Treviranus
Libertus
Die "Trattoria Il Pommidoro" liegt abseits der Touristenströme im Viertel San Lorenzo "hinter" dem Bahnhof Termini an der Piazza dei Sanniti 44. Am besten kommt man mit Bus Nr. 71 dorthin. Den Tipp zu dieser kulinarisch wie ambientemäßig außergewöhnlichen Trattoria erhielten wir von Klaus Brill, der sie in seinem Buch "Die Köchin, die Pornodiva und der Papst. Römische Begegnungen", Picus Lesereisen, Wien 1998, rühmt. Obwohl Beschreibung und Charakterisierungen schon 12 Jahre "alt" sind, hat sich u.E. nichts an der Qualität der Trattoria geändert. Publikum an diesem Abend waren fast ausschließlich Stammgäste ("Ciao, Aldo! Ciao Sandra!"), außer uns beiden und drei (amerikanischen) Studenten am Nebentisch waren wohl alle Gäste mit den Familienmitgliedern (in verschiedenen Funktionen im Lokal tätig) bekannt. Eine der drei Töchter - wie haben ihren Vornamen leider nicht erfragt - von Herrn Aldo Bravi, dem Besitzer der Trattoria, hat die "Aufsicht" im Hauptraum, sie begrüßt und verabschiedet die Gäste, bedient bei Bedarf und stellt die Rechnung an einem kleinen Tisch neben dem Eingang zusammen. Obwohl wir nicht vorberstellt hatten, sondern aufs Geradewohl um 20.00 Uhr vor der Tür standen, war der Empfang wie der alter Freunde, uns wurden als erste Gäste des Abends der beste Tisch angeboten und stete, aber unauffällige Aufmerksamkeit umgab uns wie auch die anderen Gäste. Nach diesem schon herzlichen Empfang ging es an die Lektüre der Speisekarte, wo wir uns an die Rubrik "Empfehlungen des Chefs" hielten - und in nichts enttäuscht wurden. Schon Klaus Brill hat die berühmten Spaghetti alla Carbonara (Nr. 1 der "Primi Piatti") gerühmt - wir können in sein Loblied nur einstimmen; auch die Nudeln in Wildschweinsauce waren köstlich. Als "Secondi Piatti" verspeisten wir zartes Kaninchen- bzw. kräftig mundendes Ochsenschwanzfleisch zusammen mit je einer in Olivenöl eingelegten ganzen Artischocke - das Gemüse, das z.Z. auf allen Märkten Roms zu finden ist. Zum Kaninchen hätte ein Weiß- und zum Ochsenschwanz ein kräftiger Rotwein gepasst, aber wir genossen beides mit einer Flasche Aqua Minerale. Hausgemachter Tiramisu und Zitronensorbet sowie der obligatorische Espresso rundeten das in allem - Ambiente, Aussehen und Geschmack - vollständig gelungene Mahl ab. Beim Bezahlen - alles in allem legten wir 68 €uro (ohne das angemesseneTrinkgeld) auf den Tisch - zeigte sich die patriarchalisch geprägte Hierarchie in der Trattoria: Im Nebenraum hatte der Chef Platz und seine Abendmahlzeit zu sich genommen. Seine Tochter ging mit Rechnung und €uroscheinen zu ihm, er überprüfte, gab ihr das Wechselgeld, sie kam zurück zu uns und reichte uns ihrerseits das restliche Geld. Ich durfte noch ein Foto machen, Herr Aldo schrieb mir einen Gruß an Klaus Brill in das mitgebrachte Buch (s.o.) und dann verließen wir, an Leib und Seele gesättigt, eines der besten Restaurants, die wir - als Vielreisende - in der ganzen Welt genossen haben. Leider haben wir die "Königin der Küche" der Trattoria, Frau Anna Desideri, nicht persönlich kennengelernt, von der Klaus Brill so begeistert schreibt. Die Produkte, die sie oder jemand anderes der Familie in dieser Trattoria verarbeitet und zum Genuss darreicht, kommen fast ausschließlich aus eigener Produktion bzw. den Wäldern und Feldern um ihr Heimatdorf Moricone und bezeugen die besondere Qualität eines ganz besonderen Restaurants in Rom.
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator: