Roma - oggi e ieri

Pasquetta

Magnus
Stammrömer
Vieles von den Sehenswürdigkeiten Roms ist hier schon zum wiederholten Male und oft auch viel profunder als ich es könnte, vorgestellt worden. Nachdem meine – leider viel zu seltenen – Romreisen auch immer wieder Erinnerungsreisen sind und waren, habe ich seit einiger Zeit ebenfalls (wie schon andere Rom-Kenner hier im Forum) darauf verzichtet, einen „richtigen“ Reisebericht einzustellen. Vor allem meine letzten Reisen nach Rom waren sozusagen „Jubiläumsfahrten“. Dabei entstand die Idee, in loser Folge ein bisschen über

Roma - oggi e ieri

nachzusinnen. Wie sich das konkret hier im Forum äußern kann und wird, das weiß ich noch nicht so genau.

Als Einstieg passend erschien mir eine Vorstellung des großen Frieses von William Kentridge an der Tiber-Hochwassermauer zwischen Ponte Sisto und Ponte Mazzini. Kentridge, der aus einer jüdischen Familie stammt, hat den Platz wie er selbst sagt, – in etwa zwischen Vatikan und Synagoge - bewusst gewählt. Er spannt hier sozusagen einen Bogen von der Gründung Roms – ieri - bis in die Gegenwart - oggi – und das auf einer Mauerfläche zwischen der Brücke, Ponte Sisto, die als Ersatz für eine bereits in der Antike wichtige Pons erbaut wurde, und einer Brücke der Neuzeit (erbaut Anfang des 20. Jh.), Ponte Mazzini.




Hier entsteht nach und nach ein Inhaltsverzeichnis:
William Kentridge - Triumphs and Laments
dto. - Teil 2 ff. und Teil 3

dto. - Abschluss mit Fotos von otium
Der Weihnachtsmarkt auf der Piazza Navona
Diokletiansthermen - "Je suis l'autre."
Diokletiansthermen - Chiostro di Michelangelo
Diokletiansthermen - Museum
Campo Santo Teutonico
Rund um die Spanische Treppe

und Krippe auf der Spanischen Treppe mit Bildern von Simone
Casa del Caffè Tazza d'Oro
Accademia Nazionale di S. Cecilia
Festa di San Giuseppe im Tronfale-Viertel
Sankt Katharina von Siena
Festa di San Giovanni am Lateran
Römische Kalenderblätter:
Faschings- und Schneetreiben
Aschermittwoch in Santa Sabina

22. Februar - Fest Kathedra Petri
9. März - Fest Francesca Romana
19. März - Festa di San Giuseppe
Palmsonntag
 
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William Kentridge – Triumphs and Laments


Noch ist er eine Sehenswürdigkeit in Rom, der Fries Triumphs and Laments von William Kentridge an der rechten Tibermauer zwischen Ponte Sisto und Ponte Mazzini. Kentridge gab seinem mit dem Hochdruckreiniger in Schablonentechnik erstellten "Graffito" (oder ist es eher ein Sgraffito?) - das hier schon ausführlich vorgestellt wurde - eine Haltbarkeitsdauer von ca. vier Jahren (d.h. die Hälfte der Zeit, um dieses Kunstwerk bewundern zu können, wäre also schon vorbei) und so wie es aussieht, könnte es gut so sein. Die rund 80 Figuren auf gut 500 Meter Mauerfläche am Tiberufer verblassen langsam bzw. die Mauer nimmt ihre ursprüngliche Farbe, die sie vor der Reinigung hatte, wieder an, so dass man nicht immer ganz genau erkennen kann, was dargestellt wird. Die z.T. 10 Meter hohen Figurengruppen bilden eine beeindruckende Prozession durch die "römische Geschichte" mit ihren Triumphen und Niederlagen, ganz gleich, ob man die Bilder direkt oder als Gesamteindruck vom gegenüber liegenden Ufer betrachtet.

