Museo Nazionale Romano Palazzo Massimo
Di notevole importanza sono anche le sculture in bronzo che decoravano le navi di Nemi
in Rom sind.

Anschauliche große Tafeln vermitteln Informationen zur Geschichte, den Schiffen, ihre Auffindung und was alles damit zusammenhängt. Man bekommt einen guten Einblick wie hochentwickelt die „Technik“ in der Antike bereits war. Vieles funktioniert heute noch und irgendwo habe ich gelesen – ich verstehe nichts davon -, dass man Kugellager und Wasserhähne heute genau so im Baumarkt finden könnte oder bereits ein erst wieder erneut im 19. Jh. erfundener Korrosionsschutz an den Schiffen angebracht worden war, der aber eigentlich für Salzwasser wichtig gewesen wäre. Vielleicht nahmen die damaligen Schiffsbauingenieure die Gelegenheit wahr, dass Geld keine Rolle spielte und experimentierten munter darauf los. Es lässt immer wieder staunen, und ja – nicht erst heutzutage gibt es kluge Leute ;).

Also eine kleine feine Ausstellung im Museo Navi Romane, schön präsentiert, auch wenn es herein regnet und die Frau von der Kasse Schüsseln und Eimer aufgestellt hat, um die Rinnsale vom „undichten“ Dach aufzufangen. Es tropfte und floss zuerst in die aufgespannten Planen und dann herab auf den Marmorboden. Achtung: Rutschgefahr! - alles ist ein bisschen renovierungsbedürftig. Und draußen regnete es nicht mehr nur, es goss in Strömen. Keine Möglichkeit mehr, ein passables Foto vom Gebäude zu machen oder auch nur trockenen Fußes zum Auto zu kommen.


Entsprechend war der Rückreiseverkehr durch die kleinen Castelli-Orte nach Rom zum Hotel, das wir zum Glück – nach der Irrfahrt am Morgen :roll: - gleich wieder gefunden haben :proud:. Zimmer „personalisieren“ und somit „ankommen“ und dann eine Lokalität fürs Abendessen suchen. Nochmal mit dem Auto wegfahren wollen wir eigentlich nicht mehr und nach einem Gang durch das „Centro commerciale“ (es ist das Centro Commericiale Anagnina) ist uns klar, dass sich die Möglichkeit ein Lokal zu finden (wenn man nicht zu Mac Donald oder in eine Stehpizzeria oder Bar gehen möchte) beim „Old Wild West“ neben dem Hotel erschöpft.



Ein Abendessen in Rom im „Western house“ so richtig mit Einlass „am Seil“, Erdnüsse schöpfen als Snack und „Country-Feeling“, so „tief sind wir gesunken“ 8O :twisted:.


Oh ja, das Essen war sehr ok



(und viel zu viel, nachdem der gute Salat soviel war wie eine volle Portion Essen, statt – wie erwartet – eine Beilage)


und das Beste dabei: das Publikum zu beobachten. Wir sind gerade noch rechtzeitig gekommen, um noch in Ruhe Platz- und Essensauswahl zu treffen (der Herr in unserem Alter am Nebentisch wird schon gewusst haben, warum er für römische Begriffe „so früh“ zum Essen kam) und dann ging es Schlag auf Schlag: Eine Riesengruppe Kinder, entsprechend fröhlich und lärmend (für einen Kindergeburtstag von der Uhrzeit und Größe der Gruppe her für unsere Verhältnisse eigentlich zu viele Kinder) viele Familien mit auch kleinen Kindern, die z.T. etwas zu feiern hatten (der Torte nach, die sie mitgebracht hatten), viel junge Leute, aber auch „guter“ (Alters-)Durchschnitt, das Riesenlokal war ganz schnell fast voll. Das Personal war sehr flink und freundlich und wir wurden auch nicht gedrängt. Die Gäste an den kleineren Tische wechselten jedoch ralativ rasch, d.h. die Leute blieben in der Regel nicht so lange, wie man es von Italienern, die zum Essen gehen, sonst kennt. - Es war für heute Abend gut in Ordnung, vielleicht nicht das, was wir uns unter einem schönen Urlaubsabendessen im Lazio vorstellen. Aber es war ein guter Einblick in das Alltagsleben der heutigen – einfachen – römischen Bevölkerung, das hier in der Vorstadt nichts zu tun hat, mit dem „römischen Leben“ das man mit den Centro storico-Vierteln verbindet. Hier lebt der „Normalbürger“, hier isst er (Fastfood und ausländisch, keine Pasta hausgemacht) und geht mit der Familie abends aus. Auch spät – die meisten kamen, da waren wir schon fertig – und zusammen mit den Kindern – das ist wie früher geblieben.

