"Biblioteca vaticana" schließt ....

AW: "Biblioteca vaticana" schließt ....

Hallo und Moin, Moin allerseits!

.... ich glaube zwar nicht unbedingt, dass jemand hier davon betroffen ist, - aber, man weiß ja nie .....
Ja, sicher ist sicher... :nod:

Für die Betroffenen ist es schon bitter, aber andererseits ist mit Statik nicht zu spaßen, v.a., wenn es um Bücherlasten geht!
 
AW: "Biblioteca vaticana" schließt ....

Vielen Dank für den Thread, Asterixinchen. Ich freue mich sehr dass Bibliotheken hier im Forum Beachtung finden und das Thema aufgegriffen wurde und kann nicht umhin meine Meinung zur Schließung hier einmal darzulegen.

Als angehender wissenschaftlicher Bibliothekar, der auch noch jüngst mit einer fachlichen Exkursionsgruppe Rom und die Vaticana besucht hat, muss ich deutlich sagen dass ich die 3 jährige Schließung der Biblioteca Apostolica Vaticana als eine Ungeheuerlichkeit empfinde. Bibliotheken müssen natürlich schützen und bewahren. Das ist eine Aufgabe mit Tradition, dazu existieren sie nicht zuletzt auch.
Vor allem aber stehen Bibliotheken in der heutigen Zeit zuallererst im Dienste ihrer Nutzer und deren Bedürfnissen. Und bei einer historischen Forschungsbibliothek wie der BAV bedeutet der Dienst an den Nutzer/innen eben vor allem die direkte Zugänglichkeit zu den für die Wissenschaft bedeutenden historischen Beständen. Dass dieser Zugang stets im bestmöglichen Umfang gewährt wird sollte selbstverständlich sein.

Eine dreijährige komplette Schließung einer derart bedeutenden und großen Bibliothek ist meiner Ansicht nach vollkommen inakzeptabel. Als ich zum ersten Mal davon hörte war ich sehr schockiert, wie dies überhaupt auch nur in Erwägung gezogen und dann auch noch in die Tat umgesetzt werden konnte. Die BAV ist ja beileibe nicht die erste traditionsreiche Bibliothek die saniert wird.
Auweichlesesäle mit der Möglichkeit zur Buchbestellung aus den Ausweichmagazinen sind hier der naheliegendste Lösungsansatz der schon oft praktiziert wurde und auch in Rom beispielsweise zur Zeit bei der Biblioteca Hertziana http://www.roma-antiqua.de/forum/rom_26/bibliotheca_hertziana_spannender_neubau_alten-1779/ zu besichtigen ist. Natürlich gibt es dabei Einschränkungen. Bestimmte Bestände sind manchmal trotzdem nur eingeschränkt zugänglich, auch kann der Nutzerkreis aufgrund der beschränkten Kapazitäten eingeschränkt werden. Aber das ist alles immer noch deutlich besser als eine komplette Schließung.

Die Frage des baulichen Zustandes des Gebäudes ist hierbei zweitrangig. Die Notwendigkeit einer Sanierung steht im Falle der BAV außer Frage, sie wird im Übrigen die Leistungsfähigkeit der Bibliothek letztendlich hoffentlich erhöhen. Nur ist eben der bauliche Zustand der Gebäude die eine Sache.
Die andere ist dass die Nutzer/innen unter jeder Sanierung zu leiden haben. Daher muss alles getan werden, um die negativen Auswirkungen solcher Maßnahmen möglichst gering zu halten. Und ich bin mir sicher es hätte in Rom durchaus verschiedene Möglichkeiten für Ausweichlesesäle gegeben. Einmal dürfte es innerhalb des gewaltigen Gebäudekomplexes der Vatikanischen Museen (in diesem befindet sich die BAV, die Verbindungstüren zu den heutigen MV sind aufgrund der organisatorischen Trennung allerdings seit vielen Jahrzehnten ständig abgeschlossen) mit Sicherheit noch Räume geben die man für solche Zwecke hätte nutzen können. Wenn dies warum auch immer nicht möglich oder irgendwie unerwünscht gewesen wäre hätte es aber sicher zumindest Möglichkeiten gegeben z.b. Lesesaalkapazitäten in Bibliotheken von päpstlichen und Ordenshochschulen oder in Bibliotheken des italienischen Staates zu nutzen. Das wäre ja alles Verhandlungssache gewesen.

