Italien: Präsidentenwahl Ende Januar 2022 - Mattarella wiedergewählt

Simone-Clio

Augustus
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Da uns das Thema in den kommenden Monaten sicherlich noch oft beschäftigen wird, eröffne ich heute diesen Thread und verlinke als erstes folgenden Artikel:


Die Wahl findet im kommenden Februar statt, wenn das Mandat des Christdemokraten Sergio Mattarella abläuft. Dann finden sich in einer gemeinsamen Sitzung im Parlament alle Abgeordneten und Senatoren sowie 58 Vertreter aus den Regionen - insgesamt mehr als tausend sogenannte "große Wähler" - zu einem Wahlprozedere zusammen, dessen Riten und Rituale an das vatikanische Konklave erinnern: Die Stimmabgabe ist geheim, das Ansinnen der Wählenden selten sehr heilig. Da wird getäuscht, intrigiert, verraten, gehandelt und gespielt.
 

In Italien haben die Parteien informelle Gespräche zur Findung eines neuen Staatsoberhauptes begonnen. Der neue Präsident bzw. die neue Präsidentin soll im kommenden Monat vom Parlament und Vertretern der Regionen gewählt werden.
 
Aus dem verlinkten Artikel:
Der Chef der mitregierenden, rechten Lega-Partei, Matteo Salvini, traf am Montag den viermalige Premier und amtierenden Chef der mitregierenden Partei Forza Italia Silvio Berlusconi, den die Mitte-Rechts-Parteien gern als Kandidaten der Regierungskoalition ins Rennen schicken wollen. (...) Auch Meloni für Berlusconi: Am Sonntag hatte Giorgia Meloni, die Vorsitzende der rechten Oppositionspartei Frateli d’Italia (FdI), erklärt, sie sei dafür, dass Berlusconi zum neuen Präsidenten gewählt werde. Das nächste Staatsoberhaupt müsse vor allem ein „Patriot“ sein. Die FdI gehört zusammen mit der Lega und der Forza Italia zu einem Mitte-rechts-Bündnis. Meloni betonte, die Mitte-Rechts-Parteien würden im Parlament über die notwendige Mehrheit verfügen, um trotz des Widerstands der Mitte-links-Kräfte Berlusconi zum neuen Staatsoberhaupt zu wählen.
Vermutlich bin ich bei Weitem nicht der einzige Forista, der Italien genau dieses Szenario nicht wünscht.
 

Was, so lautet die bange Frage in den europäischen Staatskanzleien, passiert in Italien, wenn Draghi plötzlich nicht mehr an der Spitze der Regierung stünde und die politischen Geschicke des Landes stattdessen, zum Beispiel, von einem Matteo Salvini oder von der postfaschistischen Giorgia Meloni geleitet werden sollten? Und was geschieht dann mit den 200 Milliarden Euro, die Italien aus dem EU-Wiederaufbaufonds erhalten wird? Was wird aus dem europafreundlichen Kurs, den Italien unter Draghi seit zehn Monaten fährt? Und ganz generell aus der neuen, ungewohnten Ernsthaftigkeit und Zuverlässigkeit Roms?
 
 
Das Präsidentendilemma

Analyse von Michael Braun bei Zeit online vom 30.12.2021

Seit Mario Draghi in Italien regiert, weht ein Hauch von Stabilität durch das Land. Die anstehende Präsidentenwahl könnte dem ein jähes Ende bereiten. (...) Noch bis vor wenigen Wochen träumten zahlreiche Kommentatoren von einer in ihren Augen eleganten Lösung: Der 80-jährige Mattarella ließe sich einfach wiederwählen, bliebe bis zu den nächsten regulären Parlamentswahlen im Februar 2023 im Amt. Draghi könnte derweil ungestört weiterregieren und anschließend bruchlos in den Quirinalspalast, den Amtssitz des Staatspräsidenten, wechseln. Doch aus dieser Lösung wird nichts, schlicht weil Mattarella kategorisch ausschließt, noch ein bisschen den Platzhalter zu spielen, bis die Legislaturperiode endet.
 
Wie so oft in der italienischen Politik könnten sich die Dinge bei der Wahl des Staatsoberhauptes noch in letzter Minute drehen. "In Italien ähnelt das Verfahren vielmehr einem päpstlichen Konklave, so dass die Wahlgänge anfangen, ohne dass man weiß, wer am Ende wirklich als Sieger hervorgeht", sagt Galetti. Auch Mattarella sei bei seiner Wahl 2015 in der vierten Runde ein Kandidat gewesen, den niemand auf der Rechnung gehabt habe.
 
Die Petition für ein weibliches Staatsoberhaupt wurde von der bekannten italienischen Schriftstellerin Dacia Maraini in die Wege geleitet.
In diesem Zusammenhang wird der Name der momentanen Justizministerin Marta Cartabia genannt.
 