Das Centro Commerciale hat geschlossen, auch den Verkehr von der Via Tuscolana hört man nur sehr gedämpft, einer guten Nachtruhe, um für die morgige Tour wieder fit zu sein, steht nichts entgegen...
 
Zuletzt bearbeitet:
Danke für die Bilder vom Nemi-See. Ich habe ihn bei sehr kaltem Wetter im Mai erlebt und trotz Erdbeer-Zeit tüchtig gefroren.

Schein kein lieblicher See zu sein wenn er uns mit solchem Wetter erwartet aber er hat etwas mystisches und die Bilder vom Museum bestätigen mir das. Bisher hatte ich noch nicht begriffen dass diese Prachtschiffe nur dazu dienten auf dem kleinen See ein wenig zu kreuzen und zu feiern.

Ich hoffe sehr dass ich noch in diesem Jahr das Lazio und Rom "erfahren" kann. Aber sicher ist noch nichts.

Es freut mich natürlich auch dass du meinen Reisebericht über Oberitalien mitliest.

Übrigens die Gegend da draußen wo ihr euer Hotel hattet die mag ich auch wenn sie unspektakulär ist. So wie du sagst, hier leben die Römer und manches ist an Lebensgewohnheiten wie bei uns und manches ist geblieben wie von jeher. So ist das Leben eben.

Was du neulich über den Müll geschrieben hast hat mich nachdenklich gemacht. Bei meinen letzten Fahrten durch das Land war das noch nicht so krass. Hoffentlich wird es nicht wieder wie früher wo man überall die großen Elektrogeräte und Müllsäcke finden konnte.

Jetzt bin ich erstmal gespannt wie es weitergeht. Dein Bericht ist einfach toll und ich lese ihn sehr gerne.

Viele Grüße

Tizia
 
Liebe Pasquetta,

ganz herzlichen Dank für diesen tollen Bericht, den ich jetzt endlich weiterverfolgen konnte. Wunderbare Fotos und spannende Texte machen ihn wieder einmal zu etwas Besonderem. :thumbup:
Sowohl Palestrina als auch Nemi stand bei uns vor 12 Jahren auf dem Programm, wir wohnten damals in Rocca di papa und waren mit eigener macchina angereist. Leider hatte ich damals eine fiebrige Erkältung und konnte so einen Teil der Ausflüge gar nicht mitmachen, den anderen nur in ziemlich geschwächter Form.
Umso mehr habe ich mich über Deinen ausführlichen Beitrag gefreut. :nod:

Liebe Grüße

Angela
 
Danke für die Bilder vom Nemi-See. Ich habe ihn bei sehr kaltem Wetter im Mai erlebt und trotz Erdbeer-Zeit tüchtig gefroren.

Scheint kein lieblicher See zu sein wenn er uns mit solchem Wetter erwartet aber er hat etwas mystisches und die Bilder vom Museum bestätigen mir das. Bisher hatte ich noch nicht begriffen dass diese Prachtschiffe nur dazu dienten auf dem kleinen See ein wenig zu kreuzen und zu feiern.

