Nostalgischer Bericht meiner ersten Rom-Reise 1985

Romsucherin

Optio
Stammrömer
Vor 30 Jahren war ich zum ersten Mal in Rom, damals mit meinem Latein-Leistungskurs. Es gab noch keine Handys, PCs waren eine Seltenheit. Wir bereiteten Referate noch mit Hilfe von öffentlichen Büchereien oder Reiseführern vor, tippten diese mit der Schreibmaschine auf Matrizen und zogen diese ab. In Deutschland bezahlte man noch mit D-Mark, in Italien mit Lire, 1000 Lire waren damals umgerechnet 1,53 DM.
Als Reisetagebuch habe ich ein Fotoalbum angelegt, die Fotos habe ich damals mit einer Pocketkamera gemacht, so ist natürlich auch das Resultat: unscharfe, trübe Bilder, meistens habe ich meine damaligen Klassenkameraden abgelichtet und für die Sehenswürdigkeiten Postkarten gekauft. Damals war ich 16. Alle aktuellen Einschübe, Fragen, Bemerkungen schreibe ich grün, der Originaltext von vor 30 Jahren ist schwarz. Ich habe damals vieles aus einem Reiseführer, vielleicht auch aus den Referaten (keine Ahnung mehr aus welchem) ergänzt.


