Fünf unvergessliche Tage im April

Dein Spaziergang entlang der Via Claudia ist klasse; selbst die unsäglich langweiligen Mauerreste füllst du mit Leben. Sehr interessant auch die Überlegungen zu 'domnica' :nod::thumbup:
 
Dein Spaziergang entlang der Via Claudia ist klasse; selbst die unsäglich langweiligen Mauerreste füllst du mit Leben. Sehr interessant auch die Überlegungen zu 'domnica' :nod::thumbup:
Vielen Dank! So langweilig fand ich die Mauerreste gar nicht. Es hätte halt ein Stückchen authentischer gewirkt, wenn diese Straße nicht ein einziger großer Parkplatz wäre und wenn man nicht mit dem Rücken zu den Bauarbeiten an der Metro C stünde.
Sehr schade finde ich, dass man auf dem Celio soviele Privatgrundstücke hat, so dass man z.B. an die alte Tempelanlage gar nicht herankommt.
 
Sehr schade finde ich, dass man auf dem Celio soviele Privatgrundstücke hat, so dass man z.B. an die alte Tempelanlage gar nicht herankommt.

Nu ja, vom alten Tempel für Divus Claudius ist auch fast nichts mehr übrig. So weit ich weiss, hat Nero die Anlage damals schon platt gemacht, um dort u.a. ein Nymphäum zu errichten. Sein goldenes Haus war weiterläufiger, als man denkt. Die Basilica Santi Giovanni e Paolo ist teilweise auf den alten Mauern erbaut worden. Die Anlage ist weitläufig; ich weiss nicht, ob das ein Klosterbereich ist, aber jedenfalls nehmen diese Bauten einen grossen Teil des Geländes des ehemaligen Claudius-Tempels ein.

PS. (nachdem ich gerade meine schlauen Bücher befragt habe): Die einzigen noch erhaltenen Reste liegen unter dem Passionistenkloster von SS. Giovanni e Paolo.
 
Zuletzt bearbeitet:
PS. (nachdem ich gerade meine schlauen Bücher befragt habe): Die einzigen noch erhaltenen Reste liegen unter dem Passionistenkloster von SS. Giovanni e Paolo.
Ahhh, das ist also das Gebäude mit dem Kreuzgang, das man auf dem Satellitenfoto sehen kann.
Ja, das meinte ich damit. Man steht dort oben so oft vor verschlossenen Toren und wundert sich was dahinter sein könnte. Muss mal recherchieren, was die anderen Gebäude sind, an die man nicht herankommt....
 
4. Tag: Allein im Museum - Mit Massen im Park
(1. Teil)

Für den letzten vollständigen Tag in Rom hatte ich dieses Mal ein etwas anderes Programm im Kopf. Dem geneigten Leser ist es sicher nicht entgangen, dass die letzten Tage doch sehr antike-lastig waren. Daher galt es an diesem Tag einen Blick auf das moderne Rom zu werfen oder sollte ich besser sagen, auf einen Teil des modernen Roms, denn dieses in seiner Gesamtheit erfassen zu wollen, wäre eine Aufgabe für einen kompletten Urlaub. Nicht zuletzt durch die kontroverse Diskussion in Padres Reisebericht (Römische Novene - Seite 5) wurde ich auf das EUR-Viertel aufmerksam und wollte diese Gelegenheit nutzen, es mir selbst anzusehen. Neben der Architektur interessierten mich vor allem die dortigen Museen und das gesamte Flair des Viertels. Nach den bisherigen Berichten hier im Forum scheiden sich ja gerade an letzterem Punkt sehr die Geister.

Bevor ich zu meinem Spaziergang durch EUR übergehe, zunächst ein paar einführende Worte zur Geschichte des Viertels und der darin begründeten Kontroverse um dessen Beurteilung. Bei diesem Viertel handelt es sich, wie schon öfter beschrieben, um ein typisches „Planviertel“, wie es viele moderne Großstädte besitzen. Die Besonderheit EURs liegt darin begründet, dass es nicht so sehr aus demographischen Gründen, sondern in erster Linie für die geplante Weltausstellung 1942, im wahrsten Sinne des Wortes, aus dem Boden gestampft wurde. Das südlich der Stadt liegende Gelände wurde nach langen Überlegungen durch Mussolini und dessen Berater auserkoren, die Stätte des neuen Viertels zu werden. Die Entscheidung für dieses Gelände hatte im Übrigen für die gesamte Bauentwicklung der Stadt eine große Bedeutung, da sich die Ausdehnung nun in Richtung Südwesten zum Meer hin vollzog.

Das faschistische Italien war in diesen Jahren sehr bemüht seine Rolle unter den Großmächten Europas zu etablieren. Mit der gewaltsamen Annexion Äthiopiens (1936) sah man sich nun mit den Kolonialmächten auf einer Ebene und bediente sich verbal und ideologisch imperialistischer Vorbilder, die für Italien naheliegend, im antiken Rom begründet lagen. Diese Verbindung zwischen Politik, Ideologie und Außendarstellung sollte im Zuge der Weltausstellung demonstriert werden, ähnlich wie es bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin der Fall war. Wie stark die Anlehnung bei dieser geplanten Veranstaltung an das Deutsche Reich war, sieht man vor allem bei der, viel zu selten beachteten, medialen Konzeption der Ausstellung. Einen besonderen Einblick darin bietet ein Artikel unter dem Titel „un vasto piano di pubblicità mondiale“, der 1941 in der Zeitschrift La pubblicità d’Italia zu Propagandazwecken veröffentlicht wurde. Darin wurde anhand der demographischen Daten Deutschlands eine Gesamtanalyse des zu erwartenden Absatzmarktes erstellt und wiederum darauf basierend eine Einschätzung über die nötigen Werbemittel in Printmedien und Film getätigt. Schon alleine anhand dieser Fixierung auf die Deutschen zeigt sich die enge ideologische Verbindung, die grundlegend für die Ausstellung sein sollte.

Doch wie so oft in der Geschichte sollte es letztlich anders kommen. Die Weltausstellung kam, wie so viele Großveranstaltungen dieser Jahre, durch den Krieg nie zustande. Nun waren natürlich schon die ersten Gebäude dieses Viertels vollendet, andere begonnen und im Rohbau stehen gelassen. Betrachtet man Fotos aus dieser Zeit, so muss diese Großbaustelle eine gespenstische Atmosphäre besessen haben. Mit ähnlich gemischten Gefühlen betrachtete auch das Nachkriegsitalien dieses Bauprojekt und nicht wenige forderten den kompletten Abriss. Die Kompromisslösung bestand darin, die bereits fertiggestellten Gebäude wie z.B. den Palazzo della Civiltà Italiana oder den Palazzo dell’Ente stehen zu lassen, die noch nicht begonnenen Gebäude – dies waren ohnehin die Mehrzahl – gar nicht erst zu bauen. Dies hat zur Folge, dass das heutige EUR architektonisch aus mehreren „Zeitschichten“ besteht, was vielleicht auch zum etwas befremdlichen Auftreten des Viertels beiträgt. EUR ist heute ein modernes Verwaltungsviertel mit zahlreichen Ämtern und Behörden, was zur Folge hat, dass es wochentags sehr geschäftig zugeht, am Wochenende aber meist verlassen daliegt.