Danke, liebe Tizia, für Deine Rückmeldung und Deine Gedanken, die Du Dir angeregt durch diese Lektüre machst bzw. mitteilst.
Ja, der Nemisee wirkt irgendwie schon ein wenig "mystisch", dunkel und geheimnisvoll. Vielleicht liegt es daran, das der Kratersee nicht so groß ist und tief unten liegt... Er wird nicht umsonst der "Spiegel der Diana" genannt.

Bei den Nemi-Schiffen vermutet man auch, dass es sich
um Prototypen handelte, an denen antike Schiffbauingenieure neue Techniken auf dem ruhigen Nemisee zum Einsatz auf dem Meer erprobten,
auch wenn das vielleicht nicht das vorrangige Interesse Caligulas für seine Schiffe war. Wer weiß es schon ;).

LG
Pasquetta
 
[...]auch wenn einige Bronzen, die die Schiffe zierten, nicht hier, sondern im Museo Nazionale Romano Palazzo Massimo

Die habe ich bisher vergeblich gesucht...
...
Herzlichen Dank für die intensive Einstimmung.

Bitteschön - gern geschehen ;).
Ich war schon lange nicht mehr im Museo Nazionale Romano - und habe mich bisher auch noch nicht für die Schiffe bzw. das, was man im Museo davon finden könnte, "interessiert", möchte das aber beim nächsten Besuch ändern :~. Gelesen habe ich bisher nur davon, dass ein "Medusa-Haupt" und Tierköpfe mit Ringen, an denen man Seile festmachen konnte, im Museum sind. Mal schauen, ob ich sie finden werde.
 
Liebe Angela,
vielen Dank für Deine Rückmeldung und das Lob :blush:,

Sowohl Palestrina als auch Nemi stand bei uns vor 12 Jahren auf dem Programm, wir wohnten damals in Rocca di papa und waren mit eigener macchina angereist. Leider hatte ich damals eine fiebrige Erkältung und konnte so einen Teil der Ausflüge gar nicht mitmachen, den anderen nur in ziemlich geschwächter Form.
Umso mehr habe ich mich über Deinen ausführlichen Beitrag gefreut. :nod:

es freut mich, dass Du beim Lesen des Berichtes Erinnerungen an eigene Eindrücke auffrischen oder sogar vertiefen konntest. Das Umland von Rom ist wirklich sehr schön. :nod:

LG
Pasquetta
 
Mittwoch, 25.02.2015


Ein neuer Tag – und obwohl sich ein leichter Anflug von Fahrmüdigkeit eingestellt hat, wird es ein neuer Ausflugstag (heute mit vielen gefahrenen km) durch das südliche Lazio sein. Auch nach unserem Hotelwechsel haben wir vom „neuen“ Fenster aus wieder einen Blick nach Rom hinein, eine etwas andere Perspektive zwar ;) – aber auch diese hat etwas für sich.


Man sieht die Kuppel des Petersdoms, an den hohen Figuren erkennbar S. Giovanni in Laterano und mit Kuppel und Türmen S. Maria Maggiore, ebenso lässt sich auch der Monte Mario ausmachen – linker Hand eine moderne Kirche, aber welche ist es wohl? (Irgend ein kluger Kopf hier im Forum wird es wohl herausbekommen :~.)


Nach einem guten, „italienisch süßen“ und reichhaltigen Frühstück machen wir uns zeitgleich mit einer ganzen Busladung Japaner auf den Weg. Unserer führt uns nach Süden – die auch im Hotel untergebrachten Japaner werden wohl auf ihrer Europa-Tour den „Tag Rom“ erleben. Bei San Cesareo verlassen wir die Autostrade del Sole und fahren weiter nach Velletri.


Wieder eine kleine Stadt in der es keinen Parkplatz zentrumsnahe gibt, in der aber Kaiser Augustus ein paar Jahre seiner Kindheit verbracht hat. Nach dem Tod seines Vaters wurde er in die Obhut seiner in Velitrae lebenden Großmutter Julia gegeben und blieb auf ihrem dortigen Landgut bis sie 51 v. Chr. starb.

