Bericht: And a bra that was made to hold three

Aurelia

Aedilis
Stammrömer
Die Meisterin des Cliffhangers ist zurück...Also, von nun an versuche ich mich wieder von meiner Deutschland-Depression zu kurieren indem ich an einem weiteren Reisebericht England bastle (und die anderen auch noch irgendwie fertig kriege, hüstel)...Teil 1 folgt in Kürze, selbe Stelle selbe Welle...
 
AW: And a bra that was made to hold three

Freue mich schon darauf und warte geduldig............;) ;) :nod: :nod:
 
AW: And a bra that was made to hold three

Tag 1, 14. 12. 2006

Abflug 15.10h, Flughafen Frankfurt. Eingecheckt hatte ich tags zuvor schon online, war mir nicht ganz sicher ob 9F wegen der Tragflächen fotofreundlich sein würde aber na ja…die Uhrzeit war mehr als human und lies mir sogar noch Zeit zum morgendlichen Starbucks Besuch mit Bummel in der Heimat!
Am Flughafen stieß ich auf Hindernis Nummer 1, irgendeine Intelligenzbestie schien mal wieder ein Gepäckstück hinterlassen zu haben und der Beriech in dem die BA Schalter liegen war gesperrt. Ich machte mir wenig Gedanken, so blieb eben noch Zeit zum Rauchen. Feuerzeuge hatte ich wohlweißlich schon keine dabei, also fragte ich eine mitrauchende Dame. Sie war so nett und schenkte mir gleich ein kleines pinkes Feuerzeug mit „I love you“ Aufschrift. Ich hätte clever sein sollen und es gar nicht erst annehmen aber egal, das Schicksal wollte es scheinbar so (außerdem sendete mir das Schicksal wohl auch gerade Liebesbotschaften vom gleichen Geschlecht*lach).

Ich wurde bei einer humorfreien Dame mein laut Waage erstaunlich leichtes Gepäck los, und hoffte dass niemand es öffnen würde. Ich hatte bestimmt auch die obligatorischen 2-3 Kleidungsstücke bei mir, aber hauptsächlich eins: Maggi Tüten, Knödel Packungen, Rotkraut im Beutel, Baumkuchen, Lebkuchen, Plätzchenteig, Remoulade, etc…Tief in meinem Innern leite ich wohl schon seit langem ein Import- Exportunternehmen. Ohne mich noch groß darüber zu wundern weiterhin englisch angeredet zu werden, schritt ich zur Sicherheitskontrolle. Flüssigkeiten hatte ich keine im Gepäck, ich hatte extra meinen Labello weggepackt. Dafür nun ein Feuerzeug…die Dame fragte: „Feuerzeug?“ – „Neeein!“ (Frechheit, ich doch nicht, sehe ich so aus oder was*lach?). Mit tausend potentiellen Ausreden auf den Lippen die allesamt zwischen naiv („Ich weiß gar nicht was ein Feuerzeug ist, kicher kicher“) und verhaftungswürdig („Diese Kontrollen sind eh ein Witz und sie alle Volltrottel“) angesiedelt waren, passierte ich problemlos und trat den Marsch durchs verwaiste Terminal 2 an. Eine Fehlplanung wie ich finde, so viel Platz und so tote Hose. Irgendwann war ich in einem Gang hin zum Gate völlig alleine! Hätte nicht gedacht an Deutschlands größtem Flughafen auf solche Geisterplätze treffen zu können. Nach gefühlten 5 Stunden Fußweg kam ich an Kontrolle zwei, die ich wie schon eins wieder mit unvergleichlicher Kaltschnäuzigkeit passierte und ta-da: Ich war am Gate. Hier war ich noch nie; zu ebener Erde am letzten Ende des Gebäudes. Es gab eine schicke Snackbar aber 3Euro für ein Wasser…meine Theorie das zwischen Terrorpanik und Geschäftssinn doch mehr Verbindung als vermutet liegt bestätigte sich erneut. Ich hörte das erste britische englisch, wollte gleich schon wieder alle heiraten oder auffressen und kaum hatte ich die letzte verfügbare Gratiszeitung entdeckt, ging es auch schon in den Bus und rein in die A320.