Die Kontroverse entbrennt, meiner Meinung nach, vor allem an zwei Punkten: 1. Ist sowohl in der öffentlichen Wahrnehmung, als auch teils in der Forschung zu wenig thematisiert worden, dass das EUR-Viertel in der heutigen Form nur noch in der Grundform dem ursprünglichen Plan entspricht. Ein Großteil der geplanten Gebäude wurde nie fertiggestellt bzw. nie begonnen. Somit trägt das Viertel bestenfalls den Schatten imperialistischer Ideen. Sicherlich ist es nicht von der Hand zu weisen, dass auch den heutigen Gebäuden ein gewisser Hang zu Gigantismus und Bauformen anhängt, die wir in der Rückschau mit dem Baustil diktatorischer Regime in Verbindung bringen. Doch hatten sich die Architekten der Nachkriegszeit bewusst dafür ausgesprochen, die ursprünglichen Pläne, abgesehen von den radikalsten Ideen, ideologiebefreit nachzubauen. 2. Wird die Rolle Marcello Piacentinis oft zu undifferenziert gesehen. Der häufig als Mussolinis „Stararchitekt“ bezeichnete Piacentini leitete in der Tat die architektonische Ausgestaltung des Viertels und wurde, nachdem er durch die ministerielle Reinigungskommission rehabilitiert worden war, ab 1951 mit der Vollendung der Baupläne beauftragt. Bei seiner Beurteilung konzentrierte man sich zu oft auf seine Karriere unter dem faschistischen Regime und vernachlässigte dabei seine Tätigkeiten außerhalb dieses Zeitraums. Hinzu kommt, dass seine Rolle niemals die politische Dimension eines Albert Speer erreichte. Ebenso wird oft übersehen, dass Piacentini in der Nachkriegszeit an bedeutenden und gefeierten Bauprojekten wie der Via della Conciliazione oder der Kapelle der Universität La Sapienzia beteiligt war.

Dies im Hinterkopf begab ich mich gespannt dorthin und spürte schon bei den ersten Schritten, dass hier eine andere Atmosphäre als z.B. im centro storico herrscht. Die Gebäude wirkten mit ihren teils kahlen, teils verglasten Fassaden manchmal kühl und abweisend, dennoch nicht leblos. Im Gegensatz zur Innenstadt sind die Straßen dort aber leicht überschaubar (durch die quadratische Ausrichtung der einzelnen Blocks), so dass man sich kaum verlaufen kann. Während ich noch diese ungewohnte Atmosphäre aufsaugte, bewegte ich mich auf die Mitte des Viertels zu; die Piazza Guglielmo Marconi. Sie ist nach dem italienischen Physik-Nobelpreisträger benannt, der in den 1930er Jahren zum Präsidenten der Königlich Italienischen Akademie der Wissenschaften aufstieg. Inmitten dieses verkehrsumtobten Platzes erwartet den Besucher ein Obelisk nach ägyptischen Vorbild. Doch mein Weg führte mich vorerst nicht dorthin, sondern zum am östlichen Rand des Platzes gelegenen Palazzo delle Scienze. Dieser beherbergt das Museo Nazionale dell'Alto Medioevo, das einzige Museum Italiens, das speziell das Mittelalter behandelt.


Es ist wahrlich kein spektakuläres Museum, eher eines für speziell Interessierte, allein schon wegen seiner Lage. Doch habe ich hinterher keine Minute dort bereut. Da man in Italien eine andere Definition des Mittelalters hat als in Deutschland, liegt der Fokus dieses Museums auf einer Zeitspanne, die hierzulande noch eher unter die Kategorie Spätantike fällt. Vor allem der langobardischen Geschichte und den Transformationsprozessen des zerfallenden Römischen Reiches wird hier besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Ein Großteil der Exponate des ersten Teils dieses Museums stammt von Ausgrabungen in Nocera Umbra und Castel Trosino (6./7. Jhd.) anhand derer der Besucher einen Einblick in das Alltagsleben und die Bestattungsriten der langobardischen Bevölkerung erhält. Auch Kleidung und Schmuck kommen neben Waffen und Gebrauchsgegenständen nicht zu kurz. Höhepunkt des Rundganges ist die Rekonstruktion einer römischen domus, wie sie bei Ausgrabungen nahe Ostia gefunden wurde. Zuvor erhält der Besucher ausführliche Einblicke in die Rekonstruktionsversuche und die handwerkliche Kunstfertigkeit, die hierfür von Nöten war. Der Nachbau befindet sich in einem abgedunkelten Raum, wodurch die Farben der Mosaike aus kunstvollem opus sectile besonders schön zur Geltung kommen.


Dass ich dort keine Menschenmassen vorfinden werde, war mir von Anfang an klar. Doch ich traute meinen Augen kaum, dass ich die kompletten 1,5h Stunden meines Besuches allein war. Auch die Herren am Eingang waren angenehm überrascht heute Kundschaft begrüßen zu dürfen, so hatte ich zumindest das Gefühl. Das hatte zur Folge, dass ich zwar zunächst verdutzt angesehen, dafür aber umso freundlicher behandelt wurde. Es war alles in allem eine seltsame, wenn auch sehr anregende Atmosphäre. Ungewohnt zunächst, doch mit der Zeit wuchs meine Freude vor allen Exponaten und Schautafeln so lange stehenbleiben zu können wie ich wollte, ohne jedem die Sicht zu nehmen oder beim Fotografieren gestört zu werden. Am Ende fand ich es dann aber doch ein wenig schade, dass dieses Museum so wenig Aufmerksamkeit bekam, denn die Exponate waren sorgsam ausgewählt, verständlich erklärt (leider oft nur auf Italienisch!) und ansprechend präsentiert – kurz: genau das, was manches Museum vermissen lässt.

Noch sehr in Gedanken lief ich in Richtung Museo della Civiltà Romana, das zurzeit leider geschlossen ist, das ich aber nichtsdestotrotz von außen sehen wollte. Entlang schnurgerader, jetzt zur Arbeitszeit fast menschenleerer Straßen sah ich schon früh den monumentalen Bau. Das Museum ist eines der Gebäude, die vor dem Baustopp zumindest im Grundstock begonnen wurden, aber erst Anfang der 50er Jahre vollendet wurde. Auffällig ist die Frontseite mit ihrem nach antikem Vorbild geformten Säulenportikus, ein Werk des römischen Architekten Pietro Aschieri. Dieser Portikus verbindet die beiden Gebäudeflügel, die in braunem Tuffstein gehalten sind – ein Geschenk eines großen italienischen Automobilherstellers. In seiner Gesamtheit wirkt das Gebäude massiv und überproportioniert. Die antikisierende Ausgestaltung zeigt deutlich, dass nicht in jeder Hinsicht die Bauvorgaben der ursprünglichen Anlage verworfen wurden.


