Windige Woche in Rom: zwischen Legenden, Geschichten und Wirklichkeit

An dieser Stelle sei erwähnt, das ich mich über jede römische Geschichte oder Legende freue!
 
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VIELEN DANK

:thumbup: :nod: :thumbup: :nod: :thumbup:

für die Fortsetzungen


Ich persönlich habe schon mehrmals die pitschepasche nasse (und dann schnell abgesperrte) Stelle in der Mitte des Pantheons gesehen ...
 
Dienstag, 15. Mai 2012

Zwischen Lateran und Kolosseum
Lateranpalast
Nach dem Frühstück machte ich mich allein auf den Weg. Der Rest der Gruppe wollte sich die Vatikanischen Museen ansehen. Mein Ziel war zunächst der Lataranpalast.


Hier wollte ich mir das Museo Storico Vaticano anschauen. Eigentlich galt mein Interesse nur einem einzigen Ausstellungsstück: Der Sedia gestatoria – dem päpstlichen Tragsessel, der bis 1978 gebräuchlich war. Um kurz nach 9.00 Uhr näherte ich mich dem Lateranpalast. Die Tür des Museums war geöffnet und ich ging zu einem verwaisten Schalter und wartete. Bald kam ein Angestellter und erklärte mir, dass man nur zur vollen Stunde das Museum betreten kann und auch nur mit einer Führung. Der Angestellte zeigte auf seine Uhr, zuckte mit den Achseln und sagte: Grazie Padre e arrivederci. Das war freundlich, aber eindeutig ein Rausschmiss! Bis zur nächsten vollen Stunde waren es noch 52 Minuten. Solange wollte ich nicht warten! So wichtig war mir die Sedia gestatoria nun auch nicht. Ich ging die Via San Giovanni in Laterano hinunter, warf einen Blick auf San Clemente und stand alsbald vor Santi Quattro Coronati. Diese Kirche kannte ich bisher nicht und war sehr auf sie gespannt!

Jetzt hätte ich es beinahe vergessen:
Zur Sedia gestatoria gibt es sicher viele Anekdoten, aber ich kann nur von einer berichten: Als der schwergewichtige Papst Johannes XXIII. 1958 die Nachfolge vom eher schmächtigen Pius XII. antrat, soll er den Lohn der Träger erhöht haben. Mit folgender Begründung: Der neue Papst sei schließlich schwerer, als der alte Papst!

Hier geht es direkt weiter zum Reisebericht​


Hier ein Link, der den Einsatz der Sedia gestatoria zur Zeit von Pius XII. zeigt.
 
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Vielen Dank für die Fortsetzungen, die Erinnerungen an Rombesuche wecken.

Die sedia gestatoria habe ich noch "in Aktion" erlebt, als ich 1976 das erste Mal in Rom war und an einer Papstaudienz teilnahm - damals noch im Petersdom. Als ich vor drei Wochen in einem alten Photoalbum blätterte, fand ich ein Bild, das ich damals gemacht habe. In dem Jahr ist auch - beim Aussteigen aus dem Nachtzug in Roma Termini römische Luft atmend - meine Liebe zu Rom entstanden. Liebe auf den ersten Blick!

Viele Grüße
Claude
 
Asterixinchen schrieb:
Ich persönlich habe schon mehrmals die pitschepasche nasse (und dann schnell abgesperrte) Stelle in der Mitte des Pantheons gesehen ...

Na, da bin ich aber beruhigt! :nod: :nod: :nod:
 
Claude schrieb:
Die sedia gestatoria habe ich noch "in Aktion" erlebt, als ich 1976 das erste Mal in Rom war und an einer Papstaudienz teilnahm - damals noch im Petersdom.

Es freut mich, dass mein Bericht Erinnerungen weckt! Ich selbst kenne die sedia gestatoria nur von Fernsehbildern her. Aber damals, als kleiner Junge hat es mich sehr imponiert, wenn der gute Paul VI. darauf getragen wurde. Übrigens, die Träger gibt es noch! Allerdings nehmen sie heute protokollarische Aufgaben im Apostolischen Palast wahr. Und sie würden sehr gerne ihre ursprüngliche Tätigkeit wieder aufnehmen, wenn man sie nur ließe ...
 
Santi Quattro Coronati

Santi Quattro Coroanati
Ich näherte mich dieser nicht sonderlich beachteten Kirche. Der Gebäudekomplex beeindruckte mich sehr. Die Kirche und angeschlossenen Konventgebäude erinnerten mich eher an eine Festung, als an einem Gotteshaus. Unweigerlich musste ich an das Lutherlied Ein feste Burg ist unser Gott ... denken.


