Roma - oggi e ieri

2014 haben wir die Statue Cola di Rienzo das erste Mal gesucht. Wir hatten sie uns groß und unübersehbar vorgestellt und - da wir nichts entdeckten - ihn in dem begrünten Weg vermutet (wo man ja nicht durch kann). Erst zu Haus habe ich festgestellt, dass wir ihn ja schon auf dem ersten Foto mit aufgenommen hatten (ganz rechts). Nachdem wir Rienzo dann doch noch entdeckt hatten - u.E. für die Umgebung eher klein gestaltet - , haben wir ihn natürlich mehrfach fotografiert. Seit damals sagen wir ihm eigentlich immer Guten Tag, wenn wir vorbei kommen.


 
Processione di migranti
- nach einer Darstellung auf einer der sogenannten "Schranken des Trajan" (s. hier bei roma-antiqua) , die 1872 auf dem Gelände des Forums gefunden wurden und sich nun in der Curie auf dem Forum Romanum befinden: den römischen Bürgern werden ihre Steuerschulden erlassen (Plutei di Traiano).

Als kleines Dankeschön für Deine ausführlichen Kentridge-Beiträge kann ich Dir zwei Aufnahmen der Schranken des Trajan aus der Kurie anbieten:

Die Bilder sind von Dezember 2009.
 
Wunderschön. Mir gefallen die besonders, weil man dort einige Gebäude bzw. Standbilder (z.B. Marsyas mit dem Weinschlauch) des Forum Romanums erkennen kann. Ich habe sie vor einiger Zeit auch ausgiebig besabbern dürfen... :)

Grüsse
Rainer
 
Dann mache ich mich mal auf die Suche nach deinem Beitrag, an den ich mich nicht erinnern kann. Ich freue mich mehr aus kundiger Feder ;)über die Plutei di Traiano zu erfahren.
Edit: Gefunden! Spaziergang durch Rom
 
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Liebe otium,
liebe Simone,
dankeschön für Eure schönen Bilder zur Ergänzung des Berichts bzgl. der Vorlagen von einigen Kentridge-Bildern!
 
Bitte schön, es freut mich wenn wir helfen konnten und die noch fehlenden Aufnahmen des Frieses bekommen wir sicher auch noch zusammen bevor die Darstellungen vergehen!
 
In der letzten Zeit und wie auch wieder aktuell wurden immer mal für eine Reise nach Rom im Dezember die römischen Weihnachtsmärkte nachgefragt. Dies lässt mich wieder an den

Weihnachtsmarkt auf der Piazza Navona

denken – und passt somit zu Roma oggi e ieri.


Vom derzeitigen Mercatino di Natale di Piazza Navona habe ich – ohne dies zu bedauern – keine aktuellen Fotos. Mein Besuch in Rom zur (vor-)weihnachtlichen Zeit liegt auch schon wieder drei Jahre zurück. 2015 gab es keinen Weihnachtsmarkt mit entsprechendem Rummel auf der Piazza Navona und auch das Jahr danach (und ansatzweise auch noch 2017) konnten sich die zuständigen Stellen für die Vergabe der Büdchenlizenzen nicht einigen (woran wahrscheinlich auch die „clandestinen Machenschaften“ der einzelnen „Standfamilien“ nicht unschuldig waren). Dieses Jahr scheint es ja ab 2. Dezember besser auszusehen für einen Mercatino di Natale auf der Piazza Navona, der natürlich nicht zu vergleichen ist – oder sollte man besser sagen: zu verwechseln – mit einem Weihnachtsmarkt in unseren nördlicheren Gefilden.


Der Mercatino natalizio auf der Piazza Navona wird auch Mercatino della Befana genannt, nach la Befana, der guten Hexe, die den Kindern die Geschenke bringt – und das ursprünglich erst in der Nacht zum 6. Januar, dem Fest Epiphanias, dem Dreikönigstag.

