Windige Woche in Rom: zwischen Legenden, Geschichten und Wirklichkeit

Seneca schrieb:
noch mal eine kleine Ergänzung zur Heiligen Stiege. Ich denke, für einen Außenstehenden, dessen Glaubensbild verlorengegangen ist bzw. dessen Glaubensvollzug nicht die Tiefen erreichen kann, in die sich die Beter fallen lassen, ist nicht nachvollziehbar, wie nah sie sich Gott fühlen, wenn sie ihm ihre Sorgen, Ängste, Probleme, all das, was sie im Innersten bewegt, anvertrauen; welche Empfindungen freigesetzt werden, welche Kräfte und Hoffnungen geweckt werden. Für ihn bleibt die Grenze zwischen Glaube und Aberglaube, zwischen Bitten und Beschwören fließend.

Caro Seneca,
ganz lieben Dank für Deine Ergänzung für die ich Dir sehr dankbar bin. Ja, so ist es! In den letzten Wochen habe ich immer wieder erfahren dürfen, welch eine Kraft im Gebet liegt - vor allem in der Fürbitte ...

Einen herzlichen Gruß ins Sauerland, indem ich vier Jahre lang gelebt habe

Padre
 

dentaria schrieb:
Dies gefällt mir besonders gut, da hier der 3. Arm der Kolonnaden abgebildet ist, der leider aus finanziellen Gründen nicht zur Ausführung kam
.

Dieses Bild fand ich auch sehr interessant. Was wäre aus dem 3. Arm geworden, wenn man ihn gebaut hätte. Hätte ihn Mussolini abreißen lassen, oder wäre er gar nicht auf die Idee gekommen, die Via della Conciliazione zu bauen?
 


dentaria schrieb:
Dies gefällt mir besonders gut, da hier der 3. Arm der Kolonnaden abgebildet ist, der leider aus finanziellen Gründen nicht zur Ausführung kam
.

Dieses Bild fand ich auch sehr interessant. Was wäre aus dem 3. Arm geworden, wenn man ihn gebaut hätte. Hätte ihn Mussolini abreißen lassen, oder wäre er gar nicht auf die Idee gekommen, die Via della Conciliazione zu bauen?

Ein dritter Arm der Kolonnaden.... Da schau her, wieder etwas gelernt. :idea: :thumbup:
 
San Pietro in Vaticano e la cupola

San Pietro in Vaticano e la cupola
Der nächste Morgen begann recht früh. Nach dem Frühstück packten wir unsere letzten Sachen zusammen, ein letzter Blick von unserem Flurfenster auf den Apostolischen Palast,


dann erledigten an der Rezeption die Zahlungsformalitäten und verstauen in einem Nebenraum unser Gepäck. Dann ging es zum Vatikan. Hier wollten wir die Basilika, die Grotten und die Kuppel besichtigen. Zuvor wollten wir aber den Santo Campo Teutonico, den deutschen Friedhof, besuchen. Als wir uns dem Zugangstor zum Santo Campo näherten, sahen wir die jugendlichen Pilger, die uns am Vorabend begegneten wieder (wir erkannten sie an ihren Halstüchern). Es sah so aus, als hätte diese Gruppe eine Sonderaudienz mit dem Papst in der Audienzhalle. Schnell waren wir uns einig, dass dieser Zeitpunkt schlecht sei, um den Santo Campo zu besuchen. Nach kurzer Beratung einigten wir uns, als erstes die Kuppel von Sankt Peter zu erklimmen. Es gibt zwei Möglichkeiten, um auf die Kuppel zu gelangen: Man erklimmt 537 Stufen (5 €), oder man fährt mit dem Lift bis zur Dachterrasse und steigt dann anschließend noch 320 Stufen bis zur Kuppel hinauf (7 €). Wir entschieden uns für die erste Variante. Egal, für welche Möglichkeit man sich entscheidet, es ist schon anstrengend, um auf die Kuppel zu kommen. Wenn man es geschafft hat, dann wird man mit einem wunderschönen Ausblick auf Rom und dem Vatikan belohnt.