Mir ist absolut nicht verständlich wer die Entscheidung treffen konnte auf solche Provisorien, die absolut geboten und möglich gewesen wären, zu verzichten. Ich fürchte wie leider allzu oft in großen Institutionen haben hier letztendlich nicht bibliothekarische Fachleute entschieden, sondern stattdessen haben Bau-, Finanz-, und Sicherheitsleute ein Votum "gegen" die Bibliothek getroffen. Das ist aber natürlich nur meine rein private Vermutung(!!!), im hierarchischen Vatikan wird einem sowas natürlich niemand bestätigen, dennoch halte ich es für recht naheliegend. Denn objektiv betrachtet kann eigentlich kein/e Bibliothekar/in wirklich wollen, dass die Nutzer/innen für einen so langen Zeitraum keinen Zutritt zur Bibliothek haben.

Und ausbaden müssen dies alles nun die Nutzer/innen der Bibliothek. Das geht wie man hört soweit dass einige öffentlich finanzierte Forschungsprojekte die durch ihre wissenschaftliche Zielsetzung letztlich auf die BAV angewiesen sind womöglich aufgrund der dreijährigen Unterbrechung nicht zu Ende geführt werden können.
Traurig.

Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit!

Sören
 
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Hallo Sören,

danke für einen Kommentar aus der Sicht eines Fachmannes! Man konnte spüren, wie sehr dir das Thema am Herzen liegt.

Ich kenne die Räumlichkeiten nicht, aber du machst glaubhaft klar, dass es eigentlich doch Möglichkeiten für einen Betrieb während der Sanierung gegeben hätte. Schade also wirklich um diese Entscheidung, warum auch immer sie so gefällt wurde! Meiner Meinung nach ist der Vatikan einfach nicht mit 'normalen' Maßstäben zu fassen und zu beurteilen...

LG
Fortunata
 
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Hallo und Moin, Moin Sören!

..... auch von mir vielen Dank zu Deiner Stellungsnahme ... ich finde sie interessant und sie regt zum Denken an !!!


Gruß - Asterixinchen :)
 
AW: "Biblioteca vaticana" schließt ....

Ich kenne die Räumlichkeiten nicht, aber du machst glaubhaft klar, dass es eigentlich doch Möglichkeiten für einen Betrieb während der Sanierung gegeben hätte.

So genau kenne ich sie auch nicht, nur von einem Besuch vor kurzem. Aber ein Provisorium muss sich ja nicht einmal unbedingt in den aktuellen Räumen einer Einrichtung befinden. Das ist ja alles immer eine Frage des Aufwandes der betrieben wird und der organisatorischen Lösungen die gefunden werden können.
Übrigens finde es auch gar nicht schlimm wenn eine Bibliothek für eine gewisse, beschränkte Zeit renovierungsbedingt mal komplett geschlossen wird. Unglaublich finde ich halt dass eine derart bedeutende Bibliothek für 3 (!) Jahre ersatzlos geschlossen wird, anstelle z.B. 2 Jahre Provisorium, 1 Jahre Schließung fürs "Grobe" oder ähnliches.

Meiner Meinung nach ist der Vatikan einfach nicht mit 'normalen' Maßstäben zu fassen und zu beurteilen...

Klar, deshalb läuft es ja auch so wie es läuft. Man ist eben in den Hierarchien gefangen. Der Vatikan ist der "letzte absolutistische Staat Europas" - das merkt man bei solchen Dingen dann eben. Unter anderem auch daran dass über die geplanten Maßnahmen nicht konkret berichtet wird. Es heißt einfach wegen renovierung geschlossen. Fertig.
 
AW: "Biblioteca vaticana" schließt ....

Die Kirche misst Zeit mit einem anderen Maßstab, das ist ein Faktum. Da sind 3 Jahre gar nichts. Wie lange es schon gedauert hat, bis überhaupt Teile des Archivs zugänglich waren.
Letzten Endes handelt es sich bei dem gesamten Bestand immer noch um Privatbesitz. Laut canonischem Recht gehört das alles der Person des Papstes.
Dieser war es auch, der seinerzeit den Zugang gelockert hat. So nachvollziehbar der Verlust für die Wissenschaftler ist, man muss auch in der Lage sein, souveräne Entscheidungen zu akzeptieren. Anspruchsdenken ist hier nicht uneingeschränkt angebracht. Allein das Timing war etwas abrupt, das ist wahr.
Der Wissenschaftler auf dem Stuhle Petri ist sich der Brisanz durchaus bewusst, wie ich erst im Vatican-Magazin gelesen habe.
 