Weiter ging die Erkundungstour zum Palazzo dei Congressi, der zwar etwas schlichter daherkommt, dennoch die gleichen architektonischen Vorbilder erkennen lässt. Es scheint nicht von ungefähr zu kommen, dass bei der Ausschreibung 1936 fast nur Gebäudekonzeptionen mit Säulen akzeptiert wurden, denn diese erklärte man kurzerhand für einen essentiellen Teil der romanità, die man in allen Bauwerken des Viertels verwirklicht sehen wollte. Vor allem der weite Vorplatz des Kongressgebäudes erzeugt einen optischen Effekt, der das Gebäude weitläufiger wirken lässt als es ist. Während ich hier Fotos machte, wurde mir einmal mehr klar, dass das hier historischer Boden ist, wenn auch anders als im „klassischen“ Rom. Hier in diesem Gebäude tagte 1960, sechs Tage vor der Eröffnungsfeier der Olympischen Sommerspiele, das Internationale Olympische Komitee; in diesem Gebäude fanden während des Turniers die Wettkämpfe der Fechter statt; zwei Jahre danach hielt hier erstmals die Kommunistische Partei Italiens einen Parteitag ab, später folgten die Christdemokraten mehrfach diesem Vorbild. Ja, langsam wuchs doch eine gewisse Ehrfurcht vor diesen Plätzen, die ich zunächst als so kühl, deplatziert und wenig bedeutungsvoll empfand.


Vorbei ging es nun an der Piazzale delle Nazioni unite mit den beiden halbkreisförmigen Exedren, die durch die mehrspurige Via Cristoforo Colombo voneinander getrennt sind. Auf der anderen Seite der Straße erwarteten mich nun Banken und Behörden, sowie der Palazzo dell’Ente EUR. Immer mehr Menschen in feinem Zwirn strömten aus den Büros, denn es ging streng auf Mittag zu. An die zahlreichen fragenden und verwunderten Blicke in meine Richtung hatte ich mich langsam gewöhnt – Touristen scheinen hier wirklich nicht alltäglich zu sein. Von alledem unbeeindruckt richtete sich mein Blick auf die letzte Station meines Rundganges, die ich schon seit dem Kongresspalast fest im Auge behielt: den Palazzo della Civiltà Italiana.


Dieses Gebäude ist wohl das inoffizielle Wahrzeichen des Viertels, wenn auch ein genauso umstrittenes. Es zählt zu den wenigen, die bereits vor dem Baustopp vollendet worden waren, und trägt damit die ideologische Konzeption seiner Architekten in reinerer Form als die anderen Bauwerke des Viertels. Neben der programmatischen Inschrift, die keinen Zweifel an der Stoßrichtung der Botschaft lässt, wirkt das Bauwerk in seiner Gesamtheit geradezu funktionsfern. Nichtsdestotrotz stellt das Gebäude mit seinen 216 Bögenfenstern ein Musterbeispiel neoklassizistischer Architektur dar, dass mehr den Prinzipien der Ästhetik als der Funktionalität nachempfunden ist. Aufgrund umfassender Bauarbeiten war eine nähere Besichtigung leider nicht möglich. Es ist schwer in Worte zu fassen, was dieser Anblick in mir auslöste. Auf der einen Seite eine gewisse Faszination aufgrund des schlichten aber gleichzeitig ausdrucksstarken Erscheinungsbildes, anderseits eine gewisse Distanz aufgrund der ideologischen Hintergründe des Gebäudes. Ehrlich gesagt hatte ich es mir wirklich vorgenommen diesem Viertel offen gegenüber zu stehen und es, wie oben beschrieben, nicht undifferenziert zu betrachten, aber bei diesem Klotz, im Volksmund colosseo quadrato genannt, fiel mir es richtig schwer.


Da es nun schon später als gedacht war und das Mittagsprogramm rief, ließ ich es dabei bewenden. Dennoch suchte ich ein nettes Bistro auf, um mich für den weiteren Weg zu stärken. Hierbei erlebte ich die andere Seite dieses Viertels. Ich hatte ja bereits mehrfach erwähnt, dass ich wie ein Exot mit Verwunderung beäugt wurde, was aber nicht heißen soll, dass die Menschen dort unfreundlich wären. Im Gegenteil: Ich denke, eben weil Tourismus hier nicht Standard ist, geht man mit Touristen viel offener um als an den üblichen Attraktionen. Dies äußerte sich vor allem in kleinen Dingen. Zum Beispiel „stürzten“ sich im Bistro gleich drei Verkäufer auf mich und ich durfte mich mit meinem Espresso an den Tisch setzen, obwohl ich den „Stehpreis“ bezahlt hatte – so etwas ist nicht überall eine Selbstverständlichkeit. Jedenfalls fühlte ich mich stets wohl und genoss es, nicht ständig Touristen um mich zu haben. Es wird sicher nicht mein letzter Besuch in EUR gewesen sein – ich kann jedem nur empfehlen mit offenen Augen und ohne Vorbehalte dorthin zu gehen!

Da mein Bericht nun schon länger als gedacht ist, gönne ich mir und meinen verehrten Lesern eine Pause und kehre in ein paar Tagen mit dem zweiten Teil des Tages wieder, der mich wieder in Gebiete führte, in denen der Tourist alles andere als exotisch ist…
 
Wie freundlich das Viertel doch bei Sonnenschein wirkt - leider hat es bei meinem ersten, aber sicher nicht letzten Besuch genieselt, was allerdings zu meiner Stimmung aufgrund des geschlossenen "Museums der römischen Zivilisation" passte. Ich glaube auch nicht, dass es je wieder öffnen wird. Da hat mich mein weiterer Eindruck nicht getrügt: Als Tourist fühlt man sich fast ein wenig wie ein 'Alien'.

Ich sage 'Danke' für diesen hochinteressanten Rundgang; das Museo Nazionale dell'Alto Medioevo steht damit auf meiner to-see-Liste für's nächste Mal (in der Hoffnung, dass es dann noch geöffnet hat) :)
 
Auch von mir einen ganz herzlichen Dank für dieses ausfürlichen Teilbericht :thumbup:. Ich habe mich gefreut, dass Du auf meinen ersten Besuch des EUR hinweist.

Nicht zuletzt durch die kontroverse Diskussion in Padres Reisebericht (Römische Novene - Seite 5) wurde ich auf das EUR-Viertel aufmerksam und wollte diese Gelegenheit nutzen, es mir selbst anzusehen.

Ich habe damals ganz spontan dieses Viertel besucht und bin so ganz unvorbereitet diesen Bauwerken begegnet, wenn ich damals Deine Ausführungen gekannt hätte, dann hätte ich es es bestimmt mit etwas anderen Augen gesehen!

Wie freundlich das Viertel doch bei Sonnenschein wirkt - leider hat es bei meinem ersten, aber sicher nicht letzten Besuch genieselt [...].