Wir blieben ca. 2 Stunden auf der Kuppel und stiegen dann hinab. Auf der Dachterrasse befindet sich eine Devotionalienhandlung und eine Cafeteria. Dort stärkten wir uns mit einem leckeren Cappuccino, schauten dann in den Andenkenladen hinein und gingen zur Balustrade. Die Figuren auf der Fassade der Basilika sind 5,7 m groß, die wirkliche Größe der Statuen wird einen erst von diesem Standpunkt aus bewusst. Vom Petersplatz aus betrachtet, wirken sie doch eher klein.


Alsbald betraten wir die Peterskirche. Sie war voll. Übervoll. Zudem waren große Teile der Basilika abgesperrt: Die Areale um die Pieta, um das Grab von Johannes Paul II., der Sakramentskapelle. Das Querschiff war auch nicht zugänglich und so auch nicht die berühmte Bronzestatue des hl. Petrus


und somit auch nicht der Zugang zu den vatikanischen Grotten. Sorella und Maestro waren sichtlich enttäuscht. Umberto und ich waren froh, dass wir zu Beginn unserer Sieben-Kirchen-Wallfahrt eine ganz andere Peterskirche erlebt hatten. Zudem war der Geräuschpegel in der Kirche sehr anstrengend und alles andere als würdig. St. Peter war zu diesem Zeitpunkt einfach nur ein Museum. Wir trennten uns. Sorella und Maestro zogen sich in die Sakramentskapelle zurück, was Umberto unternahm, kann ich nicht sagen. Ich ging ins linke Seitenschiff, vorbei am Eingang zur Sakristei und weiter zur Absperrung des Querschiffs an der Wächter standen. Es war kurz vor 11.00 Uhr. Normalerweise findet um diese Zeit vor dem Josefsaltar eine Messe statt. Ich gab den Wächtern zu verstehen, dass ich die Messe besuchen möchte und sie ließen mich passieren. Hier traf ich einen „alten Bekannten“. Wir feierten zusammen eine schöne Messe.

[Zu gegebener Zeit wird hier ein Exkurs eingefügt, der mir sehr am Herzen liegt, aber das braucht noch seine Zeit]

Zur verabredeten Zeit trafen wir uns am Hauptportal der Kirche, unweit einer im Boden eingelassenen Porphyrscheibe. Auf dieser wurde Karl der Große zum Kaiser gekrönt. Sorella wies Maestro darauf hin. Ich flüsterte ihr ins Ohr: Am Weihnachtstag des Jahres 800. Maestro schaute ungläubig auf die Steinplatte. Umberto und ich bejahten Sorellas Aussage, was Maestro nicht wirklich überzeugen konnte. Wir verließen St. Peter und begaben uns ins vatikanische Postamt, um Karten zu schreiben. Danach zurück zu unserer bisherigen Unterkunft. Wir schnappten unsere Koffer und zogen zu unserem nächsten Quartier weiter: die Casa Santa Maria alle Fornaci.


Die beiden Unterkünfte liegen vor ein paar Minuten voneinander entfernt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Oh, diesen Thread kannte ich bisher noch nicht, danke Gaukler! Ich bin Dir noch eine Antwort schuldig, aber ich war die ganze Woche über unterwegs. Heute habe ich endlich mal einen freien Abend - und ich möchte meinen Bericht endlich zum Abschluss bringen. Das wird heute natürlich nichts, hoffe aber etwas weiter zu kommen.

Liebe Grüße
Padre
 
Die Berichts-Fortsetzung freut uns natürlich :nod: - aber mach' dir bloß keinen Stress an deinem freien Abend. ;)
 
Caro Padre,

als ich Deinen Bericht 'San Pietro in Vaticano e la copula' gelesen habe, fühlte ich mich direkt erinnnert an unseren Aufstieg vor knapp vier Jahren. Damals habe ich meine Beobachtungen so detailliert beschrieben, daß ich über meine Ausführungen selbst überrascht bin. Hier meine Eindrücke, die sich wunderbar ergänzen zu Deinem Erlebnis und zu Deinen Bildern:

"Wir wagen den Aufstieg der über 500 Stufen und ein unbeschreibliches Gefühl:

