Rom zum Vierten: Aprilwetter im Oktober

Nachdem ich zuletzt überhaupt keine Zeit mehr gefunden habe, will ich nun endlich versuchen, auf die Zielgerade meines Berichts zu kommen.


Im Kolosseum

Der letzte Tag in Rom beginnt. Am Himmel wieder mal ein heilloses Durcheinander aus Sonnenstrahlen und Wolkenbänken, wobei es heute so aussieht, als würde sich das schlechte Wetter durchsetzen. Aber das war die vergangenen Tage ähnlich. Und so deponiere ich guten Mutes meinen Koffer an der Rezeption und verlasse das Hotel. So einen richtigen Plan für den Tag habe ich eigentlich nicht, nur dass ich zum Petersdom möchte, steht fest. Mein üblicher Weg führt mich zur Metro B oberhalb des Kolosseums. Es ist noch gegen 8:30 Uhr, ich sehe keinerlei Schlangen am Eingang – ich beschließe spontan, das Amphitheater der Flavier zu besichtigen. Der letzte Besuch vor 13 Jahren liegt nun wirklich lange genug zurück.


Vielleicht trübt mich die Erinnerung, aber die vielen Schautafeln und Erläuterungen scheinen mir neueren Ursprungs zu sein. Die sind wirklich gut gemacht und erklären Bauweise und Funktion des Baus auch für Laien verständlich und anschaulich. Über ein paar Treppen kommt man zum oberen Ring, der zunächst noch recht leer ist. Gleich hinter mir schieben sich japanische Massen-Reisegruppen die Treppen hoch. Als sie dann zur ersten Aussicht kommen, geht´s los: „AAAAAAHHH!!!“ – „Ooohhoooohhhh!“ – „Haaaaa!!!“. Zum Kringeln.


Denn mir fällt derweil wieder ein, warum mir das Kolosseum damals überhaupt nicht gefallen hat. Ja, es ist kolossal groß. Und auch eine kolossale Ruine. Kaum zu erahnen die Sitzreihen, die Treppen, die Zugänge. Das Ding wurde gründlich demontiert – zu gründlich. Von außen beeindruckend, innen eine Enttäuschung. Auch die freigelegten Unterbauten verwirren mich eher, als dass ich etwas daraus ersehen könnte. Die Travertinsteine am oberen Abschluss wirken wie Legosteine, die man mit einem Schnippen runterwerfen könnte (was ja ab und an auch vorkommt).


Die letzten Sonnenstrahlen, die in das Oval einfallen, werden von düsteren Wolken abgelöst. Und dann dauert es nicht mehr lange und es beginnt ein starker Platzregen. Manche Besucher werfen sich ihre Plastikumhänge über und streifen weiter, aber die meisten (und auch ich) warten in den Gängen rund um den Buchladen auf Besserung.




In dieser halben Stunde sinniere ich ein wenig über das, was an diesem Ort so geschehen ist, denke an die abstoßenden Beschreibungen der römischen Dichter. Aus der Nachschau ist es immer leicht, zu verurteilen, dennoch kann ich eine gewisse Wut insbesondere über das Massenabschlachten wilder Tiere nicht verhehlen. Ein Rätsel, wie man daran Vergnügen finden kann. Als der Regen nachlässt, verlasse ich das Kolosseum ziemlich bedient – das war mein definitiv letzter Besuch.






Fortsetzung folgt... ;)

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Hier geht es direkt weiter:

http://www.roma-antiqua.de/forum/posts/220473
 
Zuletzt bearbeitet:

Vielen Dank für die Fortsetzung. :thumbup:

Ich war auch nur 2x im Kolosseum: Herbst 1996 und Ostern 2003.

Auch ich bevorzuge nun nur noch die Sicht von außen. :nod:​
 
Hallo pehda, danke für deinen weiteren Bericht. Mir fehlt noch der zweite Besuch des Kolosseums. Ich denke das muss noch sein weil der erste Eindruck zu überwältigend ist.

Aber es geht mir ähnlich wie dir, wenn man an all das gruselige denkt das dort abging, schaudert einen.

Allerdings möchte ich auch kein drittes Mal auf die Kuppel des Petersdomes. Der Aufstieg in der Kuppel reicht mir für 2x. Bevor ich da drin ohnmächtig werde lasse ich es lieber.

Bin gespannt was du uns vom Petersdom zeigst.

