Bericht: Sizilien rund um den Ätna

Pasquetta

Magnus
Stammrömer
Da hier im Forum auch hin und wieder die Nachfrage nach Sizilieninfos bestand und die meisten meiner Urlaubsfotos sowieso schon für einen Reisebericht der „anderen Art“ ;) gesichtet sind, möchte ich an dieser Stelle doch auch noch einen kurzen „seriösen“ Bericht einstellen, um für Interessierte aufzuzeigen, was in einer Woche „Sizilien abseits der üblichen Route“ gut und gemütlich machbar ist.

Nachdem wir bereits mehrmals die „klassische Sizilientour“ gemacht hatten (mit Abwandlungen und über einen längeren Zeitraum „verstreut“) sollte es dieses Mal – auf Wunsch von Mitreisenden, die nicht so sehr Ausgrabungen und Kirchen sehen wollten ;) - eher eine erholsame Naturtour vor allem im Ätna-Gebiet werden, zu einer für Sizilien idealen Reisezeit, im Monat Mai.

Und los ging's, im kühlen Norden bei leichtem Regen, südwärts in die Sonne. Gut angekommen in Catania am Flughafen Fontanarossa, flott den Mietwagen abholen – immer im Blick schon unser Reiseziel, der Ätna und die Gegend rund herum.


Unterkunft – und Verpflegung – hatten wir in einem Agriturismo gebucht, das sich lt. Adresse und Google maps jwd am Nordhang des Ätna mitten in der Pampa befinden sollte und wie bei diversen Beurteilungen moniert, nur über eine unwegsame, Auto zerstörende Staubstraße, die diesen Namen nicht einmal verdiene, zu erreichen. Also genau das, was wir wollten – und wir sollten nicht enttäuscht werden.




Die Zeit bis zum Abendessen nutzten wir um Haus, Hof und Gelände ein wenig zu erkunden und den Reisestaub in der Piscina abzuwaschen.




Der ehemalige kleine Bauernhof liegt schön zwischen Haselnussplantagen und Weingarten, eingerahmt von mit Sommerblumen übersäten Wiesenstreifen, einen kleinen Gemüsegarten und einer weitläufigen „Ausruhwiese“ mit einer Art Pergola, Sitzmöglichkeit unter großen, alten Bäumen, einem kleinen Spielplatz für die bambini, die hier Ferientage verbringen, einer Bocciabahn und der Piscina mit dem fantastischen Ätna-Blick.


Die Zimmer in den Nebengebäuden sind einfach aber nett ausgestattet und, wie auch das großzügige Bad, blitzsauber. Fernseher gibt es nur im Aufenthaltsraum des Haupthauses, wo sich auch der Essraum befindet. Aber wer braucht einen Fernseher, wenn der Verdauungsspaziergang jeden Abend dieser Woche über das Gelände dazu angetan ist, „nah zu sehen und zu hören“: die verschiedenen Nachtvögel zu orten - auf welchen Bäumen fiepen die kleinen Waldohreulen? - und die riesigen Nachtfalter an den schwachen Lichtquellen zu beobachten, am Abhang des Ätna blinken die Lichter der wenigen kleinen Ortschaften und eine der Hofkatzen – il coccolone – streicht um unsere Beine...
Der Hofhund bellt den Mond an und selbst der Hofesel macht sich immer wieder mal bemerkbar. Später fängt eine Nachtigall an ihre Lieder zu singen und der Duft von Jasmin weht durch die laue Frühsommernacht...



Der erste richtige Sizilien-Tag war ein Sonntag und sollte dem Eingewöhnen gehören und dem sich langsam Herantasten an die Landschaft. Wir fuhren von Linguaglossa aus die Panoramastraße Mareneve hinauf zum

Rifugio Citelli.

Mareneve sagt schon wohin diese Straße führt: „vom Meer hinauf zum Schnee“, mitten durch eine Waldregion mit Edelkastanien- und Eichenbäumen und immer wieder der sonnengelb blühende Ätnaginster.


Und: Achtung! Rutschgefahr! - die Straße ist fast durchgängig bedeckt mit Lavastaub, ein feiner schwarzer Sand, der plötzliches Bremsen zu einer Rutschpartie werden lässt.

Unsere kleine Wanderung rund um die Monti Sartorius, die nach dem Ausbruch 1865 entstanden waren, führte zuerst durch ein lichtes Birkenwäldchen mit schönen Blicken auf Seitenkrater.




Gemächlich und bedächtig – das Gehen ist etwas mühsam auf den mit Lavaschlacke bedeckten Weg, der als solcher nicht immer zu erkennen ist – gehen wir weiter bergauf durch eine beeindruckende Vulkanlandschaft.