.... Von den beiden Optionen ‚a piedi’ (zu Fuß) oder ‚ascensore’ (Aufzug) hatten wir uns für die erste Variante entschieden; nicht etwa aus Knauserigkeit, sondern wir wollten uns den bevorstehenden Aufstieg zur Kuppel erabeiten, wir wollten selbst erfahren, wie wir uns nach jeder Umdrehung im Wendelgang der Rampe ein Stückchen höher schraubten. Und ich glaube auch, dass der Aufzug bei dem Andrang gar nicht soviel an Zeitgewinn bringt.
Bis zum Dach der Basilika hochzusteigen bereitete uns keine Probleme: die Stufen sind flach, die Steigung moderat. Wichtig ist, dass man immer ein gleichmäßig-ruhiges Tempo einhält und bei der Abfolge der Schritte auf einen bestimmten Rhythmus achtet.
Vom Dach der Kirche aus eröffnete sich schon der erste schöne Blick über die Stadt, aber da wir das Panorama von ganz oben erleben wollten, hielten wir uns hier nicht lange auf, sondern es ging über die Doppeltreppe weiter hinauf in die Kuppel. Nach wenigen Minuten hatten wir die erste Galerie mit den großen Mosaiken an den Wänden und mit dem Wahnsinnsblick in das Innere der Kirche erreicht. Das hatte schon ’was!
Jetzt erst begann die eigentliche Herausforderung für uns – der steile Aufstieg in dem engen Zwischenraum der beiden Schalen. Aber ich hatte mich gewundert, wie gut wir die 320 Stufen bewältigt hatten – mit ein paar wenigen ‚Kunstpausen’ und ohne Drängler von hinten klappte es besser als gedacht. Ja, und dann öffnete sich die Tür zu der schmalen Außengalerie der Laterne von Sankt Peter, und wir betraten sie – im Licht der unbesiegten Sonne und in dem Bewußtsein, ganz dicht an der senkrechten Achse zu stehen, die als gezogene Linie die Spitze der Kuppel mit dem Apostelgrab des Petrus verbindet. Was für ein Gefühl!
Aber dieses Gefühl hielt nur für die Dauer eines Wimpernschlages, weil es jetzt darauf ankam, sich gegen die vielen anderen neugierigen Mitkonkurrenten durchzusetzen, die teilweise in 3er- oder sogar 4er-Reihen anstanden – vor allem zur Stadtmitte hin - , um die Aussicht zu genießen. Zu allem Unglück hatten auch noch die beiden Batterien meiner Kamera den Dienst eingestellt, aber mein Ärger hielt sich in Grenzen, da meine Schwägerin mit ihrem Apparat einspringen konnte.
Und trotzdem! Der 360°-Rundumblick war unbeschreiblich, und die Stadt Rom - die urbs aeterna und der Mittelpunkt des katholischen orbis - lag vor uns ausgebreitet wie auf einer riesigen Diskusscheibe, und der Blick ging über die Außenbezirke hinweg bis zur Silhoutte der Albaner Berge.


Der Blick auf die Altstadt von Rom und deren Sehenswürdigkeiten:

... Mein Blick senkte sich über die Außenpanzerung der Kuppelwölbung hinunter auf das Dach der Basilica mit den sieben mächtigen Steinfiguren an der Brüstung über der Vorhalle, die wie Galionsfiguren den Petersplatz mit dem Obelisken in der Mitte und den beiden Fontänen in den Brennpunkten der elliptischen Ausdehnung bewachen. Jetzt deutlich zu erkennen der Vatikanische Palast und die lang gestreckten Gebäude der Vatikanischen Museen links von mir, die den ganzen Platz umschließende Umarmung durch die Kolonnaden des Bernini, und weiter rechts – in südlicher Richtung – das Ospedale di S. Spirito mit der achteckigen Haube auf einem seiner weit gezogenen ‚Flügel’. Und in der perspektivischen Verlängerung davon – in diesem unendlichen Meer von Häusern trotzdem deutlich zu unterscheiden – die Umrisse der Kuppel von S. Agnese und des flach gewölbten Bogens des Pantheon, dessen Maße sich Michelangelo zum Vorbild für die Kuppel von Sankt Peter nahm, die seit nunmehr fast 500 Jahren schwebend über dem Grab des Apostels Petrus ruht.
Wieder veränderte sich meine Blickrichtung, und jetzt schaute ich hinunter auf die Via della Conciliazione, diese breite Schneise, die Mussolini in den 30-er Jahren des letzten Jahrhunderts durch den alten Borgo hatte schlagen lassen, und die den Petersplatz mit dem Knie des Tibers und mit der Engelsbrücke verbindet, die wegen der Statuen des Petrus und Paulus und wegen der zehn flügelschlagenden Engel zu den beliebtesten Ansichten Roms zählt.
Und dann das Castel S. Angelo, die Engelsburg, die wie kaum ein anderes Gebäude in der Vergangenheit so eng mit dem Vatikan verbunden war, und heute nur noch ein Schatten dessen ist, was sie früher einmal war. Im Laufe ihrer langen Geschichte immer wieder verändert, präsentiert sie sich heute als zylindrischer Rundbau – einst Schatzkammer, Festung und Kerker in einem - , hinter dessen düsteren Mauern gefoltert, vergiftet und gemordet wurde. Und fast wie zum Hohn erscheint oben auf der Plattform der Heilige Michael aus Erz, der mit einem letzten Hieb sein Schwert in die Scheide stößt. Wahrhaftig kein heiliger Ort, sondern ein Ort schlimmster Verbrechen und blutigster Urteile!
Castello ‚Angelus inter nubes’ (Engel in den Wolken) – so lautete der offizielle Titel für diese Festung nach der Vision des Papstes Gregor I., der das Erscheinen des Engels über dem Rundturm als Zeichen für das Ende der Pest deutete, die damals in Rom wütete. Durch einen gedeckten Wehrgang - den Passetto - , der heute noch existiert, war die Engelsburg mit dem Vatikanischen Palast verbunden.
Wenn man es nicht wüßte, könnte man von seinem jetzigen Zustand nicht darauf kommen, dass diese ‚Burg’ ein Grabmal war, und zwar die kaiserliche Grabkammer des Hadrian, um dessen goldene Urne herum man diesen gigantischen Zylinder errichtet hatte.
Ich hatte jetzt genug gesehen, und begann, mich langsam aus diesem Pulk von Menschen ‚herauszuschälen’, um mit viel körperlichem Einsatz – stoßend und quetschend – auf die gegenüberliegende Seite der Laterne zu gelangen.



Der Blick auf die Schauseite des Vatikans und ein paar Reflexionen:

An diesem neuen Aussichtspunkt der Galerie herrschte zum Glück keine drangvolle Enge, und es blieb genügend Zeit, sich die Vorzeigeseite des Vatikans anzusehen: die wunderbar gepflegten und mit vielen gewundenen Wegen angelegten Vatikanischen Gärten - ein eigener kleiner Kosmos für sich, ein Refugium der Ruhe und Beschaulichkeit, geschützt und versteckt hinter der hohen Leonischen Mauer und abgeschirmt von der hektischen Betriebsamkeit der sie umgebenden Stadtbezirke.

... „Ja, diese Welt des Vatikans“, dachte ich so, „ist für einen Außenstehenden nicht durchschaubar; ein Ort von Prunk und Reichtum, ein Ort der Machtgier, aber auch der moralischen Autorität, ein Ort der Reinheit, aber auch der Heuchelei, ein Ort finsterer Machenschaften, aber auch weiser Führung, ein Ort der Eitelkeiten und Verletzbarkeiten, kurzum ein Ort wie geschaffen für Gerüchte und Spekulationen – geheimnisvoll, unnahbar, unheimlich: ein ‚Secretum’."
Der Vatikan ist ein Phänomen, das zu beschreiben, mir die richtigen Worte fehlen. Von hier oben betrachtet könnte man meinen, das Leben hinter dem mächtigen Mauerring sei zum Stillstand gekommen, versunken unter einer Glocke des Schweigens. Der flüchtige Beobachter wie ich z. B. nimmt den Vatikan wahr als ein Gebilde, das zum größten Teil aus monumentalen Bauten, einem Verwaltungsgebäude, einem Bahnhof!, einer Radiostation, einigen Instituten und der großen Gartenanlage besteht.
Aber was ist der Vatikan eigentlich?
- Er ist die Residenz des Papstes und somit das Herz des katholischen Christentums.
- Er ist völkerrechtlich und territorial gesehen ein eigener Staat, der kleinste Staat der Welt. Auch wenn die Grenze eine künstliche ist, die nur auf dem Papier besteht, gibt es in Wirklichkeit keine Trennung zwischen der Welt des Papstes und der von Rom.
- Er ist nicht die katholische Kirche und erst recht nicht eine Sonderabteilung des Reiches Gottes.
- Er versteht sich auch nicht als weltliche Macht, sondern als zeitliche Macht, weil die Zeit das eigentliche Element der Kirche ist, die Christus verkündet als den Herrn der Zeiten, dem alles Vergängliche unterworfen ist, und von dem geschrieben steht: "Ich bin das A und O, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende." (Off 22, 13)"

