Lateinferien in der urbs

Tag 7 (Mo, 16.6.)

Baustelle...



Ich füge hier einen kleinen Beitrag meinerseits ein. Rom lässt mich nicht los, wie ihr merkt. :lol:

Nach der Besichtigung der Baustelle am Trevibrunnen entließ ich die Mädels für einen etwa 2stündigen Streifzug durch die Stadt und machte mich allein auf den Weg. Es war das erste Mal auf der ganzen Reise, dass ich für mich war.
Zunächst suchte ich mir die Piazza Sant’ Ignazio und versuchte, die wunderbare Architektur des Platzes einzufangen. Wirklich gelingen wollte es nicht. Danach betrat ich die Kirche. Am meisten faszinierte mich die angetäuschte Kuppel. Auch das Deckenfresko entlockte mir Staunen. In einer Seitenkapelle fand eine Messe auf Italienisch statt, ich überlegte, ob ich mich dazusetzen sollte, unterließ es aber dann und trat wieder ins Freie.



Mhm, was tun? Es war der Tag, an dem deutsche Nationalteam das erste Spiel gegen Portugal absolvierte. Da ich hin und wieder ein Fußballfan bin und Lust auf einen Aperitif hatte, wollte ich mir eine nette Bar mit Fernsehgerät suchen. Oh weh, diese Idee hatten wohl sehr, sehr viele (deutsche?) Touristen auch, sodass ich den Gedanken verwarf und erkannte, dass das „planlose Herumstrolchen“ ohnehin viel besser sei. Auf diese Weise kam ich ans Pantheon und ging nochmals hinein; dabei fiel mir diese Wand auf, die nicht mit Mamor verkleidet ist:



Weiter ging es zur Kirche San Luigi die Francesi, die mir aber irgendwie nicht gefiel; ich verließ sie schnell wieder. Unterwegs sah ich diesen netten Herrn und wurde an meine Schulzeit erinnert, als solch ein Ordnungshüter mit weißen Handschuhen und Trillerpfeife (ich glaube auf einem Podest mitten auf der Straße stehend) den Verkehr regelte. Kann dies an der Piazza Venezia gewesen sein? Ich entsinne mich, dass wir als Schüler damals sehr, sehr gebannt zugesehen hatte, wie er pfeifend und deutend das Verkehrschaos im Griff hatte.



Nun steuerte ich die Taverna Parione an, um für später zu reservieren. Danach ließ ich mich einfach treiben. Als ich an einem winzigen Lebensmittelladen vorbei kam, frage ich nach Keksen, die eine Schülerin unbedingt haben wollte und schmollte, weil wir nicht mehr an den Supermarkt kamen, wo sie sie vor einigen Tagen gekauft hatte. Ich hatte Glück und konnte 2 Packungen erwerben.

Und dann kam ich zur Kirche San Nicola dei Lorenesi und trat ein. Niemand war zugegen, es war herrlich ruhig. Ich setzte mich, betrachtete den Kirchenraum und hatte das Gefühl, hier ausruhen zu können. Eine Frau kam und nahm in der ersten Reihe Platz. Da trat ein Priester – schon im Messgewand – heraus und informierte mich, dass gleich eine Messe auf Französisch stattfinden würde. Ich fragte, ob ich trotzdem bleiben könne, er bejahte. Und dann begann die Messe, gehalten für zwei Personen, wovon die eine die Lesung und die Fürbitten übernahm und die andere, ich, kein Französisch verstand… Es war die wohl ergreifendste Messe meines Lebens… Wie gerne hätte ich hinterher mit dem Priester geredet, da aber schon längst die Zeit des Zusammentreffens mit den Mädels überschritten war und ich kein Handy mehr hatte (irgendwo, irgendwann wohl verloren), eilte ich nach Ende des Gottesdienstes davon. Am Ausgang der Kirche stand (ich hatte es vorher schon fotographiert):


„Geh nicht ganz raus!“ Irgendwie stimmt das. Wieder zurück in der Heimat habe ich per Mail versucht, Kontakt mit dem Priester aufzunehmen und ihm zu sagen, was ich in dieser Messe empfunden habe. Es stellte sich heraus, dass er ein Österreicher ist. So ein Zufall! Ein wunderbarer Briefkontakt ist seither entstanden.

Zurück nach Rom: Ich traf die Mädchen am Vier-Ströme-Brunnen wieder, überreichte die Keks und führte sie ins Lokal. Die dortige Pizza sei die beste der ganzen Woche gewesen. Der letzte Abend ging schnell vorbei und gegen 23 Uhr fuhren wir mit unserer Linie 8 zurück nach Trastevere.
 
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Tag 8 (Di, 17.6.)

