San Giovanni a Porta Latina und San Giovanni in Oleo

Simone-Clio

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San Giovanni a Porta Latina

Im Juni 2012 haben Gaukler und ich San Giovanni a Porta Latina besucht. Die Kirche mit der herrlichen hundertjährigen Zeder vor dem Eingang und dem romanischen Campanile von 1191 gefiel uns auf Anhieb.


Die vier Säulen, welche die fünf Arkadenbögen des Portikus tragen, sollen aus einem antiken Diana-Tempel, der in der Antike hier stand, stammen. Sie sind aus unterschiedlichen Marmorsorten und unterschiedlich hoch.


Zum Brunnen aus dem 8. Jahrhundert siehe hier:

The well-head, from the time of Pope Adrian I, has a double row circular design around its barrel and writing completely around the its crown. The writing is a Latin inscription that almost reproduces the baptismal formula:
+ IN NOMINE PAT[RES] ET FILII ET
SPI[RITUS SANT]I
"In the name of the Father, of the Son, and of the Holy Spirit"
and a quote from the prophet Isaiah:
+ OMN[E]S SITIE[NTES VENITE AD AQUAS]
"All you who are thirsty come to the water"
and the name of the stone-carver:
EGO STEFANUS
"I Stephen".

Die Gründung der Kirche geht auf das 6. oder 5. Jahrhundert zurück. Die ältesten Dachziegel tragen Stempel aus der Zeit Theoderichs des Großen. Einer davon dient heute als Ambo. Darauf hat uns SPQR im Gespräch aufmerksam gemacht.


Bei einer Restaurierung im 20. Jahrhundert kamen an den Wänden des Mittelschiffs 46 mittelalterliche Freskenbilder mit Szenen aus dem Alten und Neuen Testament zum Vorschein. Sie zeigen Szenen von der Erschaffung der Welt bis zur Apokalypse. Entstanden im 13. Jahrhundert, sind sie von stimmungsvoller Ausdruckskraft.


Mitte: Die Ältesten der Apokalypse​

Zwischen 1946 und 1978 war San Giovanni a Porta Latina die Titularkirche des Kölner Kardinals Joseph Frings.

Weitere Innenaufnahmen aus der für eine Hochzeit schön dekorierten Kirche:

Im Portikus passte der schlichte weisse Blumenschmuck wunderbar zum Original-Dachknauf Borrominis von San Giovanni in Oleo (siehe: Die Werke Francesco Borrominis). Er steht seit 1967 vor S. Giovanni a Porta Latina.

 
An der Via Latina, wenige Schritte von der Porta Latina und San Giovanni a Porta Latina entfernt, liegt innerhalb der Aurelianischen Mauer im Rione Celio, San Giovanni in Oleo.

San Giovanni in Oleo


An dieser Stelle soll der Apostel Johannes im Jahr 92 unter Kaiser Domitian ein Martyrium erlitten und überlebt haben. Das siedende Öl, in das er eingetaucht wurde, verwandelte sich in erfrischendes Wasser. Nach diesem Wunder wurde der Apostel nach Patmos verbannt.


Das kleine achteckige Oratorium wurde 1509, wahrscheinlich auf einem antiken Vorgängerbau, errichtet. Auftraggeber war der französiche Prälat Benoît Adam. Seinen Namen, seine Devise "Au plaisir de dieu" und den Namen des damaligen Papstes Julius II. findet man an der westlichen der beiden Türen des Tempietto.


Der Baumeister stammt evt. aus dem Umfeld von Antonio Sangallo dem Jüngeren. Der Bau wird aber meistens Donato Bramante zugeschrieben.

Der achteckige Bau hatte ursprünglich keine Kuppel sondern endete oberhalb des Gebälks.
1658 erhielt Borromini von Kardinal Francesco Paolucci (1581 bis 1661) den Auftrag zur Restaurierung. Das Wappen des damaligen Papstes, Alexander VII. Chigi, ist über dem östlichen Eingang sichtbar.


Seit 1657 war Francesco Paolucci Kardinalpriester von San Giovanni a Porta Latina, wenige Meter vom Oratorium entfernt ebenfalls an der Via Latina gelegen. Er wollte die kleine Kirche in eine Familienkapelle verwandeln.

San Giovanni in Oleo sollte nach dem Willen Borrominis den Charakter eines "divertimento" erhalten und nicht auf Monumentalität abzielen.

