Spaziergang durch Rom

So lange es nur doof klingt und nicht so schmeckt ist doch alles in Ordnung :lol:

Jedenfalls habe ich mir heute schon mal den Weg zur begehrten Waldarbeiterportion auf Goggle Maps angesehen und in meinem kleinen Reise-Büchlein notiert. Das ist ja wirklich nicht schwer zu finden.


Ins Reise-Büchlein kommen übrigens immer Tipps hier aus dem Forum, damit ich nichts vergesse :]
 
Zugegeben habe ich mich vor meinen weiteren Schritten fast ein wenig 'gedrückt'. Das nördliche Marsfeld mit seinen Hauptsehenswürdigkeiten Fontana di Trevi und Piazza di Spagna ist einfach nicht 'meins'. Zwar laufe ich diesen Weg von Zeit zu Zeit, aber mir sind die Gassen zu laut, zu eng und zu voll und ich habe beständig das Gefühl, von einer Herde mitgezogen zu werden.




Tapfer habe ich dann aber doch einige Zeit an der Fontana di Trevi verweilt, die erwartungsgemäss in der Menschenmasse drohte zu ersticken. Eigentlich logisch, denn jeder will schliesslich seine Münze in den Brunnen werfen, um sich damit nach altem Brauch sein Wiedersehen mit der ewigen Stadt zu sichern.


Bloss gut, dass jemand aufpasst...


Der Brunnen als einer der wichtigsten Sehenswürdigkeiten Roms stammt zwar aus dem 18. Jahrhundert, kann aber eine Geschichte erzählen, die weitaus älter ist. Hier endete bereits vor 2000 Jahren die Aqua Virgo, die wichtigste Wasserleitung des antiken Roms, die heute noch tadellos funktioniert. Bereits im Jahre 19 v.Chr. eröffnet Marcus Agrippa, Konsul und guter Freund Augustus', diese Versorgungsleitung. Ein leider viel zu weit entferntes Relief an der Brunnenwand erzählt die Entstehungslegende: Eine Jungfrau war es, die Agrippa einst die Quelle zeigte, und die auch der Wasserleitung ihren Namen virgo gab.



Von dort aus ist es dann auch nicht mehr weit bis zur Piazza di Spagna; man braucht quasi nur der Herde weiter zu folgen.


Auf dem grossen Vorplatz unterhalb der spanischen Treppe verläuft sich zwar das meiste, aber die Fontana della Barcaccia ist immer dicht umlagert, und sei es nur als willkomme Abkühlung oder Gelegenheit, den Wasservorrat aufzufüllen. Wo sonst darf man einem römischen Brunnen - abgesehen von den Nasoni, noch so nahe sein? Eine Tiberüberschwemmung im Jahre 1598 hat Pietro Bernini, den Vater von Giovanni Lorenzo Bernini, inspiriert, aus dem Schiffchen, das damals angeblich dort angespült wurde, einen Brunnen zu kreiren.


Heute inspiriert die florale Blütenpracht, mit der die Treppe an vielen Tagen im Jahr geschmückt ist, so manchen neuzeitlichen Nachwuchskünstler.


Der Via del Babuino folgend stosse ich auf die Piazza del Popolo. Einst war diese Stelle der Eingang zur Stadt, der sich dem Besucher eröffnete, wenn er vom Norden her über die Via Flaminia anreiste.


Die Tür steht immer offen, man muss also heute nicht mehr erst anklopfen.


Der von Augustus im Jahre 10 v.Chr. importierte ägyptische Obelisk auf dem Löwenbrunnen ist der zweithöchste der Stadt und wurde von ihm ursprünglich im Circo Massimo aufgestellt, bis er Ende des 16. Jh. unter Papst Sixtus V. hier seinen endgültigen Standplatz erhielt.


An der Ostseite des Platzes ragt der Pincio auf; dort hat Valadier, der auch den Löwenbrunnen in der Mitte der Piazza gestaltet hat, einen weiteren Brunnen geschaffen. Hier thront majestätisch die Roma, die Schutzgöttin der Stadt, flankiert von den personifizierten Flussgöttern Tiber und Aniene, und wer genau hinschaut, entdeckt zu ihren Füssen Romulus und Remus genüsslich an den Zitzen der Wölfin nuckeln.


Für mich wird es aber Zeit weiterzugehen, denn der Weg der Via del Corso ist noch lang und führt mich zunächst genau zwischen die beiden Zwillingskirchen S. Maria in Monte Santo und S. Maria dei Miracoli hindurch.



An der Piazza Colonna hätte ich gerne die Säule des Marcus Aurelius näher betrachtet, aber aufgrund des Polizei- und Presseaufgebots muss ich diesen Plan auf das nächste Mal verschieben. Wichtiger als der Philosophenkaiser konnte derjenige, der dort erwartet wurde, eh nicht sein, und bis zu meinem nächsten Ziel, der Piazza Venezia, ist es schliesslich auch noch ein gutes Stück.


Aber kurz vor Ende der Via del Corso findet sich der Ort, an dem in früheren Zeit der Arco di Portogallo gestanden hat. Heute finden sich an der Einmündung zur Via Lata leider keinerlei Reste dieses einst imposanten Tores mehr, jedoch haben sich glücklicherweise die beiden Reliefs, die den Bogen schmückten, erhalten.

Wie eine Zeichung von Jean Lemaire beweist, war der Zustand des Bogens schon im 17. Jahrhundert als grauselig zu bezeichnen, wie die herausgebrochenen Gebälkpartien und fehlenden Säulen bezeugen. Wie schon erwähnt konnte man jedoch die Reliefs retten, die sich heute in den Musei Capitolini befinden.


Kleiner Ausflug mit Sabina
Eines der Reliefs verdient nähere Betrachtung. Wieder mal kreuzt der Hadrian meinen Weg, denn dargestellt ist die Apotheose, also die Vergöttlichung seiner verstorbenen Ehefrau, der Kaiserin Vibia Sabina. Im Hintergrund sieht man einen Altar, auf dem ein Feuer brennt. Über ihm erhebt sich ein fackeltragendes, weibliches Flügelwesen - wohl Aeternitas als personifizierte Ewigkeit, die die Kaiserin zum Himmel empor trägt. Rechts vorn sitzt Hadrian selbst und weist mit der Hand auf die aufschwebende Gattin. In der linken Ecke liegt ein Jüngling als personifiziertes Marsfeld und gibt somit den Ort der Handlung des Geschehens an.