Heute sind wir leider wieder zurück nach Deutschland geflogen. Wir sind schon um 4.45 aufgestanden, um noch die letzten Checks in der Wohnung vorzunehmen. Rechtzeitig standen alle Koffer fertig gepackt am Wohnungseingang und die Zimmer wurden noch einmal geprüft, damit ja alles eingepackt ist und nichts zurückgelassen wird. Um die Koffer nach unten - wir wohnten im 3. Stock - zu bringen, haben wir ein grandiose Idee gehabt: jede bekam einen „Job“ zugewiesen: zwei brachten den Koffer zum minikleinen Aufzug, eine fuhr nur mit den Koffern immer von oben nach unten und dann wieder nach zurück, zwei weitere schleppten die Koffer aus dem Aufzug und stellten sie unten vor dem Haus ordentlich hin. Kurz darauf waren schon unsere Taxi-Fahrer startklar, um uns zum Flughafen Fiumicino zu bringen. Wir fuhren in schicken Mercedes-Benz-Autos. 8) (1)


Am Flughafen angekommen checkten wir ein (2) und dann hatten wir noch ein bisschen Zeit, um noch ein bisschen in den Shops zu bummeln und noch ein kleines Frühstück einzunehmen: Mhm, lecker (3)! Die Uhr tickte: 8.50 - Fliegereinlass, 9.20 - unserer Flieger (4) startete Richtung Heimat. Wir blickten alle noch hinaus, um die letzten Fotos von Roms Umgebung zu knipsen. Einige Zeit sah man noch das Meer (5) - und dann kamen die Damen mit den Getränken :lol:


Unsere Koffer kamen pünktlich mit uns in München an. Das letzte Stück fuhren wir mit dem Zug. Wir waren alle ziemlich k.o. und freuten uns auch, unsere Familie und Freunde wieder zu sehen.
Unsere Reise war hiermit zu Ende und ich war schon darauf gespannt, die (bearbeiteten) Fotos anzuschauen. Aber zunächst hieß es: ins Bett gehen und viel Schlaf nachholen. ;)

K



Ergänzungen:

(1) Auf Gaukis Empfehlung fuhren wir mit Timmy: ein netter und zuverlässiger Kerl!
(2) Meine gelbe Riesenreisetasche musste wegen der angeblich herumhängenden Riemen als Sperrgepäck aufgeben werden. Dies war noch auf keinem Flughafen bisher der Fall! Ich war ziemlich erbost. :evil:
(3) Ob der Cappuccino und das Cornetto in der „echten“ Bar neben dem Mc. D. nicht doch besser mundeten? :roll: Als sich einige Tage vorher unsere Führerin über die Dummheit vieler Touristen, sich bei Subway zu verpflegen statt die kleinen Trattorien zu versuchen, lustig gemacht hatte, hatten noch alle gelacht – aber wohl die Aussage nicht verstanden… :?::!:
(4) Alitalia
(5) Die Reiseroute verlief ganz anders als bei der Hinreise. Diesmal ging es mitten den Stiefel hoch. Fast auf Gardaseehöhe kamen wir in die Alpen. Toll, wie schön die Gipfel von oben aussehen!
 
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Epilog


"Wohltätiger Sol, mögest du nie Größeres erblicken können als die Stadt Rom!"
bittet Horaz. Sein Wunsch wurde erhört. Auch 2031 Jahre später strahlte sie hell und heiß, sodass manch eine von uns es nicht mehr als wohltätig empfand. Auf die hohen Temperaturen folgten Gewitter; sie fielen teils so heftig aus, dass Sturzbäche die Straßen hinabschossen und in den Katakomben das elektrische Licht ausfiel, just als wir dort waren - doch so erschien uns dieser Ort noch geheimnisvoller, als er ohnehin schon ist.

"So viele Sterne der Himmel, so viele Mädchen hat dein Rom." Ovid lügt nicht, wir haben es mit eigenen Augen gesehen! Und obwohl es so viele schöne Mädchen gab, verliebten sich zwei Götter dennoch in die falschen Damen. In der Galleria Borghese ist ihre in Stein gemeißelte Geschichte immer noch zu bewundern. Wir waren hingerissen von der Feinheit, mit der Bernini die Daphne geschaffen hat: Der Übergang der Haare in Blätter, der Hände in Zweige, der Füße in Wurzeln – wie unglaublich elegant war das gemacht!