Borromini bewahrte die achteckigen Wände mit ihren Knickpilastern und einfachen Kapitellen, gestaltete das Innere neu und entwarf vor allem ein phantasievolles Dach.

Das Innere wird allgemein als von wenig Interesse beschrieben. Wir spähten durch ein Fenster hinein, konnten aber wegen der drinnen herrschenden Dunkelheit, ausser weissen Wänden nichts erkennen. Diese müssen aber teilweise mit Fresken von Lazzaro Baldi aus dem Jahr 1716 dekoriert sein und Szenen aus dem Leben des Evangelisten zeigen. Siehe z.B. hier und hier.

Eine Zeichnung von der Hand Borrominis in der graphischen Sammlung der Albertina in Wien zeigt einen Entwurf für das Dach von San Giovanni in Oleo: Eine Kuppel, deren Rippen wie Palmzweige geformt sind. Es ist nicht auszuschliessen, dass diese Kuppel errichtet wurde, nach einiger Zeit aber durch die Dachform, wie wir sie heute sehen, und die auch auf einen Entwurf Borrominis zurückgeht, ersetzt wurde. Zum Kuppelentwurf siehe hier.

Das Dach besteht aus einer flachen Haube nach antikem Vorbild. Diese Form nennt man einen geböschten Steinkegel. Rund um ihren Fuss verläuft ein hoher Terrakotta-Fries, welchen ein klassisches Muster mit Palmetten, Rosetten und dem Wappen von Francesco Paolucci ziert.
Borromini selbst gab in einer Notiz an, dass die Rose das heraldische Symbol seines Auftraggebers war.


Dieser Fries wird gelegentlich mit dem Fries, der unterhalb des Daches rund um das Baptisterium von San Giovanni in Laterano verläuft, verglichen.

Die elegante Dachkonstruktion hat Borromini mit einem sehr originellen und phantasievollen Gebilde (Knauf) gekrönt. Dieses ist auch auf dem Entwurf mit dem Kuppeldach zu sehen. Aus einer Palmenkrone (Palmzweige sind Zeichen für das Martyrium) wächst eine mit grossen Rosen dekorierte und von einem Kreuz gekrönte Kugel empor.


Zu diesem Gebilde inspiriert, wurde Borromini anscheinend von einem kugelförmigen dekorativen Element des gotischen Magdalenenaltars aus San Giovanni in Laterano, den er selbst abgebaut hat. Es ist im Kreuzgang von San Giovanni in Laterano zu sehen.

Das Material für Borrominis Dachaufsatz ist aus qualitativ besonders hochwertigem, mit römischem Marmor versetztem Stuck, der unter der Einwirkung des Regenwassers eine Farbe von altem Silber angenommen hat.

Heute sehen wir allerdings eine Betonkopie auf dem Dach von San Giovanni in Oleo. Das Original existiert aber noch und ist in erstaunlich gutem Zustand. Es wurde 1967 entfernt und wird heute im Portikus von San Giovanni a Porta Latina aufbewahrt.
Am Rosmini-Kollegium vorbei kommt man zur Kirche San Giovanni a Porta Latina


über die ich noch mehr an anderer Stelle berichten werde. (Siehe: San Giovanni a Porta Latina ) Hier nur Bilder des wirklich verblüffend gut erhaltenen originalen Dachknaufs von Borromini.

Besichtigungsmodalitäten in italienischer und englichser Sprache beim Portal 060608: Chiesa San Giovanni in Oleo / Chiese cattoliche / Luoghi di culto di interesse storico-artistico / Cultura e svago und San Giovanni in Oleo / Catholic Churches / Historic places of worship / Culture and leisure
 
Sehr interessant, vielen Dank, Simone, für die ausführlichen Infos! :)
Mein Reiseführer schweigt sich über die Kirche weitgehend aus.

Ich war letzten April in dieser Kirche und über den Zustand der Fresken im Mittelschiff ziemlich entsetzt. Nach dem, was ich hier nun gelesen habe, stellt sich das natürlich in einem ganz anderen Lichte dar.

Als Ergänzung noch ein Foto vom Seitenaltar. Hast Du hierzu vielleicht auch noch Infos??
 
Die Kirche habe ich gleich auf den Merkzettel für Oktober gesetzt.
Vielen Dank für die Anregung! :nod:
 
Sehr interessant, vielen Dank, Simone, für die ausführlichen Infos! :)

Bitte sehr, gern geschehen und ich danke Dir für Dein Interesse.