Bei der Consecratio, wie das Zeremoniell der Vergöttlichung genannt wurde, liess man einen Adler vom Scheiterhaufen aufsteigen, der die Seele des Toten in die Höhe tragen sollte. Es fand sich auch immer ein Zeuge, der beschwor, er habe mit eigenen Augen gesehen, wie der Kaiser in den Himmel aufgefahren sei. Die Erhebung des Verstorbenen zum divus war dann nur noch eine Formsache, die der Senat beschloss. Vegöttlicht wurden dabei nicht nur die Kaiser selbst, sondern auch die nächsten Angehörigen, wie unter Hadrian auch seine Schwiegermutter Matidia und natürlich seine Frau Sabina.

Ein Denar der Sabina, der auf dem Avers ein Portrait der verschleierten Verstorbenen und auf dem Revers den Adler zeigt, bezeugt die Handlung auch im Münzbild.



Roma bella mi appare
 
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Zugegeben habe ich mich vor meinen weiteren Schritten fast ein wenig 'gedrückt'. Das nördliche Marsfeld mit seinen Hauptsehenswürdigkeiten Fontana di Trevi und Piazza di Spagna ist einfach nicht 'meins'. Zwar laufe ich diesen Weg von Zeit zu Zeit, aber mir sind die Gassen zu laut, zu eng und zu voll und ich habe beständig das Gefühl, von einer Herde mitgezogen zu werden.

Roma bella mi appare


Wie wahr, wie wahr, aber auch ich tue dort immer brav meine Pflicht!

Ich zitiere mal aus einem meiner Reiseberichte:
Zum Abschluss besuchen wir den Trevi Brunnen, auch hier sind wir nicht alleine. Eine riesige Gruppe eines Kreuzfahrtschiffes – gut erkennbar an blauen Käppies mit Reederei-Aufdruck – füllt sowohl den Platz vor dem Brunnen, sowie den Brunnen selber mit Kleingeld. Kaum ist die letzte Münze versenkt, trottet die Blaue Karawane weiter einem pinken Regenschirm hinterher.

Aber trotzdem für vielen Dank für deinen Bericht und die schönen Bilder!
 
Vielen Dank für diesen interessanten Bericht mit den kleinen Suchbildchen. Du hast ja wirklich interessante Perspektiven, das gefällt mir.

Freu mich schon auf die Fortsetzung,

Tizai
 
.

VIELEN DANK

:thumbup: :nod: :thumbup: :nod: :thumbup:

für die Fortsetzung

:thumbup::thumbup::thumbup:

und den netten Ausflug mit Sabina
 
Beim Mitgehen Deines bisherigen Weges durch Rom, hänge ich etwas nach. Daher erst jetzt ein herzliches Dankeschön für diese kleine Legende, die ich bisher auch nicht kannte!

Nach einem "Ruhetag" im Schatten der Bäume der Piazza Cairoli mach' ich mich mal wieder auf den Weg durch die 'Pigna', wie heute dieser Teil des alten Marsfeldes zwischen Piazza Venezia und Pantheon genannt wird. Diese Bezeichnung leitet sich von dem italienischen Wort für 'Pinienzapfen' ab. Ein solcher in riesiger Dimension soll einer alten Legende nach einst die Kuppelöffnung des Pantheon verschlossen haben, nach der Geschichtsschreibung wurde die antike Skulptur allerdings als Brunnen in den nahen Thermen des Agrippa genutzt. Heute findet man ihn im Cortile alle Pigna im Vatikanischen Museum. (Ganz interessante story, wie ich finde, die ich selbst erst bei der Nacharbeitung entdeckt habe.)

 
Es freut mich sehr, dass euch auch diese 'Augenblicke' gefallen, die die meisten von euch schon zig-mal aus den verschiedensten Perspektiven gesehen haben.

pecorella, die Kombination aus der blauen Karawane und dem rosaroten Regenschirm ist 'göttlich' - das Bild habe ich gerade vor Augen :)
 
Am Ende der Via del Corso breitet sich majestätisch die Piazza Venezia aus. Damals wie heute ist der Platz einer der wichtigsten Verkehrsknotenpunkte im Zentrum, denn schon zu republikanischen Zeiten traf der Reisende hier von der Via Flaminia kommend auf die Porta Fontinalis, jenes alte Stadttor der servianischen Mauer. Leider haben sich davon keinerlei Reste erhalten, was sicherlich auf die rege Bautätigkeit der letzten Jahrhunderte zurückzuführen ist.

So wurde Ende des 19. Jahrhunderts ein ganzes Stadtviertel einschließlich des Klosters von S. Maria in Aracoeli für den Bau des Monumento Nazionale a Vittorio Emanuele II geopfert. Über dieses nationale Denkmal kann man geteilter Meinung sein; ich persönlich halte es ungefähr für so wichtig wie die Via dei Fori Imperiali. Der römische Volksmund spricht mitunter von der macchina da scrivere (Schreibmaschine), um nur die populärste der kreativen und eher abschätzigen Wortschöpfungen für das Il Vittoriano zu nennen.


Direkt am Palazzo Venezia bei der Piazza di S. Marco befindet sich seit kurzer Zeit die Endhaltestelle der Tram Linea 8, mit der man in kürzester Zeit das Stadtviertel Trasteve auf der anderen Tiberseite erreichen kann.


Ansonsten kann man auch mit den zahlreichen Bussen die Piazza Venezia in alle nur erdenkliche Richtungen verlassen... man muss sich nur durch die zahlreichen Haltestellenschilder wühlen.


Ich bleibe aber noch ein Weilchen in der Gegend, denn gleich hier beginnt auch das eigentliche Herz des antiken Roms, das Capitolium.


Über die Entstehung des Namens Capitolium streitet sich wie so oft die Wissenschaft, höchstwahrscheinlich ist es aber mit 'Hauptberg' zu übersetzen, weil hier das berühmte Heiligtum der höchsten römischen Gottheit stand. Die von Varro geschilderte Geschichte, dass der Ort nach einem caput, einem Menschenhaupt, benannt wurde, das beim Bau des Jupitertempels gefunden worden sei, muss in die sinnbildliche Schöpfungsmythologie eingeordnet werden.

Der kleinste der sieben Hügel Roms, den wir heute zusammenfassend 'Kapitol' nennen, besteht eigentlich aus zwei Kuppen. Tritt man die von Michelangelo entworfene Rampentreppe empor, wurde nur der Ort zur rechten, wo heute der Konservatorenpalast steht, in alten Zeiten als eigentlicher Capitolium bezeichnet. Hier stand das wichtigste Heiligtum des antiken Roms, der Tempel des Jupiter, von dem ich hier noch näher berichte.

Die Treppe selbst wird an ihrem obersten Ende durch Castor und Pollux, den beiden Dioskuren der römischen Mythologie, gut bewacht.