26./27.10. Abfahrt Mannheim Hbf 14.49 Uhr mit D 203 Loreley. Ankunft Roma Termini 8.15 Uhr
Dann Fahrt mit Metropolitana Linea B bis Circo Massimo. Die Kofferschlepperei bergauf zum Kloster war das Schönste. Wir haben damals bei englischen Dominikanerinnen gewohnt, ich habe nicht herausfinden können, ob es diese Unterkunft heute noch gibt. Vielleicht weiß es jemand von den Foristi.
Die Metrokarte für eine einfache Fahrt kostete damals 400 Lire.
Die Zimmer waren um diese Zeit noch nicht beziehbar, also starteten wir sofort mit unserem Stadtrundgang: Tiberinsel - Trastevere - M. Gianicolo - Pz. Navona - Pantheon - Pz. Colonna - Corso - Fontana di Trevi - Palazzo dei Quirinale - Pz. Barberini - Pz. di Spagna - Capitol - Forum Romanum - Colosseum - Circus Maximus.
Von der Kirche Santa Sabina hatte man einen schönen Rundblick über Rom. Leider war das Wetter etwas trübe.
Die Gruppe vor Santa Sabina. Die Kirche bewahrt von innen wie außen die Würde einer alten frühchristlichen Basilika. Über einem Haus der römischen Christin Sabina rerrichtete Petrus von Illyrien (425-432) den heutigen Bau, den Papst Eugen II. 824 mit Marmorausstattung versehen ließ. 1222 schenkte Papst Honorius III. die Kirche den Dominikanern.
Auf der Tiberinsel hörten wir ein Referat über den Tiber, die Insel und Trastevere. Alles lauscht gespannt den Ausführungen.
Weiter ging es auf den Monte Gianicolo. V. referierte ungestört vom Lärm (sprich: Hupen) der Autos (oder wie die Italiener ihre zerbeulten Blechdosen nennen) über die Stadtmauern und Entwicklung Roms.
Unsere Rast war ebenfalls hier mit einer Aussicht auf die trübe Stadt im Dunst (Wetter oder Smog, das war hier die Frage.
Neu gewann ich die Erkenntnis, dass Wespen scharf auf Kartoffelsalat und Frikadellen sind. Möglicherweise war auch Salz und Zucker verwechselt worden. Wie dem auch sei, mir kam mein Mittagessen schmackhaft vor. Diese besondere Art von Wespen machte sich auch scheinbar gar nichts aus gewöhnlichen Süßspeisen. Erst als ich zu fortografieren begann, verschwanden sie. Auch noch fotoscheu!
Man sieht in Rom sehr viel grün. NIcht jedoch wegen vieler Parkanlagen (auch wenn es diese gibt). Beispielsweise steht auf dem Petersplatz absolut kein Baum. Auch tragen dort Polizisten nicht grün, dennoch ist es nach einem schmutzigen Grauton, der ehemals vielleicht weiß war, die dominierende Farbe: Grün ist die Farbe der Planen, mit denen die Restaurationsgerüste abgedeckt sind. Aufgrund des zahlreichen Grüns sehen Fotografen rot.
Vor dem Obelisken befinden sich zahlreiche Brunnen mit trinkbarem Wasser. Ob dieses Wasser vom heiligen Platz auch Wunder bewirkt? Meine Probe blieb ohne Wirkung, allerdings war ich auch nicht krank.
Der weitere Marsch führte vorbei an der Engelsburg. Sie ist ursprünglich ein Grabbau, den Kaiser Hadrian (117-138) in den letzten Jahren seiner Regierung für sich und seine Nachfolger beginnen und den Septimius Severus (193) vollenden ließ. Als Rom durch die Einfälle der Germanen von Norden her gefährdet war und Kaiser Aurelian eine neue Stadtmauer erhielt, wurde das Mausoleum des Hadrian in die Befestigungsanlagen miteinbezogen und dank seiner strategisch günstigen Lage zur stärksten Festung Roms ausgebaut. Seinen Namen wechselte das Hadrianeum , als im Jahr 590 Papst Gregor der Große eine Vision hatte: Ein Engel über dme Mausoleum kündigte das Ende der damals herrschenden Pest an, indem er sein Schwert wieder in die Scheide steckte. Zum Zeitpunkt unseres Aufenthaltes in Rom hatte der Engel wohl gerade Urlaub, er war jedenfalls nicht da. Vor der Engelsburg bekamen wir einen Beweis vom guten Fahrstil der Italiener. Wild hupend schoss ein Auto auf unsere Gruppe mit unverminderter Geschwindigkeit zu. Herr M. konnte sich nur durch einen Satz nach vorne, der Rest der Gruppe nach hinten retten. Man sah noch den Fahrer wütend gestikulieren. Offenbar hatte er doch bremsen müssen.
Die Piazza Navona ist einer der charakteristischesten Plätze des barocken Rom, beständig vom Treiben der Römer und der Touristen erfüllt. Das beste Eis in ganz Rom ist angeblich hier (Tre Scalini) zu haben.
Neben den Brunnen auf der Piazza Navona gibt es noch zahlreiche andere Brunnen in Rom. Inmitten eines kleinen, von Häusern eng begrenzten Platzes erhebt sich Roms größter Brunnen, die Fontana di Trevi: In einem riesigen Becken finden sich MÜnzen, die nach alter Sitte von Besuchern Roms in den Brunnen geworfen werden - manche meinen, es müsse rückwärts über den Kopf geschehen -, damit man wiederkäme.
Wir stellten fest, dass der Platz en großer Anziehungspunkt ist. Selbstverständlich auch für Kitschverkäufer. Deren Sammlung reicht von Gipsnachbildungen (wenn es ja noch Gips wäre) antiker Statuen und Monumente über Romführer, Rosenkränze, MÜnzen, Briefmarken und anderen Kitsch (selbstverständlich zu überteuerten Preisen). Überhaupt sind die Preise hier sehr hoch.
Beispiel: 1 Dose Cola/Fanta/Sprite: 3000 Lire = 4,59 DM
Müde trafen wir uns auf einer Kirchentreppe.
Konstantinbogen: Der Triumphbogen für Kaiser Konstantin, vom Senat nach dem Sieg über Maxentius an der Milvischen Brücke (312 n.Chr.) zu Ehren des "Befreiers der Stadt und des Friedensbringers" errichtet, ist der größte (Höhe 21m, Breite 25,7m, Tiefe 7,4 m) und besterhaltene der römischen Siegesbögen. Als wir dort waren, schien es Mai zu sein: er grünte, wie so viele antike Gebäude.
Auf dem Kapitol fanden wir eine Dame mit Schirm vor in den Farben des Regenbogens. Da der Himmel bedeckt war, scheidet die Möglichkeit eines Sonnenschirmes aus, auch war Regen recht unwahrscheinlich, vielleicht hat sich die Dame auch im Tag geirrt, am folgenden Tag regnete es.
Der Kapitolsplatz (Campidoglio), von Michelangelo geplant, wird von drei Fassaden (Senatorenpalast, Konservatorenpalast und des "Neuen Palastes des Kapitolinischen Museums") doch nicht eingeengt, da die Gebäude Zugänge offen lassen.
...
Piazza Venezia mit Altar des Vaterlandes. Das Nationaldenkmal für Viktor Emanuel II, über dessen Schönheit die Meinungen auseinandergehen, wurde von 1885-1911 erbaut, um die 1870 gewonnene Einheit Italiens zu feiern. Auf halber Höhe befinden sich "Altar des Vaterlandes" und Grabmal des Unbekannten Soldaten. Der von den Römern "Schreibmaschine" genannte Gebäudekomplex schien unsere Schritte magisch anzuziehen. Sofern wir nicht gerade mit der U-Bahn unterwegs waren, führte unser Weg daran vorbei. Die Piazza Venezia ist einer der verkehrsreichsten Plätze Europas.
Die Zimmer der Mädchen beinhalteten 5 sehr weiche Betten und einen kleinen Schrank, sowie 3 Nachttische. Die Buben hatten ein 2-Bett-, zwei 3-Bett und ein 4-Bett-Zimmer. Die Zimmer waren feucht, schmutzig, die Zuglampe sprühte Funken, ein Bett zerbrach.
Das Abendmenü: eine schmackhafte (nicht ironisch) Gemüsesuppe, 2 Kartoffeln, salat, 1 kalter Hähnchenschenkel, Obst (Birnen, Äpfel - zwischen 3 und 12 Monaten alt).
Dieses war der erste Tag. Wenn ich heute meine Aufzeichnungen vonn damals lese, muss ich schmunzeln darüber, was mir damals wichtig war. Und ich habe höchsten Respekt vor unserem Lehrer, der damals diese Tour mit uns unternommen hat.
 
