Italien: Italien übernimmt EU-Ratspräsidentschaft

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Augustus
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Stammrömer

Nach Jahrzehnten politischer Intrigenwirtschaft, nach Bluff und Betrug (Berlusconi) oder Selbstfesselung und Kleinmut (Prodi, Monti, Letta) scheint in dem Florentiner Babyface Renzi eine Mischung aus freundlichem Machiavelli und charmantem Savanarola zu stecken. Er hat den eitlen Anarchisten Beppo Grillo und dessen Fünfsterne-Bewegung entzaubert und paktiert, wenn es drauf ankommt, auch mit dem an Schwanz und Hörnern geschrumpften Teufel, dem alten Restberlusconi. Nicht nur römische Auguren sprechen zudem immer öfter von einem Pakt Renzi-Merkel. Das deutsche Erfolgsmodell ist Renzis erklärtes Vorbild, bis hin zur dualen Ausbildung als Rezept gegen die Jugendarbeitslosigkeit. Die Italiener möchten dabei nur eines nicht: „nach Merkels Kommando tanzen“ (so der Mailänder „Corriere della Sera“).
Renzis Projekt während der italienischen Ratspräsidentschaft wird darum sein: die von den südeuropäischen Krisenstaaten längst geforderte Modifikation der rigorosen Sparpolitik à la Merkel zugunsten produktiver Investitionen durchzusetzen. Renzis Chancen stehen dafür nicht schlecht, weil er im Unterschied zu Frankreichs gelähmtem Präsident Hollande auf erste reale, teilweise sogar brachiale Reformen im eigenen Haus verweisen kann. Italien gleicht einem goldenen Augiasstall. Durch Korruption, Steuerbetrug und Misswirtschaft sind selbst im reichen Norden inzwischen viele Städte so pleite, dass sie beim staatlichen Energieversorger Enel ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen können. Alles muss sich ändern, damit es bleibt, wie es ist. Renzi, der Ex-Bürgermeister von Florenz, kennt diesen berühmten Satz aus Tomasi di Lampedusas Sizilien-Roman „Der Gattopardo“.

Und

EU-Ratspräsidentschaft: Italiens Rückkehr nach Europa - Politik - Süddeutsche.de

Einen gemeinsamen Energiemarkt haben die Italiener weit vorne auf ihrer Agenda, und eng verbunden damit die Klima-Politik. Aber auch Grundrechte sollen wieder mehr ins Zentrum rücken. Gozi meint, es brauche etwas Rückbesinnung auf den Geist der Gemeinschaftsgründer. Eine gemeinsame Migrationspolitik nennt er als weitere italienische Priorität, nicht zuletzt deren humanitäre Aspekte. Auch das ist ein Thema, das Italien besonders betrifft wegen der Flüchtlinge, die übers Mittelmeer ins Land gelangen.
 
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Renzi appelliert an Reformbereitschaft der Europäer - Ad Hoc - FAZ

er italienische Regierungschef Matteo Renzi hat die Europäer in einem leidenschaftlichen Appell zu Dynamik und Reformbereitschaft aufgefordert. Europa habe ein Gesicht, das müde geworden sei, sagte der Regierungschef aus Rom vor dem Europaparlament am Mittwoch in Straßburg. Dies sei ihm unverständlich. Die Welt bewege sich rasch. Dies könnten die Europäer als Chance begreifen, "um zu verstehen, was die Zukunft von uns fordert".
 

Kommentar: Italien führt die EU - Mit Leidenschaft | GA-Bonn

Die europapolitische Leidenschaft des neuen italienischen Regierungschefs Matteo Renzi tut dieser Union gut. Eingezwängt zwischen eigenen Ritualen und erstarkten Europa-Gegnern brauchte dieses Parlament in Straßburg so etwas wie eine Portion Passion für das Projekt, an dem die Abgeordneten nun fünf weitere Jahre feilen sollen. Der römische Reformator hat eigene Pläne.
Er steht an der Spitze derer, die vom Gedanken an eine strikte Haushaltskontrolle ohne neue Schulden wenig wissen wollen. Renzi und alle, für die er spricht, haben zwar Ende vergangener Woche beim Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs heilige Eide geleistet, den Stabilitätspakt nicht antasten zu wollen. Seine Möglichkeiten zum Ausbeulen werden sie dennoch nutzen.
 
Unter Matteo Renzi will Italien in Europa und gegenüber Deutschland selbstbewusster auftreten. Renzi nutzt die Bühne der italienischen EU-Präsidentschaft, um in der Debatte um Stabilität und Wirtschaftswachstum Forderungen zu stellen.

Matteo Renzi hat Charisma. An einem Auftritt von aus Brüssel angereisten EU-Korrespondenten in Rom am Freitag wirkt der neue italienische Ministerpräsident locker und gewinnend – dass neben ihm der abtretende EU-Kommissions-Präsident José Manuel Barroso auf dem Podium steht, lässt den 39-Jährigen umso frischer erscheinen. Matteo Renzi ist auch ein guter Kommunikator. Auf komplexe Fragen antwortet er auch im kleinen Kreis im Stile kurzer und prägnanter Twitter-Botschaften. Mangelt es an Präzision und Tiefgang, so kompensiert er dies mit Witz und der Ankündigung ebenso grosser wie vager Reformvorhaben für sein Land und für die EU, deren sechsmonatige Präsidentschaft Italien per Juli übernommen hat.


 
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