Der Legende nach soll „La Befana“ an ihrem Webstuhl sitzend von den Hirten und den drei heiligen Königen die frohe Botschaft erfahren haben, dass das Christkind geboren sei. Der Weihnachtsstern sollte die gute Hexe und die heiligen drei Könige zur Krippe ins heilige Land führen. Die alte Frau wollte aber noch zu Ende weben und dann nachkommen. Da sich aber die Hexe Befana zu spät auf den Weg machte und der Weihnachtsstern am Himmel bereits erloschen war, konnte sie das Christkind nicht mehr finden.
Seit dieser Zeit fliegt die Hexe Befana in der Nacht vom 5. auf den 6. Januar auf der Suche nach dem Bambino Gesú - dem Jesukind - mit ihrem Besen von Haus zu Haus, auf der Suche nach dem Jesukind. In dieser Nacht bringt Sie den braven Kindern Geschenke und Süßigkeiten und den unartigen Kinder bekommen Carbone (Kohle).
Quelle: La Befana

Aber das ist nun schon wieder eine andere Geschichte von Roma oggi e ieri.

Der Mercatino natalizio auf der Piazza Navona geht auf einen lokalen Markt zurück, der am 3. September 1477 unter Papst Sixtus IV. vom Marktgelände auf dem Kapitol auf die Piazza Navona ausgelagert wurde. Ähnlich wie auf dem Campo de' Fiori waren die Marktbuden nach dem Oval des Platzes angeordnet. Der volkstümliche vielbesuchte Markt zog „Zahnklempner, Quacksalber und Scharlatane“ an und auch Donna Olimpia in ihrem Palazzo an der Piazza Navona
wollte den Lärm des Markttreibens nicht lange aushaltenden, so dass Papst Innozenz X. mehrfach versuchte, ein Marktverbot durchzusetzen was aber den Verkauf auf der Piazza nicht aufhalten konnte. Im 17. und 18. Jh. wurde an den Wochenenden während der heißen Sommermonate die Piazza unter Wasser gesetzt. Nun musste der Markt den „Wasservergnügungen“ der Römer weichen und verlagerte sich pian piano bis 1869 vollständig auf den nahen Campo de' Fiori.



Nur während der Zeit vor Weihnachten wurden wieder Marktstände aufgestellt und vor allem Spielzeug für die Kinder zum Befana-Fest angeboten. Erst viel später, in der Nachkriegszeit, fanden sich auch die Straßenkünstler, vor allem die Maler, auf der Piazza Navona ein.

Aber zurück zum Mercato della Befana auf der Piazza Navona aus der Zeit von Roma sparita und dazu ein paar Bilder:
Ganz so lange gehen meine Erinnerungen an die Weihnachtzeit in Rom und den Weihnachtsmarkt auf der Piazza Navona nicht zurück :D. Aber immerhin:

Wenn die Luft klar und der Himmel strahlend blau war, vom eisigen Nordwind - der Tramontana - frei gefegt von jedem Wölkchen, dann funkelten die Glitzerketten an den bancherelle des Weihnachtsmarktes um den Vier-Ströme-Brunnen besonders festlich. Im „Angebot“ waren reichlich Süßigkeiten aller Art, bunte Weihnachtsdekoration und vor allem Spielzeug für die Kinder, besonders oft Plastikschwerter und Pistolen, begehrter als das auch vereinzelt angebotene weihnachtliche Kunsthandwerk. Und schon damals machte sich der rote (Coca-Cola-) Babbo Natale auf der Piazza breit. Trotzdem gehörten auch die Hexen-Figuren und die Befana-Strümpfe für die Geschenke dazu.
Noch gab es kein Karussell für die Kinder. Sie spielten zwischen den Buden und konnten nicht genug davon bekommen, den Pifferi nachzulaufen. Damals waren es noch Hirten aus den Abruzzen, die in der Weihnachtszeit nach Rom kamen und mit ihren Schalmeien und dudelsackähnlichen Instrumenten über die Plätze und durch die Straßen zogen, einfache weihnachtliche Weisen spielten und dafür ein paar Lire bekamen. Der Maronenverkäufer mit seinem kleinen Kohleöfchen war so etwas wie der ruhende Punkt in diesem Treiben, wenn er die großen Esskastanien auf dem Rost hin und her wendete, aus Zeitungspapier kleinen Tüten drehte und dabei doch das Geschehen ringsum im Blick hatte, dass ihm keines der Kinder in den Eimer mit in Salzlake eingelegten Oliven griff oder in den Sack mit Kürbiskernen, die er neben den heißen Maroni ebenfalls anbot.