Der etwas andere Reisebericht ;)
Schon witzig, was man in diesem Alter für Berichtenswert erachtet. Aber an sich finde ich den Bericht echt gut geschrieben. Da hat man zu Schulzeiten auch anderes erlebt. Auf jeden Fall kein "und dann...und dann..."-Stil. Manche deiner Einschübe - also die im Original meine ich - sind echt zum Schießen. Woher wusstet ihr denn wie alt das Obst war? :lol:
 
Herrlich, wieder eine mit der - unheilbaren :twisted: - Romitis Angesteckte, die in wunderbaren römischen Erinnerungen schwelgt :D. Sehr gerne habe ich den Beginn dieser Aufzeichnungen mitgelesen, danke, dass Du sie mit uns teilst. Bereits Ludovico hat uns mit "Rom vor vierzig Jahren" in das Rom von früher entführt ;).
Und zu Eurer Unterkunft von damals: schau mal hier ob es diese war, die es jedoch - anscheinend leider - nicht mehr gibt.

Ich bin gespannt, was Du von Rom vor dreißig Jahren weiter notiert hast.
LG
Pasquetta
 
2. Tag in Rom (28. Oktober 1985)

Und zu Eurer Unterkunft von damals: schau mal hier ob es diese war, die es jedoch - anscheinend leider - nicht mehr gibt.

Ich bin gespannt, was Du von Rom vor dreißig Jahren weiter notiert hast.
LG
Pasquetta
Ich muss ehrlich zugeben, ich kann es nicht mehr sagen, ob es diese Unterkunft war, es könnte sie gewesen sein.
Leider finde ich in meinen Aufzeichnungen nichts zur Unterkunft konkret. Wenn ich das nächste Mal nach Rom komme, werde ich mal zu der "Villa Rosa" gehen, vielleicht kommt die Erinnerung mit dem konkreten Ort wieder.

amator_antiquitatis schrieb:
Woher wusstet ihr denn wie alt das Obst war? :lol:
Ich nehme mal an, dass es schrumplig war und braune Flecken hatte, halt nicht frisch aussah, also haben wir wohl zurückgerechnet, nach dem Motto aktuelle Ernte kann es nicht sein, also ist es mindestens ... Monate alt. Wir waren überhaupt sehr mäkelig, was das Essen anging, werdet ihr noch lesen.
Weiter geht's:
Frühstücksmarmelade: Aprikose
Auf dem Forum Romanum erlebten wir einen trüben Tag, nachmittags begann es zu regnen. Referiert wurde von E. und S. (Forum Romanum), U. (Domus Flavia, Domus Augustana, Palatin), S. (Römische Wandmalerei), E. (Triumphzug), S. (Römisches Münzwesen).
Eintritt ins Forum Romanum (Universaleintrittskarte vom Ministero per i beni culturali e ambientali) waren irgendwann mal 1000 Lire. Dieser Aufdruck ist aber überstempelt mit 5000 Lire.
Dann habe ich zwei Fotos eingeklebt,

  • auf dem einen sieht man die Gruppe ziemlich müde, finster laufen: Nach verlorener Schlacht gegen das Wetter kehren die Veteranen müde heim.
  • auf dem anderen schauen alle nach oben: Ja, was schauen sie denn? Sonne, wo bist du?
Um dem Regen zu entfliehen, stürmten wir in ein Café. Leider achteten wir vorher nicht auf die Preise. Aber wir waren froh, ins Trockene zu gelangen:
Wir saßen, wie die Fotos zeigen zu viert an einem großen Tisch, hinter uns eine Spiegelfront. Auf dem Kassenzettel steht San Carlo, S.R.L. (MT. 1801003 (RM). Laut eingeklebtem Zuckerzettel:p handelte es sich um Kaffee der Marke Caffé paraná: Jedenfalls kostete ein Cappucino ebenso wie eine Cola je 3000 Lire, also ca. 4,50 DM. Gar nicht mal soo teuer, gemessen an manch aktuellem Preis, für uns Schüler damals natürlich ein kleineres Vermögen.
Das Abendessen: Hühnerbrühe mit passiertem Huhn (inklusive panierte Knochen)
Kartoffelpampe mit allem möglichen
2 Scheiben Wurst, darauf ein lauwarmes Spiegelei ("Wurst schmeckt wie fettige Pappe")
Obst (Traube) leicht nass.