Ein paar der "römischen Geschichtsdaten" wie Kentridge sie uns in seinen etwas grotesken Darstellungen in Erinnerung bringt, möchte ich zeigen. Leider habe ich es versäumt, bis ganz an das Ende des Fries zu gehen, so dass einige, u.a. auch wichtige, "Daten" (hoffentlich nur vorerst) fehlen.

William Kentridge hat sich für den Fries von antiken Statuen und Abbildungen, berühmten Gemälden und Skulpturen sowie Fotos und Filmausschnitten inspirieren lassen. Er bleibt bei diesen unchronologisch zusammengestellten "Triumphs and Laments" auch einigen seiner "Markenzeichen" treu; man kann die Nähmaschine und die Espressokanne entdecken. Nicht immer muss sich einem alles erschließen was man auf den Bildern sieht, wie alles zueinander gehört. Aber einen Versuch ist es wert und darum ein wenig der Reihe nach:

Wie sie auf der Trajanssäule
abgebildet ist:

La Vittoria alata
Die geflügelte Siegesgöttin Victoria schreibt auf ein Schild die ruhmreichen Taten des Kaisers. Hier ist sie noch schön und intakt, auf weiteren Darstellungen im Verlauf des Fries zerbröckelt sie: Triumph und Niedergang?

"T & L" für die römischen Kaiser

Marc Aurel zu Pferd

wie wir ihn vom Kapitolshügel kennen,
und die leere biga,


der römische Streitwagen,
über ihm eine mächtige Hand (die auch noch auf anderen Bilder auftaucht) mit dem Lorbeer(Sieges-)kranz.



Die römische Wölfin -
statt der Zwillinge zwei Milchkrüge, ein weißer und ein schwarzer, oder doch Krüge für vino e acqua? Die römische Nährmutter ist hier noch voll „in gamba“ während sie später abgemagert bis zum Skelett erscheint, ausgezehrt von ihren unersättlichen Kindern.


Triumphzug Cäsars (nach Andrea Mantegna)
Hier bringen die römischen Soldaten als Beute- und Trophäenträger u.a.eine Nähmaschine. Kentridges Mutter soll eine italienische „Necchi“ benutzt haben, darum taucht immer wieder eine Nähmaschine in seinen Arbeiten auf.


Amor und Daphne (nach Bernini)

aus der Galleria Borghese.

Sie ziehen Ciceros Büste aus den Kapitolinischen Museen hinter sich her.
 
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Über Deinen Bericht freue ich mich!! Ich finde Kentridge auch sehr spannend und den Fries habe ich mir 2017 gut angesehen und einige Fotos (allerdings nicht "systematisch") gemacht. Vielleicht habe ich ja glücklicherweise dort fotografiert, wo Du nicht mehr warst. Ich kann - wenn es Dich interessiert - ja meine Fotos einfach mal in die Galerie hochladen. In 2018 sind wir nur kurz dort gewesen und haben nur sehr wenige Erinnerungsfotos gemacht.
 
Hallo otium,
ich freue mich, wenn der Bericht auf Dein Interesse stößt! Gerne kannst Du - vielleicht am besten am Schluss des Berichtes - von Deinen Fotos beisteuern. Ich bedauere es, dass ich nicht bis zum Ende des Fries gegangen bin, aber nun kann ich daran nichts mehr ändern. - Ich werde ihn hier auch aufteilen, da ich merke, dass ich bei zu viel "Bearbeiten" durcheinander komme.
 
Liebe Pasquetta, was für eine schöne Idee uns diese beiden Seiten von Rom zu zeigen.

Leider habe ich es versäumt, bis ganz an das Ende des Fries zu gehen, so dass einige, u.a. auch wichtige, "Daten" (hoffentlich nur vorerst) fehlen.

Falls Otium nicht helfen kann; ich bin ja ab morgen in Rom und könnte die fehlenden Bilder für dich machen.
 
Eine tolle Idee, liebe Pasquetta!
Da man tatsächlich an manchen Stellen nur noch wenig erkennen kann, ist es sehr schön, dass du hier ein paar Erklärungen gibst. Und die Verbindungen zu den "Vorlagen" finde ich höchst interessant.
 