Die Bäume sind z. T. entlaubt, der letzte Ausbruch bzw. das was als heiße Asche und dergleichen herunter kam, hinterließ seine Spuren.



Unter dem Lavageröll liegt Schnee.

Und dann scheiden sich die Wanderwegbeschreibungsgeister: wir – wie auch weiter oben angetroffene andere Wanderer – entdecken nirgends die angekündigte Markierung mit gelben Holzpfosten und laufen erst mal auf gut Glück weiter, bis uns der Weg doch zu abwegig wird. Die fischgrätenartigen Einkerbungen in den Baumstämmen können die Wegweiser nicht sein: durch solche Einritzungen wurde früher das Baumharz gewonnen. Also zurück zum verlassenen Häuschen aus Lavasteinen mit der Zisterne neben dran, dort abgebogen und dann erst einmal „querlavafeldein“.



Der nachfolgende kleine mühsame Aufstieg hat sich gelohnt: wir erreichen die Nebenkrater der Monti Sartorius, und genießen die Rast und Aussicht.



Bevor wir wieder zu unserer „ländlichen Unterkunft“ zurück fuhren, haben wir noch einen Abstecher nach Piano Provenzana gemacht.

Die weite Hochebene auf ungefähr 1900 m Höhe war vor dem verheerenden Ausbruch im Herbst 2002 eine liebliche mit Bäumen und reich mit Blumen bewachsene Landschaft. Es gab ein Hotel mit Restaurant, ein Café und Holzhütten für den Verkauf von Souvenirs und den Skiverleih. Nicht allein die fließende Lava hat alles zerstört, starke Erdbeben, die den Ausbruch begleiteten, taten ihr übriges. Auch durch den uralten Kiefernwald hat die Lava breite Schneisen geschlagen.

Unser Gastgeber erzählte uns später, dass es fast zehn Jahre gedauert hat, bis man Piano Provenzana wieder einigermaßen erschlossen hat. Noch immer sieht die Gegend dort gespenstisch aus, auch wenn der Parkplatz „schon wieder“ angelegt und einige kleine Kioske geöffnet sind.
Aber es wird noch dauern, bis wieder richtiges Leben in den (vor allem Winter-) Betrieb kommt und sich dort wieder Skifahrer und Loipengänger tummeln können.

So haben wir erste Eindrücke bekommen von der Wucht des Mongiobello – was für ein schöner Name für den „Berg der Berge“. Als reizender Gegensatz zu der schwarzen Lava das Gelb des wilden Fenchels – der mit seinen riesigen Blütendolden überall aus den Wiesen leuchtete und den wir im Laufe der Woche noch öfters als Gewürzkraut im Essen verkosten konnten.



Nach diesem Ausflug war ein Sprung in die Piscina gerade die richtige Erfrischung – auch wenn die anwesenden italienischen Gäste sich fröstelnd schüttelten, die Kinder aber neidvoll auf die Badenden schauten. - Zeit für's Abendessen mit den Köstlichkeiten der sizilianischen Küche, die die nonna des Hauses jeden Abend für uns zubereitete...



Fortsetzung folgt...
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich sag' schonmal herzlich "Danke" und werde sicher noch ganz viele Fragen haben... keine zwei Monate mehr und ich darf dann auch sizilianische Luft schnuppern. :)
 
Liebe Pasquetta,

vielen Dank für diesen sehr schönen Bericht mit den traumhaften Naturfotos.

Mal sehen ob es mich mal nach Sizilien verschlägt. Bislang wehre ich mich standhaft die Insel zu besuchen.

Vielleicht sollte ich mal die Adresse meiner ersten italienischen Freundin erforschen. (Sie brachte mir die ersten italienischen Worte bei, da ihre Eltern kein Deutsch konnten)

Ich fürchte Sizilien könnte mich genauso packen wie Rom, da wollte ich auch lange Zeit nicht hin.

Viele Grüße

Tizia
 
Liebe Pasquetta,

auch von mir herzlichen Dank für die schönen Bilder. Auch ich war bisher noch nicht auf Sizilien. Alleine fühle ich mich überfordert und Gruppenreisen sind nicht wirklich was für mich. Dann eben immer wieder Bella Roma.

Liebe Grüße
dentaria​
 
.

VIELEN DANK

:thumbup: :nod: :thumbup: :nod: :thumbup:

für den Beginn des Berichtes mit den wunderschönen Bildern

:thumbup::thumbup::thumbup:
 
Herzlichen Dank für Eure freundliche Rückmeldung. Schön, wenn ich ein wenig "Fernweh" auf Reisen - und hier nach Sizilien - wecken konnte. Sizilien ist ein wunderschönes Stück Italien, mit unwahrscheinlich viel Antike und Kunst und Kultur - auch wenn in meinem Reisebericht diesmal nicht sooo viel davon vorkommt, sondern mehr "Natur". Aber die gehört zu dieser Insel vielfältig dazu.