Das alles war zwar etwas ungewohnt für jemanden wie mich, die damals nur den Münchner Christkindlmarkt kannte, aber ich genoss diesen ganz anderen, stimmungsvollen Mercatino natalizio vor der Kulisse der Palazzi, Brunnen und Kirchen

auf der damals wie heute wunderschönen Piazza Navona.


(Quelle zur Geschichte des Mercatino natalizio: Piazza Navona)







 
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Liebe Pasquetta,

vielen Dank für diese ganz speziellen Bilder zur Adventseinstimmung!
Zufälligerweise kommen wir eben vom Weihnachtsmarkt in der Münchner Residenz und warten jetzt auf Hänsel und Gretel am Gärtnerplatz, wo unser Jüngster ja wirkt und noch günstige Karten bekommen hat!
 
Viel Vergnügen mit "Hänsel und Gretel" und der schönen Musik von Humperdinck und danke für die schnelle Rückmeldung zu "Roma oggi e ieri" - immer schön :).
 
Ja, es war wunderbar, ganz tolle alte Inszenierung und die Musik natürlich herrlich!
 
Vor allem die nostalgischen Fotos mit dem "AGFA-Flair" der 70'er Jahre sind stimmungsvoll genial - bitte mehr davon.

Roma Sparita kannte ich noch nicht, und da habe ich gestern abend noch kräftig gewühlt.

Vielen Dank für die tolle (Ein)Stimmung!

Grüsse
Rainer
 
Ganz herrlich nostalgisch ist der Bericht vom Weihnachtsmarkt bzw. dem Markttreiben auf der Piazza Navona - auch ich finde diese Fotos aus den 70ern ganz toll!
 
Ja, es war wunderbar, ganz tolle alte Inszenierung und die Musik natürlich herrlich!
Prima, da hattet Ihr ja mehr "Glück" mit der Inszenierung als wir seinerzeit hier in der Oper Frankfurt (Hänsel und Gretel), in der die Mutter Aufseherin im Waisenhaus war, der Vater meistens betrunken und Hänsel und Gretel zwei ausgeflippte Teenager, deren "vierzehn Englein um mich stehn" sich als Einstein, Brüder Grimm usw. entpuppten und die Hexe (oder war's doch ein Hexer) im Knusperhäuschen sich nicht zwischen Backofen und Gefriertruhe entscheiden konnte :D:D. Wir fanden es ganz interessant - die Musik war ja sowieso wie erwartet wunderbar -, aber Freunde, die mit ihrem Enkelkind eine "schöne Märchenoper in der Vorweihnachtzeit" genießen wollten, waren entsetzt :eek::D.
 
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Pecorella, ColleMarina und Rainer -
herzlichen Dank für Euere wohlwollende Begleitung über den Weihnachtsmarkt auf der Piazza Navona! Es freut mich, dass Ihr dabei ward.

Vor allem die nostalgischen Fotos mit dem "AGFA-Flair" der 70'er Jahre sind stimmungsvoll genial - bitte mehr davon.
Na, das hast Du aber sehr freundlich ausgedrückt mit dem "AGFA-Flair" und stimmungsvoll ;), ich nehm's aber gerne zur Kenntnis :). Nachdem angesichts der "finanziellen Lage" zu jener Zeit meistens zwei bis höchstens drei 36er Filme für einen Rom-Urlaub reichen mussten (es kamen ja auch noch Kosten für Entwicklung und Abzüge dazu o_O) gibt es leider nicht gar so arg viele "Fotos mit Blaugrün- und Rotstich". Aber im Laufe der Zeit wird hier bei Roma oggi e ieri sicher noch das eine und andere auftauchen.
 