Danke für die Rückmeldungen!
pecorella, auch Dir danke für das Angebot, die restlichen Fotos beizusteuern. Wenn Du am Fries vorbei kommst und Fotos machen willst, ich nehme gerne mit auf, was mir (ab Titusbogen-Relief) fehlt. Wir können ja dann zur gegebenen Zeit auswählen zwischen otiums und deinen Bildern.
 
Tolle Bilder, liebe Pasquetta - und eine schöne Idee mit Roma oggi e ieri. :)
 
Fortsetzung zum Fries Triumphs and Laments :

Auf einem carello nimmt auch

Arnold von Brescia
am Zug teil. Wenig weiß man über den Prediger (als den man ihn auf dem Denkmal in Brescia dargestellt hat (auch auf dem Pincio gibt es eine Büste von ihm)), der dessen ungeachtet zu den umstrittensten Figuren des 12. Jh. gehört. Der aufrührerische Mönch hatte Papst und Kaiser gegen sich, wurde verbannt und auf Anweisung Barbarossas erhängt und verbrannt.

Seine Asche wurde in den Tiber gestreut, damit seine Anhänger keine Reliquien von ihm zur Verehrung hatten.


Die Schändung der Lucretia durch Tarquinius (nach Tizian)
Lucretia macht ihre Vergewaltigung publik und tötet sich dann selbst. Das römische Volk gerät in Aufruhr und stürzt die Tarquinier. Die Königsherrschaft endet und die Römische Republik wird ausgerufen.


Triumph des Todes
Pest, andere Seuchen und Hungersnot wüteten auch in Rom mehrmals. Kentridge nahm als Vorbild für seinen Tod auf dem Pferd ein Fresko aus dem Sacro Speco in Subiaco.

einer der bedeutendsten, allerdings auch einer der umstrittensten Päpste der Kirchengeschichte - hier handelt es sich um die Flucht dieses Reformpapstes aus Rom (auch das Verschanzen in der Engelsburg hatte ihn nicht gerettet)


und seinen Tod im Exil bzw. wie er auf dem Totenbett beweint wird. Dies alles gut zu erkennen auf einem Blatt in Otto von Freisings "Weltchronik".


Ihm folgt (rechts zu sehen) ein Feuerwehrmann – dessen Entwurf nach einem Foto von der Bombardierung des San Lorenzo-Viertels am 19. Juli 1943 entstanden sein soll.



Römische Soldaten enthaupten germanische Gefangene
Eine der vielen grausamen Szenen, die auf der Marc Aurel-Säule an der Piazza Colonna


dargestellt sind und von den Markomannenkriegen handeln, die unter Marc Aurel geführt wurden. Sie zeigen hauptsächlich die Gewalt und das Leid, das die feindlichen "Barbaren" erleiden mussten.
 
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Fortsetzung zum Fries Triumphs and Laments :

der Papst, der nie in Rom gewesen war und als erster Papst 1294 freiwillig abdankte, weil er sich dem Amt nicht gewachsen fühlte. (Erst 719 Jahre später trat wieder ein Papst aus freiem Entschluss von seinem Amt zurück, Papst Benedikt XVI.) Die römische Lupa entreißt ihm die Tiara - soll sie evtl. den Nachfolger Coelestins,

Papst Benedikt VIII.
(er war auch Kardinalspriester von S. Martino ai Monti;)) darstellen, der den Papstsitz wieder nach Rom verlegte? Als Kardinal Caetani noch Berater Coelestins war, soll er dem Schlafenden immer wieder zugeflüstert haben „Coelestin, Coelestin, danke ab! Das Amt ist zu schwer für deine Schultern!“, was dieser als Stimme des Heiligen Geistes deutete und sich schlussendlich zum Rücktritt entschloss. Coelestin V. (abgebildet mit der Taube als Symbol des Heiligen Geistes) wurde schon zu Lebzeiten als der sogenannte „endzeitliche Engelpapst“ angesehen, mit dem der Heilige Geist seine Herrschaft errichten würde.