Richtig voll wurde es nicht, zu 95% wieder schweigsame Businessmenschen. So auch direkt neben mir: ein gutaussehender Herr mit Wirtschaftssteil der es trotzdem nicht für notwendig hielt Guten Tag zu sagen. Du mich auch…
Der Flug war unspektakulär, die Wolkendecke relativ dicht. Was würde es heute als Verpflegung geben? Süß oder deftig? Chickensandwich oder Süßigkeitensortiment. Ich war sprachlos vor lauter Enttäuschung. EINEN KEKS! Ich befand mich an Bord einer führenden Airline und es gab EINEN KEKS!!! Auch die darin enthaltenen Rosinen konnten meine Entgeisterung nicht bremsen…dann konnte ich in Zukunft auch wieder mit den Stoffeln der Lufthansa vorlieb nehmen. Es geht bergab, das wurde mir mal wieder deutlich. Auch die Maschine setzte zum Landeanflug auf London an und ich legte meine packenden Berichte über den neuen Jack the Ripper und künstliche Befruchtungen beiseite.

Die Stadt der Städte wurde durch die Wolken verdeckt und das erste war ich sah waren Vorstädte. Charles Dickens hätte es nicht schöner Beschreiben können! Die Dämmerung tauchte die endlosen reihen der ewig-selbigen tristen Häuschen in ein finsteres Licht. Nur noch der dichte Rauch aus den Fabrikschornsteinen und von der Arbeit bucklige Menschen mit gezeichneten Antlitzen haben mir gefehlt…mich würde mal interessieren wie man auf England reagiert wenn man keine besondere Verbindung zu Land und Leuten hat. Mir reicht die Vogelperspektive eines verstopften Autobahnkreuzes und ich bin emotional schon vollkommen von der Rolle (denn es staut sich ja der Linksverkehr*strahl) aber wenn man es objektiv sehen könnte…

Verbotenerweise simste ich schon wieder ohne die Parkposition erreicht zu haben und machte mich auf die Suche nach meinem Gepäck. Die 5 Std Fußweg in Frankfurt waren nur ein Training für Heathrow gewesen, hier versteckte sich der Bagage Claim irgendwo hinter der schottischen Grenze. Immerhin kam mein Koffer als zweiter heraus, das ist Bestzeit und ich schritt mutig auf die Glastüre hinein in die Wirklichkeit. Ich habe das bestimmt schon öfters geschrieben aber ich hasse diesen Moment des gesehen Werdens aber selbst noch orientierungslos seins abgrundtief. Mein Freund sah mich also bevor ich wusste wie mir geschah und zack zack, schon saßen wir im Auto und ich brabbelte Unsinn in noch sehr brüchigem Englisch, wie immer direkt nachdem ich gelandet bin.

Ebenso vertraut war unser erstes Ziel „Tesco“, ich kaufte ein paar nötige essbare Utensilien für die nächsten Tage und hatte wieder dieses selige „ich bin in England“-Grinsen. Heute Abend sollten meine Kochorgien noch nicht starten, eine Fertiglasagne sollte reichen. Zu Hause reduzierte sich mein Gepäck auf max. 2 Kilo nachdem Currykings und Plätzchenteig im Kühlschrank verschwanden und wir ließen den Abend bei Weißwein, Süßigkeiten, der von mir aufgezeichneten Sendung mit der Maus und den Christmas Hits auf der Mattscheibe ausklingen…Cliff Richards, wie hatte ich ihn vermisst*grins.
 
AW: And a bra that was made to hold three

Hallo und Moin, Moin Aurelia!

DANKE !!! :) Wieder einmal sehr, sehr nett und in gewohnter Qualität geschrieben - wann geht es denn weiter ??? Bin schon gespannt !!!


Gruß - Asterixinchen :)
 
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So , nachdem der Tag so stressig und hektisch anfing war es doppelt so schön
den Bericht zu lesen !! :D :D
 
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Danke Aurelia,

...geht schon gut los:thumbup: :nod: .