Ich meinte das ernsthaft: Dieser "Stich" in den Fotografien gefällt mir bei vielen Motiven sehr gut. Es gibt einfach zu viele Fotos mit "natürlichen Farben"; und die werden irgendwann langweilig, wie ich finde. Ich werde das sogar mal forcieren, und einen Diafilm "cross" entwickeln lassen. Das gibt dann ganz ähnliche Ergebnisse.

Ich bin nicht so der Opernfan, aber Hänsel und Gretel habe ich auf DVD mit Solti & Prey & Co. IMHO einer der besten Inszenierungen, vor allem der "Betrunkene Hermann"...

Grüsse
Rainer
 
Ja, es war wunderbar, ganz tolle alte Inszenierung und die Musik natürlich herrlich!
Prima, da hattet Ihr ja mehr "Glück" mit der Inszenierung als wir seinerzeit hier in der Oper Frankfurt ...
aber Freunde, die mit ihrem Enkelkind eine "schöne Märchenoper in der Vorweihnachtzeit" geniessen wollten, waren entsetzt :eek::D
Das glaube ich gerne.

Was nicht in dem kleinen Abschnitt zu finden ist, ist die wunderbare Engelsgeschichte:
Die Engel kamen ganz langsam auf einem goldenen Lichstrahl "aus dem Himmel", wunderbar gestaltet, und umstanden dann die beiden Kinder wie auf einem Renaissancegemälde - ich dachte an Botticelli, der BEVA an Grünewald. Wirklich wunderschön!

(Sorry für so viel OT!)
 
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Museum in den Diokletiansthermen


Immer noch nehme ich den „alten Helbig“ (Ausgabe 1969) zur Hand, wenn ich zu einem bestimmten „klassischen Altertum in Rom“ etwas nachlesen möchte, auch wenn ich heutzutage/“oggi“ suchen muss, in welchem Museum wohl das eine oder andere früher/"ieri“ zu finden war. Ein gutes Beispiel dafür ist das Museo Nazionale Romano, das auf mehrere Standorte in Rom verteilt ist. Früher war der Großteil der Sammlung im Thermenmuseum in den Ruinen der Diokletionsthermen an der Piazza della Repubblica untergebracht, die noch bis zu den Olympischen Spielen in Rom 1960 passenderweise Piazza Esedra hieß (nach der Exedra der Diokletionsthermen), „früher“ noch oft so genannt wurde und auch mir unter diesem Namen noch bekannt ist.

Es ist schon sehr lange her, dass ich das Museum in den Diokletiansthermen besucht habe. Kein Wunder, waren sie doch 30 Jahre lang für die Öffentlichkeit gesperrt und wurden erst ab November 2008 wieder für Besucher geöffnet. Und so stand es schon länger auf meinem „Wunschzettel“ für Rom. Zwei der neuen Standorte, den im Palazzo Altemps (wie hier (weit unten) schon mal beschrieben)

und den im Palazzo Massimo (bei Interesse hier nachzulesen), hatte ich bereits besucht und nun war das Thermenmuseums fest eingeplant, auch weil es mich interessierte, wie sich die aktuelle Sonderausstellung "Je suis l'autre. Giacometti, Picasso e gli altri. Il Primitivismo nella scultura del Novecento" in den antiken Gemäuern präsentiert.

