Das Haus des Augustus, das Haus der Livia und der Tempel des Apollon
Haus des Augustus (domus augusti)
Nach
Sueton hatte Augustus seine Wohnung zuerst am Forum Romanum, erwarb dann aber das Haus des Redners Hortensius auf dem Palatin. Es wurde bereits in den 1960'er Jahren durch
Gianfilippo Carettoni ausgegraben und benannt.
Hier sind beachtliche Malereien freigelegt worden, welche die Weiterentwicklung des zweiten pompejanischen Stils in Rom anschaulich vor Augen führen. Diese Malart begann in Rom nach der Mitte des 1. Jh. v.Chr., als das Haus seine Ausstattung erhielt. Das Betreten der 'heiligen Hallen' beginnt erst einmal recht unspektakulär.
Das
Pinienzimmer - ein in hellen Farben gehaltener Raum, der an das bisher übliche Schema illusionistischer Malerei anknüpft: Sockel, auf denen Pfeiler stehen, die ein Gebälk tragen, hinter denen eine Wand sichtbar wird. Diese ist von Girlanden mit Pinienzweigen geziert und reicht bis etwa zwei Drittel der Pfeilerhöhe. Darüber ist sie geöffnet. Die illusionistische Malerei erweitert den Raum nicht mehr nur durch gemalte Wände, sondern öffnet ihren oberen Teil in den – ebenfalls gemalten – Aussenraum hinein. Man sieht einen perspektivisch gemalten Hof mit dem oberen Stück einer Säulenhalle; darüber und hindurch blickt man in den Freiraum des Himmels. So erweitert man den Innenraum nicht nur scheinbar in den Aussenraum hinein, sondern schafft sich noch die Illusion, das Haus sei wie ein Palast von Höfen und Säulenhallen umgeben.
Ein anderer Raum zeigt eine weitere Stilvariante: Hier finden sich an allen vier Wänden Malereien, von denen jede eine Bühnenwand perspektivisch darstellt. Diese sind mit Masken verziert, weswegen Carettoni den Raum
ambiente delle maschere (Maskenzimmer) genannt hat. Vom Typ her verschieden – alt und jung, tragisch und komisch, aber alle ausdrucksstark und lebendig. Und bekanntlich förderte Augustus den Pantomimus mit dem Hauptdarsteller Pylades.
Es wurden weitere grosse und kleine Räume freigelegt, und wertvolle, aufschlussreiche Malereien gefunden, die einen recht genauen Eindruck von der Wohnung des Augustus vermitteln.
Das obere Stockwerk, auch
Studio des Augustus genannt, widmet sich mit seinen Malereien Apollon. Auf das besondere Verhältnis des Kaisers zum olympischen Gott werde ich beim
Tempel des Apollon weiter eingehen.
Das Haus des Augustus ist seit 2008 im Rahmen eines Palatin-Besuches zu besichtigen. Da sich sowohl Öffnungzeiten bzw. -umstände in den letzten Jahren regelmässig geändert haben, empfiehlt sich vor der Besichtigung dringend ein Blick auf die aktuellen Informationen.
Haus der Livia (Casa di Livia)
Das Haus der Livia besteht aus zwei Trakten: Einem östlichen, in dem eine Anzahl von Zimmern um einen Hof gruppiert ist, und einem westlichen mit einem Atrium, von dem Räume abgehen, die man – recht willkürlich – als Tablinium und Triclinium bezeichnet. Im übrigen besitzt das Haus ein Obergeschoss. Man ordnet es der Gemahlin des Augustus zu, da man hier Bleirohre mit ihrem Namen gefunden hat, die man im mittleren Raum links an der Wand noch entdecken kann.
Besonders interessant ist das sogenannte
Tablinium, weil sich hier zeigt, wie der zweite Stil in der Hoch-Zeit seiner Endphase ausgesehen hat. Die Malereien in ihrem bühnenhaften Aufbau schaffen den äusseren Rahmen, um einerseits mythologische Szenen in ihm zu zeigen, andererseits Durchblicke in eine vorgestellte Wand jenseits derselben zu ermöglichen.
So ziert die Mitte der Schmalseite eine leider schon stark beschädigte Darstellung von Polyphem, den ein kleiner Eros am Zügel hält, so dass er – tief im Wasser – der Galateia sehnsüchtig nachstrebt, die ihn nur neckt und ihm auf ihrem Seepferd im Beisein anderer Nymphen immer wieder entflieht. Diese Darstellung ist – wie leider viele andere auch – nur noch zu erahnen.
Im Mittelpavillion der Langwand sitzt Io, die schöne Geliebte des Zeus unter einer Säule mit dem Standbild einer weiblichen Gottheit. Sie wird im Auftrag der Hera vom dem 'hundertäugigen Argos' bewacht. Doch schon nähert sich der Götterbote Hermes, um Io für Zeus zu befreien.
Das Tablinium wird von zwei schmalen, seitlichen Räumen flankiert, die man auch als Flügel bezeichnet. Der linke ist mit einer illusionistischen Architekturmalerei geschmückt, deren Reiz vor allem in einem Fries und in quadratischen Feldern im oberen Teil liegt. Hier sind jeweils Fabeltiere oder kleine Figürchen zu zweit einander gegenüber gestellt und durch stilisiertes Rank- und Blattwerk miteinander verbunden.
Ähnliche Malereien finden sich auch im rechten Flügel, doch das Charakteristische dieses Raumes liegt im Mittelteil der Wand, der mit hellen Orthostatenplatten geschlossen ist, vor denen Blatt und Fruchtgirlanden im Rhythmus der vor die Wand 'gestellten' Säulen schwingen.
Von anderer Art erweisen sich die Malereien im sogenannten
Triclinum, und zwar die Mittelbilder einer Lang- und einer Schmalwand.
Interessant ist hier vor allem das Mittelbild der Langwand, das in seiner Zusammenstellung fast ein wenig surrealistisch anmutet. Inmitten einer Landschaft entdeckt man eine steinerne Apsis, auf der drei Bronzestatuen stehen, und die Ähnlichkeit mit der Göttin Hekate haben. Weitere Details kann man wirklich nur noch mit viel Fantasie erahnen, weswegen ich auch nicht weiter darauf eingehe.
Das Haus der Livia ist normalerweise nur im Rahmen einer Sonderführung zu besichtigen. Hier gilt ebenfalls das zum Haus des Augustus erwähnte: Kurz vor dem geplanten Besuch die aktuellen Informationen berücksichtigen, um einer eventuellen Enttäuschung zu entgehen.
Ein Besuch der beiden Häuser vermittelt nicht nur eine Vorstellung von der Wohnung des Begründers des römischen Kaiserreiches, sondern gibt auch Gelegenheit zum Studium der typischen Werke des sogenannten pompejanischen Stils. Weit weniger spektakulär erlebt man die traurigen Reste eines der einst schönsten Bauwerke des Palatins, an dem die meisten achtlos vorbei schreiten.
to be continued... (und ich verspreche, es wird spannend)
PS. Ich habe die Fotos so weit wie nötig und so wenig wie möglich bearbeitet. Das heisst fototechnisch, ich habe versucht, den Kontrast anzuheben, aber die Farben selbst nicht verfälscht. Oder - wie man so schön sagt: Dezente Blässe.
PPS. Wenn der Artikel komplett fertig ist, wird er in den eigentlichen Spaziergang eingepflegt.
Bis dahin
Grüsse
Rainer
Ach so... Roma bella mi appare