Für uns heißt es durch enge, zugeparkte Straßen kurven. In der Unterstadt finden wir einen Parkplatz, Parkschein gezogen und wieder einmal bergauf zum Dom gelaufen. Velletri, verkehrsgünstig an der Via Appia gelegen, ist seit dem 5.Jh. Bischofssitz, also ist vorgesehen die Kathedrale und das dazu gehörende Museum aufzusuchen. Auch das Museo Civico und der gotische Torre sind sehenswert, aber was wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen, unser Zeitplan gerät heute ein bisschen durcheinander.


Den Dom S. Clemente finden wir und die Benedikt-Säule auf dem Platz davor schauen wir uns genau an. Benedikt XVI. war Kardinalbischof von Velletri-Segni gewesen und es war sein Wunsch, dass die ihm vom Bayerischen Städtetag zum 80. Geburtstag geschenkte Bronzesäule in Velletri vor dem Dom aufgestellt werde.



Die wie eine Schriftrolle geformte Stele hat Elemente, die sowohl auf den em. Papst hinweisen,


wie auch auf den hl. Korbinian mit dem Bären - Wappentier von Benedikt XVI. ;) , erster Bischof von Freising und Schutzpatron des Bistums München und Freising -


als auch auf Benedikt von Nursia, dem Patron Europas. Er wird u.a. dargestellt, wie er seine Regula nieder schreibt und dabei auf den Sternenkranz, das Symbol für Europa, deutet.

Der Dom geht zwar auf das 4. Jh. zurück, wurde aber im 17. Jh. vollständig erneuert und – wie Velletri überhaupt – im Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstört, so dass wir uns mehr auf das im Kreuzgang eingerichtete Museo Diocesano konzentrieren. Wieder einmal sind wir die einzigen Besucher, die auch noch mit ausgesuchter Freundlichkeit „behandelt“ werden: die junge Museums-Ehrenamtliche war sehr erstaunt 8O, dass wir den „Seniorenpreis“ in Anspruch nehmen wollten – und durften :D. Die „volontaria“ schloss ihr Büro ab und nur für uns das Museum auf, ließ alle Lichter aufleuchten und führte uns begeistert durch die Räume. Sie war von „ihrem“ Museum und seinen Schätzen sehr angetan und erklärte alles ganz ausführlich. Was auf der einen Seite sehr schön war :nod: – und vor allem interessant -, uns aber viel der (von der Parkuhr gesteuerten) Zeit kostete, aber wir ließen uns gerne darauf ein und genossen die kostenlose Privatführung durch die „sono solo quattro sale“, was leicht „untertrieben“ war, da die letzte Bilder-Abteilung in mehreren Räumen untergebracht ist.
Es gibt leider keine Fotos von den Schätzen des Museums, einen kleinen Einblick kann man hier gewinnen Storia della Collezione Museo Diocesano di Velletri unter „percorso“: im Eingangsbereich ein Fresko „Kreuzigung“ (1475/85) aus der Schule von Antoniazzo Romano, dort hing auch ein – was ich bisher noch nie gesehen hatte – sehr großer hölzener Corpus Christi mit beweglichen Schultergelenken. Solche Christusfiguren mit schwenkbaren Armen wurden vor allem im Mittelalter oft bei liturgische Zeremonien während der Kartage verwandt, um damit die Passion bildhaft darzustellen.
Eines der Highlights des Museums ist sicherlich das Crux Veliterna, ein Kreuzreliquiar (- wenn ich die Erklärung richtig verstanden habe: jetzt ohne Reliquie), geschaffen von palermitanischen Goldschmieden im frühen 13. Jh., aus Gold, verziert mit Perlen, Edelsteinen und Email. Es wurde der Kathedrale von Velletri geschenkt von Alexander IV., als er dort noch Bischof war, der es wiederum von Friedrich II. dem Stauferkaiser bekommen hatte. Es ist – gut gesichert – wieder zu bewundern, nachdem es zusammen mit anderen wertvollen Gegenständen 1983 gestohlen worden war und Monate später in England auftauchte. Das Museum wurde daraufhin geschlossen, jahrelang neu gestaltet, Anfang des Jahres 2000 wieder eröffnet und kann nun seine Schätze gut präsentieren.
Neben den diversen kostbaren Meßgewändern und sakralen Gegenständen, geschenkt von verschiedenen Bischöfen und Kardinälen, von den Borgias bis Barberinis, ist besonders erwähnenswert die Silberbüste für Reliquien des hl. Clemens I., der Papst, der als „Bischof“ den christlichen Glauben nach Velletri gebracht haben soll und Patron der Stadt ist. Das über einen Meter große Kunstwerk, von hoher Qualität und kostbarem Material, schuf Giuliano Finelli, ein Gehilfe Berninis, der ihm bei den wunderbaren Skulpturen „Raub der Proserpina“ und „Apoll und Daphne“ (in der Galleria Borghese in Rom zu sehen) assistiert hatte.
Bei den Bildern (auf Holz) begegnen uns Maler der Frührenaissance wie Gentile da Fabriano und Antoniazzo Romano mit ihren wunderschönen „Madonna mit Kind“-Darstellungen oder eines der raren Bilder des "Trasporto della Santa Casa di Loreto" hier von Giovanni Battista Rositi, wie auch eine bemerkenswerte "Heimsuchung" von Bicci di Lorenzo. Weitere Räume mit Gemälden aus dem 17. - 19. Jh. schließen den Rundgang ab. Noch als kleine Kuriosität der Blick auf ein Marien-Bild auf einer Staffelei, das Marcella Mameli, eine Großnichte von Goffredo Mameli, dem „Texter“ der italienischen Nationalhymne, dem Museum zur „Aufbewahrung“ übergab. Auf der Rückseite des kleinen Bildes steht geschrieben „A di 5 settembre 1739 Jo P. Antonio Maria [...] Priore regalai questa immagine all’altare della Madonna” - aber man hat leider keinen Hinweis auf Künstler und Herkunft des kleinen Werkes. Also auch so gelangen Kunstwerke ins Museum...

