Spaziergänge im winterlichen Rom; bei Sonne, Schnee und Regen

Ludovico ROB

Magnus
Teammitglied
Moderator
Forum-Sponsor
Stammrömer
Tag 1, Sonntag 29.01.2012

Da in diesem Jahr unser Terminkalender schon mit Ereignissen und Aktivitäten ziemlich gefüllt ist, wählten wir die ruhige, frühe Jahreszeit, um einige Tage in Rom zu verbringen und mit dem Schwager seinen Geburtstag zu feiern.

Die Anreise verlief völlig unspektakulär, Taxi, Zug, Boarding, Abflug, Landung in Rom, alles pünktlich. Sogar unsere Koffer erschienen nach der obligatorischen halben Stunde auf dem Band.

Über dem südlichen Teil der Alpen riss die Wolkendecke endlich für ein paar Minuten auf, so dass wir wenigstens einige schneebedeckte Berge zu sehen bekamen und nicht nur den Mond über der Wolkendecke.


Selbstverständlich hielten wir uns auch an die Anweisung auf dem Flügel ;):]​

Der nächste Blick faszinierte mich. Es wirkte auf mich wie ein abstraktes Gemälde.​



Als die Wolkendecke erneut aufriss, flogen wir schon am Lago Bracciano vorbei und konnten den Flugweg bis zur Landung verfolgen.​


In dem Kiosk am Bahnhof in Termini verlor ich dann eine Verhandlung mit der Fahrkartenveräuferin. Auch auf Italienisch war sie nicht dazu zu bewegen für uns zwei Zugkarten und zwei CIS herauszurücken. Schließlich zogen wir mit je einer CIRS und einer Zugkarte ab. Ich denke diese Verkäuferin sollte einmal in unserem Forum Nachhilfeunterricht nehmen :D. Da wir noch einige BIT von unserer Tochter zur Verfügung hatten, konnten wir den Montag auch so überstehen. Nach der fünfzigminütigen Fahrt mit der FR1 holte uns mein Schwager am Bahnhof Nuova Salario ab. Den Nachmittag und Abend verbrachten wir im Familienkreis.​

















Gliederung und Links:
  • Tag 2, Mo, T1: Sankt Peter und Petersplatz am frühen Morgen​
  • Tag 2, Mo, T2: Via Giulia, Piazza Farnese, Campo dei Fiori, Santa Barbara dei Librai, Piazza Navona, Piazza della Rotonda​
  • Tag 2, Mo, T3: Konzert im Parco della Musica​
  • Tag 3, Di.: Monti, Quirinal, Trevi Gegend, Ausstellung Renaissance in Rom, Ghetto​
  • Tag 4, Mi.: Santa Maria del Popolo, MAXXI, Spaziergang bei Schmuddelwetter, Chiostro des Bramante​
  • Tag 5, Do.: San Martino ai Monti, Nuovo Mercato Esquilino​
  • Tag 6, Fr.: Schneeschauer in Rom, Kurzbesuch Coppede, etruskisches Museum Villa Giulia und römische Irrfahrt​
  • Tag 7, Sa: Mini-FT mit Spaziergang durch das schneebedeckte Zentrum Roms​
  • Tage 8 und 9: Abschied​
 
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2. Tag, Montag 30.1.2012, Teil 1

Da es zumindest heute Vormittag trocken bleiben sollte, setzte ich meinen Plan um. Zum Entsetzen meiner BEVA und meines Schwagers stand ich kurz vor 5 auf. Nach einer verkürzten Morgentoilette, einer Tasse Tee aus der Thermoskanne und einem Käsebrot der Lufthansa verließ ich die Wohnung und marschierte durch die dunklen und leeren Straßen, vorbei an vereisten Autoscheiben zur Haltestelle des 90. Statt der üblichen 45-60 Minuten brauchte er zu dieser Tageszeit nur 30 Minuten bis nach Termini. Dort wartete schon ein 64. Auch in diesem Bus war ich um diese Zeit augenscheinlich der einzige Tourist. Unterwegs passierte der Bus einige bekannte Monumente, die sich offensichtlich noch von den Touristenmassen des Vortages erholten und, für mich deutlich wahrnehmbar, durchschnauften. Als ich gegen 6.30 Uhr an der Mauer des Vatikans antlangschlenderte

und dann die Kolonnaden erreichte, wunderte ich mich, dass der gesamte Petersplatz mit Barrieren abgesperrt war. Nach Umrundung der linken Säulenreihe zog gerade ein Polizist ein Absperrgitter zur Seite und ich war für wenige Sekunden der einzige Tourist auf dem Platz. Alles war noch dunkel, die Fassaden unaufdringlich beleuchtet, nur die Krippe auf der Mitte des Platzes und der schlanke Tannenbaum strahlten hell.