Wenn ich meinen ersten Rom-Reiseführer – Reclams Kunstführer Rom und Latium von Anton Henze, Ausgabe 1962, gekauft 1965 – bei „Terme di Diocleziano“ und bei „Museo Nazionale Romano o delle Terme“ aufschlage, dann sehe ich, dass ich unterstrichen und Notizen gemacht habe, bei vielen der antiken Kunstwerke, die heute in den beiden obengenannten Standorten zu finden sind, aber „ieri“ standen sie noch in den Ruinen der Diokletiansthermen. Wie war doch in der FAZ vom 31.07.01 zum „größten Antikenmuseum der Welt“ (betr. Geplanter Ankauf der Torlonia-Smmlung) sinngemäß zu lesen: Mehr als 20 Jahre waren die Antiken der berühmten Sammlung Ludovisi in Rumpelkammern der Diokletiansthermen verstaubt, bis man sich an sie erinnerte und sie seit Ende der 90er Jahre im Palazzo Altemps ausstellte. Mir haben sich von damals eingeprägt die endlosen Reihen von Sarkophagen, Statuen und Köpfe jeder Art, alles dicht an dicht ausgestellt, und eine riesige etwas düster wirkende Halle, tempi passati.

Und „oggi“ sind die einzelnen Sammlungen in etwa nach Alter und auch dem Charakter der Fundstücke geordnet: im Museum der Diokletiansthermen befinden sich Funde zur Vor- und Frühgeschichte Roms und Latiums und vor allem die riesige Sammlung von Inschriften. Für die Etrusker gibt es die Villa Giulia, für die spätrepublikanische und kaiserliche Zeit den Palazzo Massimo und der Palazzo Altemps hat als „Kernstück“ eben die Sammlung Ludovisi, die im Thermenmuseum aus Platzmangel nie richtig zur Geltung gekommen ist. Das heißt also, die „besten Stücke“ sind in den anderen Häusern untergebracht und das Thermenmuseum ist „etwas geschrumpft“, aber noch immer lohnt sich ein Besuch dort.

„Oggi“ beginnen wir den Rundgang durch das Thermenmuseums wieder im hübschen, restaurierten Giardino di Cinquecento, in dem zwischen kopflosen Herren in faltenreichen Togen und Säulenresten auch Grabsteine und Reliefs aus der Zeit Ende der römischen Republik/Anfang der Kaiserzeit aufgestellt wurden.
Blickfang im Zentrum des kleinen Gartens ist der Brunnen mit dem mächtigen antiken Krater, der von Mitte des 15. Jh. an ungefähr hundert Jahre lang vor der Kirche Santi XII. Apostoli stand und sich seit1892 als Brunnengefäß im Vorhof des Thermenmuseums befindet. Sechs kleine Putti am oberen Kraterrand sind die „Wasserlieferanten“ für den Brunnen.
(Quelle dazu: Schelbert, Der Palast von Santi Apostoli …)
Der Brunnenkrater hat heutzutage nur noch ein Pendant im Vorhof von S. Cecilia in Trastevere.
80 Werke von zum Teil sehr bekannten Künstlern des 20. Jahrhunderts und Meisterwerke zur sogenannten „ethnischen Kunst“ vom XV. bis Anfang des 20. Jh. sind in der Ausstellung "Je suis l'autre. Giacometti, Picasso e gli altri. Il Primitivismo nella scultra del Novecentro" zu sehen, die zum Zeitpunkt unseres Besuches in den riesigen Hallen der Diokletiansthermen stattfand. Zwischen antiken Skulpturen und Denkmälern finden sie einen würdigen Rahmen. Primitivismus in der zeitgenössischen Kunst und Antike ergänzten sich wunderbar.
Ein „kurzer“ Überblick:

Da steht die Danzatrice von Marino Marini neben einem mit Vögeln, Blüten, kostbaren Gefäßen und Porträttondi ausgemalten Grabbau von der Via Portuense,

„ethnische Kunst“ fügt sich gut zwischen antike Sarkophage.

Gnothi seauton“ - Erkenne dich selbst! - (Mosaik, 1. Jh., Via Appia Antica)
findet sich nahe beim Blau von Yves Klein, der zu seinen monochromen Blau-Bildern vom Blau der Fresken in der Basilika von Assisi inspiriert wurde,

und der „hockenden Frau“ von Ernst Ludwig Kirchner.

Mon ami Pirrote“ von Max Ernst ist wie andere wieder in Gesellschaft von „primitiver Kunst“ aus den Ländern der „Naturvölkern“.

Alles ist angeordnet in Glasvitrinen rund um das riesige Mosaik aus der sogenannten Villa des Nero in Anzio, das in einem schönen Rankenwerk die griechische Sage von Herakles und Acheloos darstellt.


"Immagini delle cose“

der Bildhauer Alik Cavaliere, beeinflusst u.a. von Manzù und Marini, verbrachte sein Leben damit, den Sinn des Lebens, Freiheit, Natur und Geschichte zu erforschen.
Dazu passt die ozeanische Ahnen-Skulptur aus Neuguinea (Ende 19. Jh.)

und daneben Kenneth Armitages „Standing figure“ von 1954, dessen Frühwerk von ägyptischen und kykladischen Skulpturen beeinflusst wurde. Weiter hinten erahnt man gerade noch eine der abstrakten (deformierten und surreal-gruseligen) Mischwesenfiguren - halb Insekt halb Frau - von Germaine Richier. Auch diese „[scheint] teilweise wie von Drähten gefesselt oder in Drahtnetzen gefangen, [scheint] zugleich aber aktiv an ihren Verspannungen zu ziehen“ - wen will diese Ameisenfrau in ihre Schlinge nehmen?

Unter dem mächtigen Gewölbe der Thermenaula steht auch die „Colonna del viaggiatore“ von Arnaldo Pomodoro in der sich seine Erfahrung als Goldschmied widerspiegelt und er bricht auch hier – wie z.B. auch bei der großen Kugelskulptur im Pinienhof der VM – die Hülle auf und macht das Innenleben sichtbar. Mit seinen verschiedenen Colonne del viaggiatore drückt er seinen Wunsch aus, das All zu entdecken, wie er einmal sagte: „c’era già stato il volo di Gagarin e, dunque, per me il viaggiatore era il novello conquistatore del cosmo“ (der Flug Gagarins [ins Weltall] hatte stattgefunden, für mich war „der Reisende“ der neue Eroberer des Kosmos) (Quelle)

Daran anschließen kann gut „Homage to the universe, 1968“ von Louise Nevelson.

„Il nero è il colore più aristocratico di tutti. Per me è il colore totale che contiene tutto.“ war die Ansicht der Künstlerin. Und so steht es da acht Meter lang, das hölzerne Mammutwerk ganz in „aristokratischem Schwarz“, „der totalen Farbe, die alles beinhaltet“.

Ahnengeister aus Ozeanien werden durch „Hakenfiguren“ beschworen: Fragment eines Yipwon aus der Gegend des Korewori-Flusses in Neuguinea

und daneben präsentiert sich Pablo Picassos „Visage“ von 1961 in lackiertem Metall.
Fehlen darf da auch nicht „Sciaitan“ aus dem östlichen Sibirien, um 1880 vom italienischen Botaniker und passionierten Ethnologen Stephen Sommier nach Florenz gebracht. Die seltene Gruppe von Holzfiguren stellt Waldgeister oder -götter dar, die von den Eingeborenen als Beschützer in einem heiligen Wald gebracht und dort verehrt wurden.

Nicht nur in fernen Ländern beschwor man die Götter und Ahnengeister, auch in den Karpaten, den Pyrenäen und in Südtirol baute man z.B. in den Balkonen der Gehöfte schön geschnitzte Stützpfeiler ein, mit dem Motiv für das „ewige Leben“.

Joan Mirós „Personatge i ocell“ schaut auf die antiken Nachbarn, wie vielleicht auch sie auf diese seltsame „Persönlichkeit mit Vogel“.

Ist Jean Dubuffets „Cherche Aubaine“ hier neben den „Primitiven“ aus fernen Ländern

tatsächlich auf der Suche nach einem Schnäppchen oder zeigt uns die Figur nur überdeutlich was der Künstler mit seiner „antiintellektuellen Kunst“, „von Kindern, Naiven und Geisteskranken inspiriert“, der "Art brut" ausdrücken wollte?