... und werde sicher noch ganz viele Fragen haben... keine zwei Monate mehr und ich darf dann auch sizilianische Luft schnuppern. :)
Glückwunsch zur geplanten Sizilienreise. Auch der September/Oktober ist eine gute Reisezeit für Sizilien, selbst wenn dann die Landschaft vor allem im Inselinneren bereits "terra bruciata" sein kann.
Zu den noch anstehenden Fragen: sicher wird hier im Forum (mit unserem geballten Wissen ;)) die eine oder andere beantwortet werden können - ob ich es kann ist die andere Frage. :~


Mal sehen ob es mich mal nach Sizilien verschlägt. Bislang wehre ich mich standhaft die Insel zu besuchen.
...
Ich fürchte Sizilien könnte mich genauso packen wie Rom, ...

Das kann ich mir gut vorstellen, dass diese "Gefahr" bestünde ;). Ausprobieren :nod: geht über studieren ;) :twisted:.


Auch ich war bisher noch nicht auf Sizilien. Alleine fühle ich mich überfordert ...

Da Du das Reisen solo "gewohnt" - blödes Wort für den Zustand - bist, wäre es auch auf Sizilien nicht so schlimm, denke ich.Vor allem, wenn man sich auf die Hauptsehenswürdigkeiten konzentriert. Auch auf Sizilien hat sich in den letzten Jahrzehnten vieles geändert, was man früher - ich erinnere mich an meine erste Reise dorthin, 1973 - als "typisch sizilianisch" bezeichnete.

Liebe Grüße
Pasquetta
 
Unser freundlicher Gastgeber sagte uns gestern Abend noch: „Wenn ihr zum Ätna wollt, macht den Ausflug bald, das Wetter könnte bis Mitte der Woche schlechter werden. Wenn ihr morgens den Berg mit Wolken seht, dann lohnt eine Auffahrt nicht. Der Nebel dort oben geht dann den ganzen Tag nicht weg.“

Anmerkung:
Der Monte Etna – seine mystische Ausstrahlung verdankt der ca. 3320 m hohe Mongibello seiner Lage. Weithin sichtbar und meisten mit einer leichten Rauchfahne ragt seine Silhouette in den sizilianischen Himmel. Die Lavaströme der früheren Jahrhunderte haben sich dank der mineralhaltigen Lavaasche zu fruchtbaren Boden gewandelt. Im Ätna-Gebiet gedeihen hervorragend Zitrusfrüchte, Mandeln, Feigen und Pistazien – der Ort Bronte ist berühmt für seine Pistazien -, Oliven und Trauben und in den höheren Lagen Haselnüsse und Edelkastanien – wie rund um unser Agriturismo. Bis auf ca. 2000 m ü.M. erstreckt sich die Waldregion mit immergrünen Kiefern-, Buchen-, Eichen- und Birkenwäldern sowie dem typischen Ätnaginster. Wacholdersträucher, Trockengräser, verschiedene Veilchenarten, Moose und Flechten prägen das Landschaftsbild bis auf ca. 2500 m. Oberhalb davon beginnt die Lavawüste, die wie eine Mondlandschaft anmutet.


Also: Blick zum Berg, wir fahren heute – zuerst auf der Autobahn ein bisschen nach Süden und dann von Nicolosi aus, dem „Tor zum Ätna“, hinauf zum Rifugio Sapienza. Die neue Straße ist mitten durch die schwarzen Lavafelder gebaut worden und wenn man so sieht, was von manchem Haus übrig geblieben ist, dann muss sich ganz schön viel Lava runter gewälzt haben...



Das Rifugio Sapienza ist touristisch sehr gut erschlossen mit Parkplatz, Geschäften mit reichhaltigem Angebot aller Art und Lokalitäten zur leiblichen Stärkung. Von der Station der Kabinenseilbahn aus kann man sich für „gutes“ Geld bis zu den verschiedenen zur Begehung frei gegebenen Kratern auf eine Höhe von ca. 3000 m befördern lassen. (Wir haben pro Person Euro 48.80 für die Seilbahn und Weiterfahrt mit den geländegängigen Kleinbussen + (obligatorisch) Euro 8.70 für den Bergführer bezahlt. Aber man „besteigt“ ja nicht jeden Tag einen Vulkan.) Mancher quält sich auch zu Fuß den Berghang hinauf...



Die Luft ist dünn hier oben und es weht ein kräftiger Wind, als wir an der Bergstation La Montagnola auf ungefähr 2500 m Höhe umsteigen in den Geländebus, mit dem wir zwischen hohen (Alt-)Schneewänden hochgeschaukelt werden zu den Schwefelfumarolen ausspuckenden Kratern.



Auf fast 3000 m Höhe erwischte es uns allerdings kalt: ein eisiger Wind, der durch Hosen, Anorak und Mütze drang kühlte die Körpertemperatur sofort um einige Grade herunter. Die dünne Luft angereichert mit Schwefeldampf und Lavastaub (Kontaktlinsen besser rausnehmen und Brille aufsetzen :!:) erschwerte das Atmen beim Ab- und Aufstieg zu den verschiedenen Kraterrändern ziemlich. Nun war mir auch klar, warum der Bergführer dick vermummt mit Mütze und Handschuhen war.







Trotz Wind und Kälte – vielleicht unterstreicht diese Naturgewalt auch noch den Eindruck – diese Landschaft ist einfach gigantisch: eine mit kleinen runden Lavasteinenübersäte Mondlandschaft über der die Schwefelfumarolen tanzen.

Zum Abschluss des Kraterrundgangs konnte man sich noch die Hände wärmen an den noch warmen lapilli auf dem Lavafeld vom letzten Ausbruch im April.



Wieder auf halbwegs angenehmer Höhe und Temperatur am Rifugio Sapienza umrundeten wir noch die kleinen Krater, die nach dem Ätna-Ausbruch von 1892 entstandenen Crateri Silvestri, von denen aus man einen schönen Um- und Ausblick hat.






Die Heimfahrt gestalteten wir gemütlich und geruhsam über die „grün markierte“ Straße durch wunderschöne Landschaft hinab nach Zafferana Etnea, vorbei an den Lavafeldern, auf denen es schon wieder Gräser und Flechten gibt,



besonders schön der Ätnaginster, der sich ganz schnell wieder auf der verwitterten Lava einrichtet und durch kleine Ortschaften, in denen noch immer


die Lavasteinchen und -Asche vom letzten Ausbruch auf den Straßen lagen – Achtung Schleudergefahr! - oder in Plastiktüten zur Abholung bereitstanden.


Das war also unser Ausflug zum Ätna, dem Berg der Mythen und Sagen, die ebenfalls hier ihren Ort haben: Zeus und die Schmiede des hässlichen Hephaistos, dem Gott des Feuers, eifersüchtig auf seine schöne Gemahlin Aphrodite. Jedes Mal wenn er sich von ihr hintergangen fühlte heizte er sein Schmiedefeuer so stark an, dass der Berg Feuer spuckte. Oder der Zyklop Polyphem der am Ätna seine Höhle hatte, wo er seine Ziegen und Schafe hütete. Hier wurde er so listenreich und gleichzeitig grausam von Odysseus und den Seinen hintergangen, geblendet und verhöhnt, so dass er in seinem Zorn und seiner Wut ihnen große Felsen vom Ätna aus aufs Meer nach schleuderte. Aber das ist eine andere Geschichte, von der später noch Bilder zu sehen sein werden ...


Fortsetzung folgt
 
Diese traumhaften Fotos machen mich gerade 'hibbelig'. Vielleicht könntest du noch näheres über den Agriturismo posten. Ich hab' mein Domizil dort in San Vito Lo Capo, also im äussersten Westen, so dass ich mit mindestens zwei bis drei Zwischenübernachtungen bei der Inselerkundung rechne. :)
 
.

VIELEN DANK

:thumbup: :nod: :thumbup: :nod: :thumbup:

für die Fortsetzung mit den wirklich beeindruckenden Bildern

:thumbup::thumbup::thumbup:


-> ach jaaaaaa, da werden Erinnerungen wach ...


Immer wenn ich an den Ätna denke fällt mir ganz spontan dieses Bild ein ...



 
Danke für die Rückmeldungen. :nod:

Diese traumhaften Fotos machen mich gerade 'hibbelig'. Vielleicht könntest du noch näheres über den Agriturismo posten.

Schöne(re:!:) Fotos - und das erkenne ich neidlos an :nod: - findest Du im Bericht von FestiNalente: Siziliens Osten rund um den Ätna.
Angaben zum Agriturismo suche ich raus stelle sie später noch ein.

.

-> ach jaaaaaa, da werden Erinnerungen wach ...



oh ja :!: das sieht "schlimm" aus. Zum Glück sind die Häuser oft rechtzeitig aufgegeben worden, auch wenn es für die Bewohner natürlich immer ein großes Unglück ist, ihren Grund und Boden zu verlieren. Einzig Gutes: nach vielen, vielen Jahren (Jahrhunderten?) ist dort überall fruchtbares Land geworden, idealer Nährboden für den guten Ätna-Wein, die Zitrus- und anderen Früchte...
 
So, da bin ich nochmal:

Vielleicht könntest du noch näheres über den Agriturismo posten. Ich hab' mein Domizil dort in San Vito Lo Capo, also im äussersten Westen, so dass ich mit mindestens zwei bis drei Zwischenübernachtungen bei der Inselerkundung rechne. :)

Vom Domizil in San Vito Lo Capo aus wirst Du sicherlich den Westen Siziliens erkunden. Dazu ein Tipp: einen Ausflug zum Inselchen Mozia einplanen :nod:. Dort ist im Museum Whitaker der wunderschöne Giovinetto di Mozia
zu sehen 8). Ein Abstecher zu ihm lohnt meiner Ansicht nach.

Und nun ein kleiner "Exkurs" zum Thema

Agriturismo


Im Restaurant-Bereich hing ein Bild, dass sehr gut formulierte, was ein Agriturismo sein sollte bzw. ist:

"Agriturismo ist weder ein Landhotel, noch ein Gasthaus. Agriturismo ist ein Ort, an dem sich der Gast wie bei sich zu Hause fühlen soll. Er soll am Leben der Gastgeber teilnehmen und es genießen. Die von den Hauseigentümern auf dem ganzen Anwesen geschaffene Atmosphäre soll herzlich sein, aber nicht aufdringlich, sie sollen immer ansprechbar sein, aber nicht jeder Laune des Gastes nachgeben, ihn miteinbeziehen aber nicht vereinnahmen."



Für unseren diesjährigen Aufenthalt in Sizilien-Ost hatten wir in einem Agriturismo nahe der Ortschaft Rovitello an der Strada Statale 120 zwischen Linguaglossa und Radazzo gebucht: Azienda Agrituristica "San Marco". Uns hat es sehr gut gefallen, wir waren zufrieden mit Unterkunft und Verpflegung.

Die Lage und die Unterkunft selbst habe ich ja bereits beschrieben.

Noch ein Wort zu der Verpflegung:
Das Frühstück war mehr oder weniger „all'italiana“: Saft, Kaffee oder Tee, verschiedene Müsli-Flocken und leckeren sahnigen Joghurt dazu, Wurst (Schinken) und Käse, Marmelade (abgepackt) und – ich habe immer gesagt: von der Backfee, denn die Nonna des Hauses war „nur für das Kochen“ zuständig, wie sie uns erklärte, backen würde „la ragazza“) jeden Tag frisch gebackenen ("italienisch-süßen") Kuchen in verschiedenen Ausführungen.


Was mir ein wenig fehlte war frisches Obst, das gab es nur sporadisch – allerdings konnte man es sich ja an (fast) jeder Straßenecke für wenig Bares kaufen (die süßsauren

Nespoli
waren gerade im „Angebot“, erfrischend und sehr lecker !).

Das Abendessen wurde mit 4 Gängen zelebriert: jedes Mal bis zu zehn kleinen Antipasti-Happen (über geschmortes, eingelegtes Gemüse, verschiedene frittate, Käsestückchen und typische salsiccia (Wurstsorten) zu Tomaten überbacken, Auberginen in der verschiedensten Zubereitung, bruschette mit verschiedenem Belag und, und, und...),

(mehr Fotos von der Essensausgabe gibt es leider nicht)

zwei verschiedene Pasta bzw. Risotto-Gerichte, der Hauptgang bestand aus einem oder mehreren Fleischgerichten mit Beilage (patatine, insalata oder verdura z.T. aus dem eigenen Garten) und nach all dem das dolce (von fragole fresche über diverse Cremespeisen bis hin zu den typisch sizilianischen Cannoli, hier mit unterschiedlicher crema gefüllt (daher leichter zu „verdauen“) und nicht wie im Süden mit Ricotta. Der einfache Hauswein (egal ob weiß oder rot) war unserer Meinung nach gut. (Keiner hatte am nächsten Morgen einen Brummschädel zu vermelden.) Kein Wunder, dass man nach so einer Cena noch einen Caffè und/oder Grappa o.ä. brauchte und ein kleiner Spaziergang übers Gelände nötig war.

Wir konnten feststellen, dass die meisten Gäste des Agriturismo San Marco auf einer Sizilien-Rundreise waren und sozusagen „auf der Durchreise“ nur für zwei oder höchstens drei Übernachtungen blieben. Wir waren die einzigen „Dauergäste“ für eine Woche. Schön fanden wir auch, dass die Azienda relativ klein ist und nur ca. 20 Personen beherbergen kann.

Ebenso erlebten wir es im Mai 2007, als wir im Agriturismo Tenuta Roccadia in der Nähe von Carlentini, grob gesagt zwischen Catania und Syrakus, uns einquartierten.

(habe leider kein Foto vom Haupthaus gefunden)

Diese (feinere) Tenuta liegt ebenfalls wunderschön („jwd“ und etwas weiter südlich des Ätna), diesmal mitten in einem riesigen Orangenhain, mit hübschen, einfachen Zimmern und im Haupthaus das Restaurant. Die Verpflegung war damals ebenfalls gut und typisch für die sizilianische Küche, vielleicht verglichen mit San Marco nicht ganz so familiär. Das Personal war jedoch auch hier freundlich und zuvorkommend, manchmal vielleicht ein bisschen überfordert, wenn viele Gäste zum Essen da waren (das Restaurant war auch offen für Gäste von außen). Diese Tenuta hatte auch deutlich mehr Zimmer zu vermieten. - Aber wie gesagt: diese Erfahrung liegt sechs Jahre zurück.



Vorteil bei dieser Unterkunft: viele Sehenswürdigkeiten, die man vor allem als Erstbesucher Siziliens besuchen möchte, sind von Carlentini aus leichter und kürzer zu erreichen (Syrakus, der Süden und auch z.T. das Landesinnere).

Soviel zu meinen Erfahrungen mit Agriturismo auf Sizilien. (Bei anderen Sizilienreisen hatten wir in Hotels übernachtet.)

Und hier raucht der Ätna sein Abendpfeifchen (die Rauchfahne zog bis nach Syrakus, hieß es), gesehen von der Tenuta Roccadia aus).


Gruß
Pasquetta

 
Ich sag' ganz herzlichen Dank. Das werde ich mir im Laufe der Woche noch ganz in Ruhe ansehen. Ich muss sowieso so langsam mal intensiv in die Sizilienplanung einsteigen (und den Rom-Spaziergang ein bisschen hintenanstellen). :)
 
.

VIELEN DANK

:thumbup: :nod: :thumbup: :nod: :thumbup:

für die Erläuterungen

:thumbup::thumbup::thumbup:​
 

Am nächsten Morgen bestätigte uns ein Blick zum Ätna in der klaren Morgenluft, dass auch heute noch ein guter Tag für einen Ätna-Ausflug wäre – aber den hatten wir ja nun schon hinter uns und heute sollte es das Kontrastprogramm sein: auf nach Taormina – Sonne, Meer und alte Steine.

Taormina – als „die schönste Theaterkulisse der Welt“ wird dieses Städtchen bezeichnet. Sikuler, Griechen und Araber waren hier bevor das beschauliche Dorf, hoch hoben auf dem Monte Tauro gelegen, im 19. Jh. von den Künstlern und ihren Gefolgschaften wiederentdeckt wurde und sich, wegen der malerischen Landschaft, dem milden Klima und den historischen Sehenswürdigkeiten, zu einem Touristenzentrum entwickelte.


Zwar muss man heutzutage nicht mehr auf Maultieren ins Städtchen hoch reiten, aber einen Parkplatz findet man oben – fast – nicht. Die Altstadt mit den Sehenswürdigkeiten ist für den Autoverkehr gesperrt. Einfach und schnell gelangt man mit der Seilbahn in ein paar Minuten (zum Preis von Euro 3,-- für die einfache Fahrt) von Mazzarò, unten am Meer gelegen, hinauf nach Taormina. (Das Auto kann man am Parkplatz bei der Seilbahn abstellen, Gebühr betrug für vier (od. waren es fünf?) Stunden Euro 5,--, auf alle Fälle billiger als in einem der beiden Parkhäuser am Rande von Taormina und man ist von der Bergstation der Seilbahn aus gleich an der Porta Messina :idea:)


Durch die Porta Messina ging es den Corso Umberto entlang, immer der Menschenmenge nach auf dieser Flaniermeile – da musste doch was sein, wenn ganze Schulklassen sich hier tummelten 8O.



Aber ja doch: Taorminas Hauptsehenswürdigkeit :!:


Das Teatro Greco (das eigentlich ein römisches Bauwerk ist) ist nach Syrakus das zweitgrößte antike Theater Siziliens und das schönste Theater der griechischen antiken Welt. Es war Mittagszeit und die meisten (Schüler-)Gruppen hatten das Theater bereits wieder verlassen, so dass wir in Ruhe und ohne Gedränge auf den verschiedenen „Rängen“ Platz nehmen konnten - ganz oben, auf den „schlechtesten“ Plätzen, wo das gemeine Volk saß und heute zwischen den Steinen bunte Wildblumen wachsen, war der Ausblick am besten.


Die restaurierten Ruinen des Bühnengebäudes geben den Rahmen für ein Bühnenbild der besonderen Art: der Blick geht bis zum Gipfel des Ätna und hinunter auf das glitzernde Meer des Golfs von Giardini-Naxos.








Die Wirklichkeit kann einen Vergleich mit dem Reiseführer allemal standhalten – wenn man vom schneebedeckten Gipfel des Ätna absieht, wahrscheinlich ein Winterfoto :~, wurde nicht geschummelt. Es ist so schön hier, dass man in Versuchung gerät, die „alten Griechen“ zu rezitieren, die Akustik soll ganz toll sein (das Theater wird auch aktuell zu - vor allem Musik- Veranstaltungen genutzt).


Wir scherten aus dem Touristenpulk aus und bummelten abseits ein bisschen durch das Städtchen. Dabei entdeckten wir so manche schöne und interessante "Kleinigkeit":


die Überreste des Odeons, ein kleines römischen Theater aus dem 1. Jh. v. Chr., das nach Meinung der Archäologen einem ausgewählten Publikum vorbehalten war und in dem nicht nur Theateraufführungen stattfanden, sondern auch Diskussionen und andere Veranstaltungen mit hohen Beamten, Geistlichen und Ehrengästen. Als wir uns das Odeon ansahen „diente“ es als Rückzugsmöglichkeit für Bettlerinnen und ihre Kinder, die wir später auf dem nahen Corso wiedertrafen, als sie „Körperkontakt“ suchten.


An der Piazza Vittorio Emanuele liegt der Palazzo Corvaja. Mit der mit Zinnen geschmückten Fassade und den weiteren „orientalischen“ Stilelementen mutet er fast arabisch an.



Dazu passt, dass der Turm (aus dem 11. Jh.) des Palazzos der einzige erhaltene arabische Festungsturm in Europa sein soll. Zwei Jahrhunderte später entstand die Eingangstreppe in den ersten Stock, mit schönem Steinrelief mit Szenen aus dem Buch Genenis (Schöpfung, Sündenfall und Vertreibung aus dem Paradies).


Im Innenhof des Palazzo Corvaja hatte sich auch ein beachtlicher Leone niedergelassen. Kein Wunder, dass aus dem Inneren des schönen Stadtpalastes Schwertergerassel und Schildergeklapper zu hören war.



Unser diesmaliges erstes Zusammentreffen mit den sizilianischen Marionettenhelden, Gut und Böse – edle, tapfere Ritter und hinterhältige Schurken, Ruggero und die schöne Angelica – und wer sich sonst noch so bei den hölzernen Helden in glänzenden Rüstungen rumtreibt. Aber davon sollten wir später noch eine ganze „sizilianische Armada“ sehen.



Zurück auf den Corso: in den alten Palazzi sind exquisite Modegeschäfte, Antiquitäten- und ganz simple Andenkenläden, Cafés und pasticcerie untergebracht – alles ist bunt und wird von Touristen bevölkern.


Wir biegen ab in eine kleine, ebenfalls bunte Seitengasse und treffen auf eine Mauer mit Bogen- und rechteckigen Nischen. „Als Naumachie wurden in der Antike sowohl nachgestellte Seeschlachten als auch die Anlagen, in denen diese Schauspiele stattfanden, bezeichnet. “ weiß wiki.


Aber ob diese eindrucksvollen Ruinen, abseits des Turi-Trampelpfades, tatsächlich einmal solche gesehen haben erscheint etwas unwahrscheinlich. Aber was soll's: auch als dafür gehaltenes Gymnasion oder sogar nur als Stützmauer oder Mauer einer Zisterne, ist die Naumachie-Anlage sehr schön und „sauber gekehrt“.


Nun könnte man den Corso weiter entlang bummeln bis zur Porta Catania und durch den Giardino Pubblico schlendern oder verschiedene Kirchen besichtigen – wenn es nicht so heiß wäre und die Füße müde - wir bummelten zurück zur Seilbahnstation.


Ist Taormina noch immer ein „Zipfel des Paradieses“, wie die Künstlerkolonie des 19./Anf. 20. Jh. meinte? Das kommt wahrscheinlich auf die ganz eigene Sehweise und Erfahrung mit Taormina an. Zu meinem „Paradies“-Taormina gehören – wenn ich in meiner Erinnerungskiste krame – außer


den guten saftigen Limoni – deren purer Saft mir in Taormina einmal meinen „verkorksten“ Magen gerichtet hat und die auch als Granita di limone hier besonders gut schmecken –


die bunten (süßen) Früchtchen, unbedingt das


„Wunderblumengewächs“, die Bougainvillea, die wie eine Kaskade farbenprächtig über die Mauern „fließt“ und

die zauberhafte Isola Bella, lange vor der www-Zeit, in der es nichts wirklich Geheimes mehr zu geben scheint, als Badeinsel der Geheimtipp und seit 1998 unter Naturschutz.

