Italien: Präsidentenwahl Ende Januar 2022 - Mattarella wiedergewählt


Erst ab Donnerstag reicht dann die einfache Mehrheit von 505 Stimmen der 1.009 Wahlleute. Dann könnte - um mit dem Bild der Papstwahl zu sprechen - statt schwarzem, weißer Rauch aus dem Quirinal aufsteigen und die Corazzieri, also die Präsidentengarde, könnte den Einzug des neuen Statsoberhauptes mit der traditionellen Lancia Flaminia auch ganz offiziell begleiten. Geübt wird ja bereits täglich.

Zu den Proben der Präsidentengarde siehe auch:

 
... gehen wird. Mit einem Wahlsieger wird nicht vor Donnerstag gerechnet.
 

und


sowie

 

Dafür gibt es zwei objektive und einige surreale Gründe.

Artikel von OLiver Meiler am 27.1.2022

Die Rechte pocht nun auf einen Kompromisskandidaten "mit hohem institutionellen Ansehen", weil sie in ihren Reihen keine wählbare Figur zählt. Die Formulierung ist gezielt vage gehalten, damit breit verhandelt werden kann. Chancen haben neben Draghi der frühere Parlamentsvorsitzende Pier Ferdinando Casini, Ex-Premier Giuliano Amato - und vielleicht noch der frühere Verfassungsrichter Sabino Cassese, der allerdings 86 Jahre alt ist, die Chefin der Geheimdienste Elisabetta Belloni und Justizministerin Marta Cartabia. Scheitern alle Verhandlungen, wäre es auch möglich, dass das Wahlgremium Sergio Mattarella wiederwählt, obschon der das auf keinen Fall will. Aus Verzweiflung, auch ein bisschen über sich selbst.

und

 
Aus dem ersten der beiden verlinkten Artikel:
Und die italienische Politik, schreibt die Mailänder Zeitung Corriere della Sera, führe sich auf, als könne sich das Land dieses surreale Gehabe leisten. Es sei ja schließlich allen schon lange bekannt gewesen, dass Ende Januar der Nachfolger von Staatschef Sergio Mattarella bestimmt werden müsse, dessen siebenjährige Amtszeit nun abläuft.
Sicherlich ist den dergestalt gescholtenen Politikern bewusst, dass auch im Ausland (wiewohl ihnen mein Beitrag hier zu mindestens 99,99 % entgehen wird ;)) Kritik dieser und ähnlicher Art einiges an Zustimmung finden dürfte. Weswegen ich mir vorstellen und sogar verstehen könnte, dass ganz am Rande auch dieses Wissen zu ihrer Bockigkeit beitrüge.

Und ebenfalls klar sein dürfte ihnen: Mit einem derartigen lang hingezogenen Gemetzel schießen sie sich letztlich selbst ins Knie. Dazu passt der letzte Satz dieses Artikels (oben bereits zitiert):
Aus Verzweiflung, auch ein bisschen über sich selbst.
 
Dazu auch:


Unterdessen wächst in Rom der Ärger darüber, dass sich die Wahl so lange hinzieht - auch bei jenen, die selbst wählen. „Mir tut das für das Land leid“, sagte die erfahrene Senatorin Emma Bonino. Ihr Kollege Matteo Renzi, der frühere Ministerpräsident, kritisierte das taktische Verhalten der Parteien: „Dieser Kinderkram muss aufhören.“

und


Favorit ist jetzt der 67-jährige Senator Pier Ferdinando Casini, der seit 1983 im Parlament sitzt und noch aus der ehemaligen Christdemokratischen Partei DC kommt.
 
Der 7. Wahlgang hat begonnen.


„Ich halte die Stimmen für Mattarella für einen Mangel an Respekt gegenüber dem Präsidenten, der seine Meinung bereits kundgetan hat und klar gesagt hat, dass er nicht im Amt bleiben will“, kritisierte die Abgeordnete der Regierungspartei Italia Viva, Maria Elena Boschi.

Anders sieht die Lage die sozialdemokratische Fraktionschefin im Senat, Simona Malpezzi: „Wir wissen, welche Zuneigung gegenüber Präsident Mattarella herrscht.“
 
Wer hätte das gedacht! Meinen tiefempfundenen Respekt! Dabei hatte Sergio Mattarella sicher andere Pläne!


Der achte Wahlgang beginnt um 16.30 Uhr.

...h aus. (...) Die Fraktionsvorsitzenden verließen den Präsidentenpalast Quirinal mit den Worten, das Treffen mit Mattarella sei "gut gelaufen", nachdem sie den Präsidenten gebeten hatten, sich für eine zweite Amtszeit zur Verfügung zu stellen.
 

Die jetzige Lösung ist auch eine Reaktion auf die Stimmung in der Wahlversammlung. Die 1009 Wahlfrauen und -männer hatten bereits in den Wahlgängen am Freitag Abend und Samstag Mittag Mattarella die meisten Stimmen gegeben - ungeachtet dessen zu diesem Zeitpunkt noch geltenden Neins zu einer weiteren Amtszeit. Die Stimmen Pro-Mattarella bleiben zwar unterhalb der absoluten Mehrheit, waren aber eine Art Hilferuf der Wählenden Richtung Amtsinhaber.
 

Der Artikel steht teilweise hinter der Bezahlschranke. Hier ein Zitat aus dem Teil bevor sie fällt:

Systemversagen der italienischen Politik. In Wahrheit bringen die italienischen Politiker – der Senat, die Abgeordnetenkammer, die Vertreter der Regionen – alle zusammen es nicht zustande, einen neuen Präsidenten zu wählen. Man nimmt den alten, obwohl er eigentlich nicht will. Es ist ein Systemversagen, ausgelöst durch Eitelkeiten und die Unfähigkeit, Prioritäten zu setzen und Kompromisse einzugehen.
 
Glücklicherweise sehe ich keine Bezahlschranke, würde auch nie solch einen Artikel verlinken!
 
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