Liebe Grüße
Seneca
 
Seneca schrieb:
[...] als ich Deinen Bericht 'San Pietro in Vaticano e la copula' gelesen habe, fühlte ich mich direkt erinnnert an unseren Aufstieg vor knapp vier Jahren. Damals habe ich meine Beobachtungen so detailliert beschrieben, daß ich über meine Ausführungen selbst überrascht bin. Hier meine Eindrücke, die sich wunderbar ergänzen zu Deinem Erlebnis und zu Deinen Bildern:

Deine detaillierten Schilderungen zum Kuppelaufgang sind wirklich überraschend und eine echte Bereicherung. Ich werde in den nächsten Tagen ausführlicher antworten. Bitte um Geduld und Verständnis, wenn es etwas länger dauern sollte.

È una bella serata!

Padre
 
Ghetto

Ghetto
Am Nachmittag machten wir uns gemeinsam auf den Weg ins jüdische Viertel Roms. Als wir im Bus saßen, hörte ich von meinen Mitreisenden Kritik. Sie waren von unserer neuen Unterkunft nicht sehr begeistert: Die Zimmer waren zu klein und viel zu hellhörig, die Aussicht bescheiden, keine Dachterrasse usw. Sie murrten. Sorella war froh, dass sie nicht die ganze Zeit über dort wohnen musste! Im „Fornaci“ habe ich schon öfter gewohnt und finde das Haus völlig in Ordnung! Ich muss allerdings zugeben, dass es nicht so schön war, wie unsere erste Unterkunft. Ich fühlte mich etwas wie Mose, der mit einem störrischen und murrendem Volk unterwegs war. Ich hatte allerdings gegenüber Mose einen großen Vorteil: Mein Völkchen würde im Höchstfall drei Tage murren und nicht wie das von Mose vierzig Jahre lang. Schließlich streifen wir durch die Gassen des ehemaligen Ghettos



und standen dann auf der Piazza Mattei, die von einem der schönsten Brunnen Roms beherrscht wird, der Fontana delle Tartarughe – dem Schildkrötenbunnen.


Zu diesem Brunnen gibt es eine sehr schöne Legende. Ich habe sie vor einiger Zeit hier im Forum gefunden und gehe davon aus, dass die Autorin nichts dagegen hat, wenn ich sie hier zitiere:

Der Legende nach liess Herzog Mattei den Brunnen direkt vor dem Portal seines Palazzo an einem einzigen Tag errichten um seinen zukünftigen Schwiegervater zu beeindrucken. Mattei hielt zu dieser Zeit um die Hand einer reichen Römerin an aber nachdem er sein ganzes Vermögen beim Glücksspiel verloren hatte, weigerte sich der Vater der jungen Frau ihm seine Tochter zu geben. Aus der Hochzeit könne nach dieser Leichtsinnigkeit nichts werden, seine Tochter wolle er keinem Hungerleider zur Frau geben, liess er mitteilen.
Am nächsten Tag lud Herzog Mattei die junge Frau und ihren Vater in seinen Palast ein. Er liess sie durch einen Seiteneingang hineinführen und öffnete dann die Fensterläden zur Piazza Mattei an der nun ein wunderschöner Brunnen stand, der am Abend zuvor noch nicht dort gewesen war.
„Das kann kein Hungerleider“, soll der Vater der jungen Frau gesagt haben und die Hochzeit konnte doch stattfinden. Das Fenster, aus dem heraus die Drei auf den Brunnen geblickt hatten liess der Herzog vermauern. Keinem anderen Menschen sollte dieser einmalige Blick vergönnt sein.*