Bei meinem ersten Besuch war es genauso! Zudem fand er an einem Samstag statt und die Straßen waren menschenleer - das EUR ist doch eher ein Verwaltungsviertel. Den zweiten Besuch legte ich an einem Werktag und es schien die Sonne - und ich erlebte diesen Ort ganz anders! Viele der von amator_antiquitatis beschriebenen Eindrücke kann ich nur bestätigen!
 
Wie freundlich das Viertel doch bei Sonnenschein wirkt - leider hat es bei meinem ersten, aber sicher nicht letzten Besuch genieselt, was allerdings zu meiner Stimmung aufgrund des geschlossenen "Museums der römischen Zivilisation" passte. Ich glaube auch nicht, dass es je wieder öffnen wird. Da hat mich mein weiterer Eindruck nicht getrügt: Als Tourist fühlt man sich fast ein wenig wie ein 'Alien'.

Ich sage 'Danke' für diesen hochinteressanten Rundgang; das Museo Nazionale dell'Alto Medioevo steht damit auf meiner to-see-Liste für's nächste Mal (in der Hoffnung, dass es dann noch geöffnet hat) :)
Ja, ich fürchte auch, dass die Tage dieses Museums gezählt sind. Und beim Mittelaltermuseum wurde ja zumindest schon drüber diskutiert es zu schließen. Schade, schade - das Viertel wird halt nicht attraktiver, wenn man die wenigen Museen auch noch schließt. Dabei kann man nichtmal behaupten, dass keine Werbung betrieben wird.

Ich habe damals ganz spontan dieses Viertel besucht und bin so ganz unvorbereitet diesen Bauwerken begegnet, wenn ich damals Deine Ausführungen gekannt hätte, dann hätte ich es es bestimmt mit etwas anderen Augen gesehen!
Nichts zu danken! :) Da bist du sicher nicht der Einzige. Ich musste mich auch erstmal an vielerlei Stellen einlesen, vor allem von kunstgeschichtlicher Seite. Leider sind die Informationsmöglichkeiten begrenzt, vieles ist mir immer noch unklar. Aber wie beschrieben, ist es wohl am Besten einfach unvoreingenommen hinzugehen und es wirken zu lassen. Und das hast du ja getan! :thumbup:
 
Vielen Dank, amator_antiquitatis, für den Bericht über das EUR-Viertel!
Leider sind die Informationsmöglichkeiten begrenzt, vieles ist mir immer noch unklar
Einen instruktiven Einblick in die Geschichte des Viertels bietet zur Zeit die Jubiläums-Ausstelltung im Museo dell'Ara Pacis, vgl. Ara Pacis-Museum: Esposizione Universale Roma. Vgl. auch den dazu erschienenen Katalog (in italienischer Sprache): Amazon.it: elettronica, libri, musica, fashion, videogiochi, DVD e tanto altro.

Gruß
tacitus
 
Vielen Dank, amator_antiquitatis, für den Bericht über das EUR-Viertel!
Leider sind die Informationsmöglichkeiten begrenzt, vieles ist mir immer noch unklar
Einen instruktiven Einblick in die Geschichte des Viertels bietet zur Zeit die Jubiläums-Ausstelltung im Museo dell'Ara Pacis, vgl. Ara Pacis-Museum: Esposizione Universale Roma. Vgl. auch den dazu erschienenen Katalog (in italienischer Sprache): Amazon.it: elettronica, libri, musica, fashion, videogiochi, DVD e tanto altro.

Gruß
tacitus

Vielen Dank, Tacitus, für den Tipp, ich werde ihn mir bei Gelegenheit ansehen.
Es wäre ja auch falsch zu behaupten, dass es keine Literatur zu EUR und dessen Geschichte gibt, doch es ist eben ein Thema, das zu 90% in italienischer Hand ist. Hierzulande findet man entsprechende Aufsätze meist eher in kunstgeschichtlichen Abhandlungen, die in wenigen deutschen Bibliotheken überhaupt vorhanden sind. Das hat die Recherche etwas erschwert, denn nur wenig davon, was ich lesen wollte, war schnell zugänglich.
 
4. Tag: Allein im Museum - Mit Massen im Park
(2. Teil)


Nach der intensiven Erkundung des EUR-Viertels fuhr ich mit der Metro wieder zurück Richtung Stadt, machte aber unterwegs einen Zwischenstopp an der Basilica San Paolo fuori le mura. Diese Kirche zu sehen war mir schon lange ein Wunsch, hatte ich es doch bei meinen letzten beiden Aufenthalten nie geschafft in die Gegend zu kommen. Andererseits hatte ich auch Vorbehalte: Die Erlebnisse in und um den Vatikan hatten mich immer wieder abgeschreckt, vor allem der Umgang vieler Touristen mit den sakralen Orten war mir stets ein Graus. Da es sich bei der Basilika um die zweitbedeutendste in Rom nach dem Petersdom handelt, vermutete ich einen ähnlichen „Zirkus“ – man verzeihe mir diese Wortwahl, aber das war leider häufig meine erste Assoziation für den Vatikantourismus. Nie war ich dermaßen froh, mich so geirrt zu haben, denn San Paolo war ganz anders.

Wer sich der Kirche von der Metrostation aus nähert, der stößt zunächst auf die angebaute Abtei, deren Abteikirche die Basilika gleichzeitig ist. Nun muss der Besucher sich entscheiden, welchen Weg er wählt. Entweder man wendet sich nach links entlang der stark befahrenen Viale Ferdinando Baldelli, umläuft das Krankenhaus und steht dann vor dem malerischen Haupteingang, oder man folgt der Via Ostiense, läuft auf den Parco Ildefonso Schuster zu und steht vor dem Nebeneingang, der einen direkt in das Querschiff der Basilika bringt. Letzteren Weg wählte ich und war von der Leere vor dem Eingang überrascht. Keine Warteschlange, keine Sicherheitskontrollen, keine lärmenden Touristenmassen – die einzigen Geräusche kamen von spielenden Kindern im angrenzenden Park.

Sankt Paul blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Ähnlich wie der Petersdom durchlief auch die Basilika des hl. Paulus zahlreiche gewollte und ungewollte Umbauten, deren trauriger Höhepunkt der verheerende Brand im Jahre 1823 war, der einen nicht unerheblichen Teil der Basilika, samt enthaltener Kunstwerke zerstörte. Die Ursprünge von Alt-St. Paul gehen, wie bei Alt-St. Peter ins 3. Jahrhundert bzw. in die Regierungszeit Kaiser Konstantins zurück. Der Liber Pontificalis, die teils tendenziöse Geschichtsschreibung der Päpste, vermerkt zur Zeit Papst Anicetus‘ (vor 166 n. Chr.) eine kleine „cella memoriae“ über dem Apostelgrab, über die Konstantin eine, wohl dreischiffige, Basilika bauen ließ. Diese Basilia unterlief schon in der Spätantike mehrere Umbauphasen, die hier nicht allesamt aufgezählt werden können. Wichtig ist, dass jede Epoche ihre Spuren hinterlassen hat, sei es in der Architektur oder der Ausstattung mit Kunstwerken und Devotionalien. Ebenso ist interessant festzuhalten, dass trotz der Umbauten und des Brandes einige Gebäudeteile noch größtenteils dem ursprünglichen Zustand entsprechen bzw. Überreste davon erhalten sind.