Dort, wo heute die Kirche S. Maria in Aracoeli thront, befand sich einst die arx, die Burg, in deren Bereich man im 4. Jh. v.Chr. den Tempel der Juno Moneta errichtet hat. Wie der Name vermuten lässt, befand sich in einem Nebengebäude des Tempels die erste Münzprägestätte der Stadt, die bereits im dritten Jahrhundert vor Christus die 'Moneten' für Rom produzierte. Aber dazu später mehr.

Den Gesamtberg nannte man noch in der früheren Kaiserzeit arx et Capitolium, in der archaischen Zeit aber, d.h. noch vor dem Bau des Jupitertempels, wurde der Hügel als tarpeius mons bezeichnet. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Name auf eine altitalische Gottheit zurückgeht, wenn ihn die Sage auch mit jener Tarpeia in Verbindung bringt, welche als Tochter des Burgkommandanten die Sabiner einliess und "zum Dank" unter ihren Schilden begraben wurde. Später hiess nur noch der Felsen am Südostabhang des Kapitols saxum Tarpeium, der als Hinrichtungsstätte insbesondere für Hoch- und Landesverräter traurige Berühmtheit erlangte.

Schon oft in der Vergangenheit war das Kapitol ein heiss umkämpfter Ort und Schauplatz berühmter Schlachten, denkt man insbesondere an von Livius geschilderte Geschichte der Verteidigung des Kapitols gegen die Gallier im Jahre 387 v.Chr.. Nicht weniger spannend sind die Ereignisse im ersten Vierkaiserjahr der römischen Geschichte 69 n.Chr., die Tacitus in seiner Historiae III in allen Einzelheiten schildert. Da war es der Trunkenbold und Weiberheld Vitellius, der in Rom kurzzeitig die Macht an sich reissen konnte, bevor er von den flavianischen Truppen des Vespasianus 'jupiter sei dank' besiegt wurde.

Und wie der Ort der Geschehnisse dann zu Zeiten Michelangelos ausgesehen hat, sieht man an einem Modell im Museo Capitolini.


Die Senke zwischen den beiden Kuppen, der heutige Kapitolsplatz, nannte man asylum, was darauf hindeutet, dass man sie als Freistätte zwischen den beiden heiligen Bezirken wissen wollte, die jedem Verfolgten das Asylrecht gewährte.



Bis 1979 beherrschte die Mitte des Platzes das Reiterstandbild des Marcus Aurelius aus vergoldeter Bronze, heute steht anstelle des Originals nur eine Kopie dort. Wind und Wetter der Jahrhunderte machten eine Restauration und Konservierung nötig; sicherheitshalber steht das Original nun gut geschützt vor weiterem Verfall im Museo Capitolini. Dass das Reiterstandbild so viele Jahrhunderte überlebt hat, ist nur dem Umstand zu verdanken, dass man es lange Zeit für das Bildnis des Konstantin hielt. Dieser Umstand bewahrte es übrigens als einziges antikes Reiterstandbild vor der Zerstörung. Im Mittelalter stand es vor dem Lateran, bis endlich ein pfiffiger Bibliothekar aus dem Vatikan die wahre Identität des Reiters durch Vergleich mit den Münzbildnissen wiedererkannte und das Standbild auf das Kapitol versetzte. Den zwischen den Ohren des Pferdes hochfrisierten Schopf hat das Volk mit einer Eule verglichen und diese als einen Garanten für die Roma aeterna, die Ewigkeit Roms, angesehen.

"So lange die Eule nicht singt, so lange wird Rom bestehen."


In der Senke liegt auch das tabularium, der einzige antike Bau auf dem kapitolinischen Hügel, der noch zu einem grossen Teil erhalten ist und seit 1811 in mehreren Etappen wieder freigelegt wurde. Im Mittelalter diente das Gebäude als Depot und Kerker, bis man im 12. Jahrhundert den Senatorenpalast darauf aufstockte. Da es in Rom nur noch wenige Baudenkmäler aus republikanischer Zeit gibt, ist das Tabularium von besonderer Bedeutung. Von seiner gut erhaltenen östlichen Fassade aus beherscht es noch heute das Forum Romanum, dessen Ausblick wir später im Museo Capitolini geniessen werden.


An der Front des Senatorenpalastes zum Kapitolsplatz hin plätschert ein Brunnen mit einer antiken Porphyrstatue der behelmten Minerva, die später als Stadtgöttin Roma verehrt wurde, eingerahmt von den liegenden Personifikationen des Nils und des Tibers.


Auch so manche Kuriosität kann man hier finden, wenn man die Augen öffnet. Dieser Briefkasten ist zwar jüngeren Datums, aber offensichtlich alt genug, um ihn in Pension zu schicken.



Weiter am Senatorenpalast rechts vorbei eröffnet sich ein imposanter Blick auf das Forum Romanum, und das vor allem in der Abenddämmerung.


Hält man sich stattdessen links, kann man eine weitere mythologische Figur der römischen Schöpfungsgeschichte entdecken, die Wölfin mit den beiden Zwillingen Romulus und Remus.



Und ein paar Meter weiter hat man nicht nur den Triumphbogen des Septimius Severus in greifbarer Nähe,


sondern kann sich nach diesem doch sicher etwas anstrengenden Abschnitt des Spazierganges an meinem Lieblings-Nasone erfrischen.



Roma bella mi appare
 
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Der Tempel des Jupiter

ist einer der Bauwerke, von dem so gut wie nichts mehr erhalten ist ausser einem Stück Podiumsmauer aus schweren Quadersteinen im Garten des Konservatorenpalastes sowie einiger Dekorationsreste, die allerdings vom Neubau unter Domitianus stammen. Dabei war er einer der ältesten Tempel der Stadt und geht auf die letzte Epoche der Königszeit zurück. Der Überlieferung nach hat ihn Tarquinius Priscus gelobt und Tarquinius Supberbus im 6. Jh. v. Chr. fertiggestellt. Eingeweiht wurde er 509 v. Chr., also am Anfang der Republik. Mehrfach wurde der Tempel zerstört, zuerst durch einen Brand im Jahre 83 v. Chr., worauf Sulla mit der Wiederherstellung begann, so dass der Konsul Q. Lutatius Catulus den Neubau 69 v. Chr. einweihen konnte. Aber auch dieser Bau fiel den Flammen zum Opfer: Bei den Kämpfen zwischen Vitellius und Vespasianus im Vier-Kaiser-Jahr 69 n. Chr. brannte auch er nieder. Vespasian machte sich gleich an den Wiederaufbau, aber schon 80 n. Chr. loderten die Flammen erneut. Titus, aber vor allem Domitian mussten den Tempel schon wieder erneuern, jedoch überlebte dieser Bau dann bis auf wenige Ausbesserungen durch Blitz und Feuer das Ende des weströmischen Reiches.