Unsere rührige „signorina“ drückt uns noch einige Unterlagen über Museum und Velletri in die Hand (und wir ihr ein angemessenes Trinkgeld - womit sich der Senioreneintrittspreis wieder relativierte :D), löscht die Lichter und sperrt die verschiedenen Türen zum Museumstrakt ab. Die Besuchszeit ist hier wie auch im Museo Civico vorüber, so dass wir den dort sehenswerten Sarkophag mit den Taten des Herkules leider nicht mehr bewundern werden. Es soll wohl immer etwas für irgendwann später einmal aufgespart bleiben... Dafür gibt es auf dem Weg zum Auto in einem kleinen Forno eine hervorragende Pizza „auf die Hand“. Den gotischen Turm haben wir noch versucht per Auto zu finden, aber nach zweimal im Kreis fahren auch dafür die Geduld verloren. Meiner Meinung nach – aber nur meiner ;) – sollten wir uns fragen, ob uns unser Navi eigentlich richtig durch das Gewirr der kleinen engen Gassen leitet …


Also haben wir uns auf unseren weiteren Weg gemacht, aber eigentlich ohne richtig an unseren Plänen fest zu halten.




;) Man beachte den Meeres-Silberstreifen am Horizont :~

Von Cisterna aus nach Cori - der Himmel ist wieder bewölkt und die Mittagszeit setzt dem „Tatendrang“ Grenzen: was man ansehen möchte ist zu und kaum ein Mensch in diesen kleinen Orten unterwegs.


Cora gehört zu den ältesten Städten Italiens. Es heißt, schon im 2. Jahrtausend v. Chr. sei es gegründet worden. Rom hatte erst später (ab 415 v. Chr.) etwas von dieser Stadt und ihren Bewohnern, die im 3. Jh.v.Chr. an der Seite Roms gegen Hannibald zogen. Dann wird es still um Cora, aber den erhaltenen Ruinen nach war es einmal eine angesehene Stadt.



