Bericht: Venezianische Spaziergänge - Passeggiate nella Venezia

- Spaziergang durch Cannaregio bis zum Anleger San Marco, Giardinetti -

Am Sonntag, 12.06.2016 fuhr ich frühmorgens von meinem Quartier in Mestre mit meinem gesamten Gepäck mit dem Bus zur Piazale Roma in Venedig. Dort gab ich mein Gepäck an einem sicheren Ort für sechs Euro pro Stück auf und machte mich auf den Weg um das Sestierie Cannaregio zu erkunden. Mit dabei hatte ich auf meinem Handy den Reiseführer des Michael Müller Verlages über Venedig. Darin enthalten sind auch Spaziergänge zu jedem Sestiere. Daran habe ich mich orientiert.

Bei meinen früheren Venedig-Besuchen bin ich meistens am Bahnhof Santa Lucia angekommen von wo aus man sofort einen schönen Ausblick auf den Canal Grande und die gegenüberliegende Kirche hat.

An der Piazzale Roma geht es bedeutend nüchterner zu.


Von der Ponte della Costituzione hat man einen interessanten Ausblick




Ich spazierte am Bahnhof vorbei und betrat die Kirche Santa Maria degli scalzi. Eigentlich ist die Marmorfassade sehr imposant. Aber die war eingerüstet und deshalb wenig interessant. An einem Sonntag-Vormittag in Venedig erlebt man gerade in Cannaregio noch richtig sonntägliches Leben. Jedenfalls empfand ich das so. In den Kirchen wurden Gottesdienste gefeiert, in den Gassen schüttelten Frauen ihre Staubwedel und Teppiche aus den Fenstern. Und auf den Plätzen und Spielplätzen waren Eltern und Großeltern mit den Kleinen zu sehen.

Außerdem war Biennale und da in Cannaregio die meisten Veranstaltungsorte waren konnte man Touristen ganz anderer Art als sonst antreffen.

Das Wetter war an diesem Vormittag zunächst noch sehr durchwachsen, wurde aber immer sonniger und wärmer.

In der Chiesa Santa Maria degli Scalzi setzte ich mich möglichst unauffällig in eine der hinteren Kirchenbänke um den Gottesdienst nicht zu stören. In der andachtsvollen Atmosphäre könnte ich den Raum gut auf mich wirken lassen. Doch so richtig war ich wohl nicht nicht angekommen. Ich empfand alles einfach nur als sehr barock.

Deshalb zog es mich auch bald weiter. Statt wie sonst über die Ponte Scalzi hinüber nach Santa Croce zu gehen führte mich nun mein Weg über die Lista di Spagna


weiter bis zum Campo San Geremia mit der gleichnamigen Kirche und dem Palazzo Labbia.




Auch hier warf ich nur einen kurzen Blick in die Kirche um, von Neugierde getrieben meinen Spaziergang bald fortzusetzen.

Die Ponte delle Guglie überquerte ich nicht sondern ging am Fondamenta Vernier Sebastiano am Canale Cannaregio entlang. Gegenüber eilte gerade ein Ordensbruder mit wehendem Gewand Richtung Brücke. Zugern hätte ich ihn aufs Bild gebannt aber er war zu schnell entschwunden.

Am Wasser waren mehrere Cafés und als ich mich schon ziemlich nah meinem nächsten Ziel wähnte, der Kirche San Giobbe, gönnte ich mir ein zweites Frühstück mit Blick auf den Canale.


Der Gottesdienst in San Giobbe war gerade zu Ende und so konnte ich kurz einen Blick hineinwerfen. Außer dem berühmten Moijalika- Gewölbe fand ich ein eher renovierungsbedürftiges Kirchenschiff vor.

Direkt neben der Kirche ist an manchen Tagen und auch sonntags ein Begegnungszentrum mit Kinderspielplatz und Bolzplatz geöffnet. Dort war richtig Leben und das hat mir sehr gut gefallen.

Nun ging ich zurück und überquerte den Canale Cannareggio auf der Ponte dei tre archi. Von der Brücke sieht man sowohl hinaus in die Lagune als auch zum Campanile von San Giobbe.



Ich muss dazu sagen dass mein Fotoapparat an diesem Morgen etwas gesponnen hat und mir die Fotos teilweise durcheinander speicherte. Es kann also sein dass das eine oder andere Bild nicht dahin gehört wo ich vermutete. Ich bitte um Nachsicht und ggf. um einen Hinweis wo das nun tatsächlich hingehört.

Das Interessante an dieser Gegend von Cannareggio ist wohl dass hier ein altes Industriegebiet in eine Wohngegend umgewandelt wurde. Und charakteristisch sind hier laut Reiseführer die vielen kleinen Dachterassen und ganz interessante Schornsteine.