Der Tempel wird auch als Tempel des Jupiter Optimus Maximus Capitolinus bezeichnet. Optimus Maximus: Bester und Grösster - in Anlehnung an die Bezeichnung für den griechischen Zeus seit den Zeiten Homers. Wenn auch die Personifizierung der Götter von den Etruskern zu den Römern gelangt ist, so waren diese wiederum von den Griechen beeinflusst. Doch nicht Jupiter als Hauptgott der Römer allein wurde in seinem Tempel verehrt, sondern mit ihm auch Juno und Minerva. Alle drei wachten über die Stadt Rom als die sogen. Kapitolinische Trias, und jede Gottheit hatte ihre eigene Cella.

Ganz nach Etruskerart war der Jupitertempel auf einem Podium angelegt, und eine Freitreppe führte in die Vorhalle. Ein tiefes Giebelfeld, ein ausladendes Dach, reiches, buntfarbiges Terrrakottaornament an hölzernem Gebälk sowie eine Quadriga auf dem First gaben ihm eine fast malerische Wirkung. So stand er herrschend und schützend über dem Forum Romanum und verkündete den Ruhm und die Grösse Jupiters. Bedingt durch die zahlreichen Neu- und Umbauten ist eine genaue Rekonstruktion schwierig. Die Münzen zeigen mal einen vier-, mal einen sechssäuligen Bau mit unterschiedlichen Beiwerken, und sogar unter den Prägungen Domitianus kommen unterschiedliche Darstellungen vor. Gerade bei den Münzabbildungen muss man jedoch bedenken, dass sie in den wenigsten Fällen realistische Darstellungen bieten, sondern symbolischen Charakter vermitteln sollen.


Versuchte Rekonstruktion des Jupitertempels​


Die älteste Darstellung des Tempel auf Münzen trägt ein Denar der Republik unter M. Volteius von ca. 78 v. Chr. Er wird hier als viersäuliger Bau auf dreistufigem(?) Podium mit geschlossenen Türen dargestellt. Der Blitz im Giebelfeld weist unmissverständlich darauf hin, dass es sich um den Jupitertempel handelt.



Eine weitere, höchst interessante Abbildung finden wir auf einem Relief aus dem 2. Jh. n. Chr. Es zeigt den Kaiser Marcus Aurelius mit Toga und verschleiertem Kopf, während er ein Opfer an einem Altar darbringt. Im Hintergrund erkennt man den viersäuligen(!) Jupitertempel mit anschliessendem Portikus. Die Szene mit ihren Kultgegenständen und Attributen lässt auf ein Dankesopfer anlässlich eines Sieges schliessen und unterstreicht die wichtige und zentrale Position des Jupitertempels.



Auf einem anderen Relief aus dem Thermenmuseum findet man die ganze Sippe der kapitolinischen Trias nett vereint: In der Mitte thront Jupiter mit dem Adlerszepter, neben ihm Juno sowie Minerva mit ihrem Schild. Eingerahmt werden die drei von den beiden Dioskuren Castor und Pollux. Höchstwahrscheinlich basiert das Relief auf einer Darstellung am kapitolinischen Tempel nach der Neuerrichtung durch Domitianus.

Die Skulpturengruppe der Kapitolinischen Trias aus dem Museo Civico Archeologico Rodolfo Lanciani stammt aus einer reichen Villa in Guidonia und wird auf Ende 2./ Beginn 3. Jh. n. Chr. datiert. Es handelt sich um den ersten Fund seiner Art und dürfte sich um eine Nachbildung des Originals auf dem Kapitol für private Zwecke handeln. Die Götter sind hier mit ihren teils noch vorhandenen Attributen dargestellt: Minerva und die Eule, Jupiter mit Blitzbündel und Adler und der Pfau zu Füssen der Juno. Letztere wird in ihrer Linken ein Szepter gehalten haben; hier erkennt man den Befestigungspunkt am Knie noch deutlich. Ebenso wie Jupiter, dessen Szepter in seiner Linken auch nicht mehr vorhanden ist, aber als sicher gelten kann. Bei Minerva kann ich nur spekulieren: Vielleicht ein Schild in der linken Hand und in der rechten einen Speer? Es würde auf jeden Fall zum Helm passen, denn hier wird sowohl die kluge wie gleichermassen auch die kriegerische Minerva dargestellt.


Foto mit freundlicher Genehmigung von @Simone-Clio


Weiterhin sind die Darstellungen auf alten Kupferstichen bemerkenswert. Von Marcus Fabius Calvus aus Basel stammt eine schematische Darstellung des antiken Roms ohne Anspruch auf topographische Genauigkeit. Die Arbeit wurde 1527 veröffentlicht und zeigt den ersten Versuch, die vorhandenen Ruinen Roms zu erfassen, um sie vor weiteren sinnlosen Zerstörungen zu bewahren - übrigens eine Anregung Raffaels. Dabei hielt sich Calvus an die Beschreibung Plinius, nach der Rom 34 Tore gehabt habe, die Calvus in stilisierter Form wiedergibt.


Eine andere Darstellung stammt von Giacomo Lauro, der von 1584 - 1638 in Rom als Kupferstecher und Verleger tätig war. Hier werden wiederum nur Idealveduten ohne Anspruch an die archäologische Genauigkeit dargestellt; wie Calvus stützt sich der Künstler auf die Beschreibungen antiker Autoren und auf das, was er selbst sieht. Lauros Werk ist aber deswegen interessant, weil hierin die barocken Vorstellungen von den alten Bauwerken erkennbar sind.



Roma bella mi appare...
 
Ist das der Nasoni wenn man vom Campidoglio an der Wölfin mit Romulus und Remus vorbei geht?

Yeap!

Passend zum dortigen Ambiente bin ich dafür, dass dieser von Wasser auf Falerner umgestellt wird... 8)


:lol: da bin ich ja für das Weihnachtsrätsel bestens gerüstet, ich erkenne nun schon auf Anhieb römische Nasoni :D x(

Wasser zu Wein, das ist eine gute Idee, da haben wir doch alle was davon :nod:
 
"Damals und heute"-Bücher über Rom lese ich ja besonders gerne, insofern freue ich mich sehr über die vielen Informationen, die Du in den Bericht einstreust, Nummis. Bin schon gespannt auf weitere Fortsetzungen. :thumbup::nod:
 
Lieber Nummis Durensis,
endlich kam ich wieder dazu Deinen Bericht weiter zu lesen. Du hast ihn wieder mit vielen interessanten Details angereichert. Vielen Dank dafür.

