Venedig und seine Gärten
Venedig, die Stadt im Wasser mit ihren prächtigen Palästen und Kirchen, hingestellt überall dort, wo man der Lagune einen Flecken Erde abtrotzen konnte und deren Plätze nicht umsonst „Campi“ heißen, da es bei Klöstern und Pfarrkirchen auch meistens einen Gemüsegarten gegeben hat, dieses Venedig birgt und verbirgt auch einen Reichtum an Grün: Renaissancegärten, Landschafts- und Klostergärten – öffentliche Parks und verschlossene Gärten hinter Mauern – üppig blühender Rosengarten am Canal Grande und kleine verwunschene Gärten auf Dächern und an Balkonen...
Zwei Reisetage und vier volle Tage in Venedig – was werden wir alles anschauen können? Lassen wir uns überraschen.
Mittwoch 30.05.2012
Bei uns blüht an den Hecken und Äckern entlang der U-Bahn-Strecke das kleine, feine Heckenröschen und der Holunder reckt seine weißen Blütendolden aus dem Grün der Blätter. Dieses Bild nehme ich mit auf dem Weg zum Flughafen und über die Wolken – ohne Sicht auf die Seen, Berge und Ortschaften dort unten.
Und dann Venedig :!:
Angeblich sagt eine neue Bestimmung, dass Wassertaxen mit einer bestimmten Anzahl Passagiere (und ohne Gepäckstücke) nicht mehr von der Sacca della Misericordia und dann durch den Canal Grande in die Stadt einfahren dürfen. Mancher hält sich nicht daran, mancher schon – vor allem, wenn hinter der Kaimauer einer der an der Wasserstraße liegenden Inseln eine Guardia di Finanza auf der Lauer liegt -, so wie unser Bootsführer.
Darum kamen wir gleich in den Genuss einer Extra-Tour durch die Lagune. Mit viel Tempo ging es vorbei an San Michele und der Südspitze von Murano in großem Bogen um die „Schwanzflosse“ Venedigs, die Inseln San Pietro und Sant'Elena rechts von uns lassend, entlang der Giardini Pubblici endlich in den Canal Grande zum Anleger am Campo San Vio. Wir waren nach Venedig eingefahren, wie es ursprünglich geplant war: die Besucher (Staatsgäste) der Stadt kamen vom Meer und wurden an der Piazzetta di San Marco empfangen (soviel Ehre wurde uns nicht zuteil), wo der hl. Theodorus (der erste Stadtheilige von Venedig) mit einem Krokodil (das ein Drache sein soll, vielleicht weil die Legende will, dass der hl. Theodorus ein Bruder des hl. Georg war) und der hl. Markus mit dem geflügelten Löwen auf ihren Säulen thronen und weit hinaus auf die Lagune blicken.
Noch bleibt an diesem Nachmittag Zeit, um den berühmten (Über-)Blick über Venedig und die Lagune zu bekommen. Der Weg führt uns auf die Isola S. Giorgio Maggiore.
Vom Turm der Kirche S. Giorgio Maggiore aus liegen uns die Stadt, die Inseln und die Lagune zu Füßen. Die Sicht ist nicht besonders klar, aber das beeinträchtigt nicht die Übersicht. Unter uns breitet sich der Garten des Benediktinerklosters (und jetzt auch Studienzentrum) aus, mit dem Chiostro dei Cipressi, dem „Zypressenkreuzgang“.
Die Anlage des Arkadenhofes mit den Rundbögen, die auf Doppelsäulen ruhen und darüber die Fenster, mal mit Dreieck- mal mit Bogengiebel, zeigt typische Merkmale der Bauweise Palladios.
Nachdem die Glocke mächtig und wohltönend die volle Stunde geschlagen hatte, verlassen wir den Turm um auch noch einen kurzen Rundgang durch die Kirche zu machen. Das prächtige, aus Nussbaumholz geschnitzte Chorgestühl von Gasparo Gatti im Mönchschor, Tintorettos großartige Gemälde „Der Mannaregen“ und „Das letztes Abendmahl“ sowie Girolamo Campagnas „sehr edle und schöne“ bronzene Hochaltargruppe mit den vier Evangelisten, die die Weltkugel tragen, auf der der Welterlöser steht, verbunden mit Gottvater und dem Heiligen Geist -
(Anmerkung für "Ortskundige"

das sind vielleicht die berühmtesten Sehenswürdigkeiten in dieser Kirche. Aber genau so sehenswert sind die versteckten Schönheiten,
wie z.B. eine „Anbetung der Hirten“ von Jacopo da Ponte „Bassano“, genannt nach seinem Geburtsort Bassano del Grappa. Er stellte in seinen dunklen Bilder gerne Menschen und Tiere des ländlichen Lebens dar, arbeitete aber auch mit starken Lichteffekten und das besondere Rot erreichte er angeblich indem er dem Zinnober pulverisiertes Rubin beimengte. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, wie ich meine.
Ein Abendspaziergang entlang kleiner Kanäle, über Brücken, durch enge Calli und über weite Campi und auch mal ein Blick in der Abenddämmerung auf sprießendes Grün an Mauer und Balkon,
beschließt diesen ersten Tag in Venedig – bevor es mit dem Vaporetto, müde und zufrieden, zurück ins Hotel geht.