Von der Fondamenta Cannareggio



ging es durch schmale Gassen mit teilweise einstöckigen Häusern ins Ghetto vecchio.






Schließlich gelangte ich durch den Calle del Batelo


zum Rio di San Girolamo. Über eine Brücke ging es zur Fondamenta de le Capuzzine.

Unweit der nächsten Brücke die zum Campo Ghetto nuovo hinüberführte entdeckte ich eine nette Bar wo ich mi einen Caffè gönnte. Dort kam ich mit einer deutsch-italienischen Architektenfamilie ins Gespräch. Von da an sollten wir uns noch öfter begegnen. :)

Nach der gemütlichen Pause spazierte ich hinüber zum Campo Ghetto nuovo.


Hier war ich nun wirklich in einer völlig anderen Welt. Gleich zu Beginn des Campo fand in einem niedrigen Raum ein jüdischer Gottesdienst statt. Ich würde sogar gebeten einzutreten um mir die Feier anzusehen. Viele junge Familien waren auf dem Campo und einige trugen traditionelle Bekleidung, vor allem die Männer.




Schließlich gelangte ich durch die Gassen wieder zum Canale Cannaregio zurück. Dort erholte ich mich auf den Stufen die zum Wasser führten. Eine Möwe setze sich ganz in meine Nähe.


Nun spazierte ich den Rio Tera San Leonardo entlang und weiter durch den Calle Pistor und den Rio Tera de la Maddalena. Hier waren überall Geschäfte von denen einige trotz Sonntag offen hatten. Man konnte gemütlich bummeln, es war belebt aber nicht überfüllt, das war angenehm.

Schließlich entdeckte ich das Casino Venedigs in einer Seitengasse und machte einen Abstecher dort hin.



Und ganz in der Nähe fand ich diesen Hinweis


Auch der Campo Santa Maddalena mit seiner runden Kirche gefiel mir gut.


Nun erreichte ich bald die Strada Nova, die einzige Straße Venedigs die als solche bezeichnet wird und tatsächlich ungewöhnlich breit ist.




Gleich zu Beginn fand ich ein Geschäft ganz in lila wie ich es auch andernorts in Italien schon gesehen habe.


Auch dieses Geschäft gefiel mir sehr gut.


Als nächstes besuchte ich den Campo Santa Fosca, der direkt an der Strada Nova liegt.



Auf dem Campo war neben dem Denkmal auch ein Hinweis auf die Biennale aufgebaut.


Seitlich der Kirche konnte ich noch einige Aufnahmen machen. Außerdem faszinierten mich einige dekorierte Wände wie ich sie in diesem Sestiere des öfteren vorfand. Teils schön teils hässlich aber irgendwie interessant.



Ein schöner Blick bot sich mir auf das Ca`Pesaro auf der anderen Seite des Canal Grande.


Überhaupt spürte man sehr die Nähe zum Canal Grande, irgendwie konnte man immer wieder mal einen Blick dahin erhaschen. Schließlich entdeckte ich einen Hinweis auf eine Traggetto-Anlagestelle und dachte das ist die Gelegenheit, einmal günstig mit einer Gondel zu fahren. 8):lol::)


Ich bummelte durchs Rialto-Viertel, ein paar Stände waren trotz Sonntag am Gemüse- und Fischmarkt aufgebaut.



Und Venedigs Spitzen konnte man auch in diversen Geschäften bewundern.



Die Rialto-Brücke war leider immer noch eingerüstet.


Der Campo San Giacometo gefiel mir sehr gut. Im Kirchengebäude ist eine Ausstellung über alte Streichinstrumente, das war sehr schön.



Auf meinem Weg Richtung Piazza San Marco kam ich bei der Kirche San Silvester an einer Hochzeitsgesellschaft vorbei.


Schließlich gelangte ich zur Piazza San Marco, für mich ein Muss eines jeden Venedig-Besuchs.





Ich schlenderte am Markusbecken vorbei zu den Giardinetti, warf einen Blick auf die hübsche kleine Anlage und auf den Campanile von San Marco.


Dann kaufte ich mir eine Kombi-Ticket das mich zurück zur Piazzale Roma und von dort zum Flughafen brachte.

Ich bestieg das nächste Vaporetto, fand einen Sitzplatz bei einer Gruppe Frauen die aus Rom kamen und eine Freundin im Trentino besuchten und gemeinsam einen Venedig-Ausflug machten. Es entspann sich eine lustige Unterhaltung und das hat echt Spass gemacht.

An der Piazzale Roma holte ich mein Gepäck ab und bestieg den Bus zum Flughafen. Dort angekommen ging ich zum Mietwagen-Verleih, holte mein gebuchtes Auto ab, dieses Mal einen Fiat Panda und fuhr nach Abano Terme zum Wellness-Urlaub.