Abschluss des Tagesausfluges folgt morgen
 
Zuletzt bearbeitet:

Hier die Fortsetzung bzw. der Abschluss des gestrigen Ausfluges:


Die Rückfahrt führte uns erst am Meer entlang Richtung Giardini Naxos (das kleine Ausgrabungsfeld haben wir nicht gefunden, - na ja, vielleicht auch nicht ernsthaft genug gesucht ;) -



dafür aber eine Pause am Meeresstrand eingelegt und unter strahlend blauem Himmel dem Rauschen der Wellen gelauscht), dann am unteren Flusslauf des Alcantara



über eine alte Brücke ins Hinterland nach Castiglione di Sicilia, was soviel bedeutet wie Castello Leone, „Löwenburg“ . Der hübsche Ort war schon als griechische Kolonie strategisch gut und schön auf einer Anhöhe gelegen – so wie heute noch.

Eine dunkle Seite hat dieser kleine sizilianische Ort jedoch auch: Vor nun bald 70 Jahren, am frühen Morgen des 12. August 1943 schossen deutsche Soldaten, die auf dem Rückzug durch Castiglione kamen, ohne ersichtlichen Grund auf die sich bereits auf der Straße aufhaltenden oder an den Fenstern und Balkonen ihrer Häuser noch im Schlafanzug stehenden Castiglionesi. 16 Tote und viele Verletzte, Plünderung und Zerstörung war die traurige Bilanz dieses sinnlosen Massakers – die Männer des Ortes wurden zusammengetrieben und in einen Pferch eingeschlossen, wie Schafe, so berichtet auch Leonardo Sciascia in seinen Aufzeichnungen „Mein Sizilien“.



An den Hängen des Ätna wachsen ausgesprochen gute Pistazien und die Gegend um Castiglione ist berühmt für ihre guten Haselnüsse. Da lag es nahe, eine Pause zu machen und sich mit einem großen Becher leckerem Pistazien-Nuss-Eis im kleinen Park in die Sonne zu setzen, so wie es die alten Männer auch taten (allerdings ohne Eis). Seltsam, ich sah immer nur Männer vor den Bars und auf den Plätzen zusammensitzen oder -stehen und eine chiacchierata machen... Wo waren die Frauen? Hatten wohl zu tun, a casa ... ;) :twisted:


Bis wir zurück in "unserem" Agriturismo waren rauchte auch der Ätna sein Abendpfeifchen. 8)


 

Vielen Dank für die schönen Bilder! :thumbup: :thumbup: :thumbup:

Ich werde wohl doch mal meine Angst überwinden müssen. ;)
 
.

VIELEN DANK

:thumbup: :nod: :thumbup: :nod: :thumbup:

für die Fortsetzung

:thumbup::thumbup::thumbup:


Bei den wunderschönen Bildern aus Taormina wurden sehr nette Erinnerungen wach ... an einen heißen, aber sehr interessanten Tag ...​
 

Vielen Dank für die schönen Bilder! :thumbup: :thumbup: :thumbup:

.....​

Auch ich sage Danke, da kommen Erinnerungen an andere Inseln und schöne Naturlandschaften auf.

Schade dass immer wieder solche sinnlosen Massaker passieren.:(

Bin gespannt was du noch alles berichten wirst, es ist ja immer beides drin, Unterhaltsames und Wissenswertes :nod:

Liebe Grüße

Tizia
 
@ dentaria, asterixinchen, tizia,

Herzlichen Dank für Euer Rückmeldungen zu meinem Sizilien-Reisebericht. Es freut mich, wenn ich Interesse und Erinnerungen an dieses schöne Stück Italien wecken konnte.

Dentaria und Tizia noch schöne Stunden beim FT - und Asterixinchen - und allen, die noch hier reinschauen ;) - einen schönen, erholsamen Sonntag wünscht
Pasquetta

- die gleich nochmal durch einige schöne Orte im Süden Siziliens bummelt. 8)
 
Vielen Dank Pasquetta für diesen schönen Bericht.

Ich war noch nie in Sizilien, aber befürchte schlimmstes "ich will sofort wieder hin", wenn ich dort einmal war. :~:nod::nod::nod:
 
Zurück
Oben