"Alle Wege führen nach Rom." Am Forum Romanum betrachteten wir den Meilenstein, von dem aus die Zählung begann. Anderen Tags spazierten wir einige Meilen auf der antiken Via Appia stadteinwärts; immer wieder blieben wir stehen, um die Reste der Gräber zu betrachten, die die bedeutendste Straße der Antike beiderseits immer noch säumen. Exklusiv bekamen wir eine Führung durch den Grabbau des jung verstorbenen Sohnes des Kaisers Maxentius. Im angrenzenden Zirkus fanden anlässlich seines Todes Spiele statt, wohl die einzigen, die je hier veranstaltet wurden.

"Auch Rom wurde nicht an einem Tag gebaut." Aus verschiedenen Zeiten stammen die Sehenswürdigkeiten, die wir besichtigt hatten. Das früheste Bauwerk war die Hütte des Romulus am Palatin. Als schönstes Beispiel der späten Republik betrachteten wir den Portunus-Tempel am Forum Boarium. In der Kaiserzeit wurde Rom dann „golden“, wie Ovid notierte. Ein Propagandabau des Kaiser Augustus ist die Ara Pacis; ausführlich studierten wir ihre Ikonographie und übersetzten Horaz’ carmen saeculare, das mit Worten ausdrückt, was die Reliefs zeigen. Die späteren Kaiser schenkten Rom ebenso grandiose Bauwerke: Unter Hadrian entstand das heute noch nahezu unversehrt erhaltene Pantheon. Der Renaissance-Künstler Raffael liegt hier begraben. Seine Grabinschrift haben wir übersetzt und gelernt, was Antikenrezeption bedeutet: Der klassische Topos „die Kunst übertrifft die Natur“ verkehrt sich hier in ein grandioses Paradoxon, nämlich den Tod der Mutter Natur, der zugleich mit dem Tod des Künstlers eintritt. Auch wenn unser Thema vorrangig das antike Rom war, so verschlossen wir die Augen natürlich nicht vor all den Schönheiten späterer Epochen; der Schildkrötenbrunnen, die Fresken der Villa Farnesina oder die Piazza Navona sind nur einige Beispiele. Zu sagen, was am besten gefiel, ist unmöglich…

"Zu Rom gewesen und den Papst nicht gesehen!" Tja, so war es. Aber immerhin waren wir in aller Frühe im Petersdom und konnten die Dimensionen auf uns wirken lassen, ohne von den Menschenmassen hindurchgeschoben zu werden. Als wir dann die 551 Stufen hinauf zur Kuppel erklommen hatten, wurden wir mit einem wunderbaren Blick auf den Petersplatz und weiter auf ganz Rom belohnt.

"Rom ist eine Welt, und man braucht Jahre, um sich nur erst drinnen gewahr zu werden." Oh, ja, Goethe hat recht! Wie viel haben wir gesehen - und doch wie wenig! Im Gewirr der Gassen herumzuschlendern, sich treiben und von immer neuen Ansichten überraschen zu lassen, erst aufzuschauen und sich zu orientieren, wenn man an einer bekannten Piazza steht – dies zu tun, erlaubte uns unsere knapp bemessene Zeit nur selten. Die Zeit war sogar so kurz, dass wir in den kapitolinischen Museen und im Palazzo Massimo nur wenige ausgewählte Werke anschauen durften und an den anderen achtlos vorbeigehen mussten! Und dass wir aus dem eigens für die Reise erstellten Skript viel zu wenige Texte übersetzen konnten! Und trotzdem wagten wir, Rom zweimal zu verlassen: Wir fuhren nach Ostia antica und tauchten in den Alltag der antiken Menschen ein, bevor wir im Meer in den heranschwappenden Wellen plantschten. Am letzten Tag der Reise ging es nach Palestrina, um das berühmte Nilmosaik zu studieren und die Überreste des Fortuna-Heiligtums kennenzulernen. Ach ja, wenn man Goethes „gewahr werden“ banal interpretiert, so bleibt zu sagen: Verlaufen haben wir uns nie und sind stets in die richtige Bahn oder den richtigen Bus eingestiegen. Ob er dann fuhr, ist aber eine andere Geschichte…

Ein Volksglaube sagt, dass es Glück bringe, Münzen über die Schulter in den Trevi-Brunnen zu werfen: Eine Münze führe zu einer sicheren Rückkehr nach Rom, zwei Münzen dazu, dass der Werfende sich in einen Römer oder eine Römerin verliebe, drei Münzen würden zu einer Heirat führen. Über die beiden letzten Legenden wurden die Schülerinnen vorsichtshalber nicht informiert. Leider bot aber der Trevibrunnen – gerade in restauro – ohne Wasser, dagegen mit Baugerüst und Absperrzaun ein jämmerliches Bild. Die Münze, die wir warfen, fiel klirrend auf trockenen Stein. Aber egal, die Rückkehr ist gesichert!
 