Links im Bild: Georges Braques: Hymen, 1939 (1957) und daneben Regina Cassolo Bracchi, Maschera simultanea, 1939​

Auf unserem weiteren Weg kommen wir an einem aufgeschlitzen schwarzen Leinenkleid vorbei: Lucio Fontanas Abito femminile con sei tagli.
Lucio Fontana schuf seine berühmtesten Werke mit dem Messer. Er zerstörte mit seinen Schnittbildern, den Tagli, praktisch die Grundbedingung der Malerei, die Leinwand, und wollte so eine symbolische Erneuerung der Kunst. Will er mit diesem „Aufbrechen“, dass wir „dahinter“ schauen?

Und auch Alberto Giacometti, einer meiner „modernen“ Lieblingskünstler, passt hier wunderbar in die antiken Hallen und neben die „Primitiven“ der fernen Völker.

Neben einem „Wächter des Regens“ (guardiano della pioggia) von den melanesischen Inseln
findet sich Alberto Giacomettis „L’Objet invisible (Main tenant le vide)“
Dieses Frühwerk Giacomettis ist eine weibliche Bronze-Figur, deren Hände ein „unsichtbares Objekt“ halten. Angeblich drücken die Werke dieser Epoche (1930-35) auch Giacomettis eigenen Zustand aus. In seiner „surrealistischen Phase“ fühlte er sich von der „dunklen Seite des Menschen“ angezogen, von den „Abgründen des Unbewussten“ (Quelle) Jedoch holte er sich für die Figur mit „Hände, die Leere haltend“ wieder ein lebendes Modell ins Atelier. - Für mich ist diese Figur immer ein gutes Bild dafür, dass nur mit leeren Händen etwas Neues aufgenommen werden kann.

Überrascht war ich, auch Luciano Minguzzi hier anzutreffen, aber es passt: sein gatto von 1952 faucht fast furchterregend aus der Ecke der Thermen-Anlage.
Von Minguzzi begegnete und beschäftigte uns bisher vor allem dessen Porta del bene e del male in St. Peter, aber auch sein „Kleinvieh“ ist beachtlich. Anfang der 1950 Jahre entstanden mehrere ausdrucksstarke, expressionistische Tierskulpturen, zu denen auch der gatto zählen dürfte.
Ist das „Art brut“ von Gaston Chaissac (leider kein Hinweisschild beachtet)?

Er verwandelte Holzbretter in beeindruckende „Totems“. Zwar meinte er einmal „Ich habe meine Männchen einfach als rustikale Moderne bezeichnet“ und wollte „zeichnen wie ein Kind - denn die Zivilisation ist auch einer der Hauptgründe für den Tod des Kindes im Menschen“, aber dieser freundliche Kerl sieht mir doch nach „roher, unverfälschter Kunst“ aus.


Wieder ein "namenloser Künstler"; im Hintergrund sieht man noch Salvatore Scarpittatts Peat Bog Sled - Torfmoorspur -, passend für Scarpitta, der „ famoso per la sua "arte del movimento"“ ist.

Als Abschluss der Ausstellung „Je suis l'autre.“ erheitert uns noch das kunterbunte Kunstwerk „Re Ubu e madre Ubu con altri personaggi del teatro di Ubu“

von Enrico Baj. Wen erinnert das nicht an die Ausbeute eines großen Märklin-Metallbaukasten...

Vielleicht hätte Jahrhunderte später auch dieser reizende Knabe mit so einem Baukasten gespielt...

Aber im 3. Jh.n.Chr. wurde er auf einem Löwenfell sitzend auf seinem (Urnen-?)Pferdchen dargestellt; gefunden hat man ihn an der Via Ostiense.