Wahl ab 24. Januar 2022


Die Wahl zum Staatspräsidenten in Rom beginnt am 24. Jänner. Kammerpräsident Roberto Fico hat am Vormittag das Datum festgelegt. Es ist dies ein Datum, das nach Ansicht von Virologen aller Voraussicht nach mitten in den Höhepunkt der Covidwelle fällt. Inwiefern dies Auswirkungen auf das Prozedere der Wahlvorgänge haben könnte, darüber wird jetzt gerätselt
 

Zum Jahreswechsel hat er an den Bildschirmen seine Abschiedsansprache gehalten, in einfachen Worten, 15 Minuten dauerte sie. Am 3. Februar tritt er zurück, eine zweite Amtszeit schlägt er aus, obwohl viele ihn dazu drängen. Zeit für eine Würdigung.
 

Der erste Wahlgang für die Kür des neuen Präsidenten soll am 24. Jänner stattfinden. In Zeiten der Omikron-Variante wird pro Tag nur eine Wahlrunde durchgeführt werden können, da die Senatoren und Abgeordneten nur in kleinen Gruppen in den Plenarsaal der Abgeordnetenkammer eingelassen werden. Dort wird einer nach dem anderen seinen Wahlzettel in die Urne legen.
 

Auch dieses Jahr dürfte die Entscheidung frühestens im vierten Wahlgang fallen. Alles deutet auf eine oder mehrere Kampfabstimmungen zwischen einem Kandidaten des linken und des rechten Lagers hin. Und hier beginnen die Rechenspiele der politischen Mathematik. Zwar ist noch niemand von einer Partei oder einem Bündnis offiziell nominiert worden. Aber weit mehr als bloß informell gelten der inzwischen 85 Jahre alte frühere Ministerpräsident Silvio Berlusconi als wahrscheinlicher Kandidat der Rechten und der amtierende Ministerpräsident Mario Draghi (74) als dessen Herausforderer aus dem Lager der Linken.

Welche anderen „Joker-Kandidaten“ gute Chancen haben, wenn sich keiner der „Duellanten“ durchsetzen kann, ist schwer zu sagen. Könnte es Justizministerin Marta Cartabia (58), Senatspräsidentin Maria Elisabetta Casellati (75) oder eher die einstige Bildungsministerin Letizia Moratti (72) sein? Für die drei spricht der Umstand, dass viele meinen, es sei an der Zeit, erstmals eine Frau mit dem höchsten Staatsamt zu betrauen. Als weitere potentielle Kandidaten werden etwa der frühere Ministerpräsident Giuliano Amato (83) und der ehemalige Präsident des Abgeordnetenhauses Pier Ferdinando Casini (66) genannt.
 
... seit 2015 amtierenden Juristen Mattarella. (...) „Mitten im Sturm sollte man den Kapitän des Schiffes nicht auswechseln. Draghi und Mattarella sollen bleiben“, sagte Orfini im Interview mit der römischen Tageszeitung „La Repubblica“ (Freitagsausgabe).
 
Nun, wir werden sehen. Jedoch meiner Ansicht nach wird man da bei Sergio Mattarella auf Granit beißen.
 

Draghi wird die Kandidatur nur annehmen, wenn diese von einer breiten Mehrheit, etwa von der jetzigen Regierungskoalition, unterstützt wird. Sollte er zusagen, dann aber bei der Wahl keine Zweidrittelmehrheit bekommen, würde er wahrscheinlich das Amt des Premiers niederlegen. "Und dann stünde das Land wirklich vor dem Chaos", fürchtet Pisicchio. "Dieses Risikos scheinen sich die Parteien noch nicht bewusst zu sein."
 

Die Sängerin Gianna Nannini will Staatspräsidentin Italiens werden - und damit als erste Frau das Amt ausfüllen. Mit einem Video auf Instagram bewarb sich die 67-jährige Sängerin darum, die Nachfolge von Präsident Sergio Mattarella anzutreten, wenn dessen Mandat im Februar ausläuft. Sie sagt darin: „Ich ergreife die Gelegenheit und kandidiere offiziell für das Amt des Präsidenten der italienischen Republik.“ Fans werden Gianna Nannini mit Sicherheit wünschen, dass ihre Kandidatur "bello", aber nicht "impossibile" wird - und die Rocklegende aus der Toskana somit die erste Frau in diesem Amt wird.


 
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Der Tag ist "gerettet", danke für diese Meldung . :D (Aber trotzdem mag ich die meisten Songs von der Nannini .)
 
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Prinzipiell wird der Premier vom linken Parteienspektrum unterstützt. Zumindest in Sonntagsreden. Doch die wissen: Ohne den charismatischen Draghi würde die aktuelle Allparteienregierung über Nacht auseinanderbrechen. Das würde vermutlich zu Neuwahlen führen. Die Folge: Es tritt ein Gesetz in Kraft, das die beiden Kammern um ein Drittel verkleinert. Vor allem Abgeordnete von Mitte-links müssen befürchten, dass ihre lukrative wie einflussreiche Posten dann futsch wären. Und schon lockt Berlusconi mit dem Versprechen, keine Neuwahlen vor März 2023 zuzulassen. Damit wären üppige Diäten und am Ende vollständige Ruhegelder gesichert.
 
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