Nach Jahrzehnten politischer Intrigenwirtschaft, nach Bluff und Betrug (Berlusconi) oder Selbstfesselung und Kleinmut (Prodi, Monti, Letta) scheint in dem Florentiner Babyface Renzi eine Mischung aus freundlichem Machiavelli und charmantem Savanarola zu stecken. Er hat den eitlen Anarchisten Beppo Grillo und dessen Fünfsterne-Bewegung entzaubert und paktiert, wenn es drauf ankommt, auch mit dem an Schwanz und Hörnern geschrumpften Teufel, dem alten Restberlusconi. Nicht nur römische Auguren sprechen zudem immer öfter von einem Pakt Renzi-Merkel. Das deutsche Erfolgsmodell ist Renzis erklärtes Vorbild, bis hin zur dualen Ausbildung als Rezept gegen die Jugendarbeitslosigkeit. Die Italiener möchten dabei nur eines nicht: „nach Merkels Kommando tanzen“ (so der Mailänder „Corriere della Sera“).
Renzis Projekt während der italienischen Ratspräsidentschaft wird darum sein: die von den südeuropäischen Krisenstaaten längst geforderte Modifikation der rigorosen Sparpolitik à la Merkel zugunsten produktiver Investitionen durchzusetzen. Renzis Chancen stehen dafür nicht schlecht, weil er im Unterschied zu Frankreichs gelähmtem Präsident Hollande auf erste reale, teilweise sogar brachiale Reformen im eigenen Haus verweisen kann. Italien gleicht einem goldenen Augiasstall. Durch Korruption, Steuerbetrug und Misswirtschaft sind selbst im reichen Norden inzwischen viele Städte so pleite, dass sie beim staatlichen Energieversorger Enel ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen können. Alles muss sich ändern, damit es bleibt, wie es ist. Renzi, der Ex-Bürgermeister von Florenz, kennt diesen berühmten Satz aus Tomasi di Lampedusas Sizilien-Roman „Der Gattopardo“.
Und
EU-Ratspräsidentschaft: Italiens Rückkehr nach Europa - Politik - Süddeutsche.de
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Einen gemeinsamen Energiemarkt haben die Italiener weit vorne auf ihrer Agenda, und eng verbunden damit die Klima-Politik. Aber auch Grundrechte sollen wieder mehr ins Zentrum rücken. Gozi meint, es brauche etwas Rückbesinnung auf den Geist der Gemeinschaftsgründer. Eine gemeinsame Migrationspolitik nennt er als weitere italienische Priorität, nicht zuletzt deren humanitäre Aspekte. Auch das ist ein Thema, das Italien besonders betrifft wegen der Flüchtlinge, die übers Mittelmeer ins Land gelangen.
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