Ich war letzten April in dieser Kirche und über den Zustand der Fresken im Mittelschiff ziemlich entsetzt. Nach dem, was ich hier nun gelesen habe, stellt sich das natürlich in einem ganz anderen Lichte dar.

Diese Seite des Römischen Instituts der Görres-Gesellschaft Sensationelle Entdeckung in S. Giovanni a Porta Latina bietet einige Informationen zu den Fresken, ihrer Wiederentdeckung und Konservierung.

Die Kirche habe ich gleich auf den Merkzettel für Oktober gesetzt.
Vielen Dank für die Anregung! :nod:

Es freut mich, dass Ihr der Kirche einen Besuch abstatten wollt. Vielleicht kannst Du ja für den Thread ein Photo der Porta Latina mitbringen, ich habe leider vergessen ein solches mitzubringen.
 
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Die Gründung der Kirche geht auf das 6. oder 5. Jahrhundert zurück. Die ältesten Dachziegel tragen Stempel aus der Zeit Theoderichs des Großen. Einer davon dient heute als Ambo. Darauf hat uns SPQR im Gespräch aufmerksam gemacht.


Eigentlich gilt das meiner BEVA, die beim Studium des Kirchenführers diese Information entdeckt hat :).

Hier ein Foto vom Ambo ohne Lektionar. Der Ziegelstempel ist zu sehen.
 
Herzlichen Dank für dieses interessante Zusatzphoto und beste Grüsse an die BEVA.

@pehda
Ich kann Dir nun doch eine Antwort auf deine Frage nach dem Seitenaltar geben. Sie folgt im Laufe des Morgens.
 
Mich hat dieser Altar heute Nacht auch noch beschäftigt.
Ich tippe auf den Sakramentsaltar im Seitenschiff, mit "neueren" Mosaiken (vielleicht aus der Zeit, als die Fresken entdeckt wurden), da als Motiv der sechsflügelige Seraphim aufgegriffen wurde, der - meine ich - auch in den Fresken vorkommt.
Bin gespannt, was Simone herausgefunden hat.
Gruß
Pasquetta
 
Damit ist das Wesentlich gesagt. Hier der Vollständigkeit halber der Text, wie ich ihn vorbereitet hatte:

@pehda

Deine Frage hat mir keine Ruhe gelassen und in der Hoffnung etwas über den linken Seitenaltar von San Giovanni a Porta Latina herauszufinden, habe ich die Website der Kirche noch einmal durchsucht. Zum Altar gibt es leider wirklich nichts, aber plötzlich fiel mir hier ein Engel auf, der mich doch sehr an denjenigen von Deinem Photo erinnerte. Auf der nächsten Seite der Website gelangt man auch zum Bild in Grossformat.

Auf einem meiner Photos kann man ihn in der Ecke oben links entdecken.

Es ist wohl davon auszugehen, dass das Engel-Fresko die Vorlage für das Mosaik über dem Seitenaltar war. Dies würde bedeuten, dass das Mosaik aus dem 20. Jahrhundert stammt. Wiederentdeckt wurden sie ja ab 1913 (diejenigen im Mittelschiff später) und die Konservierung war 1940/41 beendet.
Es könnte sich bei dem Engel mit den 6 Flügeln und den Augen auf den Flügeln vom Fresko um einen Seraph handeln.
Da wir uns in der Kirche des Heiligen Johannes befinden, könnte auch diese Erklärung in Frage kommen:

wikipedia aus dem Seraph-Artikel schrieb:
Die Apokalypse des Johannes greift die Vision des Jesaja auf (vermischt mit der Thronwagenvision aus Ezechiel 1) und spricht ebenfalls von sechsflügeligen Wesen um den Thron Gottes (Offenbarung des Johannes 4,1-11).

Ob damit Seraphim gemeint sind, weiss ich nicht. Soweit meine laienhaften Bemerkungen. Deine Frage hat dazu geführt, dass ich wieder eine Menge gelernt habe. Auf einen zweiten Besuch der schönen Kirche freue ich mich schon jetzt.
 
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Nun muss ich bald glauben, ich hätte Euch um Eure wohlverdiente Nachtruhe gebracht. Das wollte ich natürlich nicht! :blush: ;)

Auf jeden Fall sind die Fresken und die Motive dieser Kirche ein richtig spannendes Thema. Danke, dass Ihr Euch hier so viel Mühe gemacht habt. :thumbup:

Ich muss wohl auch nochmal in diese Kirche, all diese kleinen Details sind damals völlig an mir vorbeigegangen. Ein so prächtiges Gotteshaus wie etwa Santa Prassede ist sie nun zwar nicht, aber wenn man an der Aurelianischen Mauer unterwegs ist, lohnt sich ein Besuch auf alle Fälle.
 