Im Querschiff stieß ich zunächst auf einen der typischen Seitenaltäre, der mit kostbarem Malachit und Lapislazuli – eine Spende des russischen Zaren – ausgekleidet waren. Darüber das Altarblatt, ein Werk der klassizistischen Malers Vincenzo Camuccini, das die Bekehrung des hl. Paulus zeigt; daneben die beiden Statuen Gregors des Großen und des hl. Bernhard.


Vorbei an den Seitenkapellen des hl. Stefan und des hl. Sakraments gelangte ich zum Hauptaltar, vor dem ich lange stehenblieb. Die Bauweise der Apsis mit dem Papstthron erinnerte mich sehr an San Giovanni in Laterano, doch sind diese Bauelemente in Sankt Paul weniger weit zurückgesetzt, so dass die Distanz nicht so groß wirkt. Das goldene Apsismosaik zeigt Christus thronend, neben ihm Paulus, Lukas, Petrus und Andreas. Einmal mehr war ich überrascht, wie viel Zeit ich mir bei der Betrachtung lassen konnte und jemanden zu stören oder an einem Foto zu hindern, denn auch im Inneren hielten sich die Besucher sehr in Grenzen. Weiter ließ ich den Blick schweifen über den vergoldeten Baldachin, die wunderschöne Kassettendecke, die von ansprechenden Säulen gestützt wird.


Im rechten Querschiff erwarteten mich nun die Kapellen des hl. Lorenz und des hl. Benedikt. Wie auch schon auf der linken Seite bildet ein Seitenaltar die Stirnseite, in diesem Fall ist als Altarbild die Himmelfahrt Marias zu sehen. Sie wird flankiert von zwei Statuen des hl. Benedikt und seiner Schwester Scholastika. Bevor es nun in den Kreuzgang gehen sollte, erspähte ich den Zugang zum Sala Gregoriana, auf den ich ausnahmsweise mal durch eine Touristengruppe aufmerksam gemacht wurde. Dieser Saal befindet sich genau zwischen dem Baptisterium und der Sakristei und beherbergt die berühmte Statue Papst Gregors XVI.


Beim Zugang zum Kreuzgang (gebührenpflichtig) konnte ich dem älteren Herrn an der Kasse eine sichtliche Freude machen. Etwas verwundert fragt er mich, ob ich ein Ticket wolle. Ich erwiderte, ja sehr gerne, was er mit einem erfreuten und gleichzeitig lobenden „brava!“ kommentierte, wie es nur die lebenserfahrene Generation 60+ überzeugend herausbringt. Wahrscheinlich war er froh, dass von den wenigen Besuchern an diesem Tag wenigstens einer nicht den Weg zu den Toiletten gesucht, sondern wirklich in den Kreuzgang wollte. Dort war ich dann tatsächlich allein – Erinnerungen an den Morgen im menschenleeren Museum wurden wach.

Der aus dem 13. Jahrhundert stammende Kreuzgang verbreitete einmal mehr eine erstaunliche Ruhe und Beschaulichkeit, wie ich sie eben nur aus Kreuzgängen kenne. Fast schon albern kam mir meine gestrige Suche nach Ruhe auf dem Celio vor. Nachdem ich ein wenig umhergewandelt war und mir vor allem die schönen Sammlungen von Inschriften, Sarkophagen und heidnischen Altären angesehen hatte, ging ich in die Pinakothek des Kreuzganges. Die dortige Ausstellung zeigte kostbare Ausstellungsstücke aus der Geschichte des Klosters und der Kirche. Da dort keine Fotos gemacht werden durften, sei auf die virtuelle Tour der Pinakothek verwiesen. Kaum konnte ich mich von dem herrlich ruhigen Kreuzgang trennen und entdeckte, als ich den Blick einmal mehr schweifen ließ, einige Mauerreste der alten Basilika, die den Brand wohl überstanden hatten.


Den letzten Teil meiner Besichtigung bildeten der wunderschöne Vorhof mit Säulenhalle, sowie das Langhaus der Basilika. Vor der Paulusstatue waren doch tatsächlich einige Touristen zu sehen, die sich alle vor Paulus fotografieren ließen – zum ersten Mal an diesem Tag kam dieses Verhalten zur Schau. Doch lange hielten sie sich wahrlich nicht auf und ich hatte Paulus bald wieder „für mich“. Nach einer Weile in der Sonne ging es zurück in die Basilika, die mir nach dieser hellen Umgebung fast schon düster vorkam. In einigen Berichten hatte ich enttäuschte Stimmen gehört, dass das Langhaus des Öfteren komplett bestuhlt sei und damit an Wirkung verliere. Nicht so an diesem Tag. Einmal mehr war ich von der Weitläufigkeit der Basilika überrascht und die wenigen Besucher taten ihr Übriges dazu.


Fasziniert betrachtete ich die Papstmedaillons oberhalb der Säulenbögen. Dabei fielen mir zwei Päpste ins Auge, die für mich persönlich eine besondere Bedeutung haben: Leo IX. (1049-1054) und Victor II. (1055-1057). Sie beide gehören zu den wenigen „deutschen“ Päpsten, die es in der Geschichte gab und wurden beide von Kaiser Heinrich III. ins Amt berufen, um der instabilen Lage in Rom Herr zu werden, die die wenig rühmlichen Päpste aus dem Hause Tusculum (Benedikt VIII, Johannes XIX, Benedikt IX) hinterlassen hatten. Sie waren, trotz der kurzen Sedenzzeit, Wegbereiter vieler kirchenreformerischer Entwicklungen, die gemeinhin mit dem sogenannten Investiturstreit einhergingen. Hinzu kommt, dass ihre verwandtschaftlichen Verhältnisse in den südwestdeutschen Lokaladel reichen und somit in meine Heimatregion. Sicherlich gehören sie nicht zu den großen Figuren der Zeit, wie z.B. Gregor VII., doch hat schon die Forschung festgestellt, dass ihr Beitrag nicht zu unterschätzen ist (gerade die Synoden Leos IX. sprechen sehr dafür, dass er bemüht war mit einigen Missständen aufzuräumen). Und obendrein war es einfach schön ein Stück „Heimat“ im fernen Rom zu sehen – man mag mich gerne für sentimental halten!


Vor lauter Päpsten hätte ich nun fast das Paulusgrab vergessen. Da es gerade wieder von einer Gruppe Touristen belagert wurde, sie müssen hereingekommen sein, als ich in Gedanken im 11. Jahrhundert war, beschäftigte ich mich zunächst mit dem herrlichen Triumphbogen, der auf die Stiftung der Galla Placidia (390-450), einer Tochter Kaiser Theodosius I., zurückgeht . Leider ist das darauf enthaltene Mosaik mehrfach restauriert worden, schon lange vor dem Brand, so dass durch Unachtsamkeit vieles verloren ging und wenig über den ursprünglichen Zustand ausgesagt werden kann. Neben den Statuen von Petrus und Paulus unterhalb des Triumphbogens blieb mein Blick am vergoldeten Ziborium hängen. Nach ausgiebiger Betrachtung wurde es rund um die Confessio nun etwas ruhiger und ich betrachtete das Grab des Apostelfürsten nun in Ruhe. Danach schwirrte mir doch merklich der Kopf, trotz der eigentlichen Ruhe an diesem schönen Ort, und ich beschloss meinen Rückweg nun fortzusetzen.


