- Rom-Reise
- 17.12.2024-20.12.2024
Lord Byron in Venedig als Pilger, Popstar und Poet
Vor zweihundert Jahren starb der englische Dichter Lord Byron. Drei Jahre seines Lebens verbrachte er in Venedig – sie waren prägend für Weltverständnis und Werk.
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Lord Byron? Noch nie gehört! Wer soll das sein?“ Die Venedig-Besucher aus aller Welt, die sich auf der Ponte della Paglia drängen, um von dort aus die berühmte Seufzerbrücke, die Ponte dei Sospiri, zu fotografieren, wissen nichts von dem englischen Dichter, ohne den sie sich vermutlich gar nicht für das Bauwerk aus istrischem Stein, das den Dogenpalast mit dem Gefängnis verbindet, interessieren würden. Auch die Reproduktionen des Turner-Gemäldes der Seufzerbrücke, die an den Ständen auf der Riva degli Schiavoni reißenden Absatz finden, gäbe es ohne Lord Byron wahrscheinlich nicht. Denn auch den Maler William Turner zog es wie viele Künstler, Literaten und Musiker im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert wegen des englischen Poeten in die Lagunenstadt.
George Gordon Noel, der sechste Baron Byron of Rochdale, war nämlich schon zweihundert Jahre vor der Erfindung der sozialen Medien ein Influencer mit Zehntausenden an Followern. Um den 1788 in London geborenen Dichter entbrannte bereits zu Lebzeiten eine regelrechte Byronmanie. Sein Porträt zierte Teetassen, Bücher, Uhren und Kameen. Wo er war, was er anhatte, was er tat, schrieb und sagte und vor allem wen er liebte – darüber sprach ganz Europa. Die Frauen lagen ihm zu Füßen, und „die Männer waren alle eifersüchtig auf ihn“, bemerkte die Gräfin von Devonshire in einem Brief an ihren Sohn Augustus Foster im Jahr 1812. „Byron allein lasse ich neben mir gelten“, notierte Johann Wolfgang von Goethe.