Wir verstiegen uns zu Hypothesen über die Vorspeisen des folgenden Abends: Wurstsalat, Kartoffelsuppe.
Leider ist keines der Fotos zum Abfotografieren und hier Einstellen geeignet, weil überall nur Personen abgebildet sind, und ich natürlich keine Persönlichkeitsrechte verletzen will. Für die Gebäudeansichten habe ich damals Postkarten gekauft, ganz bewusst, weil ich mit meiner Pocketkamera die Bilder ohnedies nicht so hinbekommen hätte.
 
Das Abendessen: Hühnerbrühe mit passiertem Huhn (inklusive panierte Knochen)
Kartoffelpampe mit allem möglichen
2 Scheiben Wurst, darauf ein lauwarmes Spiegelei ("Wurst schmeckt wie fettige Pappe")
Obst (Traube) leicht nass.

Wir verstiegen uns zu Hypothesen über die Vorspeisen des folgenden Abends: Wurstsalat, Kartoffelsuppe.
Ich sehe schon ihr wart restlos begeistert von eurem Essen ;) Aber ich hätte für den nächsten Tag eher auf eine Variation vom Huhn getippt, nachdem es das schon die ersten beiden Tage gab :lol:
Mal Spaß beiseite, ich habe großen Respekt vor Geistlichen, die solche Unterkünfte betreuen. Und Schulgruppen sind ja weiß Gott kein einfaches Klientel...sah man damals natürlich anders als Schüler :nod:
 
Restliche Tage

Dienstag 29.10.1985
Frühstücksmarmelade: Aprikose
Nach dem beständigen Regen des Vortages war der Boden aufgeweicht. Dennoch (oder gerade deswegen) wurden wir einen Abhang, der ohnehin schon steil, nun aber auch noch glitschig war, hinuntergescheucht, weil es sich hierbei um den Circus Maximus handelte.
Weiterer Programmpunkt war das Colosseum, wo uns T. referierte. Vor dem Colosseum gelang es uns, einen der zahlreichen Kitschverkäufer zu frustrieren: Wir umlagerten einen solchen Stand, wo uns Herr M. ein Buch empfahl. Der Verkäufer witterte schon ein gutes Geschäft, da zogen wir weiter, ohne auch nur ein Buch zu kaufen.
Schade, es wäre interessant gewesen, wenn ich dazu geschrieben hätte, welches es war. Der Eintritt ins Colosseum kostete damals 3.000 Lire. Auch hier ist die "Standardeintrittskarte des ministero... ursprünglich mit L. 1000 Lire gedruckt und der neue Preis wurde darüber gestempelt.
Bei der Eintrittskarte zu den Trajansmärkten herausgegeben von den Musei Comunali di Roma wurden die ursprüngichen 1000 Lire überstempelt mit 4000 L.
Die Trajansmärkte faszinierten uns als nächstes. S. referierte darüber. Die Eintrittskarte war schon eine Besonderheit. Ein Teil der Märkte war für uns wertlos, da sie für eine Ausstellung über einen italienischen Regisseur genutzt wurde.
Der echte Marmorfußboden wurde inspiziert, ob wir damit nicht unsere Wohnungen auslegen könnten. Er erwies sich als sehr unhandlich. Auch der versuchte Säulendiebstahl wurde entdeckt. Ferner vereitelte noch die Größe und das Gewicht des Blockes einen Diebstahl. Wir fanden eh, daß er gar nicht in unsere Wohnungen paßte. (Wie war das doch gleich mit dem Fuchs, der die Weintrauben als sauer bezeichnete, weil er sie nicht bekommen konnte?)
Das Pantheon wurde am Nachmittag besucht. Es ist das bedeutendste und besterhaltene Bauwerk der römischen Antike. Marcus Agrippa, Schwiegersohn des Kaisers Augustus wollte im Jahre 27 v. Chr. den Tempel wohl den allerheiligsten (Pantheon) Planetengöttern (daher das Firmament in der Kuppel mit der Öffnung für die Sonne - die Öffnung besteht noch heute, so daß man noch Regenpfützen vom Vortag fand) und nicht allen Göttern (wie der Name nahezulegen scheint) weihen.
Heute ist das Pantheon die Grabeskirche der italienischen Könige:
Viktor Emanuel II.
Umberto I.
Der große Renaissancemaler Raffael hat hier ebenfalls sein Grab.
Nach dem Besuch des Pantheons bekamen wir Freizeit bis um 19 Uhr.
R. und ich beschlossen zur Villa Borghese zu gehen. Der Weg dahin führte zur Via Veneto, der Prachtstraße Roms mit der amerikanischen Botschaft. Dort war Englisch die Umgangssprache.
Weiter führte der Weg durch ein unterirdisches Röhrensystem, das mit seinem modernen Charakter ein krasser aber willkommener Gegensatz zum antiken Rom war. Allerdings vermißten wirdie mehr oder weniger fahrenden Konservendosen. Eine unserer Überlegungen im "Strömischen Rasenverkehr" war ja immer auf die Haltbarkeit bezogen: Wie lange bleibt ein eben gekaufter Neuwagen neu? 1 Stunde, 1 Tag, 1 Woche?
Die Villa Borghese ist ein großer Park durchzogen von Autostraßen. Dennoch fanden wir einige idyllische Fleckchen. Mehrere Gebäude, die an kleinste griechische Tempel erinnern. Einer in einem gemütlichen Teich mit Enten, d.h. nicht im Wasser, sondern auf einer Insel (Tempio di Esculapio). Ein anderes Rundtempelchen mit Stuckdekoration wie beispielsweise Tierkreiszeichen.
Das Abendessen:
Nudeln
Kartoffelpüree, Gulasch, Wirsing
Obst
Beim Gulasch waren wir uns unsicher, welches Fleisch: Schwein, Rind - schien auszuscheiden, oder Katze.