Hoffentlich hast du wieder mehr Muse zum weiter schreiben.

Liebe Grüße

Tizia
 
@Dentaria:
Aber gerne! Ich fragte mich beim Schreiben des Textes, ob ich nicht etwas zu hart mit dem Kolosseum ins Gericht gehe, aber gut zu wissen, dass ich mit meiner Meinung nicht alleine bin. :nod:
Der Karfreitagsgottesdienst mit dem Papst ist aber immer sehr stimmungsvoll - innen und außen.

@Tizia
Ja, ich möchte so langsam zum Ende kommen, habe aber gerade in der Arbeit momentan zu viel um die Ohren...:roll:
Auf der Kuppel war ich gar nicht, so viel kann ich Dir schon sagen, das Foto ist da nur zum Spaß. Mit dem Vittoriano hatte ich "Rom von oben" ja schon abgedeckt. ;)
Und Du hast Recht, der Aufstieg zur Kuppel sieht in der Tat ein paar "klaustrophobische" Abschnitte vor...
 
Hallo Pehda,
danke, besonders auch für die kritischen und nachdenklichen Worte. Wir beide verstehen das Kolosseum als großartiges Bauwerk, von dem leider zu wenig übriggeblieben ist. Es nimmt an Größe zu, wenn man in archäologischen Werken die hochstehende Bautechnik der Römer nachvollzieht.
Ich denke, die blutrünstigen Vorstellungen haben irgendein düsteres, menschliches Bedürfnis befriedigt, das sogar zu einer Sucht geführt hat. Ich will jetzt nicht zahlreiche Beispiele aus der nachantiken Zeit aufführen. Auch heute ist dieses Bedürfnis noch an vielen Stellen zu bemerken. Man denke nur an die entsprechenden, grausamen und brutalen Filme oder die entsprechenden Computerspiele. Und das ist nur die passive Seite der Medaille.
 
Auch mich hat es noch nie in das Kolosseum gezogen. Warum weiß ich eigentlich gar nicht. Aber Phedas Bericht gibt mir Recht es auch nicht zu machen :nod: Ich bevorzuge wie Dentaria die Sicht von Außen auf das Bauwerk.
 
@Tizia
Und Du hast Recht, der Aufstieg zur Kuppel sieht in der Tat ein paar "klaustrophobische" Abschnitte vor...


Warum auch immer gehöre ich zu den Menschen die vor so etwas keine Angst haben und ich besuche diesen Ort leidenschaftlich gerne.

Wobei bei Ängsten oder gesundheitlichen Problemen das Vittoriano eine gut Alternative für eine tolle Aussicht über Rom bietet.
 
Es gibt soviele tolle Aussichtspunkte in Rom wobei die Kuppel des Petersdomes schon toll ist. Aber auch der Gianicolo oder der Pincio bieten sehr schöne Ausblicke.
 
Ich denke, die blutrünstigen Vorstellungen haben irgendein düsteres, menschliches Bedürfnis befriedigt, das sogar zu einer Sucht geführt hat. Ich will jetzt nicht zahlreiche Beispiele aus der nachantiken Zeit aufführen. Auch heute ist dieses Bedürfnis noch an vielen Stellen zu bemerken. Man denke nur an die entsprechenden, grausamen und brutalen Filme oder die entsprechenden Computerspiele. Und das ist nur die passive Seite der Medaille.

Wohl wahr, Ludovico.
Zumal heutzutage ja allzu leicht und gerne darauf hingewiesen wird, dass es die Faszination an Blut und Gewalt schließlich schon bei den alten Römern gegeben hätte. Sollten wir 2000 Jahre später nicht etwas weiter im Denken sein? :twisted:

@Tizia
Und Du hast Recht, der Aufstieg zur Kuppel sieht in der Tat ein paar "klaustrophobische" Abschnitte vor...


Warum auch immer gehöre ich zu den Menschen die vor so etwas keine Angst haben und ich besuche diesen Ort leidenschaftlich gerne.

Wobei bei Ängsten oder gesundheitlichen Problemen das Vittoriano eine gut Alternative für eine tolle Aussicht über Rom bietet.

Mir macht´s auch nichts aus, kann mir aber gut vorstellen, dass Leute in den beengten und schrägen Gängen kurz vor der Kuppel ein wenig nervös werden... Das Vittoriano ist natürlich mit dem Aufzug der pure Luxus. Außerdem, auch in Verbindung mit Tizias Kommentar:

Es gibt soviele tolle Aussichtspunkte in Rom wobei die Kuppel des Petersdomes schon toll ist. Aber auch der Gianicolo oder der Pincio bieten sehr schöne Ausblicke.