Davon zeugen noch heute die gut erhaltenen Reste der zyklopischen Stadtmauer und vor allem der auf der Anhöhe gelegene Tempel des Herkules.
Es gibt zwar eine Inschrift am Tempel, aus der geht jedoch nicht hervor, ob er dem Herkules gewidmet war. Die reichen Funde an Votivgaben in Form von Terrakotten und Keramiken (jetzt im Museum des Ortes) lassen eher an eine weibliche (Heils-)Gottheit denken.




Erbaut wurde er in der Zeit Sullas (den wir schon aus Casamari „kennen“) um 89-80 v. Chr. Die noch erhaltenen Säulen des Atriums, mit mit einer Höhe von 9 m, sind die größten bekannten dorischen Säulen. Die Tempelreste lehnen sich an den Turm der Kirche S. Pietro, der Blick in die Landschaft ist trotz dunkler Regenwolken beachtlich...


Der kleine Platz ist menschenleer, die paar Hunde sind freundlich zu uns.




Das Museum hat nicht geöffnet, auch die Kirchen sind um diese Tageszeit geschlossen (dabei hätte ich so gerne die Chiesetta-Oratorio dell’Annunziata mit ihren schönen Fresken gesehen) - also fahren wir weiter auf der Via Appia, die seit der Antikedurch die Pontinische Ebene führt, wo ehemals die Sümpfe waren die nun trockengelegt sind, und durch die reißbrettartig angelegte Landschaft, hinab Richtung Terraccina. Schön finde ich die Aussage von Goethe, der am 23. Februar 1787 auf der Fahrt nach Neapel in seinem „italienischen Reisetagebuch“ notiert: „Als es tagte, fanden wir uns in den Pontinischen Sümpfen, welche kein so übles Aussehen haben als man sie gemeiniglich in Rom beschreibt.“. Die Landschaft hier ist schon etwas Besonderes: diese schnurgeraden Straßen,


gesäumt von den kleinen Kanälen und den Alleebäumen, darunter immer wieder auch Eukalyptus-Bäume (wohl noch aus der Zeit der „Entwässerungsphase“) und auch hier viele, sehr schön blühende, riesige Mimosenbäume. Dazu immer wieder die Ausblicke auf die Monti Lepini und Monti Ausoni. Nach „etlichen“ Kilometern Via Appia kam endlich die Abzweigung nach Fossanova. Und siehe da, heute haben wir das Kloster sofort gefunden.

 
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Mittwoch, 25.02.2015



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Das Museum hat nicht geöffnet, auch die Kirchen sind um diese Tageszeit geschlossen (dabei hätte ich so gerne die Chiesetta-Oratorio dell’Annunziata mit ihren schönen Fresken gesehen) - also fahren wir weiter auf der Via Appia, die seit der Antikedurch die Pontinische Ebene führt, wo ehemals die Sümpfe waren die nun trockengelegt sind, und durch die reißbrettartig angelegte Landschaft, hinab Richtung Terraccina. Schön finde ich die Aussage von Goethe, der am 23. Februar 1787 auf der Fahrt nach Neapel in seinem „italienischen Reisetagebuch“ notiert: „Als es tagte, fanden wir uns in den Pontinischen Sümpfen, welche kein so übles Aussehen haben als man sie gemeiniglich in Rom beschreibt.“. Die Landschaft hier ist schon etwas Besonderes: diese schnurgeraden Straßen,


gesäumt von den kleinen Kanälen und den Alleebäumen, darunter immer wieder auch Eukalyptus-Bäume (wohl noch aus der Zeit der „Entwässerungsphase“) und auch hier viele, sehr schön blühende, riesige Mimosenbäume. Dazu immer wieder die Ausblicke auf die Monti Lepini und Monti Ausoni. Nach „etlichen“ Kilometern Via Appia kam endlich die Abzweigung nach Fossanova. Und siehe da, heute haben wir das Kloster sofort gefunden.