Mittwoch, 30.10.1985
Frühstücksmarmelade: Aprikos
Dieser Tag war in zwei Teile (sprich: Gruppen) geteilt. Eine Gruppe von 7 Leuten begab sich in die Vatikanischen Museen, der andere weitaus größere Teil nahm an der Papstaudienz teil. Im Zuge der Sicherheitsvorkehrungen wurden wir unserer Taschenmesser entledigt (zumindest ein Teil, d.h. T. und ich), die wir nie mehr wiedersahen. Nach der Audienz wurden wir nämlich von einem Ende des Petersplatzes an das andere geschickt. Ich bekam zwar ein Messer zurück, aber ein minderwertigeres. In der Peterskirche herrschte eine gespannte Atmosphäre. Es war eine rein deutsche Audienz mit ca. 6000 Pilgern. Der Papst zog vielleicht 2 m von uns entfernt ein, d.h. es war kein Einzug. Er ging die Bankreihen entlang und segnete die Gläubigen, schüttelte Hände, sprach ein paar Worte. Die einzelnen Gruppen wurden namentlich erwähnt und bekundeten ihr Vorhandensein mit Beifall und Gejühle. Dann hielt der Papst eine Predigt und erteilte den apostolischen Segen. Wir alle waren tief bewegt, er hatte enormen Eindruck gemacht. Des Abends entspannen sich unabhängig voneinander mehrere Diskussionen um Glaube und Kirche sowie Formen des Christseins.
Nach der Audienz warteten wir auf dem Petersplatz auf die Museumsbesucher. Es begann zu regnen, und da ich keinen Regenschutz dabei hatte, gabe mir Herr M. einen, den er ursprünglich für seine Frau gekauft hatte (2000 Lire). Beim Auseinanderfalten stellten wir unter Gelächter fest, daß er in Farbe und Material einer Mülltüte ähnelte. Als ich ihn anhatte, bogen wir uns vor Lachen. Ich müsse aufpassen, daß mir keine Müllmänner begegneen, sonst müsse man mich bei der MÜlldeponie abholen. Der Scherz wurde auf die Spitze getrieben: Herr M. schrieb mir SPQR auf den Rücken (Senat und Volk von Rom) und wies mich damit als Eigentum der Stadt aus. Allerdings hielt mein Regenmantel mich trockener als manch anderer.
Wieder vereint gingen wir in die Peterskirche zurück und von dort auf die Kuppel. Zunächst fuhren wir mit dem Fahrstuhl hoch, dann gingen wir über immer enger werdende (Wendel-)Treppen. Diese schöne Aussicht hatten wir aufgrund des miesen Wetters nicht. Danach Freizeit..
Abendessen:
Nudeln
Kalter Braten mit heißer Soße (Gulasch vom Vortag passiert), Kartoffeln, Salat
Obst.