Ich erzählte die Geschichte meinen Reisegenossen. Sorella schaute ihren Maestro tief in die Augen und fragte ihn:"Baust du mir auch einen Brunnen?" Maestro schaute gedankenversunken auf den Brunnen. Ich glaubte seine Gedanken erraten zu können: In unserer Wohnung ist kein Platz für einen Zimmerbrunnen! Vom jüdisches Viertel zogen wir zur Tiberinsel weiter.
 
Zuletzt bearbeitet:
Als wir im Bus saßen, hörte ich von meinen Mitreisenden Kritik. Sie waren von unserer neuen Unterkunft nicht sehr begeistert: Die Zimmer waren zu klein und viel zu hellhörig, die Aussicht bescheiden, keine Dachterrasse usw. Sie murrten. Sorella war froh, dass sie nicht die ganze Zeit über dort wohnen musste! Im „Fornaci“ habe ich schon öfter gewohnt und finde das Haus völlig in Ordnung! Ich muss allerdings zugeben, dass es nicht so schön ist wie unsere erste Unterkunft. Ich fühlte mich etwas wie Mose, der mit einem störrischen und murrendem Volk unterwegs war. Ich hatte allerdings gegenüber Mose einen großen Vorteil: Mein Völkchen wurde im Höchstfall drei Tage murren und nicht wie das von Mose vierzig Jahre lang.
Was in der Tat ein nicht zu unterschätzender Vorteil ist! :lol:

Aufgrund meiner einzigen eigenen Fornaci-Erfahrung her hätte ich allerdings ebenfalls zu dem störrischen Volk :twisted: gehört: Diese braungetünchte Abstellkammer, die ich da als Zimmer bekam, war ganz und gar nicht mein Fall. Und zwar vor allem deswegen nicht, weil sie den gleichen Preis kostete wie ein EZ in der Villa Maria. Wäre es mit 40,- € oder so pro Nacht abgegangen, wäre es mir egal gewesen (es war ja seinerzeit nur ein kurzfristiger Spontanbesuch für 2 Übernachtungen zur Beisetzung von Prälat Gatz) - aber nicht für dieses Geld. Also dort werde ich freiwillig sicher kein zweites Mal buchen (wobei aufgrund der Umstände ja auch jenes Mal schon nicht freiwillig war - d.h. die VM war damals halt schon ausgebucht, wie ja nicht selten).
 
Gaukler schrieb:
Aufgrund meiner einzigen eigenen Fornaci-Erfahrung her hätte ich allerdings ebenfalls zu dem störrischen Volk gehört: Diese braungetünchte Abstellkammer, die ich da als Zimmer bekam, war ganz und gar nicht mein Fall. Und zwar vor allem deswegen nicht, weil sie den gleichen Preis kostete wie ein EZ in der Villa Maria. Wäre es mit 40,- € oder so pro Nacht abgegangen, wäre es mir egal gewesen (es war ja seinerzeit nur ein kurzfristiger Spontanbesuch für 2 Übernachtungen zur Beisetzung von Prälat Gatz) - aber nicht für dieses Geld. Also dort werde ich freiwillig sicher kein zweites Mal buchen (wobei aufgrund der Umstände ja auch jenes Mal schon nicht freiwillig war - d.h. die VM war damals halt schon ausgebucht, wie ja nicht selten).

Sorella, Umberto und Maestro werden Dir für das Posting sehr dankbar sein! Es gibt für das Geld Besseres, das ist wahr, aber auch Schlechteres. Ich erinnere mich noch, als ich im Oktober 2011 in Rom war. Damals wohnte ich in der Casa di Accoglienza, in der Via San Agatone Papa, 16. Selber Preis, aber deutlich schlechter. Ich hatte ein Doppelzimmer, dass ich als Einzelzimmer nutzte, es noch kleiner, als das im Fornaci und die Einrichtung war noch einfacher. Um in die Dusche zu kommen, musste man akrobatische Meisterleistungen vollbringen ... und trotzdem war es irgendwie nett. Die Ordensschwestern, die das Haus führen, waren äußerst nett und zuvorkommend, das hat vieles ausgeglichen...
 