Zu dieser Kirche gibt es eine sehr komplizierte Heiligenlegende, die sich im Laufe der Zeit mit ähnlichen Geschichten verwoben haben. Zudem gibt es einige Variationen der Legende über die Vier Gekrönten. Ich beschränke mich der Einfachheit halber auf diese Fassung:
Vier Soldaten aus der Ehrenlegion des Diokletians bekannten sich zum Christentum und verweigerten, um das Jahr 311, die Anbetung einer Statue des Äskulap. Man setzte ihnen Eisenkronen auf und trieb die Dornen der Kronen in die Schädel der Soldaten. Die Reliquien der Märtyrer befinden sich in der Krypta der Kirche.

Durch das Tor betrat ich den ersten Innenhof.


Durch einen barocken Portikus gelangte ich den zweiten Innenhof und von dort aus in die Basilika.


In der Kirche beteten die Schwestern gerade die Terz. Ich setzte mich in die hinterste Bank und lauschte dem Gesang der Ordensfrauen. Nachdem der Gottesdienst geendet hatte, schaute ich mir die Kirche etwas genauer an und betrachtete zunächst die Bilder in der Apsis, die die Heiligenlegende darstellen. An der Decke findet man auch eine Darstellung der Vier Gekrönten.


Meine Beachtung fand auch der Kosmatten-Fußboden. Als ich ein Foto machen wollte, wurde die Beleuchtung ausgeschaltet und die Kirche lag nun im tiefsten Dunkel.

Ich verließ die Kirche und ging zur Klosterpforte, läutete und fragte nach dem Schlüssel für die Silvester-Kapelle. Ich bekam keinen Schlüssel, sondern die Schwester drückte auf einen elektrischen Türöffner und ich konnte die gegenüberliegende Kapelle betreten. Der Grundriss der Kapelle ist rechteckig, die Kapelle wird von einem Tonnengewölbe überspannt. Berühmt sind die Fresken der Silvester-Kapelle, die aus dem Jahr 1246 stammen. Sie befassen sich mit den Legenden, Geschichten und Erzählungen, die sich rund um die Konstantinische Schenkung ranken. Die Fresken sind wirklich sehr schön und das Fotografierverbot zu beachten fiel mir sehr, sehr schwer! Nachdem ich die Kapelle verließ, klingelte ich nochmals an der Klosterpforte und wollte eine kleine Spende für die Besichtigung hinterlassen und fragen, ob ich mir auch den Kreuzgang anschauen dürfte. Die Schwester freute sich über meinen kleinen Betrag und erzählte, das gerade im Kreuzgang Arbeiten ausgeführt werden, die eine Besichtigung nicht ermöglichen. Aber in zwei Stunden wäre es kein Problem. Das hätte allerdings meinen Zeitplan durcheinander gebracht, so beschloss ich, mir den Kreuzgang für einem meiner nächsten Rombesuche aufzusparen. Wenn ich mich sputete, dann würde doch noch eine Besichtigung des Lateransmuseum möglich sein. Also ging es weiter ...

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Ich näherte mich dieser nicht sonderlich beachteten Kirche. Der Gebäudekomplex beeindruckte mich sehr. Die Kirche und angeschlossenen Konventgebäude erinnerten mich eher an eine Festung, als an einem Gotteshaus. Unweigerlich musste ich an das Lutherlied Ein feste Burg ist unser Gott ... denken.

Oh ja, von meinem Hotel aus gesehen, kommt der Festungscharakter sehr gut zur Geltung:​

 
Liebe dentaria,
ich weiß, wie sehr Du diese Kirche magst. Danke für das ergänzende Foto!
 