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Hallo Rik,
vielen Dank für das Verzeichnis, ist ein Baustein locker geworden:]?

LG
Qing
 
Hallo Qing und alle anderen,
locker kann ja nur was werden, was schon ist. :] Ich warte noch auf das Baumaterial. :?
Immerhin für den Sonntag habe ich den Bericht und einige Fotos bekommen, sodass ich mich nun ans Einstellen und Hochladen machen kann...
 
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Schon interessant den Bericht so mittendrin zu beginnen!
 
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Wie ist das "interessant" nun zu verstehen? :?:
Wie gesagt, die Berichte sind tageweise an die Mädels verteilt. Ich habe nun mal nur diesen einen bisher bekommen. :(
 
Schade, dass ihr gerade die Zeit der schweren Gewitter erwischt habt. Vielleicht wurde das aber auch als reizvoll empfunden. Ich hoffe, dass wir noch von dem einen oder anderen Spiel lesen können.

Die Fotos vom Palazzo Massimo haben mich an den eigenen Besuch vor wenigen Wochen erinnert. Da sind wirklich sehr edle Objekte zu sehen.
 
Und mit Blitz und Donner mitten hinein gesprungen ;). Gefällt mir sehr gut, der "Beginn" Eures Reiseberichtes und die schönen Fotos sowie die Zusatzerklärungen dazu :nod:. Ich freue mich schon auf die diversen Fortsetzungen und die Lektüre des Gesamtwerkes.
Pasquetta
 
Und mit Blitz und Donner mitten hinein gesprungen ;). Gefällt mir sehr gut, der "Beginn" Eures Reiseberichtes und die schönen Fotos sowie die Zusatzerklärungen dazu :nod:. Ich freue mich schon auf die diversen Fortsetzungen und die Lektüre des Gesamtwerkes.
Pasquetta

Den Worten Pasquettas kann ich nur zustimmen :nod:
 
Ein nett geschriebener und erlebnisreicher Bericht von der Via Appia, mit einem meiner Lieblingsorte von Rom. Richtig Glück hattet Ihr mit dem Grab des Romulus, das würde ich auch gerne mal näher sehen. Mir stellen sich nur immer die Nackenhaare auf, wenn ich etwas von "Latein übersetzen" lese. Traumatische, halb verdrängte Erinnerungen. Wirft mich direkt aus dem Leserythmus. :twisted:
 
Richtig Glück hattet Ihr mit dem Grab des Romulus, das würde ich auch gerne mal näher sehen.

Ja das war großes Glück! :thumbup: Ich hoffe, ich bekommen noch von den anderen Mädels Bilder, dann zeige ich euch mehr davon.

Mir stellen sich nur immer die Nackenhaare auf, wenn ich etwas von "Latein übersetzen" lese. Traumatische, halb verdrängte Erinnerungen. Wirft mich direkt aus dem Leserythmus. :twisted:

Nun, diese Bemerkung kann ich verständlicherweise nicht weiter kommentieren...
 
Der nächste Beitrag ist eingetrudelt und zu lesen: Lateinferien in der urbs - Seite 3

Danke für den netten Abschlussbericht.

Die Flugstrecke über die Mitte des Stiefels liebe ich sehr. Von Düsseldorf aus fliege man fast immer direkt über den Gardasee. Das ist sehr schön.

Danke! Ich liebe die Blicke von oben auf die Welt. Fast die ganze Zeit bin ich daher am Fenster geklebt. :lol: Die hügelige Landschaft Mittelitaliens fand ich toll!
 
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Danke für den netten Abschlussbericht.

Die Flugstrecke über die Mitte des Stiefels liebe ich sehr. Von Düsseldorf aus fliege man fast immer direkt über den Gardasee. Das ist sehr schön.

Danke! Ich liebe die Blicke von oben auf die Welt. Fast die ganze Zeit bin ich daher am Fenster geklebt. :lol: Die hügelige Landschaft Mittelitaliens fand ich toll!

Deshalb habe ich angefangen sie zu bereisen. Mir hat die Landschaft von oben so gut gefallen dass ich einfach neugierig geworden bin.
 
Mir stellen sich nur immer die Nackenhaare auf, wenn ich etwas von "Latein übersetzen" lese. Traumatische, halb verdrängte Erinnerungen. Wirft mich direkt aus dem Leserythmus. :twisted:

Nun, diese Bemerkung kann ich verständlicherweise nicht weiter kommentieren...
Ich hingegen schon: Vermutlich sähe es anders aus, wenn er dich als Lateinlehrer gehabt hätte! :D
weiß Balti - dessen Lateinlehrer der beste von der Welt war:thumbup::thumbup::thumbup:
 
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