Mir stand der Sinn nun nicht mehr nach geschlossenen Räumen. Das Wetter war merklich wärmer als an den vorherigen Tagen und mein Kopf war einfach zu voll. Daher erfüllte mich mir einen weiteren lange gehegten Wunsch: einen Spaziergang durch die Villa Borghese mit anschließendem Lesevergnügen in der Sonne.

Über die Ursprünge dieses Stadtteiles wissen wir leider wenig. Es ist bekannt, dass zumindest der westliche Teil des Parks, vor allem der Pincio in römischer Zeit bekannt und teils bebaut war. Allerdings fehlen größtenteils archäologische Überreste, um genauere Auskünfte über den Charakter dieser Gegend geben zu können. Sprechend ist sicherlich, dass der Pincio in der Antike schon als Collis Hortulorum bezeichnet wurde – eine Beschreibung, die durchaus auch auf den heutigen Zustand zutrifft. Möglicherweise standen an den Hängen des Pincio in republikanischer Zeit einige Villen angesehener Bürger, von denen aber nur die des Feldherrn Lucius Lucullus belegt ist. Die Beliebtheit dort Villen zu errichten, setzte sich in augusteischer Zeit fort, in der auch die Aqua Virgo, eine der wichtigsten Wasserleitungen der Stadt errichtet wurde. Außerdem soll die gens des Domitian in der Nähe der heutigen Piazza del Popolo ein Grab besessen haben, in dem, zumindest der Legende nach, die Asche Neros aufbewahrt war.

Wie dem erfahrenen Rombesucher sicher aufgefallen ist, befanden sich diese Gebäude allesamt am Rande des heutigen ca. 80 Hektar großen Parks. Seine Ausdehnung erfolgt vor allem in Richtung Nordosten bis zur Höhe der Galleria Borghese und nach Nordwesten bis zur Piazza Thorvaldsen, an der das Museum für etruskische Geschichte liegt. Zurück geht seine Ausgestaltung zum Park in das frühe 17. Jahrhundert als Kardinal Scipione Cafarelli Borghese das Gelände käuflich erwarb. Hierfür soll er, so zumindest seine Kritiker, von seinem Onkel, Papst Paul V. (1605-1621), großzügig bedacht worden sein. Die ursprünglich im barocken Stil angelegte Gartenanlage mit seltenen Pflanzen und Tieren – sie wurde anfangs sogar zur Jagd genutzt – wurde im 18. Jahrhundert zum englischen Garten mit geometrisch angelegten Beeten, sowie zahlreichen mythologischen Figurengruppen, Brunnen und einem künstlichen See ausgestaltet. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts ging der Park an die Stadt Rom, es sollte aber noch lange dauern, bis man sich intensiv um die Aufrechterhaltung und Gestaltung des Parks kümmerte – vor allem die Wiedereröffnung der Galleria Borghese brachte hierbei einiges ins Rollen. Heute haben die Römer diesen Park für sich „entdeckt“. Er ist sowohl die grüne Lunge, als auch Naherholungsgebiet für Alt und Jung.

Von der Galleria Borghese führte mich mein Weg auf unbestimmten Weg weiter ins Zentrum der Parkanlage. Überall um mich herum lagen Touristen und Römer in der Sonne und ließen die Seele baumeln; Kinder erfreuten sich an zahlreichen Attraktionen, Jogger zogen ihre Runden; ja, hier war man sprichwörtlich Mensch und durfte es auch sein. Vorbei ging es am Denkmal für König Umberto I. (1878-1900) zur Casina dell’Orologio. Dort setzte ich mich auf eine Bank und genoss den Ausblick auf die gegenüberliegende Casina di Raffaelo.


Nachdem ich dort etwa 2h gelesen hatte, waren die Beine wieder fit und der Rundgang konnte fortgesetzt werden. Unbedingt wollte ich noch den künstlichen See mit dem Tempio di Esculapio sehen, einem Werk der Brüder Asprucci aus dem Jahre 1786. An diesem idyllischen Fleckchen Erde tummelten sich wiederum zahlreiche Besucher. Die einen, um auf dem See Boot zu fahren, die anderen, um Fotos davon zu machen. Nach einer Umrundung des Sees genoss ich noch die Aussicht auf die unteren Terrassen des Parks – man darf sich ihn nicht als eine geschlossene Fläche vorstellen, es herrschen unterschiedliche Höhenniveaus, die zusätzlich von Straßen durchzogen sind.


Da es schon langsam spät geworden war, verzichtete ich auf einen Ausflug zur Aussichtsplattform auf dem Pincio und stattete stattdessen, nachdem ich auf den Diana-Tempel gestoßen war, meinem Freund Goethe einen Besuch ab. Glücklich blickte ich nochmal auf diesen wunderbaren Park zurück, in dem ich einen angenehmen Ausklang dieses doch sehr kräfteraubenden Tages gefunden hatte. Gerne möchte ich wiederkommen und den Rest sehen. Wie unterschiedliche doch die Erlebnisse waren: morgens noch allein in EUR, mittags mit viel weniger Touristen als erwartet in Sankt Paul und nachmittags mit Menschenmassen im Park. Rückwirkend betrachtet hatte alles auf seine Weise Charm.


[FONT=&quot]Achja noch eine kleine Anekdote zum Schluss: Auf dem Hinweg hatte ich den Bus Nr. 910 genommen und wollte mit diesem zurückfahren. Hundertmal hatte ich im Forum schon gelesen, dass dieser nicht dieselbe Route zurücknimmt. Doch wie der Zufall so will, hatte ich, wohl wegen der Entspannung im Park, dieses Faktum völlig vergessen und wunderte mich, warum kein Bus kam. Da mir auch um alles in der Welt nichtmehr einfallen wollte, wo er nun genau zurückfuhr, gab es eben einen weiteren Spaziergang. Ein kleiner Mutmacher für alle Erstbesucher, die zunächst mit dem ÖPNV überfordert sind – sowas passiert auch erfahreneren Besuchern mal![/FONT]​
 
Danke für den wieder sehr fundierten Tagesbericht, den du zudem schön illustriert hast. Den Bauzaun um das quadratische Museum scheint man ja nun entfernt zu haben. Vielleicht nehme ich das Museum des Mittelalters in unser Programm auf. Da wir uns mal den römischen Konsumtempel im EUR ansehen wollen, wäre das ein geeigneter Gegenpol.
 