Mir fällt auf, dass Du Rom wohl sehr oft mit der antiken Karte erschließt, was für eine weitere Perspektive in diesem Forum sorgt. Schön hast Du auch das römische Dreigestirn dargestellt, das wohl nicht Vorbild für die Regierung des kölner Karneval ist, aber sicher nicht unwesentlich zur Dreieinigkeitslehre des Christentums beigetragen hat.
Obwohl ich inzwischen den Blick von rechts hinter dem Kapitol auf das Forum sehr schätze, zieht auch mich vor allem der Trinkbrunnen immer wieder auf die linke Seite.
 
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Es freut mich, dass euch die Ausflüge in die Antike gefallen.

"damals und heute" & "antike Karte"

Ja, genau so isses. Ich würde eher mit Christoff Neumeisters "Das antike Rom" durch die Stadt ziehen als mit dem Baedeker. Irgendwie ist das fast wie ein grosses Puzzle: Gerade wie auf dem Kapitol, wo mir auf einmal dieses Relief des 'Dreigestirns' einfiel, das ich im Thermenmuseum entdeckt hatte. Und schon passen wieder zwei Steine zusammen - ich finde das spannend.

Aber mein nächster Spaziergang vor Ort wird sicherlich ganz andere Schwerpunkte treffen. Viele Kirchen, Paläste etc. habe ich dank dieses Forums erst jetzt "kennengelernt". Dabei ist die heidnische antike Welt an so vielen Stellen mit dem heutigen Glauben verbunden. Ludovico, die Dreieinigkeitslehre ist ein gutes Stichwort. Mir fällt da sogleich die Isis mit dem Horusknaben ein. ;)

PS. Den schönsten Forumsblick hat man immer noch vom äussersten Aussichtsbalkon des Palatin, wie ich finde... (der immer noch wegen Arbeiten nicht betreten werden kann :uhoh: )

Hier ein Foto des Elends...
 

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Ein Samstag wie dieser eignet sich ganz hervorragend für einen Museumsbesuch, wobei das Wort 'Museum' stark untertrieben ist, wenn man von den Musei Capitolini spricht.

Der museale Komplex umfasst drei einzelnze Gebäude des Kapitols und zieht sich vom Palazzo dei Conservatori über (oder besser unter) das Tabularium bis hin zum Palazzo Nuovo. Wenn man in Rom beispielsweise aus Zeitgründen die Qual der Wahl eines einzigen Museumbesuches hat, würde ich mich immer für das Kapitolinische entscheiden. Die Anlegung der Sammlung erstreckt sich über fünf Jahrhunderte und spiegelt die wichtigsten Momente der Stadtgeschichte wieder. Während im Mittelalter archäologisches Kulturgut grundsätzlich als Baumaterial zur Weiterverwendung genutzt wurde, hat man bereits im 15. Jahrhundert den Grundstock für diese wohl einmalige Sammlung gelegt.

Dabei ist es Papst Sixtus IV. zu verdanken, der im Jahre 1471 vier Bronzestatuen, darunter auch die Wölfin, der jungen Sammlung übereignete. Diese politisch-ideologische Geste des Pontifex war dann der Auslöser für einen kontinuirlichen Rückfluss weiterer wichtiger Artifakte der Antike auf das Kapitol.

Doch erst 1733, als Papst Clemens XII. dem Kardinal Albani die grosse Sammlung Büsten wichtiger Persönlichkeiten aufkaufte, wurde das Gebäude wirklich zum Museum, welches im folgenden Jahr feierlich eingeweiht wurde. So trifft man heute beim Bewundern der zahlreichen Plastiken recht häufig auf den Namen des Kardinals.

Einen herben Rückschlag erhielt die Sammlung in den Wirren der französischen Revolution, denn einige seiner Meisterwerke wurden nach Frankreich geschafft. Nur dem hartnäckigen Einsatz des damaligen Museumsdirektors Canova ist es zu verdanken, dass viele Stücke nach dem Fall Napoleons zurückgegeben wurden.

Mittlerweile ist die Sammlung so üppig geworden, dass man einige Exponate in die 'Filiale' Museo Central Montemartini ausgelagert hat. Wenn man dessen lohnenden Besuch in Erwägung zieht, kann man an der Museumskasse gleich in Kombi-Ticket für 15 Euronen lösen; ansonsten kostet der Eintritt 13 Euro - abhängig davon, ob eine Sonderausstellung stattfindet, was aber meist der Fall ist.

Gleich nach dem Eingang tritt man in den kleinen Innenhof des Konservatorenpalastes, der zur Zeit (Stand Juli 2013) renoviert wird. Der Kopf der noch unter dem Kaiser vollendeten Kolossalstatue des Konstantin aus Akrolith, die im 15. Jahrhundert in der Maxentiusbasilika auf dem Forum Romanum gefunden wurde, kann man aber noch bewundern, wenn auch sie quasi 'hinter Gitter' musste.




Auf der gegenüberliegenden Seite sieht man Relieffragmente von dem Tempel, den Antoninus Pius 145 n.Chr. seinem Adoptivvater Hadrian geweiht hatte. An den Überresten dieses Tempels, hinter denen sich heute die Börse verbirgt, sind wir übrigens schon auf dem Weg vom Pantheon zum Trevibrunnen vorbeigelaufen.


Die berühmte römische Wölfin aus dem 5.Jh. n.Chr. war ursprünglich eine Einzelfigur, die nichts mit den Zwillingen und der damit verbundenen Gründungslegende der Stadt zu tun hat. Jene wurden später ergänzt.


Beachtung findet auch eine herrliche bronzene Büste des sogenannten Kapitolinischen Brutus, dessen raffinierte Technik - die antiken Augen aus Elfenbein und Glaspaste - dieses Werk besonders ausdrucksstark wirken lässt. Die genaue Identifikation des römischen Konsuls Junius Brutus ist allerdings nach wie vor nicht eindeutig geklärt.


Wahrlich als Kleinod kann man den neugestalteten Giardino Romano bezeichnen. In der modern und mit viel Glas ausgebauten Exedra des Marcus Aurelius haben wichtige Kunstwerke ihre neue Heimat gefunden, wo sie genug Luft und Raum zum 'Atmen' haben. So hat endlich auch die originale Bronzestatue des Marc Aurels zu Pferd hier ihren Platz, wie auch die Teile einer bronzenen Kolossalstatue Konstantins, die wie die Wölfin auch im Jahre 1471 als Schenkung dem Kapitol übereignet wurde.


Genial ist die Plastik des Löwen, der ein Pferd attackiert; eine hellenistische Arbeit, die allerdings Ende des 16. Jahrhunderts durch einen Schüler Michelangelos ergänzt wurde.


Die Herkulesstatue aus vergoldeter Bronze wurde unter Papst Sixtus IV. auf dem Forum Boarium gefunden. Wie sich mancher vielleicht erinnert, befanden sich dort in der Umgebung von S. Maria in Cosmedin in früheren Zeiten gleich mehrere Heiligtümer, in denen Herkules verehrt wurde. Wahrscheinlich handelt es sich um eine Arbeit des 2.Jh. n.Chr. aus einem von Scipio Aemilianus gestifteten Rundtempel. Herkules ist hier mit den Äpfeln der Hesperiden in der Hand dargestellt, die auf seine Heldentaten in Hispania deuten sollen.