Der Zeigefinger des Petrus sah bei dieser Beleuchtung noch bedrohlicher aus als sonst.
Ich wartete noch, bis die Morgendämmerung einsetzte.



Dann passierte ich schnell die Sicherheitsschleuse und betrat den Dom. Er hatte jetzt einen ganz anderen Charakter als sonst. Nur ganz wenige Touristen durchstreiften die Kathedrale. Dafür wurde an vielen Altären eine Messe zelebriert. An einigen waren nur ein Priester und ein Messdiener zu sehen, an anderen knieten auch kleine Gruppen vor dem Altar. Da ich heute nicht mitfeiern wollte, kam ich mir etwas deplatziert vor.

Obwohl ich darauf vorbereitet war, hat es mich doch sehr gestört, dass ich die Pieta nur aus größerem Abstand betrachten konnte. So stellte sich bei mir einfach nicht die gewohnte Spannung ein. Dafür leuchtete vom Altar daneben in großen Lettern „Johannes Paul II“ entgegen. So sachlich kalt wirkt auch dieser nicht so anziehend auf mich wie der Altar von Johannes XXIII.
Nach diesem Blick nach rechts, wandte ich mich dem volumigen Weihwasserbecken auf der linden Seite zu.

Wenigsten die große Krippe, die an Weihnachten zum ersten Mal aufgebaut wurde, stand noch. Sie wurde gerade von fünf Männern wieder für den Besucherstrom frisch gemacht. Ja, sogar das Moos wurde bespritzt, damit es nicht austrocknet.



Auch zu dieser Morgenstunde war der Petersdom nicht der Platz, an dem ich zur Ruhe kommen konnte. Ich drehte noch zwei Runden, fotografierte etwas



und verließ den Dom dann wieder, da die Schatzkammer, die ich eigentlich erstmals besuchen wollte, noch geschlossen hatte.


Vom Petersdom schlenderte ich nach rechts zum Borgo Santo Spirito. Es war immer noch kalt, wehalb die beiden Polizisten ihr Miniauto auch nicht verließen.


Dieser Wegweiser erinnerte mich an unser Mini FT am kommenden Samstag. Da wusste ich noch nicht, dass das Wetter uns einen Strich durch die Rechnung machen würde.


In der kleinen Kirche Santo Sirito in Sassia fand ich endlich etwas Ruhe. Ich genoss die Stille und nahm zehn Minuten auf einer Bank Platz.

Im benachbarten Ospedale di Santo Spirito forderte man mich nach zwei Fotos im Hof aus nicht einsichtigem Grund auf ein angebliches Fotografierverbot zu beachten, das ich aber nirgends sehen konnte.


In einer nahegelegenen Bar nahm ich ein italienisches Frühstuck zu mir. Ich überquerte dann den Tiber mit Blick auf die Engelsburg und steuerte mein nächstes Hauptziel dieses Tages an.



Doch dazu später.

 
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Vielen Dank für die wundervollen Bilder! :thumbup:​

Diese Morgenstimmung in Rom liebe ich auch sehr. :nod:
Es ist wirklich schade, dass man die Pieta am Morgen nur noch aus der Entfernung sehen kann. :cry:​
 
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VIELEN DANK

:thumbup: :nod: :thumbup: :nod: :thumbup:

für die sehr schön bebilderte Fortsetzung

Jaaa, der Petersdom früh am Morgen hat schon seine ganz eigene Atmosphäre ...
 
Das sind ja wunderschöne Bilder - vor allem wenn sich so langsam der Tag durchsetzt, das ist eine ganz besondere Stimmung:nod:
 
Genau diese Stimmung wollte ich mal erleben und einfangen. Da ich gewöhnlich am nördlichen Rand der Stadt wohne, muss ich dafür früh aufstehen. Im Sommer ist es kaum möglich einen Sonnenaufgang in der City zu erleben.
In den Petersdom werde ich allerdings künftig frühestens ab 8 Uhr gehen.

Danke für Eure Rückmeldung.
 