L'Asino papale – der "Bapstesel zu Rom",
der im Mittelalter die Römer verängstigte, verteilt bei Kentridge aus der


Bialetti-Moka Express
den Caffè an Notleidende, hier dargestellt als


Roma Vidua in Trauerkleidung.
Die Päpste weilten in Avignon und die alte „Witwe Rom“ weint um den verlorenen Glanz der caput mundi (nach einer Abbildung in 'Il Dittamondo di Fazio degli Uberti' s.z.B. hier)


Der Erzengel Michael auf der Engelsburg
der Papst Gregor I. erschien und ihm das Ende der in Rom wütenden Pest verkündete, indem er das Schwert des göttlichen Zorns in die Scheide steckte.


Il Cavagliere
Dieser Ritter hoch zu Ross erinnert an Raffaels "Begegnung Leos des Großen mit Attila" in der Stanza di Eliodoro in den Vatikanischen Museen (mangels eines eigenen vorzeigbaren Fotos doch lieber der Link zu den VM ;))


Die Leiche Aldo Moros -

aufgefunden am 9. Mai 1978 im Kofferraum eines roten Renault4, abgestellt in der Via Caetani. Kentridge bindet in diese Szene den Kopf der heiligen Theresa in Verzückung nach Bernini ein,

da ihn die Haltung des toten Moro an die der Heiligen erinnerte, und eine Schlachtenszene zwischen Römern und Barbaren aus dem Großen Ludovisischen Schlachtsarkophag (der im Palazzo Altemps zu bewundern ist).

Und wieder tauchte eine übergroße Hand auf, wie man sie auch auf dem Sarkophag (hier) gut erkennen kann.


Der erschlagene Remus
Zu den Mythen um die Gründung Roms gehört auch diese: Romulus erschlägt seinen Bruder Remus, der mit einem Sprung über die niedrige Begrenzung zeigen wollte, wie leicht seines Bruders „Stadt“ einzunehmen sei.“So möge es jeden ergehen, der über meine Mauern springt!“ Der Legende nach soll Romulus mit diesen Worten seinen Bruder erschlagen haben um dann alleiniger Herrschen in Rom zu werden. (evtl. Bildvorlage für Kentridge)
 
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Dir, Pasquetta vielen Dank für die tolle Aufbereitung!

Es ist schon beeindruckend, wie Kentridge Formen, die er auch in anderem Zusammenhang genutzt hat, nun hier in Bezug zur römischen Geschichte stellt (z.B. Kaffeekanne, Nähmaschine, Gerippe u.v.a.m.).
Hier noch ein Foto aus der Kentridge-Ausstellung in diesem Jahr in Frankfurt (Renault 4 - Aldo Moro)
Kentridge im Liebighaus (1).jpg
 
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Ja, in der Kentridge-Ausstellung im Liebieghaus in Frankfurt gab es einige Skizzen und Zeichnungen zum Fries Triumphs and Laments. Und wie ich sehe, hast Du die Gelegenheit genutzt dort Fotos zu machen (soweit hatte ich gar nicht gedacht) ;). Diese tolle Ausstellung hat eigentlich erst mein Interesse an Kentridge geweckt.
Hier geht es bald nochmal weiter, aber erst muss ich noch nach passenden Fotos schauen.
 
Auch hier habe ich mir endlich mal die Zeit nehmen können, die Eindrücke näher zu betrachten. Mal was ganz anderes, und genau nach meinem Geschmack. Wenn ich im Dezember die Zeit finde, möchte ich mir auch noch einen kleinen Blick dort "live" gönnen. Ich sage Danke!

Grüsse
Rainer
 
Hallo Rainer,
auch Dir Dank für die Rückmeldung. Mir ist es gerade recht, wenn ich das Interesse an diesem vergänglichen Kunstwerk in Rom wecken konnte ;).
 