Eine der Prunkstücke in den Sälen der modernen Fasti ist sicherlich die Statue des Marsyas, eine Kopie aus augusteischer Zeit nach einem hellinistischen Original. Die Legende berichtet, das Marsyas einst Apollon frech zu einem Musikwettstreit herausgefordert hatte, den der Gott allerdings gewinnt und seinen Gegenspieler ob seiner Vermessenheit mit einer grausamen Strafe belegte, denn er liess ihn bei lebendigem Leib enthäuten.


Weniger grauslich mutet dann doch die grazile Gestalt der Hygeia an, eine Arbeit aus den letzten Jahren des 3.Jh. n.Chr.. Hygeia war wie ihr männliches Pendant Asklepios im alten Rom für die Gesundheit zuständig. Leider ist die Statue nicht vollständig erhalten; ich nehme an, dass sie ursprünglich in ihrer linken Hand einen Fruchtkorb hielt, während sich aus ihrer rechten eine Schlange windete.


In den Mauern der Freitreppe wurden im 16. Jahrhundert einige Historienreliefs aus der Kaiserzeit eingelassen, die teilweise zur Attika des Konstantinsbogen gehörten und einige von Marcus Aurelius gewidmete Denkmäler beschreiben.


Auf einem Panel sieht man den Kaiser bei einer Opfergabe vor dem Jupitertempel - eine der detailliertesten Abbildungen dieses Tempels
überhaupt.


Ein weiteres Relief, das ich schon auf meinem Gang durch die Via del Corso beschrieben hatte, zeigt die Konsekration der Sabina und stammt ursprünglich vom Arco di Portogallo, dem sogenannten Portugiesischen Bogen.


Obwohl der Kaiser Commodus nach seinem Tode mit der damnatio memoriae belegt wurde, sind doch erstaunlich viele Plastiken mit seinem Portrait erhalten geblieben. Das bemerkenswerteste unter ihnen ist sicherlich die Darstellung des Commodus als Herkules, die den unter Grössenwahn leidende Imperator mit Löwenskalp und Keule zeigt.



Und zwischen all den antiken Schätzen entdeckt man die alte Palastkapelle La Capella, die der Madonna und den beiden Stadtheiligen Peter und Paul gewidmet ist.


Wie schon erwähnt verdanken wir der Sammelleidenschaft eines Kardinals des 18. Jahrhunderts die ansehnliche Anzahl kaiserlicher Portraitbüsten, von denen ich einige hier mehr oder weniger kurz herausstellen möchte und die zum grössten Teil aus der Collezione Albani stammen. Dabei versuche ich ein wenig Chronologie in die oft doch wild durcheinander geratenen Plastiken zu bringen.

Der Despot
Nero ist mit einer jugendlichen sowie einer 'erwachsenen' Büste vertreten. Über ihn gibt's sicherlich 'ne Menge zu erzählen, aber das würde den Rahmen hier sprengen. Eines ist jedenfalls sicher: Er war es nicht, der Rom in Brand gesteckt hat, und auch seine 'Rolle' als Mutter- und Gattinnenmörder wird mittlerweile zurecht in Frage gestellt. Ich weiss nicht, wie es euch geht, aber ich hab' beim Anblick von neronischen Büsten sofort Peter Ustinov vor Augen, wie er in "Quo vadis" mit (w)irrem Blick die Lyra zupft.


Der Unterschätzte

Domitian war nach Vespasian und Titus der letzte Herrscher aus dem Geschlecht der Flavier. Seine Respektlosigkeit gegenüber dem Senat und die Tatsache, letzeren nicht in die kaiserlichen Entscheidungen einzubeziehen, war sicherlich der Grund dafür, dass die antike Geschichtsschreibung kein gutes Haar an ihm liess - ein Bild, das die heutige Forschung revidieren musste.


Mutter und Tochter
Matidia, die Nicht des Kaisers Trajanus, war mit L. Vibius Sabinus verheiratet, von dem sie zwei Töchter hatte. Eine davon, Vibia Sabina, wurde später die Gemahlin Hadrians'.


Der Ehemann
Hadrian hiess mit vollem Namen Publius Aelius Hadrianus; im Laufe seiner erfolgreichen Jahre als Imperator des Reiches kamen noch viele Titel hinzu; seine offizielle Titulatur zum Zeitpunkt seines Todes war Imperator Caesar Traianus Hadrianus Augustus, Pontifex maximus, Tribuniciae potestatis XXII, Imperator II, Consul III, Pater patriae. Die Statue zeigt ihn verschleiert als Pontifex maximus (oberster Priester), dessen Amtswürde seit Augustus der Kaiser trug.


In diesem Zusammenhang findet man im Tabularium einen Weihestein der Vicomagistri für Hadrian. Diese Herren wurden vom Volk gewählt und hatten die Aufsicht über die Plätze und Strassen der Stadt. Und da die Römer nicht nur stolz, sondern auch pingelig waren, werden natürlich auch die Vorfahren des Kaisers erwähnt (...Hadrian, dem Sohn des vergöttlichen Partherbesiegers Trajan und dem Enkel des vergöttlichten Nerva...).


Richtig schwierig hatten es da die Stempelschneider der Münzen, denn sie mussten alle Titel in die Stempel schnitzen, insbesondere wenn man bedenkt, dass die silbernen Denare gerade mal 18mm maßen. Auf dem hier gezeigten Denar des Hadrians aus seinem ersten Regierungsjahr 117 n.Chr. hat man sich damit beholfen, die Averslegende auf der Rückseite weiterzuführen.


Hier lautet der komplette Titel

IMP CAES TRAIAN HADRIAN OPT AVG GER DAC

PARTHIC DIVI TRAIAN AVG F P M TR P COS P P

Imperator Caesar Trajanus Hadrianus Optimo Augustus, Sohn(F = FILIUS) des vergöttlichten(DIVI) Kaisers(AVG) Trajanus, Besieger der Germanen(GER), Daker(DAC) und Parther(PARTHIC); oberster Priester (P M = PONTIFEX MAXIMUS), (zum ersten Mal) Inhaber der tribunizischen Gewalt (TR P = TRIBUNICIA POTESTAS) und Consul (COS), Vater des Vaterlandes (P P = PATER PATRIAE)

Hatte ich schon erwähnt, dass die Römer da pingelig waren?​

Mutter und Tocher II
Hadrians Nachfolger Antonius Pius war mit Faustina senior verheiratet, aus deren Ehe die jüngere Faustina, die spätere Ehefrau Marc Aurels' hervorging.