... bietet der Gianicolo ja von der Blickrichtung her eine sehr ähnliche Aussicht, wie der Petersdom. Eine sicherlich "relaxtere" Alternative. Allerdings fehlt dann der fantastische Blick auf den Petersplatz. ;)
 

pehda schrieb:
Zumal heutzutage ja allzu leicht und gerne darauf hingewiesen wird, dass es die Faszination an Blut und Gewalt schließlich schon bei den alten Römern gegeben hätte. Sollten wir 2000 Jahre später nicht etwas weiter im Denken sein? :twisted:

Da kann ich Dir nur zustimmen. :(
 
Ganz lieben Dank für Deine Fortsetzung über ein Bauwerk das schon imposant ist. Aber ich schaue es mir auch lieber von außen an.
 
Zuletzt bearbeitet:
Vielen Dank lieber Pehda für die Fortsetzung!

Anna mag Kolosseum sehr, ich mag den Weihnahctsbaum am Kolosseum am besten. Dein Bericht über das Bauwerk ist sehr beeindruckend.

Kuppel des Petersdoms: diesmal wollen wir vom ganzen unter anfangen, nach oben laufen:proud: Anna trainiert bereits schon haha

LG

Qing
 
@Padre:
Bitte, gerne! Das ramponierte Innere des Kolosseums hat mir gestern wieder das noch recht neue Buch von E. Wegerhoff in Erinnerung gerufen. Ich möchte nun doch mal ergründen, was über die Jahrhunderte mit dem Bauwerk passiert ist.

Das Kolosseum - Bewundert, bewohnt, ramponiert: Amazon.de: Erik Wegerhoff: Bücher

@Dentaria:
Das ist das Mercure, oder? Feine Aussicht, Park hintendran, San Clemente vor der Türe... :thumbup:
leider nicht meine Preisklasse... :cry:

@Qing Anna:
Danke für Dein Lob.
Ich gehe die Kuppel grundsätzlich immer zu Fuß hoch, ohne Aufzug. Die Vorfreude auf die Aussicht setzt genug Energie frei. Das packt Ihr schon! ;)
 
(...) ob ich nicht etwas zu hart mit dem Kolosseum ins Gericht gehe, aber gut zu wissen, dass ich mit meiner Meinung nicht alleine bin. :nod:
Auch ich teile sie (cum grano salis, wie Ludovico es hier eingeworfen hat); aber deine Photos haben mir trotzdem gefallen. :thumbup:



Hoffentlich hast du wieder mehr Muse zum Weiterschreiben.
Sofern hier tatsächlich (was ich allerdings stark bezweifele :~) die Muse gemeint sein sollte ... nun, dann ist es nicht allein damit getan, sie zu haben. Sondern es müsste darüber hinaus dieses launische Weib sich auch noch dazu herablassen, den Autor zu küssen. :] :p
 
@Dentaria:
Das ist das Mercure, oder? Feine Aussicht, Park hintendran, San Clemente vor der Türe... :thumbup:
leider nicht meine Preisklasse... :cry:

Ja, Du hast Recht! :nod:

2009 habe ich noch 60 € fürs Einzelzimmer gezahlt. Nun renovieren
sie und haben den Preis deutlich angehoben.
Aber in den Sommermonaten ist es natürlich mit diesem Blick vom Pool aufs Kolosseum nicht zu toppen.​
 
Wie Gaukler richtig erwähnt hat, braucht´s von der Muse etwas mehr Einsatz, und heute habe ich einen dicken Schmatzer erhalten. Nachher kommt wieder eine Fortsetzung. ;)

@dentaria:
Ja, solche klasse Preise scheinen der Vergangenheit anzugehören, unter 110 Euro geht dort wohl gar nichts mehr... :?
 
Vom Petersdom zum Tiber


Nach der Enttäuschung im Kolosseum wende ich mich schöneren Dingen zu. Mit der Metro fahre ich zur Station Ottaviano und gehe den kurzen Weg zur Piazza del Risorgimento. An der Via Ottaviano finden sich noch einige Stehcafés mit vernünftigen Preisen, im Gegensatz zu den Touri-Abzockhöhlen an der Via di Porta Angelica. Und so genehmige ich mir erstmal ein kleines Päuschen mit Pizza und Cappuccino.