2. Tag, Montag 30.1.2012, Teil 2

Nachdem Reiseführer so positiv über die Via Giulia berichten, habe ich 2008 einen Tipp für einen Nachtspaziergang aufgegriffen, war aber ziemlich enttäuscht. Nun wollte ich dieser berühmten Straße eine neue Chance geben. Ich folgte dem Vis a Vis Vorschlag „Spaziergang entlang der Via Giulia“. Allerdings folgte ich dem Weg in umgekehrter Richtung. Die Geschäfte waren um diese Zeit natürlich noch verschlossen. So konzentrierte ich mich ganz auf die Fassaden der schicken Paläste und die vielen kleinen Kirchen, in denen meist noch eine Krippe aufgebaut war. Die Sonne strahlte zwar inzwischen vom Himmel, doch dauerte es noch einige Zeit, bis sie die Morgenkälte vertrieben hatte.
Ich startete diesen Abschnitt mit einer Besichtigung der Kirche San Giovanni del Fiorentini im Viertel der Florentiner. Bekannt sind hier vor allem eine Johnnesstatue, die ich aber nicht fand, sowie die Taufe Christi auf dem Altar von Borromini. Borromini und Carlo Maderna sind hier begraben.

Nach einem Blick zurück folge ich weiter der Via Giulia.
Die einzelnen Paläste und kleinen Kirchen will ich hier nicht auflisten, sondern nur einige Fotos zeigen, die hoffentlich einen Eindruck vermitteln.

Ganz originell fand ich die volkstümliche Bezeichnung „Sofa der Via Giulia“ für diese Reste von antiken Bauwerken.


Die Farnese Brücke über die Via Giulia und die Fontana del Mascherone dürften vielen bekannt sein.
Nach diesen letzten Fotos von der Via Giulia bog ich ab zur Piazza Farnese mit dem gleichnamigen Palast. Ein Teil des Platzes war jetzt in gleisendes Sonnenlicht getaucht. Aber, wo Licht ist, da gibt es auch Schatten. So war der schöne Palazzo Farnese von einem Grauschleier überzogen. Dafür strahlte die warme Morgensonne den Brunnen auf der Westseite des Platzes hübsch an.
Nach einem kurzen Sonnenbad schlenderte ich weiter zum Campo dei Fiori. Jetzt im Winter war es hier relativ ruhig. Nur wenige Verkaufsstände und eine recht übers chaubare Besucher- und Kundenzahl ließen mich rasch weiter gehen.
In den Gassen gibt es viele Läden mit Billigklamotten.
Simone hatte in ihrem letzten Bericht die kleine Kirche an der Piazza dei Librari vorgestellt. Auch wenn ich die Kirche Santa Barbara dei Librai noch mit meiner BEVA besuchen wollte, nutzte ich jetzt die Gelegenheit, um v.a. die wirklich liebevoll geschmückte Krippe in Ruhe zu fotografieren. Gut gefielen mir auch die kleinen Fresken, die in die dunkle Stuckdecke eingearbeitet sind.
Durch einige wenig begangene Gassen spazierte ich nun hinüber zur Piazza Navona. Wenn auch diese nicht so überlaufen war, wie zur Hauptreisezeit, machte es doch wieder Spaß, sich hier einfach treiben zu lassen, das sonnige Wetter zu genießen und das Geschehen zu beobachten.
Heute zog mich einmal mehr Berninis Vierströmebrunnen an. Ich bemerkte die reizvollen Gegenlichtszenen und riskierte einige Aufnahmen bei extremen Lichtkontrasten. Auch der sonnenhungrige Mann mit Knopf im Ohr zog meine Aufmerksam auf sich.

An San Luigi dei Francesi kann ich nicht vorbeigehen, ohne nachzuschauen ob die Kirche offen ist. Neben der Hauptattraktion, den drei Mathäusbildern von Caravaggio, hat die Kirche noch manch anderes Sehenswertes zu bieten.
Ich überlegte noch mir im Eustacchio eine Tasse Kaffee zu gönnen, zog es dann aber vor ein paar Euro zu investieren und mir einen Doppio in der Sonne am Pantheon zu gönnen. Es war so angenehm, dass ich außer der Jacke am liebsten auch Pullover und Hemd abgelegt hätte. Die Sonne wärmte nicht nur von außen. Auf dem Platz herrschte eine heitere, entspannte Stimmung.
Beim Warten auf meinen Kaffee lockte mich die weiße Rose auf dem Tisch. Ich war schon gespannt auf die Wirkung der Blüte vor verschiedenen, verschwimmenden Hintergründen.
Nach einer halben Stunde war es Zeit mich auf den Heimweg zu machen, wo wir uns für 14 Uhr zum gemeinsamen Mittagessen verabredet hatten.
Wie immer interessierte mich die kärgliche Vegetation, jetzt das winterliche „Grün“, das aus den antiken Steinen des Pantheon sprießt.
Ich passierte das Gefängnis, natürlich das temporäre, für Beli errichtete. Die Restauratorin ist am Fuß des Sockels angekommen. Lange sollte die Gefangenschaft nicht mehr dauern. Ich hätte nie gedacht, dass der Farbunterschied vor und nach der Generalüberholung so groß sein könnte.
Vorbei an Il Gesu ging ich zur Rückseite des Largo di Torre Argentina. Die Fassade von Il Gesu strahlt nach der Reinigung wie neu.
Mit Bus ging es nun endgültig zurück. Eine Schilderung des abendlichen Konzerts im Parco della Musica folgt dann in Teil drei dieses Tages.
 