Der junge Marc
Marcus Aurelius haben wir ja schon als erwachsenen Reiter bewundern dürfen; hier mal sein Jugendportrait.


Mutter und Sohn
Faustina junior und Marc Aurel hatten zusammen zwölf, vielleicht sogar 14 Kinder, von denen allerdings nur wenige überlebt haben. Einer davon war der spätere Kaiser Commodus, von dem jugendlich undschuldige Büsten existieren, aber auch solche, wo er bereits dem Caesarenwahn erlegen war.


Der Afrikaner
Nachdem Rom am Silvestertag des Jahres 192 n.Chr. von einem seiner grössten Übel namens Commodus erlöst wurde, endete die Herrschaft der Antoninen, was erstmal für ein wenig Durcheinander im gesamten Reich sorgte. Es folgte das zweite Vierkaiserjahr. Nach einem kurzen Intermezzo von Pertinax und Didius Julianus war es schliesslich ein Afrikaner aus Leptis Magna, den seine Legion für fähig genug hielt und am 9. April 193 in Carnuntum zum Kaiser ausrief. Die kommenden Jahre sollten zeigen, dass sich Septimius Severus als einer der fähigsten Kaiser der römischen Geschichte bewähren sollte. Hier sieht man die nach meiner Meinung nach schönste Büstendarstellung.


Freund und Feind
Einer der Gegner, dessen sich Septimius Severus entledigen musste, war Clodius Albinus. Ebenfalls aus Afrika stammend kam er im Machtvakuum des Jahres 193 n.Chr. ebenfalls als potentieller Kandidat für die Kaiserwürde in Betracht, liess sich aber von Septimius Severus überreden, sich vorerst mit dem Caesaren-Titel und der damit verbundenen Aussicht auf die Thronfolge zufriedenzugeben. Dies war von Septimius geschickt eingefädelt, denn dieser konnte so in aller Ruhe Pescennius Niger bekämpfen, der als weiterer Gegenkaiser in Antiochia berufen wurde. Doch nach dem raschen Sieg über Niger war schnell klar, dass Septimius anderes plante. So war Albinus, der sich mittlerweile von Britannien nach Gallien aufgemachte hatte, spätestens nach der Ernennung des gerade mal achtjährigen Caracalla zum Caesar klar, was die Stunde geschlagen hatte. Die Entscheidungschlacht fand am 19. Februar 196 bei Lugdunum, dem heutigen Lyon statt. (Die meist zu lesende Datierung 197 ist falsch!)
Cassius Dio berichtet von 150000 Mann auf jeder Seite, aber da Dio ja zuweilen gerne zu Übertreibungen neigt, können wir die Zahl ein wenig nach unten hin abrunden. Jedenfalls blieb Septimius Severus Sieger und Clodius Albinus nur noch der Freitod.


Kain und Abel
Caracalla und Geta waren die beiden Söhne aus der Ehe des Septimius Severus mit Julia Domna. Der nur um ein Jahr jüngere Geta hatte gegen seinen machtbesessenen Bruder nicht die Spur einer Chance. Caracalla war eigentlich nur ein Spitzname und leitete sich von einem Mantel ab, den er gerne trug. Eigentlich hiess er Marcus Aurelius Severus Antoninus in Anlehnung an den dynastischen Herrschaftsanspruch, den Septimius Severus mit seiner fingierten nachträglichen Adoption durch Marc Aurel bezweckte. Schon zu Kindeszeiten kommt es immer wieder zu Rivalitäten zwischen den beiden Brüdern und selbst Julia Domna konnte es nach dem Tod des Vaters nicht verhindern, dass Caracalla seinen Bruder umbrachte. (Anm.: Bei der Portraitbüste Getas ist man sich nicht sicher, ob sie nun Geta selbst oder doch den heranwachsenden Caracalla zeigt.)


Übrigens, die Frau neben Septimius Severus ist nicht Julia Domna, auch wenn die Frisur das auf den ersten Blick vermuten lässt. Entweder war ich mit Blindheit geschlagen, oder es gibt tatsächlich keine Büste von Julchen im kapitolinischen Museum oder sie ist gerade auf Tournee. Oft verleiht man die Exponate rund um den Erdball an verschiedene Sonderausstellungen; wie man auf dem unteren Foto sieht, war hier die ganze linke obere Reihe auf Wanderschaft.


Der Geizige
Die unrühmliche Herrschaft Caracallas' fand auf ebensolche Weise ihr Ende, denn nach der Geschichtsschreibung entledigte man sich seiner, während er sein ganz persönliches Geschäft verrichtete. Grössere Geschäfte konnte sein Nachfolger Macrinus allerdings auch nicht reissen; nach gut einem Jahr Herrschaft wurde der wegen seiner Sparsamkeit bei den Truppen unbeliebte Herrscher von den Soldaten des Elagabal besiegt und auf der Flucht getötet.


Das Biest und die Schöne
Varius Avitus Bassianus gelang mit dieser militärischen Operation die Übernahme der Herrschaft; sein geläufiger Name Elagabal leitet sich von einer orientalischen Kultgottheit ab, dessen Priester er sich nannte. Er war über Umwege mit Julia Domna verwandt; deren Schwester Julia Maesa war die Grossmutter Elagabals. Sein Leben in wenigen Sätzen zu umreissen, ist unmöglich. Alles in allem stand seine Herrschaft, die zuletzt fanatische und bizarre Züge annahm, unter dem deutlichen Stern der syrischen Religionen. So war er auch insgesamt dreimal verheiratet, in erster Ehe mit Julia Paula, einem hübschen Mädchen vornehmer Herkunft, die er nach gut einem Jahr verstiess. Nach knapp vier Jahren Herrschaft wurde er im März 222 nebst seiner Mutter Julia Soaemias ermordet; beide Leichen wurde geschändet und anschliessend in den Tiber geworfen.

Mutter und Sohn II
Die Portraits zeigen Julia Mamaea und Severus Alexander, den letzten Severer-Kaiser. Doch war es Julia Maesa, die es als treibende Kraft - typisch für die Severerfrauen, schaffte, dass Alexander von Elagabal adoptiert wurde und somit den Caesaren-Titel erhielt. Dieser wurde nach dem Tod Elagabals' umgehend als neuer Kaiser anerkannt.
Während seiner Herrschaft hatte er mit schwerwiegenden aussenpolitischen Ereignissen zu kämpfen; insbesondere stellte die Stärkung des Sasanidenreiches Rom vor viele Probleme. Nach seinem Sieg über die östliche neue Macht musste Alexander mit seiner Mutter schliesslich wegen gross angelegter Germaneneinfälle in die Gegend von Mainz eilen, wo sie dann 235 n.Chr. in ihrem Zelt im Feldlager ermordet wurden.