Zuletzt bearbeitet:

Zu diesem Brunnen gibt es eine sehr schöne Legende. Ich habe sie vor einiger Zeit hier im Forum gefunden und gehe davon aus, dass die Autorin nichts dagegen hat, wenn ich sie hier zitiere ...

Guten Abend, Padre,

vielen Dank für die Fortsetzung Deines Berichts und natürlich darfst Du gerne aus meinem posting über den Schildkrötenbrunnen zitieren. :nod: :thumbup:
 
Sorella, Umberto und Maestro werden Dir für das Posting sehr dankbar sein!
Na, dann grüß' sie unbekannterweise mal herzlich von mir - als von einem virtuellen weiteren Halsstarrigen. ;) :]


Es gibt für das Geld Besseres, das ist wahr, aber auch Schlechteres.
Auch dies ist ganz sicherlich wahr. :nod: Und es war mir zudem von jeher bewusst, dass mein Vergleich mit der Villa Maria objektiv gesehen hinkt insofern, als man natürlich in der Via delle Fornaci die größere Stadtnähe mitbezahlt; bzw. als auch Eigentümer (oder Pächter) eines solchen Hauses dies mit einkalkulieren müssen.

Jedoch hindern all' diese Vernunftgründe uns notorisch Halsstarrige :twisted: nicht am subjektiven Empfinden von Unzufriedenheit. :~ :blush: :~
 
Gaukler schrieb:
Na, dann grüß' sie unbekannterweise mal herzlich von mir - als von einem virtuellen weiteren Halsstarrigen.

Meine Gefährten verfolgen den Bericht mit großem Interesse. Umberto war sehr angetan von Deinen Ausführungen zu "Lagonegro".
 
...
Im „Fornaci“ habe ich schon öfter gewohnt und finde das Haus völlig in Ordnung! Ich muss allerdings zugeben, dass es nicht so schön ist wie unsere erste Unterkunft.

Aufgrund meiner einzigen eigenen Fornaci-Erfahrung her hätte ich allerdings ebenfalls zu dem störrischen Volk :twisted: gehört: Diese braungetünchte Abstellkammer, die ich da als Zimmer bekam, war ganz und gar nicht mein Fall. Und zwar vor allem deswegen nicht, weil sie den gleichen Preis kostete wie ein EZ in der Villa Maria. Wäre es mit 40,- € oder so pro Nacht abgegangen, wäre es mir egal gewesen (es war ja seinerzeit nur ein kurzfristiger Spontanbesuch für 2 Übernachtungen zur Beisetzung von Prälat Gatz) - aber nicht für dieses Geld. Also dort werde ich freiwillig sicher kein zweites Mal buchen (wobei aufgrund der Umstände ja auch jenes Mal schon nicht freiwillig war - d.h. die VM war damals halt schon ausgebucht, wie ja nicht selten).

Ich war ebenfalls - nun schon vor ein paar Jahren - mal im "Fornaci" untergekommen und möchte Padre beipflichten: ich fand es ganz in Ordnung. Wir wussten, dass es ein "kirchliches Haus" ist und die Zimmer entsprechend "karg" sein würden (Hauptsache, es war sauber), aber wir waren ja den lieben langen Tag in Rom unterwegs. Und es gibt halt nicht überall Dachterrasse und Zimmer mit Ausblick, sondern auch solche "zum Hof" ;), dafür war die Lage ideal (und das Personal freundlich und zuvorkommend). So hat halt alles seinen Preis und seine zwei Seiten ;).
Dank an Dich, Padre, für die netten und amüsant zu lesenden Fortsetzungsberichte Eurer Romreise!
Gruß
Pasquetta
 
18 Thread-Seiten am Stück. :) Das ist heftig. Aber es hat sich gelohnt. Viele schöne Berichte. Informative Kommentare, gute Bilder.

Complimenti für Padre und alle anderen. :)
 
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