Danke für den wieder sehr fundierten Tagesbericht, den du zudem schön illustriert hast. Den Bauzaun um das quadratische Museum scheint man ja nun entfernt zu haben. Vielleicht nehme ich das Museum des Mittelalters in unser Programm auf. Da wir uns mal den römischen Konsumtempel im EUR ansehen wollen, wäre das ein geeigneter Gegenpol.
Vielen Dank für dein Lob :) Mit dem Bauzaun muss ich dich leider enttäuschen, der stand bei meinem Besuch nach wie vor. Teilweise stand sogar Personal am Zaun, so dass man garnicht erst auf die Idee kam näher zu kommen. Aber ich hoffe für dich und andere, dass du mehr Glück haben wirst.
 
Ganz herzlichen Dank für die Fortsetzung und für Deine Eindrücke zu San Paolo. Deine Beschreibungen zu dem Triumphbogen waren mir weitgehend unbekannt. Nach wie vor schaut mir der Christus aber etwas giesgrämig rein.
 
Ganz herzlichen Dank für die Fortsetzung und für Deine Eindrücke zu San Paolo. Deine Beschreibungen zu dem Triumphbogen waren mir weitgehend unbekannt. Nach wie vor schaut mir der Christus aber etwas giesgrämig rein.
Der finstere Ausdruck könnte darin begründet liegen, dass es sich hierbei um einen Christus Pantokrator handelt. Diese Ikonographie ist an sich untypisch für die westliche Kirche, in der eher das, zugegeben ähnliche, Motiv der maiestas Domini häufiger vorzufinden ist. Da aber der Triumphbogen auf Kaiser Theodosius I. bzw. seine Tochter zurückgeht, könnte dies erklären, warum hier eine oströmisch/byzantinische Ikonographie gewählt wurde. Auffällig ist aber, dass ein typisches Stilelement dieser Darstellung fehlt, nämlich das Evangelienbuch. Stattdessen hält Christus einen Kreuzstab in der linken Hand, der aufgrund der unglücklichen Restaurierung eigentlich nur noch als gewöhnlicher Stab zu erkennen ist. Ebenso passt die Farbe der Gewänder nicht zum üblichen Usus dieser Darstellungen.
 
5. Tag: Arrivederci Roma

Kaum zu glauben, aber wahr. Schon wartete auf mich der fünfte und letzte Tag in Rom – ein Tag, den ich eigentlich nicht mehr wirklich nutzen konnte, da ich mich schon am späten Vormittag auf den Weg zum Flughafen machen musste. Dennoch war es ein viel zu schöner Morgen, um ihn einfach so verstreichen zu lassen. Da ich die letzten Tage bei meiner Rückkehr zur Wohnung die nahegelegene Kirche Santa Pudenziana stets verschlossen angetroffen hatte, beschloss ich an diesem Morgen ein weiteres Mal mein Glück zu versuchen.

Diese Kirche, die als eine der ältesten Roms gilt, liegt am antiken Vicus Patricius, den wir schon am ersten Tag der Reise als Verbindungsstraße mit dem Viminal kennengelernt haben. Heute ist diese Straße als Via Urbana bekannt und wird von Touristen und Einheimischen gerne wegen des gastronomischen Angebots aufgesucht. Dieses findet sich aber hauptsächlich im südwestlichen Teil der Straße, jenseits der Kreuzung mit der Via Panisperna ändert sich die Optik der Straße. Die Läden treten deutlich in den Hintergrund, stattdessen finden sich mehrere „öffentliche“ Gebäude. Neben der oben erwähnten Kirche wären da z.B. die beiden kleineren Kirchen Chiesa evangelica battista, nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen am Teatro Valle und die Chiesa del Bambin Gesù, letztere umgeben vom gleichnamigen Istituto, geführt von den Suore Oblate del Santo Bambino Gesù.


Immer wenn es um frühchristliche Kirchen geht, läuft man Gefahr in ein schwieriges Fahrwasser zwischen Legendärem und Belegbarem zu geraten. Um die Kirche Santa Pudenziana, so mein subjektiver Eindruck, scheinen sich besonders viele Thesen und gleichzeitig Mythen zu ranken. Berühmtheit erlangte sie dadurch, dass man ihre Ursprünge bis ins 2. Jahrhundert nach Christus, ja teilweise sogar in das persönliche Umfeld des Apostel Petrus zurückführen wollte. Auch wenn diese These in ihrer Gesamtheit heute zurückzuweisen ist, entbehrt sie doch nicht eines wahren Kernes, der sich, wie so oft in der Geschichte, durch Anreicherung und Veränderung mit den Jahren zu einer „Geschichte“ potenzierte.

Im Falle der Pudenziana-Legende, wenn ich diese so nennen darf, beruht die Geschichte höchstwahrscheinlich auf einer namentlichen Verwechslung. Der Legende nach habe der hl. Petrus in seiner Zeit in Rom bei einem Senator namens Pudens gelebt, den er, sowie dessen Mutter und Töchter zum Christentum bekehren konnte. Aus dem ehemaligen Haus des Pudens wurde die erste römische Titelkirche, darauf wiederrum solle die heutige Kirche stehen. Dies und Ähnliches teilen uns die sicherlich tendenziösen Acta sanctae Pudentianae et Praxedis, ein Werk des 8. Jahrhunderts, mit, die wiederum Einfluss auf die späteren Darstellungen im Liber Pontificalis hatten. Archäologische Ausgrabungen haben dagegen einen Bau des frühen 2. Jahrhunderts nachweisen können und dabei gestempelte Ziegel gefunden, die auf die Konsuln der Jahre 128, 129 und 134 verweisen. Besitzer dieser Ziegelei war ein Mann namens Pudens, dessen Schaffen wir auch in anderen Teilen der Stadt greifen können. Es wird angenommen, dass der tatsächliche Stifter ein möglicher Verwandter war, der aber nicht vor dem 3. Jahrhundert gelebt haben kann. Auf welches Mitglied dieser (möglichen) Familie sich der Titulus letztendlich bezieht, muss offen bleiben.

Wie so oft sei auch hier eingangs erwähnt, dass die heutige Kirche mehrere Umbaustufen durchlaufen hat und dass auch hier unterhalb der Kirche unterschiedliche Reste noch aus römischer Zeit gefunden wurden – von Häusern, über Teile einer Badeanlage bis hin zu möglicherweise früheren Kultstätten. Von diesen Umbaumaßnahmen sieht man heute nur noch teilweise etwas. Die auffälligste ist sicherlich die Lage an sich – von außen betrachtet liegt die Kirche nämlich deutlich unterhalb des heutigen Straßenniveaus. Dies war nicht immer so – Papst Sixtus V. (1585-1590) ließ die Straßen anheben, um den Gläubigen einen leichteren Zugang zu der in der Nähe gelegenen Santa Maria Maggiore zu gewähren. Seitdem scheint Santa Pudenziana gewissermaßen in einem „Loch“ zu sitzen. Den Höhenunterschied überwindet der Besucher heute über eine doppelarmige Treppe mit insgesamt 22 Stufen. Von dort aus fällt der Blick auf den Portalvorbau und die im Hochmittelalter angebaute Campanile, von der nur die oberen Stockwerke sichtbar sind. Die Kirche konnte ich nicht durch das Hauptportal, sondern nur über den linken Nebeneingang betreten.