Die Kirche misst Zeit mit einem anderen Maßstab, das ist ein Faktum. Da sind 3 Jahre gar nichts. Wie lange es schon gedauert hat, bis überhaupt Teile des Archivs zugänglich waren.
Ganz so einfach, finde ich, sollte es sich die Kirche denn aber doch nicht machen. Immerhin geht es nicht darum, bisher nicht zugängliches zugänglich zu machen, sondern umgekehrt. Und auf von dieser Zugänglichkeit hängen Existenzen ab. Wer nach monate- oder jahrelanger Vorarbeit endlich Forschungsgelder für ein Projekt aufgetrieben hat, das auf einen Zugang zur Vaticana angewiesen ist, steht mit dieser Entscheidung möglicherweise vor dem Nichts.

Letzten Endes handelt es sich bei dem gesamten Bestand immer noch um Privatbesitz. Laut canonischem Recht gehört das alles der Person des Papstes.
In der Tat, sie gehört dem Papst. Ich würde aber nicht so weit gehen, ihn als Privatperson zu bezeichnen. Vielleicht kann man hier den Spruch umdrehen: Quod licet bovi, non licet Iovi.

Dieser war es auch, der seinerzeit den Zugang gelockert hat. So nachvollziehbar der Verlust für die Wissenschaftler ist, man muss auch in der Lage sein, souveräne Entscheidungen zu akzeptieren.
Ich finde, mit dieser Argumentation macht man es sich ein wenig einfach. Eigentum verpflichtet auch - und gerade die Kirche sollte sich dessen bewusst sein.
Anspruchsdenken ist hier nicht uneingeschränkt angebracht. Allein das Timing war etwas abrupt, das ist wahr.
Und gefährdet Existenzen. Es geht hier nicht nur um einige Professoren, die sich halt jetzt für drei Jahre irgendwie anders beschäftigen müssen. Nun hat man 400 Jahre gewartet - wenn die Kirche Zeit in einem anderen Maßstab misst, warum war bzw. ist dann keine längere Vorlaufzeit drin?
Der Wissenschaftler auf dem Stuhle Petri ist sich der Brisanz durchaus bewusst, wie ich erst im Vatican-Magazin gelesen habe.
Umso weniger verstehe ich die Entscheidung. Eine Reihe von namhaften Wissenschaftlern, die sich mit einer Petition u.a. an das päpstliche Sekretariat gewandt haben, haben nicht einmal eine Antwort erhalten (wobei ich den Glauben, der Papst wüsste von nichts, für etwas naiv halte):
Uups! - et orbi: Die verschwundene Bibliothek - Panorama - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten
 
Quod licet bovi, non licet Iovi.

Bitte setzt doch nicht immer voraus, dass hier jeder Latein kann. Auch im Italienischen sind hier nicht alle so fit.
Also bitte in Zukunft wenn möglich und sinnvoll übersetzen.
Herzlichen Dank im Voraus.

Matthias
 
Dir ist aber schon klar, das die Inversion Absicht und auf den Kontext bezogen war? ;)
 
Hallo,

"Was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen noch lange nicht erlaubt.“
hört sich doch besser an, als
"Auch wenn es der Meister darf, darf es der Lehrling noch lange nicht"
Quelle: Wikipedia(bekomme ich jetzt wieder eine Verwarnung?:Dx:)x
Gruß
Ernst
 
Ich bitte, die Diskussion um besagtes Sprichwort hier einzustellen. Das hat mit dem Thema wirklich nicht das geringste zu tun. Folgende Beiträge zu diesem Thema werde ich löschen.

Quelle: Wikipedia(bekomme ich jetzt wieder eine Verwarnung?:Dx:)x
Nein. Sprichworte sind natürlich nicht urheberrechtlich geschützt. Ich hatte die Wikipediaseite allerdings oben schon verlinkt - das war offenbar nicht ausreichend.
 
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