Dieser Sonntag in Venedig hat mir ausgesprochen gut gefallen und ich hoffe euch beim Lesen auch.

Spero alla prossima volta!

 
Zuletzt bearbeitet:
Vielenm Dank für den schönen und sehr persönlichen Tagesbericht aus Venedig, liebe Tizia. Er hat viele Erinnerungen geweckt an meine Spaziergänge durch Cannareggio im April. Von den Klampfen in San Giacometo war ich ebenso überrascht wie fasziniert, wie Du! Und der Markusplatz darf in der Tat nicht fehlen, zum krönenden Abschluss. :thumbup::nod:
 
Vielen Dank liebe Tizia für deinen schönen Spaziergang durch Venedig, der mir ausgesprochen gut gefallen hat und zur Nachahmung einlädt.
 
@pehda: das hatte ich gehofft dass meine Impressionen bei dir Erinnerungen wecken. Es freut mich sehr dass das so ist. Vielen Dank für dein posting.

@pecorella: Danke für dein freundliches posting. Ich wünsche dir sehr dass du irgendwann die Gelegenheit zur Nachahmung findest.
 
Liebe Tizia,
vielen Dank, daß ich diesen schönen Ausflug nach Venedig mit Dir machen konnte.
Trotz der Touristenmassen hast Du auch menschenleere Gassen und Plätze gefunden. Die Fotos sind wunderschön.
Schmunzeln mußte ich bei den beiden Bildern, die Dich in der Gondel zeigen. Der Gondoliere sieht sehr gemütlich aus.
 
Schmunzeln mußte ich bei den beiden Bildern, die Dich in der Gondel zeigen. Der Gondoliere sieht sehr gemütlich aus.

Danke für dein Posting. Es freut mich sehr dass dir mein Spaziergang gefallen hat.

Der Gondoliere war ein richtiger Bär von Mann, aber gemütlich, wie du sagst. Die Fahrt dauerte nicht lange war aber sehr traditionell, eben wie früher um von einer Seite auf die andere zu kommen und das für 1,50 €, da kann man wirklich zufrieden sein. Für das feeling hat es gereicht. Ich war wirklich glücklich, mal mit einer Gondel über den Canal grande überzusetzen.
 
Liebe Tizia,

auch ich habe Deinen Spaziergang durch Cannaregio gerne verfolgt, besonders da wir ja beim letzten Besuch in dieser Ecke wohnten (nur wenige Schritte von San Geremia bzw. der Scalzi-Kirche entfernt, genau genommen ungefähr dazwischen in einer der Gassen).

Die Scalzikirche hat uns offen gestanden noch nie gelockt, ich glaube, Bernhard war einmal drin und meinte, das könnte man sich schenken. :~

Ganz anders San Giobbe, die wir sehr mögen. Ja, eine Restaurierung würde ihr nicht nur guttun, sondern wirklich zeigen, was für ein Kleinod sie ist. Nicht nur, dass man dort den Originalaltar für Bellinis "Pala di San Giobbe", der zu meinen Lieblingsbildern in der Accademia gehört, sehen kann, neben der von Dir erwähnten Kapelle mit den Medaillons der Della-Robbia-Familie gibt es weitere herrliche Renaissancealtäre und in der Sakristei ein paar schöne Gemälde.
Wir wohnten zwar in der Nähe, jedoch war die Kirche zuletzt komplett geschlossen (auch vorher schon als Einzige der Chorus-Kirchen nur vormittags geöffnet). Du hattest also Glück, nach dem Gottesdienst wenigstens kurz hineinzukommen.
Wenn ich dazu komme suceh ich Dir noch ein paar Bilder von früheren Besuchen. :nod:

Noch kurz hierzu:

Die Kirche San Giacometo ist einer der ältesten, wenn nicht sogar die älteste in Venedig (das müsste ich nachschauen), aber schon seit wir Venedig kennen, nur als (auf jeden Fall interessanter) Ausstellungsraum für Saiteninstrumente genutzt. Der BEVA hat verschiedentlich Aufnahmen zu Unterrichtszwecken gemacht.

Ich hoffe ja immer noch, irgendwann auch meinen Bericht weiterschreiben zu können, bis dahin freue ich mich immer übers Mitnehmen nach Venezia! :nod:

Liebe Grüße (auch aus Bella Italia)

Angela

P.S.:

Die Traghetti über den Canal Grande sind immer wieder nett, auch wenn es weniger sind als in vergangenen Zeiten. Und gerade die, die Du genommen hast, ist eine tolle Verbindung von Cannaregio nach San Polo. :thumbup:
 
Liebe Tizia,
für mich als Venedig-Fremdling ist es sehr interessant gewesen, mal wieder auf einen Rundgang mitgenommen zu werden, der so reich an Eindrücken war.
Vielen Dank für deinen Bericht und die vielen aussagekräftigen Fotos - ich habe es genossen!
 