Leider war das Innere der Kirche nur beschränkt zu besichtigen – die Gründe kenne ich nicht; jedenfalls zeigen andere Fotos hier im Forum, dass dies nicht der Dauerzustand ist. Gleich nach dem Betreten des Hauptschiffes waren mehrere Bänke aufgestellt, so dass ein weiterer Zutritt nicht möglich war. Somit konnte ich meine Fotos nicht entsprechend ausrichten, was sich sehr negativ auf die Qualität ausgewirkt hat. Ich verweise in Sachen Bildmaterial daher auf die Berichte von dentaria (Mit dem Fahrrad unterwegs in Rom - Seite 8).

Ein zweites Indiz für die zahlreichen Umbauphasen sind die unverputzten Wände oberhalb der Halbkreisbögen, die unterschiedliche Ziegelschichtungen aufweisen. Gestützt werden die Bögen von antiken Säulen, die möglicherweise noch aus der Badeanlage stammen, auf der ein Teil der Kirche errichtet wurde. Hinter dem Altar befinden sich Ölgemälde des hl. Novatus und des hl. Timotheus, sowie als zentrales Hochaltarblatt die Glorie der hl. Pudentiana – allesamt Werke des italienischen Malers Giovanni Bernardino Nocchi (1741-1812). Höhepunkt der sonst eher schlichten Kirche ist sicherlich das oft zitierte Apsismosaik. Wir sehen hier Christus gewandet wie ein römischer Kaiser, dazu bärtig, auf seinem Thron sitzend. Zu den Seiten des Throns je fünf Apostel, dahinter zwei Frauengestalten, die seit jeher als interpretationsbedürftig galten. Gegen die naheliegende Deutung als Pundentiana und Praxedis wurde eingewendet, dass es sich dabei um die Personifikation der Judenkirche und der Heidenkirche handle, wie wir sie beispielsweise aus Santa Sabina kennen.


Interessant ist ebenso das Ölgemälde links des Eingangs. Es zeigt Pudentiana und Praxedis wie sie das Blut der Märtyrer „aufsammeln“ und sie anschließend begraben – ein Werk des Giovanni Paolo Rossetti (16. Jahrhundert). Hier sehen wir einmal mehr die bereits in den frühen Legenden angenommene Verbindung dieser beiden Heiligen, die allgemein als Schwestern bezeichnet werden. Das bekannteste Vermächtnis ihrer Verbindung ist das Mosaik in der Zeno Kapelle in Santa Prassede, das ich im Jahr zuvor schon bewundern durfte. Praxedis hat auch hier den blutgetränkten Schwamm in der Hand, der typisch für ihre Ikonographie ist, wie auch ein Gemälde Jan Vermeers belegt.


Nach ausführlicher Betrachtung verließ ich, leider etwas enttäuscht aufgrund der Absperrung, die Kirche und machte mich weiter auf Richtung Viminal. Vor dem Innenministerium an der Piazza del Viminale machte ich halt und schaute den vielen Beamten zu, die gerade dabei waren zur Arbeit zu strömen. Hier residiert seit dem Jahr 1925 der Innenminister, davor war die Regierung noch geschlossen im Palazzo Braschi an der Piazza Navona untergebracht. Besonders gefiel mir die Fontana auf dem Vorplatz, die ich, in der Sonne sitzend, noch eine Weile betrachtete, bevor ich beschloss, zurückzugehen und der Ewigen Stadt einmal mehr arrivederci zu sagen.


Liebe Leser, soweit meine Eindrücke dieses letzten Tages. Das versprochene Resümee folgt dann gesondert, dazu muss ich noch etwas in mich gehen…
 
Zuletzt bearbeitet:
Vielen Dank für den Bericht über deinen Abschiedsspaziergang. Da ich schon ein paar mal in der Suburra mein Quartier hatte habe ich ähnliche Spaziergänge unternommen bevor es auf die Heimreise ging.

Danke für die Verlinkung zu meinem Bericht. Du hast mit deinem fundierten Wissen eine wunderbare Ergänzung zu meinen persönlichen Eindrücken geliefert. So ergibt sich für mich ein Mosaiksteinchen zum anderen und ich verstehe immer mehr von der frühchristlichen Zeit.

Leider werden deine letzten drei Bilder als gelöscht angezeigt. - Und auf dein Resümee bin ich gespannt, auch wenn du noch etwas Zeit dafür brauchst.

Viele Grüße

Tizia
 
Danke für die interessanten Ausführungen zu Santa Pudenziana und Umgebung, die meine etwas verblassenden Erinnerungen wieder aufgefrischt haben. Die Absperrungen überraschen mich, vor zwei Jahren konnte man sich noch völlig frei in der Kirche bewegen. Der Zugang war auch damals nur über die linke Seite möglich.
 
sehr wissenschaftliche gute 5 Tage, Du hast uns eine Menge erzählt, vielen Dank!

Liebe Grüße,

Qing
 
Vielen Dank für den Bericht über deinen Abschiedsspaziergang. Da ich schon ein paar mal in der Suburra mein Quartier hatte habe ich ähnliche Spaziergänge unternommen bevor es auf die Heimreise ging.

Danke für die Verlinkung zu meinem Bericht. Du hast mit deinem fundierten Wissen eine wunderbare Ergänzung zu meinen persönlichen Eindrücken geliefert. So ergibt sich für mich ein Mosaiksteinchen zum anderen und ich verstehe immer mehr von der frühchristlichen Zeit.

Leider werden deine letzten drei Bilder als gelöscht angezeigt. - Und auf dein Resümee bin ich gespannt, auch wenn du noch etwas Zeit dafür brauchst.

Viele Grüße

Tizia

Liebe Tizia,

gern geschehen - mir war irgendwo noch dunkel bewusst, dass es deutlich bessere Fotos als meine in den Reiseberichten gab.
Bei den letzten Fotos gab es einen Fehler beim Upload, wodurch sie nicht korrekt angezeigt wurden. Sollte jetzt behoben sein.

Danke für die interessanten Ausführungen zu Santa Pudenziana und Umgebung, die meine etwas verblassenden Erinnerungen wieder aufgefrischt haben. Die Absperrungen überraschen mich, vor zwei Jahren konnte man sich noch völlig frei in der Kirche bewegen. Der Zugang war auch damals nur über die linke Seite möglich.

Lieber pehda,

vielen Dank für das Kompliment. Ich denke, dass ich nur einen ungeschickten Tag erwischt habe und dass die Kirche aus irgendeinem Grund gerade nicht ganz zugänglich war. Wird ja hoffentlich kein Dauerzustand sein...wäre schade.

sehr wissenschaftliche gute 5 Tage, Du hast uns eine Menge erzählt, vielen Dank!

Liebe Grüße,

Qing

Liebe Qing,

ich hoffe, es war nicht zu wissenschaftlich, das passiert mir leider oft. Ja, wenn ich mal am Erzählen bin, bin ich kaum zu stoppen :lol: Aber über Rom kann man immer viel berichten, nicht wahr?!
 
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