Liebe Pasquetta,

gerade diese schnurgerade Via Appia hat es mir angetan. Ich empfinde dort noch sehr den historischen Boden.

Und die Landschaft empfinde ich dort ähnlich wie Goethe, sie ist viel schöner als man in Rom über sie sagt, das stimmt wirklich.

Ich mag das sehr, den Blick auf die Berge und die Fahrt an den Kanälen vorbei. Und wenn dann noch bunte Boote darauf schwimmen ist es richtig malerisch.

Danke dass du damit meine Erinnerung an meine Fahrt mit Amica vor zwei Jahren auffrischt :thumbup:
 
Den Dom S. Clemente finden wir und die Benedikt-Säule auf dem Platz davor schauen wir uns genau an. Benedikt XVI. war Kardinalbischof von Velletri-Segni gewesen und es war sein Wunsch, dass die ihm vom Bayerischen Städtetag zum 80. Geburtstag geschenkte Bronzesäule in Velletri vor dem Dom aufgestellt werde.



Die wie eine Schriftrolle geformte Stele hat Elemente, die sowohl auf den em. Papst hinweisen,



als auch auf Benedikt von Nursia, den Patron Europas.

Liebe Pasquetta,
besonders interssiert hat mich an Deinem jüngsten Beitrag der Teil über Velletri und die Benedikt-Säule von Joseph Michael Neustifter. Ich erinnere mich noch gut an Presseartikel, als sie aufgestellt wurde und seither war es mein Wunsch einmal an diesen Ort zu fahren. Besonders gut gefällt mir Deine Grossaufnahme des Heiligen Korbinian mit dem Bären. ;) 8) :thumbup:
 
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Liebe Tizia,
liebe Simone,
danke für Eure Rückmeldung. Es freut mich, wenn ich schöne Erinnerungen und Interesse geweckt habe und dass durch die Schilderung unserer Reise auch so kleine und mehr abseits gelegene Orte bei Euch Beachtung finden. Der Reisebericht wird fortgesetzt, dauert aber ein bisschen...
 
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Liebe Pasquetta,
nun nach lange Unterbrechungen habe ich jetzt mit Genuß deine letzte 4 Berichte gelesen, wirklich mit Genuß. Ich frage mir, wie kannst Du so viel wissen?

Herzlichen Dank, ich muss nochmals lesen.

Qing
 
Auch nach unserem Hotelwechsel haben wir vom „neuen“ Fenster aus wieder einen Blick nach Rom hinein, eine etwas andere Perspektive zwar ;) – aber auch diese hat etwas für sich.


Man sieht die Kuppel des Petersdoms, an den hohen Figuren erkennbar S. Giovanni in Laterano und mit Kuppel und Türmen S. Maria Maggiore, ebenso lässt sich auch der Monte Mario ausmachen – linker Hand eine moderne Kirche, aber welche ist es wohl? (Irgend ein kluger Kopf hier im Forum wird es wohl herausbekommen :~.)

Liebe Pasquetta,

dein Kirchturm ist in meinem Gedächtnis präsent geblieben, deine Frage ebenso und als ich vorhin in Ludovicos Rom Objektiv dieses Bild sah machte es "klick"! :D



An der Wand vorbei fällt der Blick auf die nahe Kirchturmkuppel.

Siehe dort: Rom Objektiv - Seite 5

Zweitens wird sich, wenn ich mich nicht täusche, jemand ganz besonders über das von mir zitierte Photo freuen.

Gemeint warst du!

Das von Ludovico im Park der Aquädukte fotografierte markante Dach ist, wenn mich nicht alles täuscht, dasjenige der Chiesa di San Policarpo.

Ihr Standort ist in dieser Google Maps-Karte eingetragen. Klickt man die Parrochia di San Policarpo an, gelangt man zu diesem Photo.
 
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