Donnerstag, 31.10.1985
Nach dem Regen des Vortages wollten wir nicht, wie ursprünglich geplant, nach Ostia, zumal der Wetterbericht nichts Gutes verhieß. Als absurde Idee warf Herr M. Pompeji ins Gespräch, was begeisterten Anklang bei der HÄlfte+1 der Gruppe fand, die andere Hälfte war aufgrund der Spontaneität nicht so überzeugt. Der Plan wurde fallen gelassen. Man beschloss das Freitagsprogramm vorzuziehen. Zuerst besichtigten wir also die Caracallathermen, J. referierte.
Es war doch noch ein warmer, sonniger Tag geworden. In den Thermen wurden wir von bettelnden Katzen umstreunt. Es sit sagenhaft, wie viele Katzen es in Rom gibt. In allen Farben, formen, Größen und Variationen. Lediglich bei uns auf dem Aventin gab es relativ wenige.
Eintritt in die Caracalla-Thermen kostete 3000 Lire.
Weiter ging's zur Appia Antica. An der Porta S. Sebastiano bogen wir ab auf bewußte Via, um zu den Katakomben zu kommen. Auf dieser heute sehr stark befahrenen Straße ohne Bürgersteig trippelten wir im Gänsemarsch hintereinander her.
Die Via Appia Antica ist eine der ältesten und wichtigsten der Römischen Konsularstraßen. Sie wurde von dem Censor Appius Claudius Caecus um 300 v.Chr. als Verbindung zum Süden bis Capua angelegt und 190 v.Chr. bis Brindisi verlängert. Vom Hafen Brindisi aus konnte man über das Mittelmeer in den östlichen Raum des Römmischen Reiches gelangen. Parallel zur Via Appia verlaufen in der Nähe Roms Aquädukte. Links und rechts der Via Appia richteten sich die vornehmen römischen Familien (folgend dem Gesetz, daß die Toten nicht innerhalb der Stadtmauern bestattet werden dürften) Gräber ein.
Die Legende berichtet, daß Apostel Petrus aus Angst vor dem Martyrium aus Rom fliehen wollte. Auf der Via Appia sei ihm ein Wanderer begegnet, den Petrus fragte: "Domine, quo vadis?" (Herr, wohin gehst du?", worauf ihm dieser antwortete: "Ich komme, um mich ein zweites Mal kreuzigen zu lassen." Da erkannte Petrus, daß Chrsitus mit ihm sprach und kehrte beschämt um. In Erinnerung an diese Erzählung wurd im 9. Jh. ein Kirchlein "Domine Quo Vadis" errichtet.
Die Katakomben des Kalixtus wurden von Papst Johannes XXIII die erhabensten und berühmtesten Roms genannt. Diese unterirdischen Grabanlagen erstreckten sich in vier Geschossen auf einer Fläche von 300 x 400 m. Etwa 20 km der Gänge sind erforscht. Die Zahl der Gräber wird auf 170.000 geschätzt. In den Katakomben sind in sechs Sakramentskapellen römisch-heidnische und frühchristliche Malereien zu sehen. Die Führung fand auf Deutsch statt und war dank des Führers (eines Priesters, der sich wohl zu den urchristen zugehörig fühlte und weltfremd anscheinend schon im Jenseits lebte) ein tolles Erlebnis. Das Ganze glich mehr einem Gottesdienst, denn einer Führung. An einem Altar improvisierten wir sogar "Lobet den Herren". An den vergnügten Gesichtern unserer Gruppe konnte man ablesen, wie sehr wir uns amüsiert haben. Einge seiner Sprüche:

  • Das ist die Erschaffung von Adam und Eva. Eva sehen sie hier... Adam wurde geraubt.
  • Wir sind alle kleine Fische. Jesus ist der große Fisch, der für uns gebraten wurde.
  • Als wir den Koffer aufmachten, fanden wir meinen Onkel: Ein Büschel Haare, eine Krawatte, das ist die Verwesung.
Während unserer Mittagspause referierte G. über die Christen im römmischen Reich. Unser Führer, meinte, er würde jetzt MIttagessen gehen, wir sollten ruhig singen. Er hielt uns wohl für einen Chor. Er fuhr mit einem Fahrrad. Zunächst hielt er das Rad so schräg, daß es fast den Boden berührte, dann stellte er scih breitbeinig darüber und richtete es unter sich auf.
Dann ging es zur Kirche San Paolo fuori le Mura. An den Wänden dieser Kirche befinden sich die Papstmedaillons aller Päpste von Petrus bis heute. Die Kirche ist über dem angeblichen Grab des Paulus gebaut. In einer Seitenkapelle befindet sich ein Kruzifix, dessen Kopf unnatürlich angesetzt wirkt. Wie uns ein ehemaliger Soldat als Führer (er trat einfach an uns heran) auf Englisch erklärtee, kommt das der Legende nach davon, dass Jesus auf dem öffentlichen Platz, auf dem das Kreuz früher aufgestellt war, mit der heiligen Brigitte gesprochen hat.
Am meisten beeindruckt hat mich das Apsismosaik. Die Augen Jesu schienen mich durchdringend anzuschauen. Durch die Sakristei führt der Weg in den Kreuzgang des Benediktinerklosters, der zwischen 1204 und 1241 von Mosaikkünstlern der Familie Vassalletti geschaffen wurde.
Vor der Kirche bettelte eine Frau mit einem vollständig zugedeckten, wenige Wochen alten Baby. Sie zeigt uns das Kind nur sehr ungern und kurz. H. wollte das Kind fotografieren, aber die Mutter forderte 1000 Lire.
Den Nachmittag verbrachten H. und ich damit, uns die beiden anderen Patriarchalkirchen und eine der drei übrigen Pilgerkirchen anzusehen.
Santa Maria Maggiore: Die Legende berichtet, Papst Liberius und dem Patrizier Johannes sei in der Nacht zum 5. August 352 die Gottesmutter Maria erschienen und habe ihnen aufgetragen, dort eine Kirche zu bauen, wo es am anderen Morgen schneie. Es habe tatsächlich geschneit, auf dem Esquilin in basilikalen Umrissen.
Der Weg führte vorbei an der Piazza Vittorio mit Trofei di Mario. Was immer das gewesen sein mag, im Moment scheint es ein Wohnsitz für Katzen zu sein (wie so viele Gebäude). Hier lief uns erstmals eine tollwütige Katze über den Weg.
Abweichend von unserer geraden Strecke folgten wir der Stadtmauer und gelangten zur Porta Maggiore. Die Porta Maggiore, heute vom Verkehr umtost, war eines der eindrucksvollsten Bauwerke des Römische Reiches. Sie wurde von Kaiser Claudius 52 n.Chr. an der Gabelung der Straße nach Prenesta und Labici errichtet, als Durchgang unter zwei Aquädukten. Erst unter Aurelianus wurde der Bau in die Stadtmauer einbezogen. Daneben befindet sich das Grabmal für den Bäckermeister Virgilius Eurysaces und seiner Frau.
Inzwischen habe ich mich an den italienischen Verkehr gewöhnt. An Zebrastreifen zu warten, ist zwecklos, also marschiere ich mit ausgestrecktem Arm munter drauflos. So bin ich heil über jeden Zebrastreifen gelangt und habe mehr als einmal andere Touristen,d ie gewartet hatten, in meinem Kielwasser mitgezogen.
Die Kirche Santa Croce gefiel mir als Christ am besten, während mir alle anderen Kirchen mehr von der Innenausstattung her gefielen. Auch Santa Croce in Gerusalemme war prächtig, jedoch nicht von Touristen besucht, was eine ungestörte Atmosphäre ausmachte. Diese Kirche war wirklich ein Ort der Besinnung.
In der Kirche San Giovanni in Laterano sind die Köpfe der Apostel Petrus und Paulus aufbewahrt. Vor dem Papstaltar befindet sich in der Confessio das Grab Martins V., auf das die Römer Münzen werfen. Dahinter fand ein Gottesdienst statt. Mich persönlich störte die Reisegruppe, die zu der Zeit in der Kirche. Aufgrund des Gottesdienstes, der mich in den Bann zog und der fehlenden Zeit betrachtete ich das Kircheninnere nicht sehr intensiv, was ich aber nicht als Verlust ansah, obwohl die Kirche wirklich sehr prächtig ist.
Das Abendmenü:
zum dritten Mal die gleiche Vorspeise: Nudeln
Kartoffelpüree, 1 Frikadelle, 1 Scheibe Käse, Salat.
Obst
Die Frikadelle war teilweise noch roh im Inneren.

Freitag, 1.11.1985
Frühstücksmarmelade: Aprikose
Wir fuhren mit dem Zug nach Ostia Antica, wo wir die Ausgrabungen besichtigten. Irgendwie kommt mir die Eintrittskarte bekannt vor. Eintritt Ostia: 4000 Lire
Während die Gruppe din Mosaikboden bewunderte, stöberte Herr M. in den Unterlagen. Glücklicherweise war das Geländer, auf dem er saß, nicht antik, sonst wäre es vielleicht gebrochen.
Über das römische Wohnwesen - ein Referat von M.
Etwas schlauchig dieser Tag, zum Glück gibt es genügend Säulen und ähnlniches, worauf man sich stützen kann, derweil der Rest versucht, Inschriften zu entziffern.
Die Gruppe vor den Getreidemühlen
Zwei Hunde: Maskottchen No 1 (Köter), das uns hartnäckig durch Ostia verfolgte.
Maskottchen No 2 (Töle)
Das Theater - ein Referat von M. im Theater. Dann eine Aufführung von der Krähenszene der Mostellaria von Plautus. Tranio = Herr M., Simo = H. Theopropides = ich.
Ich gebe zu, ich habe heute keine Ahnung mehr, worum es in der besagten Krähenszene geht.
Auch J. gibt ein Stück seines Sommernachtstraumes zum Besten.
Um die Größe der Römer zu erreichen , mußte Herr M. noch etwas wachsen, aber wir haben auch so viel gelacht.
Am Nachmittag hatten wir drei Alternativen: Ostia, Lido di Ostia oder Villa di Plinio.
Herr M., H. und ich suchten die Villa des Plinius. Nach einem kilometerlangen Fußmarsch wurden wir fündig, d.h. wir fanden eine Villa.
Wir haben zwei Theorien entwickelt:

  1. Villa des Plinius, aber seitenverkehrt - dagegen spricht die Lages des Meeres u.a. und daß die Villa nicht benannt ist.
  2. Villa des Nachbarn
Wir hasteten den Weg schwerbeladen zurück, erreichten den Zug aber dennoch nicht mehr. Also fuhren wir, um zum Abendessen zurechtzukommen mit der Metropolitana. Zum Abendessen gab es als Vorspeise wieder einmal Nudeln (aber welch ein Wunder, statt der bisher glatten jetzt gerippte Nudeln).
Dann als Hauptgericht: Fisch in einem Teig, Kartoffelpüree, Karotten, als Dessert Obst wie üblich. Am Abend wurden Koffer gepackt.
Samstag, 2.11.1985
Der Tag, an dem wir abfuhren. Nach dem Frühstück fuhren wir zum Bahnhof, um die Koffer umzustellen. Dann warteten wir sehr zum Vergnügen der plaudernden Busfahrer auf unseren Linien, der uns nach Tivoli zur Villa Adriana bringen sollte, wo R. und ich referierten. Der Bus war ein uraltes, schaukelndes Vehikel. Jedes Schlagloch fühlten wir bis ins Mark. Es war also unvermeidlich, daß wir das Ende der anderthalbstündigen Fahrt über knappe 50 km kaum abwarten konnten. Zunächst führte uns der Busfahrer quer über die Straßen Roms, die reinste Stadtrundfahrt. In der Villa konnten wir in der Mittagspause die Sonne genießen. Auch die Rückfahrt mit dem Bus war kein Vergnügen. Am Nachmittag war noch einmal frei.
Zusammen mit Frau K. wollte ich auf die Piazza Farnese. Unser WEg führte uns jedoch über viele Umwege. Unter anderem vorbei an der Kirche San Carlo ai Catinari (genannt nach den nahegelegenen Werkstätten der Hersteller von Waschbecken - Catinari).
Treffpunkt war 18.30 Uhr an der Piazza di Spagna. Wir gingen dann in ein Lokal, wo wir echt italienisch speisten. Das Essen war vorzüglich und gegen Ende desselben kamen ein Sänger mit einer Begleiterin für unsere Unterhaltung. Sie kannten und sangen recht gute Lieder, wobei wir in Form von rhythmischem Klatschen und Tambourins mitmachten. Die Stimmung war ausgezeichnet. Als das Duo "Arrividerci Roma" sang, winkten wir mit unseren Servietten. Der singende Kellner wischte mir sogar imaginäre Tränen aus den Augenwinkeln. Am Nebentisch hatte man den Eindruck übers Ohr gehauen worden zu sein. Darum sagte Herr M. beim Bezahlen der Rechnung "bene, bene, beschissen" was der Kellner mit einem Grazie quittierte. Dann mussten wir das voll gewordene Lokal verlassen. Aufgeputscht durch den Wein und die gute Stimmung sangen wir auf dem Weg zur Piazza di Spagna. Dort setzten wir uns auf die Spanische Treppe und gröhlten weiter. Wir stellten fest, dass die Zahl der Uniformierten sprunghaft anstieg. Auf dem Weg zur U-Bahn fühlten wir uns verfolgt. Auch in der U-Bahn grölten wir solange, bis sich ein Italiener wortgewaltig aufregte. Die Uniformierten lachten. Im Bahnhof holten wir die Koffer und begaben uns zum Zug. Um Mitternacht gratulierten wir A., die 18 wurde.
Das Ristorante hieß "La Capricciosa", Largo del Lombardi 8.
Ich hatte damals Antipasto Misto 5000 L., Pizza alla Capricciosa 5000 L. und Gelato misto o pesca melba 3000 L.
Die Rückfahrt verbrachten wir im Liegewagen. Es handelte sich wohl um Kurswagen, die an den D 202 Loreley in Milano angehängt wurden. Am nächsten Tag um 16.03 Uhr waren wir wieder in Mannheim.

Heute 30 Jahre später finde ich es beeindruckend, was wir damals für ein Programm absolviert haben

 
Zuletzt bearbeitet:
Oh, ich sehe du hast die fehlenden Tage noch ergänzt.
Nochmals danke für diesen witzigen Bericht, ihr habt wirklich viel erlebt und vor allem hast du mit diesem Bericht viel davon bewahrt.
 
Dem schließe ich mich gerne an.
Das sind ganz besondere Eindrücke, schön für Dich - und für uns! - dass Du so genau alles notiert hast. Vielen Dank dafür!
 
Zurück
Oben