Bevor wir die Thermenhallen verlassen verdient auch der Grabbau der Platorini noch Beachtung. Der untere Teil des Grabbaus wurde 1880 bei den Regulierungsabeiten des Tibers in Trastevere beim Ponte Sisto gefunden sowie nach und nach auch weitere Teile davon. Anfang des 20. Jh. wurde es aufgebaut und die Rekonstruierung scheint dem ursprünglichen Bau nahe zu kommen, bis auf die Höhe, die man aus den Proportionen der gefunden Stücke erschließen musste. Aus Inschriften geht hervor, dass es die Grabanlage der Familie der Sulpicii und ein „C. Sulpicius Platorinus“ der Eigentümer war. Das Innere des Grabes ist einfach gehalten, die in den Nischen stehenden Aschenurnen reich mit Dekor verziert.
Die beiden vor dem Eingang aufgestellten Figuren wurden auf dem Boden der Cella gefunden. Leider habe ich nur die männliche Figur fotografiert – es könnte sich um C. Sulpicius Platorinus handeln, der in „heroischer Haltung“ dargestellt ist und auf das erste Drittel des 1. Jh. n.Chr. datiert wird -, nicht aber die Frauenfigur rechts.

Auch die schöne Mädchenbüste wurde im Inneren des Grabbaus gefunden und wird mit einer Aschenurne aus dem Grab in Verbindung gebracht, auf der der Name „Minatia Polla“ steht. Ob bei der relativ großen Anzahl der gefunden Urnen zu Recht oder nicht sei dahingestellt, auf alle Fälle muss „Minatia Polla“ mit ihrem fein geschnitten Gesicht und ihrer kunstvollen Haarpracht in den vierziger Jahres des 1. Jh.n.Chr. - darauf datiert man die Statuette - ein hübsches Mädchen gewesen sein.
Diese Mädchenbüste zeigt mir gut, wie sich die Diokletiansthermen bzw. das Thermenmuseum zum Vorteil gewandelt haben: vor knapp fünfzig Jahren war dieses Mädchenbildnis noch in einem der Säle in der „Köpfe-Galerie“ eingereiht – und ist dort für den Normalbesucher des Museums untergegangen. Heute regt es durch die gute Platzierung die Phantasie an.

Bevor wir hinübergehen in den Chiostro und in das Museum noch ein Blick auf diesen schönen Sakrophag in der Aula der Diokletiansthermen, gefunden an der Via Labicana, datiert auf 140-150 n.Chr.
Mein „alter Helbig“ erklärt dazu: dargestellt werden zwei Szenen eines ländlichen Opfers an den Dionysos, der rechts als bärtiger, alter Unterweltsgott und links als der jugendliche Gott des Weines erscheint. Der Opfernde vor dem alten Gott ist ohne Bart, während dem jugendlichen Gott ein bärtiger Hirte ein Schweinchen opfert. „Diese bukolischen Szenen spiegeln den idyllischen Charakter der bacchischen Religion in der hadrianischen Zeit wieder.“ (Auch auf dem Deckel des Sakrophags wären ländliche (Jagd-)Szenen zu sehen.)

Nochmal ein Blick zurück


und Fortsetzung folgt...
 
Liebe Pasquetta,
Ein toller Bericht aus den Diokletian-Thermen, die ich bei meiner letzten Romreise das erste Mal besucht habe. Aber irgendwie bin ich nicht in die Aula vorgedrungen, sondern gleich in die Kreuzgänge abgedriftet. Deine Bilder zeigen, dass es sich lohnt, die Aula zu besuchen. Unvorstellbar, wie es vor 30 Jahren dort ausgesehen haben muss, so vollgestellt mit Objekten. Ich fand es auch jetzt noch sehr voll, es erschien mir eher eine etwas lieblose Aneinander- Reihung der Ausstellungsstücke. Ein schönes Präsentieren einzelner Objekte war so nicht wirklich möglich. Jedenfalls sind die Ausstellungsräume anders und schöner im Museo Massimo und im Palazzo Altemps konzipert. Ich hatte den Eindruck, die Diokletianthermen sind ein bisschen das Aschenputtel unter den 3 Museen. Auf jeden Fall sind die in dem grossen Kreuzgang aufbewahrten Objekte auch alle ziemlich verstaubt und wirken ein bisschen wie abgestellt und vergessen... Nichtsdestotrotz, ist das Museum eine Schatztruhe, wenn man sich die Zeit dafür nimmt.
 
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