Resümee
Liebe Foristi, ich schulde euch natürlich noch mein abschließendes Resümee, das jetzt doch etwas länger gedauert hat. Aber manche Dinge muss man eben etwas setzen lassen.
Rom im Frühling: Da ich Rom bis jetzt nur im September, Oktober und November besucht hatte, war es ein großer Wunsch einmal das Frühjahr zu erleben. Alles in allem war dies die absolut richtige Wahl, denn ich habe keine Minute bereut. Dennoch hatte ich großes Glück mit dem Wetter. Laut meiner Vermieterin waren die Tage davor sehr unbeständig und die Tage nach meinem Besuch waren eher von schwülem Gewitterwetter geprägt. Somit hatte ich eine Lücke erwischt, die mir 5 Tage fast wolkenlosen Himmel bei Temperaturen um die 20 Grad beschert hatte. Ich kann es jedem nur ans Herz legen, diese Jahreszeit einmal selbst auszunutzen, auch wenn, wie dieses Jahr, die Gefahr für echtes Aprilwetter durchaus gegeben ist. Aber allein die Aussicht ein so sattes Grün zu erleben, wie in Simones Berichten zu sehen, ist diese Unsicherheit allemal wert.
Schon wieder alte Steine: Wie oft habe ich im Vorfeld die Frage gehört, ob ich denn nicht langsam mal alles gesehen hätte. Nun, dass so etwas nur Leute fragen, die noch nie in Rom waren, das brauche ich hier nicht weiter erklären. Dennoch stellte sich für mich durchaus die Frage, was es dieses Mal sein sollte. Das Standardprogramm habe ich längst hinter mir, auch wenn mir 1-2 Klassiker, wie die Caracalla-Thermen oder die Trajans-Märkte immer noch fehlen. Auch was die Kirchen angeht, habe ich bereits ein ordentliches Repertoire, auch wenn mich die Berichte hier im Forum immer wieder Lügen strafen – siehe San Saba. Nein, dieses Mal sollte es eine ausgewogene Mischung aus Antike, Mittelalter und Moderne werden, was mir, glaube ich, auch gut gelungen ist. Gerade in EUR habe ich gemerkt, dass ich mich die letzten Male zu wenig mit dem modernen Rom befasst hatte. Andererseits hat mir dieser Ausflug auch klargemacht, wie lohnenswert es sein kann, einen Stadtteil zu besuchen und die Menschen im Alltag zu besuchen. Viele werden sich fragen, warum einen sowas interessieren kann – aber es müssen ja nicht immer nur alte Steine sein…
Walk like a Roman: Was mir die letzten Male extrem übel aufgestoßen ist, war die Aufdringlichkeit einiger Verkäufer und Bettler. Ich habe Verständnis für deren Situation, ich erwarte aber auch im Gegenzug, gerade an sakralen Orten, Verständnis dafür, dass manche Leute so etwas unangemessen finden. Jedenfalls war ich vorbereitet, mich dieses Mal weder aufzuregen, noch mich auf irgendeinen Kontakt einzulassen. Nun muss ich im Nachhinein sagen, dass ich kein einziges Mal angesprochen wurde, weder von einem Selfie-Stick Verkäufer, noch von einem Restaurantangestellten, der mir sein „Tourist Menu“ präsentieren wollte, noch von jemanden, der nur „One Euro“ haben wollte. Dafür wurde ich umso häufiger von Italienern angesprochen, die den Weg wissen wollten. Irgendwas scheine ich dieses Mal anders gemacht zu haben?! Es macht, und das haben ja schon einige hier bestätigt, viel aus, ob man „da solo“ oder als Paar oder gar in der Gruppe durch die Stadt läuft. Anscheinend sind Alleinreisende in den Augen Vieler keine Touristen – mir war’s gerade recht. Ebenfalls macht es viel aus, ob man einen Rucksack trägt oder nicht. Durch meine zentrale Unterkunft konnte ich da öfter drauf verzichten. Möglicherweise haben all diese Umstände dazu beigetragen, dass ich nicht „erkannt“ wurde. Darüber hinaus habe ich zeitenweise versucht, das Auftreten und den Gang der Römer nachzumachen, sprich ein latent genervter Blick, gepaart mit einer Ladung „geht mich nichts an“, plus ein schnelles Vorbeihuschen ohne unsicher durch die Gegend zu schauen – gerade an Letzterem erkennt man ja Ortsfremde. Nun vielleicht waren es auch meine Schauspielkünste, jedenfalls war ich fünf Tage unbehelligt.