Sancta Santorum

Sancta Sanctorum
Ein paar Minuten später stand ich also wieder vor dem Lateranpalast. Allerdings hatte ich meinen Weg dorthin doch etwas kürzer vermutet, als er in Wirklichkeit war. Es waren wieder einige Minuten nach der vollen Stunde vergangen, als ich dort eintraf. Es gab aber eine Neuerung im Gegensatz zu meinem ersten Besuch: Gleich hinter dem Eingang befand sich ein Absperrband, dass mir den Zugang zum Tresen, Schalter oder Counter verweigerte. Ich war zum zweiten Mal zu spät und schrieb den Besuch des Museums nun endgültig ab! Was nun tun? Ich hätte mir die Lateranbasilika anschauen können, aber die stand für einem späteren Zeitpunkt auf dem Programm. Geh' zur Heiligen Treppe, dachte ich mir. Ich ging und sah, dass sehr viele Beter auf der Treppe waren. Diese Treppe wurde der Legende nach von der hl. Helena, der Mutter Kaiser Konstantins, in Jerusalem entdeckt. Dabei soll es sich um die Treppe handeln, die Jesus im Rahmen seines Prozesses im Amtssitz des Pontius Pilatus betreten hat. Man darf diese Stiege nur auf den Knien erklimmen. Es gibt allerdings neben der hl. Treppe Aufgänge, die man ganz normal betreten darf. Ich nutzte einen dieser Aufgänge und stand dann vor der Sancta Sanctorum, der ehemaligen Privatkapelle der Päpste, als der Lateran noch ihr Hauptsitz war. Ich schaute durch eines der Fenster in die Kapelle hinein. Bisher hatte ich es nicht erlebt, dass sie zugänglich war. Das war nun anders! Ich sah, dass sich eine junge Frau in der Kapelle befand. Ich lief (anders kann man es nicht sagen) zum Eingang – und der Wächter ließ mich ohne Probleme durch. Nun erfüllte sich einer meiner größten römischen Wünsche! Laut einer Inschrift, die sich über dem Altar der Kapelle befindet, handelt es sich um den heiligsten Ort, den die Christenheit kennt: NON EST IN TOTO SANCTIOR ORBE LOCUS ist da zu lesen – Kein Ort ist heiliger als dieser auf dem ganzen Erdkreis. Es gibt viele Spekulationen, warum diese Inschrift, diesen kleinen Raum so außergewöhnlich heilig macht. Anfang der 90er Jahre hat Harry Mulisch der Phantasie einem weitem Raum gegeben, als er in seinem Roman Die Entdeckung des Himmels vermutete, das sich im Altar der Sancta Santorum die Gesetzestafeln des Mose befinden, die er am Berg Sinai von Gott empfangen hat. Viel,viel wahrscheinlicher ist, das sich zur der Zeit, als die Päpste im Lateran residierten, sich in dieser Kapelle die Reliquien der großen Heiligen befanden, die man bis daher kannte!



Der Legende nach soll der Evangelist Lukas begonnen haben das Altarbild zu malen. Vollendet wurde es allerdings von Engeln.

 
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Ich lief (anders kann man es nicht sagen) zum Eingang – und der Wächter ließ mich ohne Probleme durch.
NON EST IN TOTO SANCTIOR ORBE LOCUS ist da zu lesen.
Da wär' ich wohl auch gelaufen, an deiner Stelle. :eek: :nod:
Denn bislang dachte ich stets, die Kapelle sei uns Normalsterblichen auf alle Fälle verschlossen - weswegen ja der gute Mulisch seinen Helden von Kindesbeinen an zum Experten in Sachen Schlösser und Schlüssel hat ausbilden lassen, um ihm schließlich diesen Einbruch :twisted: zu ermöglichen.
Immerhin unterscheidest du dich auch in anderer Hinsicht positiv von besagtem Helden ...
Anfang der 90er Jahre hat Harry Mulisch der Phantasie einen weiten Raum gegeben, als er in seinem Roman Die Entdeckung des Himmels vermutete, dass sich im Altar der Sancta Sanctorum die Gesetzestafeln des Mose befänden.
... denn du hast dort nichts geklaut - und du durftest nach Hause zurückkehren; d.h. nicht, wie seinerzeit Quinten, am Tag nach diesem großen Ereignis deine persönliche Himmelfahrt(s-Parodie) erleben. :~
 
Hallo Gaukler,
bisher dachte ich genauso, dass die Kapelle für "Normalos" verschlossen ist. Aber in der Osterzeit soll sie tatsächlich für Pilger geöffnet sein. Wenn auch nur für eine sehr begrenzte Zeit. Aber mehr kann ich im Augenblick nicht dazu sagen! Ich bleibe aber am Ball!
 
Schön :nod: - wobei ich allerdings vollkommen überzeugt bin: Du hast dort keinen zu photographierenden Öffnungszeiten-Hinweis übersehen. :]
 
Ich muss zugeben, dass ich Deine Antwort jetzt nicht so ganz verstehe! Solltest Du meinen das man in der Sancta Sanctorum keine Fotos machen darf, so muss ich sagen, dass der Wächter ermutigte, welche zu machen!
 
Jetzt verstehe ich! Nein, da war kein Schild. Und es wird wohl auch nie eines geben! Aber wenn jemand von uns nochmals in die Kapelle kommt, dann knipst! Blitzlicht - war kein Problem, obwohl ich das nicht gut fand!
 
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