Spaziergang durch Rom - Addenda et Corrigenda

:nod: Dass dort am Testaccio gut gefeiert wurde hat auch Wilhelm Waiblinger (1804-1830) beschrieben [...]

Vielen Dank für die Info, die ich noch nicht kannte. Ich bin auf viele interssante Geschichten rund um den Scherbenhaufen gestossen, wollte aber auch nicht all zu sehr ins Detail gehen (und hatte auch nicht die Zeit, alles zu übersetzen)...

Diese fand ich auch noch 'putzig':

"The pre-Lenten Carnivale included lavish feasts set at the base of the hill, contests of strength and speed between residents, and a traditional cart race between pigs and bulls, which needless to say, pretty much always ended badly for the racers.
"

bzw.:

" As part of the festivities, two carts filled with pigs were hauled to the top of the hill, then allowed to run back down the steep slope to be smashed to pieces along with their porcine passengers. The watching revellers would then dismember the pigs on the spot and carry the parts off to be roasted and eaten." (wikipedia)


Da bekommt das Wort "Schnitzeljagd" doch gleich eine neue Bedeutung :lol:

@to all: Herzlichen Dank, dass euch mein kleiner Abstecher gefällt. Bis zu diesem August bin ich auch nie näher als bis zur Piramide vorgestossen und es wird sicher nicht mein letzter Besuch dort sein. Den Kontakt mit Giovanni werde ich mal halten; vielleicht komm' ich ja beim nächsten Mal ein wenig weiter hinauf... 8)
 
tolle photos - klasse reisebericht - weiterso ... ! :]

Danke dir, lieber Jürgen ;):thumbup:

hardcore: Für die Liebhaber alter Steine ist nun endlich die jüngste Ausgrabung am circo massimo frei (d.h. natürlich gegen Eintrittsgeld) zugänglich. Hier mein erschöpfender Bilderreigen. Interessant vor allem die Mühlsteine, denn an diesem Ort wurde tatsächlich auch mal Korn gemahlen...


















Grüsse
Rainer
 
Danke für den Besuch bei dieser neuen Sehenswürdigkeit.

ich finde die "grüne Wiese" wird dadurch doch sehr aufgewertet.

Einige Bilder ähneln ein wenig Ostia Antica - finde ich zumindest.
 
Nimrud - Palmira - Ebla

Nicht nur Archäologen treibt es nur beim Gedanken an diese Orte die Tränen in die Augen. Die unfassbare Zerstörung antiker Stätten durch den IS geht auch an mir nicht spurlos vorbei... Man gar nicht so viel fressen, wie man kotzen möchte.

Ein kleine Sonderausstellung im Kolosseum, die ich gerade noch "erwischt" habe, informiert nicht nur über die vollkommen unsinnige Vernichtung historischer Kunstschätze, sondern zeigt auch Techniken zur Rekonstrukion auf... besser als nix.














Grüsse
Rainer
 
Danke Nummis, besonders für den Bildbericht vom Circus Maximus. Wie erwartet und auch von dir angedeutet, ist das wohl nur etwas für ganz hartgesottene Antikefans.
 
Danke Ludwig, ja, genau so ist es. Ich würde die Ausgrabungen nicht gerade einem Romneuling mit vier Tagen Zeit ans Herz legen.

Nun habe ich die aktuellen Bilder in meinen Spaziergang eingebunden und mal ein längst fälliges Inhaltsverzeichnis angelegt. Nach und nach kommt jetzt neues Material der letzten Rombesuche hinzu, und dann wird es auch mal höchste Zeit, weiterzulaufen... Mein Plan: Via San Clemente, Quattro Coronati, der Villa Celimontana, Dolobella etc. noch zu den Caracallathermen und dann zurück zum Circo, damit würde sich ein Kreis schliessen. Klar, da fehlt natürlich noch ne Menge (Vatikan, Trastevere, Maria Maggiore, San Giovanni, die komlette Gegend um Termini mit den Museen undundund... da muss ich schauen, wie ich das untergebracht bekomme oder einen zweiten Spaziergang starte. :roll:

Dann werde ich in BaseCamp den Spaziergang aufzeichnen; dann gibt's auch genauere Angaben über die Kilometerchen. Mit einem Garmin-Gerät und der entsprechenden gpx.Datei könnte man den Weg dann auch nachlaufen.... :~