Derweil lockert das Wetter merklich auf und ich betrete den Petersplatz bei schöner Sonne. Es ist einfach immer wieder überwältigend, an diesem Ort zu stehen und den spektakulären 360-Grad-Rundumblick zu genießen. Ich stelle mich in die Schlange, die bis zur Mitte des Platzes reicht und genieße die Ausblicke. Die Restaurierung der Kolonnaden geht voran und der Vorher-Nachher-Vergleich spricht eine deutliche Sprache. So gestrahlt haben die Säulen wohl noch nie.


Ein Rentnerehepaar aus Dresden steht mit mir an – sie sind auf einer Busreise, zum ersten Mal in Rom, Aufenthalt drei Stunden, dann geht´s weiter nach Süden. Ich schleuse sie durch die Kontrollen und in Richtung Kuppel, die sie der Aussicht wegen hochfahren wollen. Die Wege trennen sich, denn ich gehe gleich in den Petersdom. Hierzu will ich mich kurz fassen – das gehört für mich bei einem Rom-Besuch einfach dazu. Natürlich wieder gerammelt voll und laut, aber in den zum Beten reservierten Seitenkapellen kann man durchaus zur Ruhe kommen.


Und wieder hinaus aus dem Vatikanstaat und hinein nach Italien. Die Via della Conciliazione ist eine der gelungeneren städteplanerischen Maßnahmen der Faschisten, immerhin gewährt sie spektakuläre Ausblicke auf den Dom und insbesondere die Kuppel, deren Größe man direkt auf dem Platz stehend nur schlecht wahrnehmen kann. Wenn man halbwegs preisbewusst unterwegs ist, sollte man die Bars und Restaurants an der Straße meiden. Lästig auch der unaufhörliche Verkehrsstrom - hier laufen nahezu alle Busse der Stadt auf.

Vorne an der Engelsburg stehen jede Menge Nippeshändler, auf der Engelsbrücke natürlich genauso. Das Ensemble aus der antiken Brücke über dem Tiber, den wunderschönen Statuen und der trutzigen Burg im Hintergrund ist einfach klasse. Man muss nur immer schauen, dass man den missratenen Justizpalast aus den Fotos raushält.



Ich schlendere am Tiber entlang bis zur Ponte Umberto, die vor dem Justizpalast liegt. Von hier eröffnet sich der weite Blick an der Engelsburg vorbei und über die Via della Conciliazione zum Petersdom. Immer wieder kämpft sich die Sonne durch die dunklen Wolken. Ein bemerkenswertes Panorama.



Etwas später erreiche ich das Museum des Ara Pacis. Ich beäuge das Ganze nur kurz, denn 8,50 Euro Eintrittspreis sind mir einfach zuviel. Strenggenommen nur ein Objekt, das man auch durchs Fenster ganz gut sehen kann. Selbst wenn das alles neugebaut und bestimmt toll gemacht ist, da fehlt die Verhältnismäßigkeit. Im Vergleich sind die Kapitolinischen Museen mit 13 Euro ein Schnäppchen! Das Geld investiere ich lieber in meinen Bauch.


Über manch romantisches Gässchen schlendere ich einem die beliebtesten Ziele der Welt entgegen, der Spanischen Treppe. Es wird geknipst, was das Zeug hält. Das weiß auch die Rosenmafia auszunutzen. Sobald sich eine Dame zurechtposiert hat und ihr Begleiter ein Foto machen will, springen die Pakistanis ins Bild und drücken ihr drei Rosen in die Hand. Der Herr darf das Foto noch machen, dann soll er selber mit aufs Bild. Klick, und für die Mühe bitte eine Rose abkaufen. Man mag kaum glauben, wieviele Frauen an der Spanischen Treppe mit einer Rose herumlaufen, die sie eigentlich überhaupt nicht brauchen können!





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http://www.roma-antiqua.de/forum/posts/221285
 
Zuletzt bearbeitet:
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VIELEN DANK

:thumbup: :nod: :thumbup: :nod: :thumbup:​

für die Fortsetzungen

:thumbup::thumbup::thumbup:


Was mich in den letzten Jahren immer wieder ins Kolosseum zieht sind die teils recht guten (teils nicht so "gelungenen") Sonderausstellungen ...
 
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