Lektion 1 für zu Hause: Man ist, was man isst. An was man gute Restaurants erkennt, daran scheiden sich die Geister. Auch ich habe ehrlich gesagt noch kein Patentrezept gefunden und lasse mich eher vom Gefühl leiten. Essen war ich stets in Monti, aber auch dort wechseln Licht und Schatten. Letztendlich bin ich mit kleinen Läden mit überschaubarer Karte aber immer ganz gut gefahren. Als Alleinreisender hat man ja erfahrungsgemäß mehr Zeit andere beim Essen zu beobachten und einmal mehr sind mir einige Verhaltensweisen anderer übel aufgestoßen. Daneben ist mir mal wieder bewusst geworden, wie gut und wichtig frische Küche ist und dass solche auch etwas mehr kosten darf. Ein Rindersteak für 20 Euro ist, wenn man aus ländlichen Regionen kommt, natürlich kein alltäglicher Anblick. Doch wenn die Qualität dermaßen überzeugen kann, wie bei meinem Besuch, sollte es das auch wert sein. Ich bin sicher kein militanter Befürworter von Nachhaltigkeit, aber diese abendlichen Qualitätsoffensiven meiner Gastwirte, haben mich wirklich ins Grübeln gebracht, ob ich mich nicht auch zu Hause etwas bewusster und qualitätsorientierter ernähren sollte. Was ein Romurlaub so anrichtet…
Lektion 2 für zu Hause: Gottvertrauen. Nein, das gibt nun keinen Versuch zur Bekehrung, sondern eine weitere kleine Anekdote. Dass Internetcafés in Rom und anderswo auch immer seltener werden, ist einleuchtend. Aber als ich mich einmal mehr auf die Suche nach einem machte, um mein Flugticket auszudrucken, merkte ich so recht, wie selten sie auch in solch einer Millionenstadt sind. Ich suchte erfolglos an Termini und in der Umgebung des Bahnhofes. Fast wollte ich schon fluchen, weil ich den entsprechenden Thread aus dem Forum nicht ausgedruckt hatte. Aber ich besonn mich eines besseren und sagte mir „das wird schon werden.“ Auf dem Rückweg vom Park verpasste ich dann meinen Bus (siehe Bericht oben) und war gezwungen einen anderen zu nehmen, den ich an einer völlig wahllosen Haltestelle verließ. In einer belanglosen Nebenstraße stieß ich dann, man soll es nicht glauben, tatsächlich auf ein Internetcafé – ich konnte mein Glück kaum glauben. Tja, hätte ich den richtigen Bus bekommen und hätte mich nicht einfach treiben lassen, ich hätte es nie gefunden. Vielleicht sollte dies auch eine Lektion für zu Hause sein, Dinge nicht immer ganz so verbissen zu sehen, dem Zufall eine Chance zu geben, manchmal kommen ja doch brauchbare Dinge dabei raus und man spart viele, viele Nerven. Und wenn Rom eines belegen kann, dann dass etwas mehr Gelassenheit nicht schlechter funktioniert. Vielleicht sollte man manchmal einfach weniger „deutsch“ sein, wenn ihr versteht…
Was ich noch sagen wollte: Ja, am Anfang hatte ich angekündigt, dass ich noch nicht wisse, wohin der Bericht geht. Dieses Merkmal sollte auch während des Schreibens erhalten bleiben. Letztendlich habe ich mich bei jedem Tagesbericht leiten lassen, ohne ein spezielles Konzept zu verfolgen. Punkte, die ich anfangs für wichtig hielt, wurden nur am Rande thematisiert, anderes dagegen rückte dafür in den Fokus. Wichtig war, dass ich selbst beim Schreiben viel reflektieren konnte, wodurch mir Dinge bewusst wurden, die ich in Rom gar nicht so wahrgenommen hatte. Ebenso habe ich versucht neben den persönlichen Eindrücken auch die Hintergründe zu Bauwerken und Gegenden zu beleuchten. Dies ist mir nicht überall gleichgut gelungen, da mir für Vieles die nötige Literatur fehlte bzw. ich mich erstmal länger einlesen musste. Viele der Bücher, die ich gerne zur Vorbereitung noch behandelt hätte, liegen nur in kunsthistorischen Fachbibliotheken, andere sind in Deutschland gar nicht erhältlich – das macht die Aufgabe nicht einfacher. Am Ende hat es mir aber sehr großen Spaß gemacht von meiner Reise zu berichten und euch alle mitzunehmen. Besonders schön war es, wenn ich Erinnerungen bei euch wecken konnte oder euch etwas Neues zeigen konnte, das nicht schon hundertmal erwähnt wurde. Letztlich hätte ich gerne noch viel mehr geschrieben, aber schon Horaz mahnt uns „quidquid praecipies, esto brevis“ – und damit belasse ich es auch dabei.
Nach Rom ist vor Rom: Natürlich geistern mir schon lange wieder neue Pläne durch den Kopf, was ich das nächste Mal machen möchte: Endlich mal die domus aurea sehen, einen langen Spaziergang entlang der Via Appia, die Villa Ada erkunden, schauen wie die Menschen in Garbatella, Nomentana oder Trionfale so leben, kleine, wenig beachtete Kirchen auf mich wirken lassen, usw. Nun, Ideen gäbe es genug. Nur wann es wieder klappt, steht in den Sternen. Beruflich und monetär sieht es derzeit und in naher Zukunft nicht rosig aus, also scheint eine schnelle Rückkehr unwahrscheinlich. Aber vielleicht sollte ich mich an Lektion 2 erinnern und dem Zufall eine Chance geben…