Grüsse
Rainer
 
Im Schatten der Säulen des Saturntempels ist seit März 2016 eine Kirche zugänglich, die nicht nur zu den schönsten und wichtigsten auf dem Forum zählt, sondern auch eine spannende Geschichte zu erzählen weiss: Santa Maria Antiqua

Doch blättere ich zunächst in meinem "Wegweiser durch die ewige Stadt", was dieser über die Geschichte des frühmittelalterlichen Gotteshauses zu berichten weiss, und finde... nichts! Kein Wunder, denn als der Führer geschrieben wurde, lag das Forum grösstenteils noch unter einer bis zu zwölf Meter hohen Schuttschicht begraben. Zwischen dem Glanz des römischen Imperiums und der Nutzung als Kuhweide wurde es "planiert", damit die Heiligkeit auf dem Pilgerpfad zwischen Petersdom und San Giovanni nicht einen Fuss an den alten Steinen stosse.

Alte Meister wie Piranesi, die Rom naturgetreu und ehrlich festgehalten haben, erlauben einen Blick auf das Forum vor den grossen Ausgrabungen. Auf einer Zeichnung aus dem Jahre 1748 sieht man links noch ein wenig von der Fassade der Kirche S. Maria Liberatrice. Hier soll schon der heilige Papst Silvester in der Nähe des alten Lacus Juturnus oder Curtii eine Kirche angelegt haben mit dem Namen S. Salvator in Lacu Curtii, bei welcher sich Benediktiner ansiedelten. Also Ahnenforschung vom Feinsten. Julius III. gab sie 1550 den Ordensfrauen der heiligen Francisca Romana. Die jüngsten Restaurierungen wurden um 1617 ausgeführt. Die Malereien stammen von F. Ferrari, gelten aber als unbedeutend.


Das Kirchlein von Maria, der Befreierin, wurde letztendlich 1899 abgerissen, und führte zu hochbedeutsamen Resten eines frühmittelalterlichen Gotteshauses, das nach der Begründung der byzantinischen Herrschaft über Rom Mitte des 6. Jh. angelegt wurde und jahrhundertelang im Besitze griechischer Mönche war. Hierzu zählt auch die geräumige Kapelle der 40 Märtyrer von Sebaste, deren Chorrund ein wohlerhaltenes Gemälde ihres Martyriums schmückt.





Nebenan öffnet sich, in den weiten Mauern eines heidnischen Baus eingerichtet, das atrium der ältesten am Forum eingerichteten Muttergotteskirchen Santa Maria Antiqua. Der Bau gehörte einst zur Palastanlage des Tiberius, der unter Domitian restauriert wurde. Jener liess auch den überdeckten Aufgang zum Palatin anlegen, aber wahrscheinlicher ist, dass dieser kryptoporticus bereits unter Caligula angelegt wurde. Jedenfalls kann man ihn gleich neben der Kirche bewundern, aber leider nicht in seiner Gesamtlänge beschreiten.


Im Atrium selbst sollte man bedenken, dass man noch vor zwei Jahrhunderten bis zum Hals im Schutt gesteckt hat... und noch ein klein wenig darüber.



Santa Maria Antiqua mutierte sogar zur päpstlichen Hofkirche. Johannes VII. (705 - 707 n.Chr.) installierte hier tatsächlich eine Papstwohnung (episcopium) und unter Leo IV. (847 - 855 n.Chr.) wurde die Kirche umfassend restauriert. Nach wikipedia gehörte sie noch unter Leo III. zu den Diakoniekirchen und diente noch bis ins 9. Jahrhundert der Getreideversorgung der einheimischen Bevölkerung. Manche Quellen (Der Rompilger von A. de Waal, 1904) berichten, dass sie im 11. oder 12. Jahrhundert durch ein Erdbeben zerstört wurde.

So weit zur Theorie, aber lasst uns dann mal endlich dieses herrliche Haus betreten.





















Die multimediale Präsentation ist IMHO hervorragend umgesetzt.





Roma bella mi appare...
 
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Danke für den Bericht aus Santa Maria Antiqua.

Man sieht, dass du dort wirklich fast alleine warst, was den Genuss sicherlich noch gesteigert hat.
 
