Der Jupitertempel auf dem Kapitol
ist einer der Bauwerke, von dem so gut wie nichts mehr erhalten ist ausser einem Stück Podiumsmauer aus schweren Quadersteinen im Garten des Konservatorenpalastes sowie einiger Dekorationsreste, die allerdings vom Neubau unter Domitianus stammen. Dabei war er einer der ältesten Tempel der Stadt und geht auf die letzte Epoche der Königszeit zurück. Der Überlieferung nach hat ihn Tarquinius Priscus gelobt und Tarquinius Supberbus im 6. Jh. v. Chr. fertiggestellt. Eingeweiht wurde er 509 v. Chr., also am Anfang der Republik. Mehrfach wurde der Tempel zerstört, zuerst durch einen Brand im Jahre 83 v. Chr., worauf Sulla mit der Wiederherstellung begann, so dass der Konsul Q. Lutatius Catulus den Neubau 69 v. Chr. einweihen konnte. Aber auch dieser Bau fiel den Flammen zum Opfer: Bei den Kämpfen zwischen Vitellius und Vespasianus im Vier-Kaiser-Jahr 69 n. Chr. brannte auch er nieder. Vespasian machte sich gleich an den Wiederaufbau, aber schon 80 n. Chr. loderten die Flammen erneut. Titus, aber vor allem Domitian mussten den Tempel schon wieder erneuern, jedoch überlebte dieser Bau dann bis auf wenige Ausbesserungen durch Blitz und Feuer das Ende des weströmischen Reiches.
Der Tempel wird auch als Tempel des Jupiter Optimus Maximus Capitolinus bezeichnet. Optimus Maximus: Bester und Grösster - in Anlehnung an die Bezeichnung für den griechischen Zeus seit den Zeiten Homers. Wenn auch die Personifizierung der Götter von den Etruskern zu den Römern gelangt ist, so waren diese wiederum von den Griechen beeinflusst. Doch nicht Jupiter als Hauptgott der Römer allein wurde in seinem Tempel verehrt, sondern mit ihm auch Juno und Minerva. Alle drei wachten über die Stadt Rom als die sogen. Kapitolinische Trias, und jede Gottheit hatte ihre eigene Cella.
Ganz nach Etruskerart war der Jupitertempel auf einem Podium angelegt, und eine Freitreppe führte in die Vorhalle. Ein tiefes Giebelfeld, ein ausladendes Dach, reiches, buntfarbiges Terrrakottaornament an hölzernem Gebälk sowie eine Quadriga auf dem First gaben ihm eine fast malerische Wirkung. So stand er herrschend und schützend über dem Forum Romanum und verkündete den Ruhm und die Grösse Jupiters. Bedingt durch die zahlreichen Neu- und Umbauten ist eine genaue Rekonstruktion schwierig. Die Münzen zeigen mal einen vier-, mal einen sechssäuligen Bau mit unterschiedlichen Beiwerken, und sogar unter den Prägungen Domitianus kommen unterschiedliche Darstellungen vor. Gerade bei den Münzabbildungen muss man jedoch bedenken, dass sie in den wenigsten Fällen realistische Darstellungen bieten, sondern symbolischen Charakter vermitteln sollen.
Die älteste Darstellung des Tempel auf Münzen trägt ein Denar der Republik unter M. Volteius von ca. 78 v. Chr. Er wird hier als viersäuliger Bau auf dreistufigem(?) Podium mit geschlossenen Türen dargestellt. Der Blitz im Giebelfeld weist unmissverständlich darauf hin, dass es sich um den Jupitertempel handelt.
M. Volteius
Denar
c. 78 v. Chr.
Rom
Av.: Kopf des Jupiter mit Lorbeerkranz n.r. - kleine Punzen (darauf werde ich noch ein andermal genauer eingehen)
Rev.: Viersäuliger Tempel auf dreistufigem(?) Podium.
Türen geschlossen, im Giebelfeld Blitz. Giebel mit flammenförmigen Antefixen,
Im Abschnitt: M VOLTEI M F
3,14 Gr.
Syd. 774
Cr. 385/1
Eine weitere, höchst interessante Abbildung finden wir auf einem Relief aus dem 2. Jh. n. Chr. Es zeigt den Kaiser Marcus Aurelius mit Toga und verschleiertem Kopf, während er ein Opfer an einem Altar darbringt. Im Hintergrund erkennt man den viersäuligen(!) Jupitertempel mit anschliessendem Portikus. Die Szene mit ihren Kultgegenständen und Attributen lässt auf ein Dankesopfer anlässlich eines Sieges schliessen und unterstreicht die wichtige und zentrale Position des Jupitertempels.
Auf einem anderen Relief aus dem Thermenmuseum findet man die ganze Sippe der kapitolinischen Trias nett vereint: In der Mitte thront Jupiter mit dem Adlerszepter, neben ihm Juno sowie Minerva mit ihrem Schild. Eingerahmt werden die drei von den beiden Dioskuren Castor und Pollux. Höchstwahrscheinlich basiert das Relief auf einer Darstellung am kapitolinischen Tempel nach der Neuerrichtung durch Domitianus.
Die Skulpturengruppe der Kapitolinischen Trias aus dem Museo Civico Archeologico Rodolfo Lanciani stammt aus einer reichen Villa in Guidonia und wird auf Ende 2./ Beginn 3. Jh. n. Chr. datiert. Es handelt sich um den ersten Fund seiner Art und dürfte sich um eine Nachbildung des Originals auf dem Kapitol für private Zwecke handeln. Die Götter sind hier mit ihren teils noch vorhandenen Attributen dargestellt: Minerva und die Eule, Jupiter mit Blitzbündel und Adler und der Pfau zu Füssen der Juno. Letztere wird in ihrer Linken ein Szepter gehalten haben; hier erkennt man den Befestigungspunkt am Knie noch deutlich. Ebenso wie Jupiter, dessen Szepter in seiner Linken auch nicht mehr vorhanden ist, aber als sicher gelten kann. Bei Minerva kann ich nur spekulieren: Vielleicht ein Schild in der linken Hand und in der rechten einen Speer? Es würde auf jeden Fall zum Helm passen, denn hier wird sowohl die kluge wie gleichermassen auch die kriegerische Minerva dargestellt.
Weiterhin sind die Darstellungen auf alten Kupferstichen bemerkenswert. Von Marcus Fabius Calvus aus Basel stammt eine schematische Darstellung des antiken Roms ohne Anspruch auf topographische Genauigkeit. Die Arbeit wurde 1527 veröffentlicht und zeigt den ersten Versuch, die vorhandenen Ruinen Roms zu erfassen, um sie vor weiteren sinnlosen Zerstörungen zu bewahren - übrigens eine Anregung Raffaels. Dabei hielt sich Calvus an die Beschreibung Plinius, nach der Rom 34 Tore gehabt habe, die Calvus in stilisierter Form wiedergibt.
Eine andere Darstellung stammt von Giacomo Lauro, der von 1584 - 1638 in Rom als Kupferstecher und Verleger tätig war. Hier werden wiederum nur Idealveduten ohne Anspruch an die archäologische Genauigkeit dargestellt; wie Calvus stützt sich der Künstler auf die Beschreibungen antiker Autoren und auf das, was er selbst sieht. Lauros Werk ist aber deswegen interessant, weil hierin die barocken Vorstellungen von den alten Bauwerken erkennbar sind.
Grüsse
Rainer
PS. Ich werde die "Intensivierungen" auch wieder in meinen Spaziergang einbinden.