Perugia
In die hochgelegenen umbrischen Ortschaften gelangt man über gewundene steile Straßen, auf 'unendlich' langen Treppenanlagen, mit öffentlichen Aufzügen, über Rolltreppen-Ketten - und in Perugia seit zwei Jahren auch mit der MiniMetro. Das ist eine höchst interessante Angelegenheit. Die Strecke hat sieben Haltestellen und führt über Stelzen und durch Tunnel. Die Kabinen fahren vollautomatisch. Sie krallen sich an einem permanent laufenden Seil fest. Kurz vor einer Haltestelle lassen sie los und werden von seitlichen Gummirädern millimetergenau abgebremst. Wenn es weitergeht, werden sie von entsprechenden Treibrädern beschleunigt bis zur Geschwindigkeit des Seils. Dann krallen sie sich wieder fest - völlig stoßfrei. An den Endhaltestellen werden sie auf einem Karussell um 180° gedreht, dann geht es am anderen Seil in die Gegenrichtung.
Umbriens heutige Hauptstadt gehörte seinerzeit auch zum etruskischen 12-Städte-Bund (Perusia). Im Mittelalter war die Stadt immer papstfreundlich und wurde von guelfischen Kaufleuten beherrscht. Das verhinderte nicht den "Salzkrieg", den die Peruginer gegen Papst Paul III. führten und 1540 verloren. Paul III. ließ daraufhin innerhalb der Stadt eine Festungsanlage bauen, die 'Rocca Paolina'. Dazu wurde ein ganzes Stadtviertel zugeschüttet und planiert. Seitdem waren die Peruginer papstfeindlich eingestellt. In den stürmischen Jahren 1848/49 kam es zu einem Ansturm auf die Rocca, bei dem die aufgebrachte Bevölkerung den oberen Teil niederriß. Die Reste wurden nach der Einigung Umbriens und Italiens 1860 (Untergang des Kirchenstaates) beseitigt.
Das Stadtviertel unter der ehemaligen Rocca wurde inzwischen weitgehend vom Geröll befreit, die Gebäude, die Paul III. quasi als Substruktion genutzt hatte, und einige Straßen sind begehbar - und werden auch genutzt, etwa vom Tourismus-Büro. Perugias Rolltreppen haben hier ein Podest, sodaß man bequem ins überdachte Mittelalter gelangen kann.
Zentrum Perugias ist die Piazza IV Novembre. Dort befindet sich die 'Fontana Maggiore', der wohl berühmteste mittelalterliche Brunnen überhaupt.
Geschaffen wurde er von Nicola Pisano und seinem Sohn Giovanni. Anlaß war die Fertigstellung mehrerer Aquädukte vor 1280. Der Brunnen hat drei Becken. Das untere hat 25 Ecken, das mittlere ist 24-eckig, das obere ist eine runde Bronzeschale, über der eine Bronzegruppe aufragt mit drei identischen Frauenfiguren. Sie stemmen ihren rechten Arm in die Hüfte, mit dem linken stützen sie über ihren Häuptern eine Schale, aus der das Wasser quillt.
Am mittleren Becken befinden sich 24 Eckstatuen. Das untere hat 25 Doppelreliefs mit einem Bildprogramm, welches das Selbstverständnis einer mittelalterlichen Stadt spiegelt: Man findet christliches Gedankengut, Gestalten der eigenen Geschichte, aber auch politisch-moralische Allegorien. Auf 12 dieser Doppelreliefs sieht man 'Monatsbilder' im Jahreszyklus. Beim Dezember wird in solchen Darstellungen gern die Schlachtung eines Schweins gezeigt.
Juni, Dezember
Der Brunnen steht zwischen Dom und Palazzo dei Priori.
Dom, Seitenportal
Palazzo
Nordwand (zum Brunnen hin) mit Greif und Löwe,
den Wappentieren Perugias (und der Guelfen)
Palazzo
Nordwand (zum Brunnen hin) mit Greif und Löwe,
den Wappentieren Perugias (und der Guelfen)
Im Palazzo dei Priori standen einigen Zünften Räumlichkeiten zur Verfügung, so auch der Zunft der Geldwechsler: Das Collegio del Cambio. Der wohl größte umbrische Maler der Renaissance, Perugino, schmückte den Audienzsaal mit großartigen Fresken.
Collegio del Cambio, Sala di Udienza
Kardinaltugenden, Antike Uomini famosi, Propheten, Sibyllen,
Anbetung des Kindes, Verklärung Christi, Planetengötter, Tierkreiszeichen
Perugino
1496-1500
Durch das Hauptportal des Palazzo
gelangt man in die große Eingangshalle und dann zur Galleria Nazionale dell'Umbria in den oberen Stockwerken. Dort findet man die Originale der Wappentiere. Sie gelten als die ältesten größeren vollplastischen Bronzefiguren des Mittelalters.
Diese Gruppe von Greifen und Löwen befand sich oberhalb der Frauengruppe auf dem Brunnen.
In der Pinakothek ein schöner Querschnitt der umbrischen Kunst.
Ein Unikum ist hier eine Verkündigung, bei welcher der Evangelist Lukas das Geschehen sofort an Ort und Stelle protokolliert.
Schon bald nach der Kanonisierung des Bernhard von Siena ließen die peruginer Franziskaner ihm zu Ehren ein Oratorium errichten, das Oratorio San Bernadino, mit schöner Fassade, die dem Vorbild römischer Ehrenbögen und Stadttore folgt.
Perugia hat auch Denkmäler aus etruskischer Zeit. Das ehrwürdigste ist wohl der Arco di Augusto.
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