Liebe Angela,

Danke dass du meine Eindrücke ergänzt bzw. bestätigt hast.

Auf Bilder von San Giobbe freue ich mich natürlich sehr. Danke im Voraus dafür.

Ich wünsche euch noch eine erholsame Zeit in Bella Italia mit vielen schönen Eindrücken.

Viele Grüße

Tizia
 
Ich wünsche euch noch eine erholsame Zeit in Bella Italia mit vielen schönen Eindrücken.

Neben ruhigen Tagen am See - wie heute - haben wir natürlich auch die Kunst genossen, u.a. gestern bei einem Tagesausflug nach Piacenza und Parma. Wieder einfach wunderschön! :nod:
 
Liebe Tizia,
für mich als Venedig-Fremdling ist es sehr interessant gewesen, mal wieder auf einen Rundgang mitgenommen zu werden, der so reich an Eindrücken war.
Vielen Dank für deinen Bericht und die vielen aussagekräftigen Fotos - ich habe es genossen!

Danke für deine anerkennenden Worte. Es freut mich dass dir mein Spaziergang und die Fotos gefallen. Hinweise auf die große Kunst Venedigs fehlen ja in diesem Bericht. Aber die Atmosphäre der Stadt rüber zu bringen war mir dieses Mal wichtiger. Und du hast das genossen, darüber freue ich mich sehr!

Ich wünsche dir und euch dass ihr auch mal Venedig besuchen und genießen könnt.

Viele Grüße

Tizia
 
Hallo tizia,
auch ich bedanke mich für den schönen virtuellen Spaziergang durch Venedig - und hier besonders der letzte durch Cannaregio. Ich habe mir gleich mal Google maps daneben "gelegt", um nachvollziehen zu können, wo Du langspaziert bist und wohin Du uns mitnimmst ;).
Besonders gefallen haben mir die Bilder mit den Schornsteinen, die ich in Venedig auch immer bestaunt habe. Angeblich wurde diese "Außenmauerbauweise" wegen der Brandgefahr angewandt - verständlich bei Venedigs engen Gassen - und dies schon seit fast tausend Jahren.
Gefreut hat mich auch Dein Spaziergang durch das Ghetto. Irgendwie habe ich das Gefühl - es mag mich täuschen :? - diese Ecke Venedigs kommt bei den schönen Reiseberichten darüber ein wenig zu kurz...
:thumbup: Traghetto-Überfahrt - Gondel-feeling für wenig Geld - ist doch was Schönes! Die Einheimischen machen's ja im Stehen, unsereiner setzt sich lieber :~ ;).

Schön, dass Du Deinen Venedig-Ausflug mit uns geteilt hast!
Liebe Grüße
Pasquetta
 
Liebe Pasquetta,

Danke dass du mich gerne begleitet hast, sogar per Google Maps! Beim
Schreiben hab ich selbst dort immer wieder nachgeschaut ;)

Mag sein dass das Ghetto mitunter in den Reiseberichten zu kurz kommt. Schön war halt dass ich den Sonntag Vormittag mit dem echten jüdischen Leben so mit bekommen hab. Aber dafür kam ich nicht mehr in die restlichen Winkel von Cannareggio.

Durch die verschiedenen Venedig-Berichte hier in diesem Forum entsteht jedenfalls ein vielseitiges Bild und jeder kann sich heraussuchen was ihm am besten gefällt und vielleicht auch mal selbst ansehen.

Bei der Traghetto-Überfahrt waren wir nur drei Touristen und kein einziger Einheimischer. Hoffentlich gibt es diese Möglichkeit trotzdem noch lange, es wäre schade drum.

Viele Grüße

Tizia
 
Irgendwie habe ich das Gefühl - es mag mich täuschen :? - diese Ecke Venedigs kommt bei den schönen Reiseberichten darüber ein wenig zu kurz...

Du hast Recht, liebe Pasquetta!
Zumindest in meinen/unseren Berichten kommt das Ghetto immer allenfalls nebenbei vor. :blush: Irgendwie sind wir doch meist auf dem Weg zu irgendwelchen besonderen Orten ... :~
Aber auch mir haben Deine Bilder von dort gut gefallen. :nod:
 
Du hast Recht, liebe Pasquetta!
Zumindest in meinen/unseren Berichten kommt das Ghetto immer allenfalls nebenbei vor. :blush: Irgendwie sind wir doch meist auf dem Weg zu irgendwelchen besonderen Orten ... :~

Überhaupt kein Grund für :blush:, ;) - ich "meine" ja nur ;). Und ich musste wieder daran denken, dass dieses Jahr das venezianische Ghetto seit 500 Jahren besteht. Erinnert wird daran auch mit einer Ausstellung im Palazzo Ducale: Die Serenissima und die Juden.
 
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