MEHR

wünscht gengarde
 
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Tag 2, 15. 12. 2006

Der Tag begann mit dem eingängigen „Golden Brown“ von den Stranglers, daß um 5.30h aus dem Radiowecker tönte. Ach was ist es so schön früh geweckt zu werden, wenn man selbst davon nicht betroffen ist*grins. Mein Freund ging zur Schicht und ich wieder zurück ins Land der Träume, ein Land in dem ich mich sehr regelmäßig und sehr intensiv und erlebnisreich aufzuhalten pflege. Nach Dusche, Email checken und einem armen Frühstück (ein KitKat und zwei Tassen Tee) ging ich mal wieder Richtung Bahnhof und freute mich sehr dort den Fahrkartenautomaten in bester Verfassung zu finden. Hehe, dies heißt keine Konversation mit Einheimischen, der Deutsche kann ja so faul sein!

Es sah bedrohlich nach Regen aus und ich hatte natürlich den Schirm im Auto liegen lassen (aber die Sonnenbrille dabei, sinnvoll). Die Fahrt und das Umsteigen funktionierten reibungslos und gegen 11h trat ich wieder hinaus in die Kulisse aus Seeluft und Möwengeschrei.
Da ich mehr oder weniger erneut meiner Shoppingroutine gefolgt bin, beschränke ich die folgenden Erlebnisse auf die Ergebnisse. Bewaffnet mit Geldscheinen frisch aus dem Automaten ergatterte ich bei „Peacocks“ zwei reduzierte Handtaschen und ein paar Stiefel (Stiefel für meine Fußballerwaden!!! Ein Ereignis das in keinem Kalender fehlen sollte! In Deutschland durchforste ich seit über einem Jahr Laden an Laden nur um den Reißverschluss bei normalen Stiefeln keinen Millimeter und bei tollen (ab 200Euro) 1 Millimeter Richtung Knie bewegen zu können. Der Stiefelkauf, zu sehr Kleidungsstück als das es noch Spaß machen könnte…ein dunkles Kapitel der weiblichen Shoppinggeschichte jenseits Konfektionsgröße 36) und ein Chicken Salad Wrap bei „Marks&Spencer“. Damit war die Einstiegsrunde schon beendet und ich verzog mich an die Küste um zu essen.

Es war ein ausgesprochen windiger Tag, die Wellen waren höher als gewöhnlich und meine beiden großen Plastiktüten boten zu viel Angriffsfläche. Trotzdem verirrte sich noch der ein oder andere Fußgänger hierher, also trotzte ich der Witterung und dinierte vom Winde verweht. An die Möwen hatte ich dabei gar nicht gedacht; erst als sie später bedrohlich über dem Strand kreisten erinnerte ich mich an Horrormeldungen von Hitchcock ähnlichen Angriffen auf Sandwichs und Eistüten genau hier. Ich sinnierte; ich, schon wieder hier, wer hätte das vor 6 Jahren auf der Klassenfahrt gedacht…

Da mir die Witterung nicht ganz geheuer war, machte ich mich lieber schon wieder Richtung Zentrum um einem möglichen Regenschutt vorzubeugen. In den Lanes fand ich diesmal nichts käufliches sondern „nur“ Inspiration, bei „Velvet“ traf ich in Pärchen das schon vorher mit mir im Zug gesessen hatte. Bei „Fopp“ wurde ich ärmer indem ich mir ein paar reduzierte Bücher und „The Producers“ auf DVD zulegte. „yes ist springtime for Hitler and Germany, ta da ta da“, nach wie vor ein herrlicher Ohrwurm der in keiner Hitparade fehlen sollte*lach. Bevor ich bei Starbuck´s im Buchladen wieder meine obligatorische Pause einlegte, kaufte ich noch eine Tafel dunkle Schoki mit Chili und eine weiße mit 3 Pfeffersorten bei „Montezuma“.

Starbuck´s war erstaunlich leer für einen Freitagnachmittag in der Vorweihnachtszeit; ich hatte einen Tisch für mich und nutzte die Zeit zum simsen und Tagebuchschreiben. In den vielen restlichen Geschäften schaute ich mehr als ich erwarb, eine löbliche Ausnahme bildete natürlich mal wieder der Nahkampf bei „Primark“ dem ich viele bunte Ohrstecker, Plastikperlenketten, Hausschuhe mit giftgrünen Federn, eine rosa Handtasche und ein senfgelbes Oberteil zu verdanken habe. Es lebe das 60s Revival!