Die Juturna-Quelle (lacus iuturnae) ist eine der letzten Kultstätten, die im Forum erschlossen und der Öffentlichkeit erstmals 2015 präsentiert wurde. Die Dioskuren kennen wir ja bereits vom Kapitol. Jedenfalls wuselten die beiden schon eine halbe Ewigkeit durch die Urbs und waren die Überbringer guter Neuigkeiten. So auch 496 v.Chr., als Rom die Etrusker erfolgreich besiegt hatte. Castor und Pollux tränkten ihre Pferde an dieser Quelle, ehe sie frohe Botschaft in die Hauptstadt brachten - so die römische Mythologie.



2016



Eine Sonderaustellung im Tempel des Romulus auf dem Forum präsentierte 2015 einige Fragmente, die im Bereich der Quelle gefunden wurden. Besonders hervorzuheben sind die Gruppe der Dioskuren, die aus verschiedenen Marmorsorten gefertigt sind, sowie das Puteal aus dem späten 1. Jh. n.Chr. Hier ist auch die wunderschön gearbeitete kleine Marmorsäule zu sehen, die den Brunnen, der nach latinischen Quellnymphe Juturna benannt ist, einst zierte. Ob der im Becken selbst stehende Stein ebenfalls von dort stammt, konnte ich bisher nicht in Erfahrung bringen. Meine Vermutung ist allerdings, dass es sich hierbei um eine Kopie handelt.












Grüsse
Rainer
 
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Letztendlich noch ein kleiner Bericht über ein Monument des Forums, das wir heute zwar nicht mehr an seinem ursprünglichen Platz bewundern können, aber bekanntlich geht in Rom ja (fast) nichts verloren... an dieser Stelle Danke an Simone, die mich - wie öfter mal - inspiriert hat.


(Fast) Vergessenes auf dem Forum:

Kurz eingeschoben... Der Brunnen vom Campo Vaccino.
Aufmerksame Beobachter entdecken auf alten Stichen von Piranesi, Vasi & Co. einen Brunnen zu Füssen des Dioskurentempels auf dem Forum Romanum. Im allgemeinen scharen sich Bauern mit ihren Tieren um ihn herum, denn zu den Zeiten, als diese Werke entstanden, war das Forum ja nicht mehr als eine Kuhweide; die heute sichtbaren Reste lagen noch unter einer bis zu zwölf Meter hohen Abraumschicht verborgen. Einer der berühmtesten Architekten Roms, Giacomo della Porta wurde 1593 mit dem Entwurf einer Viehtränke beauftragt, die über 200 Jahre lang ihrem Zweck diente. Eine grosse, runde Brunnenschale für die possierlichen Tierchen, welcher als aufbauende Verzierung der Gott Oceanus mit seiner grotesken Maske gegenüber, oder besser: obenüber stand. Den grimmig blickenden Quellgott hat er wohl selbst inszeniert, während die Brunnenschale, die Ende des 16. Jahrhunderts praktischerweise auf dem Forum gefunden wurde, bereits zur Verfügung stand. In den Zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts, als die ersten, grossen Forumsgrabungen begannen, musste der Brunnen weichen, und man war klug genug, die demontierten Teile aufzuheben. Es würde an dieser Stelle zu weit führen, die weiteren Jahre aufzuzählen, von daher sei mir der Verweis auf diese Stelle gegönnt. Doch wenn wir heute durch die ewige Stadt schlendern, können wir die Reste immer noch ausfindig machen: Oceanus hat es mittlerweile vor die Tore Santa Sabinas geschlagen und nennt sich nun - ganz offiziell - Fontana del Mascherone di Santa Sabina. Die Brunnenschale hat einen ganz anderen Weg genommen, ist aber auch in der urbs geblieben: Schon wie in alten Zeiten wachen auch heute noch die beiden wichtigsten Reiter der römischen Antike über sie, denn sie ist fester Bestandteil des Dioskurenbrunnens auf dem Quirinal. Nun ja, früher nährte sie Esel und Rindviecher, heute liegt sie zu Füssen der führenden Politzentrale Italiens. Ein Schelm, wer böses dabei denkt...




Roma bella mi appare
 
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Endlich mal etwas Zeit...

Die ersten beiden Artikel (Circus Maximus & Velabro) habe ich überarbeitet und mit neuen Fotos garniert. Um eine Systematik einzubehalten (was mir oft schwerfällt), werde ich nach und nach alle alten Artikel der Reihenfolge nach bearbeiten. Dabei werde ich auch auf die "deutschen" Begriffe umsteigen, damit es für Romneulinge etwas einfacher ist, dh. beispielsweise Argentarierbogen anstatt Arco degli Argentari.

Bitte, wenn euch etwas auffällt (Fehler, Unsinn etc.) oder ihr Anregungen bzw. Ergänzungen zu den entsprechenden Themen habt: Einfach eine pn an mich oder hier im "addenda" posten. :nod:

Grüsse
Rainer
 
Das Haus des Augustus, das Haus der Livia und der Tempel des Apollon



Haus des Augustus (domus augusti)

Nach Sueton hatte Augustus seine Wohnung zuerst am Forum Romanum, erwarb dann aber das Haus des Redners Hortensius auf dem Palatin. Es wurde bereits in den 1960'er Jahren durch Gianfilippo Carettoni ausgegraben und benannt.

Hier sind beachtliche Malereien freigelegt worden, welche die Weiterentwicklung des zweiten pompejanischen Stils in Rom anschaulich vor Augen führen. Diese Malart begann in Rom nach der Mitte des 1. Jh. v.Chr., als das Haus seine Ausstattung erhielt. Das Betreten der 'heiligen Hallen' beginnt erst einmal recht unspektakulär.





Das Pinienzimmer - ein in hellen Farben gehaltener Raum, der an das bisher übliche Schema illusionistischer Malerei anknüpft: Sockel, auf denen Pfeiler stehen, die ein Gebälk tragen, hinter denen eine Wand sichtbar wird. Diese ist von Girlanden mit Pinienzweigen geziert und reicht bis etwa zwei Drittel der Pfeilerhöhe. Darüber ist sie geöffnet. Die illusionistische Malerei erweitert den Raum nicht mehr nur durch gemalte Wände, sondern öffnet ihren oberen Teil in den – ebenfalls gemalten – Aussenraum hinein. Man sieht einen perspektivisch gemalten Hof mit dem oberen Stück einer Säulenhalle; darüber und hindurch blickt man in den Freiraum des Himmels. So erweitert man den Innenraum nicht nur scheinbar in den Aussenraum hinein, sondern schafft sich noch die Illusion, das Haus sei wie ein Palast von Höfen und Säulenhallen umgeben.





Ein anderer Raum zeigt eine weitere Stilvariante: Hier finden sich an allen vier Wänden Malereien, von denen jede eine Bühnenwand perspektivisch darstellt. Diese sind mit Masken verziert, weswegen Carettoni den Raum ambiente delle maschere (Maskenzimmer) genannt hat. Vom Typ her verschieden – alt und jung, tragisch und komisch, aber alle ausdrucksstark und lebendig. Und bekanntlich förderte Augustus den Pantomimus mit dem Hauptdarsteller Pylades.



Es wurden weitere grosse und kleine Räume freigelegt, und wertvolle, aufschlussreiche Malereien gefunden, die einen recht genauen Eindruck von der Wohnung des Augustus vermitteln.




Das obere Stockwerk, auch Studio des Augustus genannt, widmet sich mit seinen Malereien Apollon. Auf das besondere Verhältnis des Kaisers zum olympischen Gott werde ich beim Tempel des Apollon weiter eingehen.







Das Haus des Augustus ist seit 2008 im Rahmen eines Palatin-Besuches zu besichtigen. Da sich sowohl Öffnungzeiten bzw. -umstände in den letzten Jahren regelmässig geändert haben, empfiehlt sich vor der Besichtigung dringend ein Blick auf die aktuellen Informationen.




Haus der Livia (Casa di Livia)

Das Haus der Livia besteht aus zwei Trakten: Einem östlichen, in dem eine Anzahl von Zimmern um einen Hof gruppiert ist, und einem westlichen mit einem Atrium, von dem Räume abgehen, die man – recht willkürlich – als Tablinium und Triclinium bezeichnet. Im übrigen besitzt das Haus ein Obergeschoss. Man ordnet es der Gemahlin des Augustus zu, da man hier Bleirohre mit ihrem Namen gefunden hat, die man im mittleren Raum links an der Wand noch entdecken kann.



Besonders interessant ist das sogenannte Tablinium, weil sich hier zeigt, wie der zweite Stil in der Hoch-Zeit seiner Endphase ausgesehen hat. Die Malereien in ihrem bühnenhaften Aufbau schaffen den äusseren Rahmen, um einerseits mythologische Szenen in ihm zu zeigen, andererseits Durchblicke in eine vorgestellte Wand jenseits derselben zu ermöglichen. So ziert die Mitte der Schmalseite eine leider schon stark beschädigte Darstellung von Polyphem, den ein kleiner Eros am Zügel hält, so dass er – tief im Wasser – der Galateia sehnsüchtig nachstrebt, die ihn nur neckt und ihm auf ihrem Seepferd im Beisein anderer Nymphen immer wieder entflieht. Diese Darstellung ist – wie leider viele andere auch – nur noch zu erahnen.



Im Mittelpavillion der Langwand sitzt Io, die schöne Geliebte des Zeus unter einer Säule mit dem Standbild einer weiblichen Gottheit. Sie wird im Auftrag der Hera vom dem 'hundertäugigen Argos' bewacht. Doch schon nähert sich der Götterbote Hermes, um Io für Zeus zu befreien.


Das Tablinium wird von zwei schmalen, seitlichen Räumen flankiert, die man auch als Flügel bezeichnet. Der linke ist mit einer illusionistischen Architekturmalerei geschmückt, deren Reiz vor allem in einem Fries und in quadratischen Feldern im oberen Teil liegt. Hier sind jeweils Fabeltiere oder kleine Figürchen zu zweit einander gegenüber gestellt und durch stilisiertes Rank- und Blattwerk miteinander verbunden.


Ähnliche Malereien finden sich auch im rechten Flügel, doch das Charakteristische dieses Raumes liegt im Mittelteil der Wand, der mit hellen Orthostatenplatten geschlossen ist, vor denen Blatt und Fruchtgirlanden im Rhythmus der vor die Wand 'gestellten' Säulen schwingen.


Von anderer Art erweisen sich die Malereien im sogenannten Triclinum, und zwar die Mittelbilder einer Lang- und einer Schmalwand.



Interessant ist hier vor allem das Mittelbild der Langwand, das in seiner Zusammenstellung fast ein wenig surrealistisch anmutet. Inmitten einer Landschaft entdeckt man eine steinerne Apsis, auf der drei Bronzestatuen stehen, und die Ähnlichkeit mit der Göttin Hekate haben. Weitere Details kann man wirklich nur noch mit viel Fantasie erahnen, weswegen ich auch nicht weiter darauf eingehe.



Das Haus der Livia ist normalerweise nur im Rahmen einer Sonderführung zu besichtigen. Hier gilt ebenfalls das zum Haus des Augustus erwähnte: Kurz vor dem geplanten Besuch die aktuellen Informationen berücksichtigen, um einer eventuellen Enttäuschung zu entgehen.

Ein Besuch der beiden Häuser vermittelt nicht nur eine Vorstellung von der Wohnung des Begründers des römischen Kaiserreiches, sondern gibt auch Gelegenheit zum Studium der typischen Werke des sogenannten pompejanischen Stils. Weit weniger spektakulär erlebt man die traurigen Reste eines der einst schönsten Bauwerke des Palatins, an dem die meisten achtlos vorbei schreiten.


to be continued... (und ich verspreche, es wird spannend)

PS. Ich habe die Fotos so weit wie nötig und so wenig wie möglich bearbeitet. Das heisst fototechnisch, ich habe versucht, den Kontrast anzuheben, aber die Farben selbst nicht verfälscht. Oder - wie man so schön sagt: Dezente Blässe.

PPS. Wenn der Artikel komplett fertig ist, wird er in den eigentlichen Spaziergang eingepflegt.

Bis dahin
Grüsse
Rainer

Ach so... Roma bella mi appare ;)
 
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Der Tempel des Apollon


Wie schon gesagt – die Reste dieses Bauwerks dümpeln achtlos in einer dunklen Ecke des Palatins umher.




Hören wir uns doch einmal an, was Properz zu seiner Freundin sagt (hier in Prosa wiedergegeben):

Du fragst, warum ich später zu dir komme? Die goldene Säulenhalle des Phoebus Apollon ist heute vom grossen Kaiser eröffnet worden. Schön ist die Reihe numidischer Säulen, zwischen denen man die Töchter des Danaos bewundert. Hier sah ich die Marmorgestalt des Gottes, die mir schöner schien als die Sonne, beim Gesang zur schweigenden Lyra. [...]“

Während sich der gute Properz noch in einer endlosen Aneinanderreihung schwärmerischen Niederknienes vor seiner Liebsten verneigt, wissen wir, dass sich der Tempel durch eine übergrosse Pracht auszeichnete. Warum sollte Properz lügen? Auch andere rühmten den Tempel in höchsten Lobgesängen, und wenn man die Steinchen aneinander fügt, passt es auch, denn Augustus empfand eine ganz besondere Verehrung für diesen, "seinen" Gott Apollon. Bereits im Krieg gegen Sextus Pompeius 36 v.Chr. gelobte er den Bau im Falle des Sieges.

Natürlich siegte Augustus und der Tempel wurde acht Jahre später eingeweiht. Nach der Überlieferung bestand er (natürlich) aus weissem Marmor, während die vorgelagerten Hallen mit gelben Säulen ausgestattet waren. Auf dem Dach ein Sonnenwagen mit mehreren Figuren griechischer Künstler... die Ausschmückung war vom feinsten. Zwei Details interessieren hier aber ganz besonders: Apollon selbst: Eine Apollonfigur fand sich vor dem Tempel, ein weiteres Kultbild (wohl das wichtigste) schmückte die Cella. Letzteres war ein Werk des Skopas aus dem 4. Jh. v.Chr., das man eigens aus Griechenland geholt hatte. Augustus kleckerte nicht, er klotzte aus vollen Rohren.

Zum Tempelbezirk gehörten auch zwei Bibliotheken, eine griechische und eine lateinische... wenn schon, denn schon. Sie wurden bei der Feuerbrunst unter Nero zerstört und unter Domitian wieder aufgebaut; die Reste hat man 1861 wiedergefunden und ausgegraben. 1950 fand man ganz in der Nähe einige fragmentarische Freskenreste, die man zusammen setzte. Heraus kam eine der in meinen Augen schönste Darstellung des Gottes Apollon – hier als sogenannter Apollo Citharoedes mit Kithara dargestellt. Manchmal findet man auch die Bezeichnung Apollo Palatinus, die aber nur Verwirrung stiftet, denn letztendlich kennen wir seinen offiziellen Namen nicht. Fakt ist allerdings, dass er einer der beiden Apollon-Darstellungen beschreibt, die in bzw. vor dem Tempel aufgestellt waren. Wahrscheinlich schmückten diese Reste einst eine der beiden dem Tempel zugehörigen Bibliotheken. Noch wahrscheinlicher ist allerdings, dass ich im palatinischen Museum immer einen Augenblick vor dieser Darstellung verweile.






Dem Numismatiker reicht das allerdings nicht, denn es gibt tatsächlich eine Münze des Augustus, die diese Darstellung bestätigt. Geprägt wurde dieser Denar fernab des Palatins in Lugdunum, dem heutigen Lyon, ca. 15 v.Chr., zum Gedenken an den Sieg von Actium. Auf dem Revers die Darstellung des Apollon mit Lyra und Plektrum (letzterem einer Prägeschwäche zum Opfer gefallen) – so verschmelzen Friesreste, überlieferte Worte und ein wenig Silber zu einer 'fassbaren' Einheit...



Und bevor ich mich weiter verneige resp. verliere, geht’s jetzt ein paar Stufen höher zu den farnesischen Gärten.


Grüsse,
Rainer
 
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Roma bella mi appare


Eine Leidens(chaftliche) Geschichte... (oder: Wie ich zu Rom kam)




Abends, wenn hohe Häuserzeilen die letzten Sonnenstrahlen verschluckt haben, herrscht auf der Piazza Navona geschäftiges Treiben wie auf einer Grossbaustelle. Nur mühsam habe ich eine kleine Ecke auf einer der wenigen Steinbänke, die sich um Berninis Vierströmebrunnen gruppieren, ergattern können. Gerade habe ich mir ein Becherchen Eis aus einem der vielen Gelaterias gegönnt, obwohl es eigentlich schon Zeit zum Abendessen wäre. Aber ein Eis geht hier immer, denn schliesslich sind wir in Italien. Während neben mir ein paar kids ausgiebig mit ihren smartphones beschäftigt sind, turnt eine ältere Dame über die den Brunnen schützende Brüstung hinweg und wird sogleich von den Ordnungskräften zurückgepfiffen. Nun, die Zeiten, wo man sich lustvoll in der Brunnenschale räkeln konnte, sind vorbei.

Mittlerweile habe ich den Standort gewechselt, denn gleich gegenüber wurde ein weiteres Eckchen einer Steinbank frei, und auch, wenn ich mit den Flußgöttern des Brunnens schon auf 'Du' bin, muss ich sie immer wieder bestaunen. Genau wie die kleine Gruppe japanischer Touristen, die versucht, mit dem Selfiestick ein präsentables Foto für die Lieben daheim hinzubekommen. Ach, diese neumodischen Errungenschaften, wie ich sie insgeheim verfluche. Früher wurde ich oft gefragt, ob ich ein Foto machen könnte, und daraus entwickelte sich manchmal ein nettes Gespräch. Mittlerweile klemmt man den mobilen Freund einfach in die Teleskopstange, die man kurz vorher von einem der mobilen Verkaufsstrategen erworben hat.

So habe ich heute mein Gefrorenes ohne ein nettes Wort meiner Mitmenschen zu Ende gelöffelt. Sei es drum – gerade eben muss ich an ein italienisches Liedchen denken. Chitarra Romana – Jene römische Gitarre, die leidenschaftlich eine Stadt beschreibt, die man eigentlich gar nicht fassen kann. Eine Stadt, so komplex wie das Universum und doch so einfach zu verstehen wie ein Dorfbrunnen, wenn man sich ihrer Geschichte, ihrem Charme, ja sogar ihrem Gesang hingibt. Roma bella mi appare – wie schön erscheint mir Rom. Wenn auch die Strassenkünstler hier sich mittlerweile der touristischen Nachfrage angepasst haben... tief in Inneren horcht die Seele auf und erinnert sich an vergangene Zeiten.

Die Geschichte rasselt nur so vorüber: Alte Dynastien klangvoller Herrschernamen, Päpste in dunklen Machenschaften, Orte des Grauens, aber auch prunkvoller Glorie. Ein Weltreich in einem Atemzug, ein Imperium in seiner ganzen Ausdehnung von der Geburt bis zum Scheiterhaufen. Gerade werde ich etwas unsanft geweckt, denn gar nicht weit entfernt kontrolliert die städtische Polizei gerade eine Gruppe Straßenkünstler, die sich in typisch römischer Manier völlig ahnungslos gibt und sogleich eine Diskussion mit den Ordnungskräften beginnt. Höchste Zeit, in die Gassen abzutauchen. Es ist noch früh, und kaum ein Italiener sitzt jetzt schon zum Abendessen in einem der zahlreichen Ristorante, so bleibt auch für mich noch etwas Zeit.

Apropos Zeit, die sollte man mitbringen. Rom wurde nicht an einem Tag erbaut, alle Wege führen nach Rom – die geflügelten Worte sind geläufig. Tatsächlich ist es so, dass man sich auf die Stadt mehr einlassen muss als auf alle anderen Städte dieser Erde. Rom muss man am Schwanz packen, und sie wird es danken und einen nie wieder los lassen. Rom ist anders. Rom verlangt deine ganze Aufmerksamkeit. Rom nimmt und Rom gibt, und das was du investierst, entlohnt dir diese Stadt doppelt und dreifach. Rom baut sich jeden Tag aufs Neue auf, und wenn du dich darauf einlässt, wirst du diesen Zyklus immer wieder neu erleben.


(Ende Teil 1)




Anm. Dies wird dann mal wieder ein Bericht für meine website - längst fällig.

In diesem Sinne wünsche ich euch einen guten Rutsch.


Cari Saluti
Rainer
 
Zuletzt bearbeitet:
Danke für Deine Erläuterungen zu den Häusern des Augustus und der Livia und dem Apollon-Tempel. Ich habe sie leider erst einmal in grauer Vorzeit selber gesehen. Ansonsten war leider immer geschlossen, als ich wieder dort war.

Auch Dir einen guten Rutsch und alles Gute für 2017 wünscht

mystagogus

Deinen Reflexionen über Rom kann ich mich gut anschließen:nod:.
 
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