Fortsetzung zum Fries Triumphs and Laments :


Mussolini hoch zu Pferd​
nach dem Fresko "Il Trionfo Romano" von Giovanni Brancaccio. Wie das Bruchstück einer zerbrochenen Statue mutet die amputierte Hand an, die den faschistischen Gruß zeigt, während die Einschusslöcher den Untergang des Trionfo Romano markieren. Das Fresko befindet sich im Cubo d'Oro auf dem Messegelände (Mostra d'Oltremare - eröffnet im Mai 1940 und einen Monat später wieder geschlossen, Mussolini erklärt den Kriegsbeitritt und Bombardierung des Geländes) in Neapel.


Eine Neuauflage der Büste von Cicero (aus den Musei Capitolini) – scharfe Bruchstellen lassen die Büste in Trümmer zerfallen – dieses Bild spielt auf die Rhetorik in der faschistischen Zeit und ihren Zerfall an.


Der Tod von Pier Paolo Pasolini
nach einem Pressefoto
Am 2. November 1975 wurde Pasolini am Strand von Ostia tot aufgefunden – er lag mit dem Gesicht nach unten, die Hände unter sich, die Jeans mit Flecken, braune Stiefeletten und brauner Gürtel, das Unterhemd hochgezogen – der Kopf zerschmettert, der Leichnam übel zugerichtet, er war mehrmals mit dem Auto überfahren worden...


Die geflügelte Victoria (von der Trajanssäule)
taucht in der Mitte des Frieses noch einmal in einer Folge von drei Bildern auf - die auf einen Schild schreibende Siegesgöttin zerbröckelt, fällt in sich zusammen – Triumphs and Laments.


Cola di Rienzo
Er reiht sich auf einem Wagen in den römischen Geschichtszug ein, umstrittener römischer Politiker und verehrter Volkstribun, bewundert von den Anhängern des Renaissance-Humanismus und gehasst als größenwahnsinniger Tyrann, der die Geschicke Roms in der Mitte des 14. Jh. bestimmte.
Da ich in meinem Fotobestand kein Bild vom Denkmal Cola di Rienzos finde - so oft daran vorbei gegangen und doch nicht für so wichtig befunden, ein Extrafoto zu machen :confused: - hier die Treppe zur Kirche S. Maria in Aracoeli, von der aus der Volkstribun seine Reden an das römische Volk hielt, und der Blick zum Kapitol wo der Ort sein soll, an dem er hinterrücks ermordet wurde.



Haile Selassie - der letzte Kaiser von Äthiopien,
auch er geliebt und gehasst, verehrt als "König der Könige, siegreicher Löwe aus dem Stamme Juda, Herrscher auf dem salomonischen Thron und Auserwählter Gottes" und in den letzten Jahren seiner Herrschaft den Kontakt zur Wirklichkeit in seinem Land verloren. Als das faschistische Königreich Italien dem unabhängigen Kaiserreich Abessinien (heute Äthiopien) den Krieg erklärte floh Haile Selassie nach Großbritannien, leitet von dort aus den Widerstand und kehrte 1941 nach Addis Abeba zurück. Die Darstellung auf dem Fries ist eine Collage aus zwei Fotos (wie z.B. hier und hier), von denen eines Haile Selassie mit der typischen Rastafari-Geste zeigt.
Zu diesem Kentridge-Bild passt meiner Meinung nach - statt (nicht vorhandenem) Bildmaterial zu diesem Thema ;) - der Hinweis auf das vor kurzem erschienene Buch von Francesca Melandrini, das bei mir aber noch auf dem Stapel ungelesener Bücher liegt.


Hier musste ich leider meinen Spaziergang am Tiberufer abbrechen. Erst im Nachhinein habe ich gelesen, welche interessanten Bilder, vor allem aus der jüngeren Geschichte Roms - wenn auch schon ziemlich verblasst - noch auf dem Kentridge-Fries zu sehen sind. Aber vielleicht ergibt sich ja noch einmal die Gelegenheit, das Versäumte nachzuholen. Und hier werde ich auch noch kurz auf diese restlichen Bilder eingehen können, dank Fotos von anderen Foristi, damit der Fries seinen Abschluss findet.
 
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Um den Bericht über den Fries Triumphs and Laments von William Kentridge abzuschließen werde ich ihn "mit fremden Federn schmücken" indem ich ihn mit einigen Bildern von otium ergänze. Besten Dank, liebe otium, dafür, dass ich Deine Bilder verwenden darf.



Fortsetzung zum Fries Triumphs and Laments :
Auf diesem Bild sind von links nach recht folgende Szenen abgebildet:

Spoglie del tempio di Gerusalemme​

Am Titusbogen auf dem Forum Romanum ist diese Darstellung zu sehen: römische Soldaten bringen Beutestücke (besonders gut zu erkennen ist die siebenarmige Menora) aus dem zerstörten Jerusalemer Tempel in die Hauptstadt des Imperiums. Der Triumphbogen wurde errichtet zur Erinnerung an den Sieg des Titus über die Juden und die Zerstörung des Tempels im Jahre 70 n.Chr..

Condannati derisi al Carnevale Romano​
Sträflinge wurden beim Römischen Carnevale gefesselt auf einem Esel festgebunden und begleitet vom Scharfrichter zum Gespött der Zuschauer durch die Straßen Roms getrieben. Der franzöische Maler Antoine-Jean-Baptist Thomas berichtet noch 1823 in seinen römischen Aufzeichnungen Un an à Rome et dans ses environs von diesen zweifelhaften Vergnügungen.

Deportati – April 1944​

Deportierte - nach einer Fotovorlage von einer Erschießung durch die SS im April 1944​

Dann folgt ein fast schwarzer Block von dem ich leider (vorerst?) keine Abbildung zeigen kann, den man aber auf otiums Bild am rechten Rand noch erkennen kann.

Quello che non ricordo​
Auf einer schwarzen Fläche „jenes woran ich nicht erinnere“ - einer der wenigen Schriftzüge auf dem Fries, von Kentridge bewusst eingebaut zwischen den Bildern von Krieg und Verfolgung, die auf der Vorlage von entsprechenden Nachrichtenfotos von 1944 entstanden.

Es fehlt - vorerst - auch ein Bild der
Partigiani
Zivilisten werden von Fallschirmjägern aus dem Fallschirmjägerbataillon unter General Kurt Student festgenommen, September 1944


Rifugiati dalla piena del Tevere, 1937 (links auf dem Bild von otium)
Die Bürger der Stadt bringen sich vor den Fluten des Hochwassers in Sicherheit​

Tiberhochwasser am 17. Dezember 1937 - hier einige Eindrücke davon: Hochwassermarke 1937 und Roma sparita - Ponte Milvio und der über die Ufer getretene Tiber -Roma sparita

Migranti e prigionieri (rechts auf dem Bild von otium)
Migranten und Gefangene
Eine Collage aus zwei ikonografisch anmutenden Bildern: nach dem Gemälde Naumachia von Ulpiano Checa und einem Pressefoto von einem Migrantenboot vor Lampedusa.

Und wieder fehlen leider (noch?) Bilder für die folgenden Darstellungen auf dem Fries von William Kentridge an der Tibermauer.

Lupa scheletrica II​
Noch einmal die Römische Wölfin als Skelett (nach dem Foto von einem prähistorischen Wolfsskelett aus dem Zinman Institut für Archäologie der Universität Haifa) - und noch einmal die Römischer Wölfin in voller Schönheit.

Processione di migranti​
- nach einer Darstellung auf einer der sogenannten "Schranken des Trajan" (s. hier bei roma-antiqua) , die 1872 auf dem Gelände des Forums gefunden wurden und sich nun in der Curie auf dem Forum Romanum befinden: den römischen Bürgern werden ihre Steuerschulden erlassen (Plutei di Traiano).