Die Dämmerung breitete ihren samtenen Mantel über die Küste und ich entschied mich dazu noch etwas Zeit im einzig großen Supermarkt den ich hier kannte totzuschlagen. Also klemmte ich meine tonnenschweren Tüten an einen Einkaufswagen und graste genüsslich Reihe für Reihe bei „Waitrose“ nach witzigen Dingen und notwenigen Zutaten ab. Hähnchenfilets brauchte ich, ungesalzene Butter, frischer Basilikum, genau…Gänsebrust zu bekommen war wohl gänzlich unmöglich. Eine Tüte Salat, sehr gut und ach, noch mal Sandwichs mit Speck und Tomaten für den Heimweg. Ich hatte eine lustige Mischung an Dingen bei mir als ich an der langsamsten aller Kassen wartete und das Gewusel beobachtete. Ist ein schönes Gefühl zwar an einem fremden Ort zu sein und trotzdem zu wissen gleich „Heim“ zu fahren und eigene 4-Wände vorzufinden.

Es war zwar noch etwas früh, aber die Last meiner Tüten verführte mich nicht zu weiteren Streifzügen. Nein, ich steuerte den Bahnhof an (immer schön bergauf, seufz) und machte vom nicht existenten Rauchverbot drinnen gebrauch. Um 19h hatte meine bessere Hälfte Dienstschluss, Plan war das ich statt nach Billingshurst direkt nach Gatwick fuhr und dann mit ihm heim. Ich holte mir die Erlaubnis ein, eine halbe Stunde früher aufkreuzen zu dürfen und somit nahm ich den übernächsten Zug und lauschte den Handygesprächen meines Gegenübers in scheinbar alle Krisengebiete weltweit (sitzt im Zug Richtung London und telefoniert mobil mit Mogadischu, wow).

Zum Glück blieb auch hier der große Run aus und ich hatte genügend Platz für mich und meine 7 oder 8 Tüten. Immer peinlich wenn man nach einem Sitzplatz suchen muß und durch die Gepäcklast kaum durch den gang passt…
Am Flughafen steuerte ich das Büro an, erntete einen zweifelnden Blick vom Kollegen angesichts meiner Last und war sehr dankbar nun nicht mehr alleine schleppen zu müssen.

Zu Hause spielte ich dann Bescherung als ich meine Tüten entleerte, Tiger knisterte und freute sich wie Bolle und es gab Hähnchenfilets mit Champions und Sahnesoße aus dem Backofen. Kein Tag des ganz großen Shoppingrausches aber trotzdem ein gelungener erster Tag daheim in der Fremde.
 
AW: And a bra that was made to hold three

Hallo und Moin, Moin Aurelia!

..... wie immer ... sehr, sehr schön und nett geschrieben ---> DANKE !!!


Gruß - Asterixinchen :)
 
AW: And a bra that was made to hold three

Hallo Aurelia!

Vielen Dank für deinen bisherigen bericht. ich habe ihn wie immer sehr gerne gelesen. :nod:

Aurelia schrieb:
Stiefel für meine Fußballerwaden!!! Ein Ereignis das in keinem Kalender fehlen sollte! In Deutschland durchforste ich seit über einem Jahr Laden an Laden nur um den Reißverschluss bei normalen Stiefeln keinen Millimeter und bei tollen (ab 200Euro) 1 Millimeter Richtung Knie bewegen zu können. Der Stiefelkauf, zu sehr Kleidungsstück als das es noch Spaß machen könnte…ein dunkles Kapitel der weiblichen Shoppinggeschichte jenseits Konfektionsgröße 36

Ja, da kann ich auch ein Lied von singen. Ich habe Jahre gebraucht um Stiefel zu finden die ich über meine Waden bekommen habe. Da farge ich mich doch manchmal wie manche Leute noch ihre Jeans in diese Stiefel bekommen. ;)

LG Trine!
 
AW: And a bra that was made to hold three

... der geneigte Leser ist überaus gespannt darauf, wann sich die Verbindung zwischen Überschrift und Story herauskristallisiert...
Es bleibt also mächtig spannend! Bitte weiter...
 
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