Heute habe ich in anderem Zusammenhang ein schönes Video mit italienischem Kommentar über San Giovanni in Oleo und San Giovanni a Porta Latina im Netz entdeckt.

Dieses möchte ich Euch nicht vorenthalten. Zwar verstehe ich nicht alles aber gegen Ende des Videos werden auch das Engelfresko und dieser Altar gezeigt.


Der Sprecher erwähnt Engel mit ähnlich gefalteten Flügeln, Werke Borrominis in San Giovanni in Laterano. Dazu passt dieses, leider sehr unscharfe Photo, das ich hoffentlich 2013 durch ein besseres ersetzen kann:


Hier nun der Link zum Video.

Ebenfalls im Video zu sehen, das Fresko mit den Weisen der Apokalypse. Es scheint nach der Entstehung der für das Video zusammengestellten Aufnahmen eine Restaurierung erfahren zu haben, wie mein Photo (ohne weisse Partien) beweist:

 
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Heute habe ich in anderem Zusammenhang ein schönes Video mit italienischem Kommentar über San Giovanni in Oleo und San Giovanni a Porta Latina im Netz entdeckt.

Der Sprecher deutet den Engel als Cherub. Ich glaube aber, dass Du recht damit hast, ihn als Seraph zu deuten wegen der sechs Flügel.
Die Engel Borrominis sind dann wahrscheinlich Cherubine, da sie nicht sechs Flügel aufweisen und nur das menschliche Gesicht zeigen, während bei den Seraphine der menschliche Körper erscheint.

Besten Dank für den Link, der sehr informativ ist.

Gruß von
mystagogus
 
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Altes Kleinod in neuem Glanz

Sie gehört zu den ältesten Basiliken Roms und war die Titelkirche des prominenten Kölner Kardinals Frings: San Giovanni a Porta Latina. Ein Sakralbau, bei dessen Restaurierung meisterhafte Fresken aus der Zeit um 1200 ans Licht kamen.

In der heutigen Ausgabe des OR schreibt Bernhard Hülsebusch einen Artikel über S. Giovanni a Porta Latina.

Man schrieb das Jahr 2006, als Msgr. Stefan Heid, Direktor des Römischen Instituts der Görres-Gesellschaft, die altehrwürdige Kirche San Giovanni a Porta Latina »entdeckte«. Sie und ihr prächtiger Garten gefielen ihm, der als Dozent am Päpstlichen Institut für Christliche Archäologie tätig ist, so gut, dass er seither das alljährliche Sommerfest »Zur letzten Wortmeldung« der Görresianer – mit heiliger Messe und anschließendem Picknick – just dorthin organisiert. So auch am vergangenen 8. Juni 2016.

Altes Kleinod in neuem Glanz

Quelle: L'Osservatore Romano (Deutsche Ausgabe) Nr. 39/2016 vom 30.09.2016 Seite 7
 
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Vielen Dank für den Hinweis auf den Artikel des Osservatore romano und den "Schnupper"-Link.
 
Dem kann ich mich nur anschliessen. Falls jemand noch etwas weiter zu S. Giovanni a Porta Latina lesen möchte, kann er dem Link zum erwähnten Thread von 2012 folgen: San Giovanni a Porta Latina
Liebe Simone, vielen Dank für den Link zu deinem Bericht über San Giovanni a Porta Latina - den kannte ich noch gar nicht! Leider funktionieren nicht mehr alle Fotos ...
Traurig ist nur, dass die wunderschöne Zeder vor der Kirche, die du 2012 noch bewundern konntest, nun so aussieht:

 
Liebe ColleMarina,

ich habe deinen Beitrag aus dem Römischen Adventskalender 2018 zusätzlich hierhin kopiert. In der Tat gab es ein Problem mit 3 Fotos, ich habe diese neu hochgeladen und neu eingefügt, jetzt sollte wieder alles stimmen!

Oh je, was ist denn der uralten Zeder passiert? Das ist wirklich traurig! 2012 machte sie einen gesunden Eindruck.

Der Baum auf deinem Foto ist eine Neuanpflanzung.
 
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