La crocifissione di San Pietro
Kreuzigung des Petrus nach Masaccio

Donne piangono il naufragio di Lampedusa
Frauen beweinen den Schiffbruch von Lampedusa​
In Erinnerung an das Bootsunglück vor Lampdusa vom 3. Oktober 2013 erscheinen drei trauernden Frauen (die Kentridge auch als großen "Scherenschnitt" in der Ausstellung im Frankfurter Liebieghaus gezeigt hat).


Giordano Bruno
– nach dem Denkmal für Giordano Bruno auf dem Campo de' Fiori

Auf dem folgenden Foto von otium kann man am linken Bildrand noch etwas erkennen von der
Iscrizione in memoria della piena del Tevere del 1557
Inschrift in Erinnerung an das Tiberhochwasser von 1557
– nach einer Tafel, die den Hochwasserstand anzeigt und sich an der Fassade der Basilika Santa Maria sopra Minerva befindet (Hochwassermarken).

Und wieder von links nach rechts:

Anita Garibaldi​
- nach dem Monument für Antia Garibaldi auf dem Gianicolo

Vittorio Emanuele II​
- der erste König des geeinten Italiens, wie Marc Aurel auf einem Pferd – hier aber ist es ein Holzpferdchen, auf dem er für sein Reiterstandbild auf dem Vittoriano an der Piazza Venezia „Modell sitzt“

Cavallo accasciato
Entkräftetes Pferd​
-Das zusammenbrechende Pferd, wie es auch auf dem Sarkophag „Thiasos mit Dionysos auf Kentraurenwagen“ (wie er in Helbigs „Führer durch die öffentlichen Sammlungen klassischer Altertümer in Rom“ genannt wird) zu sehen ist und der sich in den Kapitolinischen Museen befindet. (Ob er z.Zt. ausgestellt ist entzieht sich meiner Kenntnis.)


Figlio piange la morte della madre e corona trionfale
Marcello weint um seine von der SS erschosssene Mutter Pina
Siegerkranz​

– eine der Szenen aus dem Film Roma, città aperta (von Roberto Rossellini, 1945) mit Anna Magnani (s. z.B. hier und zum Film: FilmGeschichte(n): Es ist nicht schwer, gut zu sterben - von Dr. Sven Keller ;))
Hier sehen wir auch noch einmal die Hand mit dem Siegerkranz wie schon im Bild mit der biga, wie sie auf der Gemma Augustea abgebildet ist.

"La dolce vita"​
Die berühmte Szene aus dem Film La dolce vita mit Anita Ekberg und Marcello Mastroianni wird hier verlagert aus dem Trevi-Brunnen unter die Dusche in der Badewanne.


Bersagliere​
- vom Denkmal am Piazzale Porta Pia zur Erinnerung an den 20. September 1870, als die Bersaglieri die Stadtmauer durchbrachen und in Rom einmarschierten. Damit war sozusagen der letzte Schritt zur Einigung Italiens getan.
Die Bersaglieri, "des italienischen Volkes beliebteste Truppe", können auch anders als im Bersaglieri-Laufschritt ;).

Auf otiums Bild (s. oben) ganz rechts: ein Pferdeskelett.

Cavallo scheletrico​
Den Abschluss des Frieses bildet ein typischer Kentridge: ein Pferdeskelett, (wieder nach dem stürzenden Pferd vom Sakrophag in den Kapitolinischen Museen). Ohne in Spekulationen zu gehen: damit endet nur Triumphs and Laments an der Tibermauer in Rom.
 
Zuletzt bearbeitet:
Der letzte Teilbericht über den Fries ist abgeschlossen.

Die Bildbezeichnungen – und etliche Hinweise - habe ich dem Buch "Triumphs and Laments" von William Kentridge entnommen, das jetzt auch in englisch/italienischer Fassung vorliegt. Ein sehr schön aufgemachtes Buch, mit vielen Zeichnungen, Abbildungen und einem Leporello zum Fries.

Damit endet die Beschreibung des vergänglichen Kunstwerkes Triumphs and Laments von William Kentridge, das noch die Tibermauer zwischen Ponte Sisto und Ponte Mazzini ziert - wer weiß schon, wie lange noch.

 
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