Der Nachfolger
von Severus Alexander hiess Maximinus Thrax und läutete die sogenannte Zeit der Soldatenkaiser ein. Die um Mainz stationierten Rheinlegionen riefen den aus einfachen Verhältnissen stammenden Thrakier im März 235 n.Chr. zum Kaiser aus.


Grossvater und Enkel
Eine seltene Büste zeigt Gordianus I. (Africanus). Wie so manch andere Portraits ist dieses auch idealisiert, denn er war bei seiner Ausrufung zum Kaiser bereits ein 80jähriger Greis. Im turbulenten Sechskaiserjahr 238 n.Chr. war es letztendlich sein 13jähriger Enkel Gordianus III. (pius), dessen Kaiserwürde durch die plebs regelrecht erzwungen wurde. Der noch amtierende Maximinus Thrax versuchte noch das Ruder umzuwerfen, wurde aber von Soldaten seiner eigenen Legion zusammen mit seinem Sohn Maximus ermordet.


Der Mürrische
Pupienus war eine weitere Figur des Sechskaiserjahres. Für seine schlechte Laune bei Volk und Prätorianer bekannt waren es letztere, die ihn zusammen mit seinem Mitstreiter Balbinus nach nur 99 Tagen Herrschaft entsorgten.


Der kleine Bruder
des Herennius Etruscus war einer der kurzlebigen Regenten der Soldatenkaiserzeit. Nach dem Tod seines Vaters Trajanus Decius und Bruders Herennius in der Schlacht gegen die Goten wurde er von Decius' Nachfolger Trebonianus Gallus adoptiert und zum Mitkaiser bestimmt, starb aber noch Ende 251 n.Chr. an einer Seuche. Es ist gut möglich, dass der Ludovisische Sarkophag aus dem Museo Altemps Hostilianus zeigt.


Der Kämpfer
Gallienus war einer der fähigsten Feldherren unter den Soldatenkaisern; seine Leistungen bezeugt unter anderem ein nach ihm benannter Bogen in Rom, den wir zusammen mit dem Leben des Kaisers später noch näher betrachten werden.


Nach diesem Schnupperkurs in die römische Herrscherwelt entspanne ich beim Ausblick aus den Fenstern des Tabulariums auf das Forum Romanum.



In den Gewölben unter dem Senatorenpalast sieht man noch die Reste des Tempels des Véiovis. Die dazugehörige und leider ohne Kopf erhaltene Kultstatue hat man in dessen Cella gefunden und stammt aus dem 1. Jh. v.Chr. Über die Bedeutung der Gottheit, die man wörtlich mit Jugendlicher Jupiter übersetzen kann, ist leider nur wenig bekannt.


Den 'Rest' lass' ich dann mal ganz gemütlich angehen und widme mich noch dem ein- und dem anderen Sahnestück.

Plastische Kunst in ihrer Vollendung findet sich in der Gestalt der Vecchia Ebbra; jene alte Säuferin des 3. Jahrhunderts, die man früher wie heute eher unter einer Brücke vermutet.


Im Gegensatz dazu hat man der Kapitolinischen Venus ein eigenes Zimmer spendiert. Diese vielfach kopierte einmalige Statue zeigt die Göttin, wie sie gerade dem Bad entsteigt. Sie ist allerdings selbst eine Nachbildung eines griechischen Originals aus der Werkstatt des Praxiteles, der Aphrodite von Knidos. Es würde mich nicht wundern, wenn sie einst ein Schlafzimmer der hadrianischen Villa geschmückt hätte, denn die vorliegende 'Kopie' entstand während der Zeit der Adoptivkaiser.


Jagdszenen waren in der Kaiserzeit recht beliebte Motive für die Gestaltung der Sarkophage. Der Sarg mit der kalydonischen Eberjagd greift ein mythologisches Motiv auf: Hier sieht man Meleager bei der Jagd beschützt von Artemis.


Etwas exotischer mutet der Sarkophag mit der Löwenjagd aus dem 3.Jh. n.Chr. an. Den erfolgreichen Jäger der Szene konnte ich bis jetzt allerdings leider noch nicht namensfest machen.


Im Salon I bewundert man die beiden Zentauren, mythologische Fabelwesen, halb Mensch, halb Pferd, die im 18. Jahrhundert bei den Ausgrabungen in der Villa Adriani gefunden wurden. Diese aus kostbarstem grau-braunem Marmor geschaffene Skulpturen sind von Aristeas und Papias signiert, zwei Künstler aus dem kleinasiatischen Aphrodisias.

Im Mai 2013 durften sie sogar für die Fotografen, die gerade an einem neuen Katalog arbeiteten, posieren.


Schliesslich neigt sich meine Museumstour dem Ende entgegen. Im Atrium des Palazzo Nuovo bewundere ich noch den Brunnen des Marforius. Die Figur zeigt die Flussgottheit Oceanus und zierte bereits in der Flavierzeit im 1.Jh. n.Chr. einen Brunnen. Viel später, als die Figur auf dem Kapitol stand, war es Brauch, hier einen Zettel mit der Unterschrift Pasquino anzuheften, der spöttische Reden gegen die Regierung enthielt. Und wieder einmal mehr erzählt Altes und Neues einträchtig die Geschichte einer Stadt im Wandel der Jahrtausende.


Anm.:Mein kleiner Einblick in die Weiten des Kapitolinischen Museums erhebt natürlich keinen Anspruch auf nur annähernde Vollständigkeit. Ich bin auf den Spuren der Antike unterwegs, deswegen gibt es sicherlich noch viele andere sensationelle Exponate, die ich nicht erwähnt habe oder gerade 'on tour' sind. Aber sicherheitshalber hab' ich ja noch 'ne Extramünze in den Brunnen geworfen...


Roma bella mi appare
 
Zuletzt bearbeitet:
Vielen Dank für diesen wunderbaren Bericht, die tollen Bilder und die Mühe!

Den Bericht kann man ja glatt als Führer durch die Museen ausdrucken :thumbup:
 
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VIELEN DANK

:thumbup: :nod: :thumbup: :nod: :thumbup:

für die sehr schöne Fortsetzung mit Spaziergang durch eines meiner Lieblingsmuseen

:thumbup::thumbup::thumbup:

Mich zieht es auch immer wieder hin ...

( ... auch wenn es manchmal nur die Sonderausstellungen sind - meinen "Liebling", dem sterbenden Gallier, statte ich immer einen Besuch ab und auch Herrn Cicero sage ich gerne mal meine Meinung ;) - außerdem genieße ich immer wieder sehr, sehr gerne den Blick vom Tabularium auf das Forum)
 
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