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Ein wunderschöner Spaziergang lieber Ludwig und deine Fotos, vor allem die tollen "Wasserbilder" sind dir sehr gut gelungen :thumbup::thumbup::thumbup:

Warum hat der "Geier" eigentlich Brüste? Kann mich einer von euch bitte Aufklären?
 
Vielen Dank für den schönen Spaziergang entlang der Via Giulia und die Detailaufnahmen aus Santa Barbara dei Librai! :thumbup: Ich bin schon gespannt zu erfahren, wie das Kirchlein Deiner BEVA gefallen hat.

Gut gefielen mir auch die kleinen Fresken, die in die dunkle Stuckdecke eingearbeitet sind.



Sehr gut gefallen mir auch diese beiden Bilder mit den Hausmadonnen. :nod: Leider weiss ich nicht genau wo diese sich befinden.​

Durch einige wenig begangene Gassen spazierte ich nun hinüber zur Piazza Navona. Wenn auch diese nicht so überlaufen war, wie zur Hauptreisezeit, machte es doch wieder Spaß, sich hier einfach treiben zu lassen, das sonnige Wetter zu genießen und das Geschehen zu beobachten.


Diesen sonnigen Morgen hast Du augenscheinlich in vollen Zügen genossen. Solche Tage im Winter sind ein Geschenk von dem man lange zehrt.​
 
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VIELEN DANK

:thumbup: :nod: :thumbup: :nod: :thumbup:

für die Fortsetzung mit den vielen, vielen schönen Bildern

:!::!::!:

Ein sehr schöner Spaziergang ...
 
Warum hat der "Geier" eigentlich Brüste? Kann mich einer von euch bitte Aufklären?​


Ich denke, dies ist mal wieder ein typischer Fall von römischen Recycling - der alte Kopf war weg, dann nimmt man eben einen, der gerade übrig ist! ;)

Dem muss ich leider widersprechen. ;) Die beiden falkenköpfigen Hermen am Palazzo Falconieri waren schon genauso von Francesco Borromini gewollt! :idea:

Leider in Eile
Simone
 
Hallo Ludovico,
ohne jetzt einzelne Bilder zu zitieren, da mir ja sowieso alle sehr gut gefallen :nod:, möchte ich Dir herzlich danken für diesen Morgenspaziergang durch römische Gassen und über Plätze, die ich auch besonders gerne aufgesucht habe. Wunderschön, in diese Morgenstimmung einzutauchen. Und nun freue ich mich auf Deinen Bericht vom "Concerto grosso e forte" ;) :].
Gruß
Pasquetta
 
Warum hat der "Geier" eigentlich Brüste? Kann mich einer von euch bitte Aufklären?​


Ich denke, dies ist mal wieder ein typischer Fall von römischen Recycling - der alte Kopf war weg, dann nimmt man eben einen, der gerade übrig ist! ;)

Dem muss ich leider widersprechen. ;) Die beiden falkenköpfigen Hermen am Palazzo Falconieri waren schon genauso von Francesco Borromini gewollt! :idea:

Hier (Gli stucchi del Borromini) ist eine Erklärung - leider nur in italienisch -, sicher gibt es noch weitere ...
 
Hier (Gli stucchi del Borromini) ist eine Erklärung - leider nur in italienisch -, sicher gibt es noch weitere ...

Der Link ist interssant, doch leider bietet er m.E. auch keine Erklärung zur gestellten Frge. Die Falken weisen auf den Reichtum, Besitz der Familie hin. Ich bin gespannt, ob man eine Erklärung finden kann.

mystagogus

Danke auch an Ludovico für den schönen Bericht!
 

Wie wäre es hiermit?

La curiosa scultura quindi è l'emblema della famiglia (se ne trova una identica all'angolo opposto), mentre le fattezze del busto rappresenterebbero l'avvenenza delle esponenti femminili dei Falconieri.

Quelle: i 22 rioni di Roma - VII - Regola

Das Emblemtier der Familie Falconieri kombiniert mit einer Anspielung auf die Attraktivität der weiblichen Familienmitglieder?

Wenn Ludovico diese Diskussion in seinem Reisebericht stört, kann er uns ja abbiegen! :idea: :~
 
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