Roma Aeterna ist Theatrum aeternum

Vielen Dank für diesen Akt, ich habe ihn sehr genossen. Ich war erst im November dort.

Es ist witzig, dass es euch genau so ergangen ist wie mir, ich hatte auch nicht aufgepasst und die Metro B1 erwischt

Irgendwann konnte man den Komplex Hadrian Villa erahnen, bloss wo aussteigen.???? Die Bushaltestellen hatten keine Namen, nur Nummern. Das englischsprachige Ehepaar schien trotz GPS ebenfalls verwirrt. Eine nette italienische Dame erbarmte sich unser, zeigte uns schliesslich den rechten Austieg.

Da hatte ich auch Probleme und war auf die Hilfe von anderen Fahrgästen angewiesen. Das hat aber gut geklappt.
 
Nein, bitte noch sitzenbleiben in den Plüschsesseln....wir kommen zum Schluss:

Der Kanopos:

Auch dieser Ort bezieht sich auf Ägypten. Und ist der einzige sicher namensmässig definierte Ort in der Hadrian Villa, während alle anderen Bezeichnungen Spekulationen sind. Viele davon allerdings sehr nah am Orginal.
Kanopos/ Kanopus war eine, wahrscheinlich auf griechischen Gründung zurückgehende, Stadt in Ägypten, die über einem Kanal mit der Stadt Alexandria verbunden war. Scheinbar war Kanopos ein antiker " Ballermann", jedenfalls war es bekannt für ein ausschweifendes nächtliches Partyleben.
Hadrian baute eine verkleinerte Kopie in dieses grüne und vorallem wasserreiche Areal. Der Kanalteich ist 119 x 18 Meter gross, eingefasst an einer Schmalseite von einem riesigen Nymphäeum in Form einer Exedra, genannt Serapeum, nach einem ägyptischen Tempel für die Göttin Serapis. Hier sprudelten Quellen und fielen Wasserfälle und Kaskaden hinab zum Teich. Die Exedra war mit einem Glasmosaik bedeckt. Man stelle sich nur die Reflexe des Wassers und des Glases an einem Sonnentag vor und die erfrischende Kühle an einem heissen Sommertag. Es muss bukolisch gewesen sein. Ich biete euch hier die etwas triste Winterversion.

Das wir uns in südlichen Gefilden befinden, darauf verweist da Zement-Krokodil, dem der Zahn der Zeit einige Zähne gekostet hat. :oops:

Man kann seitlich des Serapeums eine Treppe hinaufsteigen und hat so eine schöne erhöhte Sicht auf den Kanopos.

Dies ist wirklich einer der schönsten Teile dieses schönen Areals. Die Orginalstatuen bleiben uns aber verschlossen im daneben liegenden Museum ( es war ja Montag), oder sie sind in den verschiedenen Sammlungen verstreut.

So langsam wurde es Zeit sich dem Ausgang zu nähern. Uns war die Uhrzeit völlig abhanden gekommen. Durch den grauen Tag schien es schon ziemlich spät zu sein. Trotz der hier vorhandenen Hospitalia, wollten wir nicht freiwillig die Nacht unter freiem Himmel zubringen.
Wie es so geht, verliefen wir uns und fanden zunächst den Ausgang nicht.



Da hatten andere Anwohner, einen gewissen Standortvorteil:


Nach einem Umweg über den Tempel der Venus: Sackgasse!!!,



kamen wir kurz vor Toresschluss am Ausgang an. Das Kassenhäuschen hatte schon geschlossen, aber die Kassendame öffnete auf unser Klopfen und gab uns im Austausch des Audiophons den Personalausweis wieder.
Wir machten uns auf den Rückweg zur Bushaltestelle, wo der Bus nach ca. 10 Minuten auftauchte und uns wieder gen Rom schaukelte. Die hereinbrechende Nachte verhüllte unserem Auge gnädig die unerfreulichen Anblicke der Aussenbezirke. :(

Erschöpft kamen wir zu Hause an, wo wir den langen Tag bei Gnocchi aus der eigenen Küche, Rotwein und Fussmassage ausklingen liessen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ein sehr schöner Bericht über die Villa Hadriana, da kommen Erinnerungen auf! Und das Abenteuer, die richtige Ausstiegsstelle zu finden hat wohl fast jeder schon einmal erlebt, der mit dem Bus dorthin fuhr. Ich hatte damals nur das Glück eines sehr netten Busfahrers der mich auf die Haltestelle aufmerksam machte.
Mir gefallen deine stimmungsvollen Bilder sehr gut. Das diesige Wetter lässt die Landschaft etwas mystisch erscheinen.
Das Kanopos ist wirklich ein Highlight, obwohl ich die ganze Anlage schön finde. Das Modell am Anfang des Rundgangs hilft sehr, die Dimensionen zu begreifen. Da habt ihr jedenfalls einen tollen Tagesausflug gemacht mit einem gemütlichen Abend „zuhause“.
 
Hallo Tizia und Pecorella
Na, da scheinen wir ja alle mehr oder weniger die gleichen Erfahrungen gemacht zu haben. Sollte sich nun jemand ernstlich beunruhigen, ob er die Reise nach Tivoli schafft und auch wieder aus dem Gelände herausfinde, keine Sorge, wie man hier lesen kann, sind wir alle noch am Leben und schwelgen in den Erinnerungen an Tivoli. :) Und so kleine Hindernisse sind doch die Würze für Ausflüge ins Umland.
 
So für alle die neu hinzukommen, schon dabei waren, zwischendurch eingeschlafen sind, es folgt nun der 3. Tag unseres Romaufenthaltes oder theatralisch gesprochen:

3.Akt, 1. Szene, Dienstag 11.02. Die Sancta Sanctorum

Heute sollte der Rest der Familie ankommen, aber der Vormittags stand uns noch zu unserer christlichen Erbauung zur Verfügung. Der Morgen empfing uns so ganz anders als am vorherigen Tag mit strahlender Sonne, blauem Himmel und einem kühlen Lüftchen. Wir machten uns auf zur Tramhaltestelle an der Porta San Paolo.


Heute würden wir den Versuch der Zweitbesteigung der Heiligen Stiege wagen. Diesmal kannten wir uns ja aus mit der Verkehrsführung ;)


Wird Nihil von ihren Sünden befreit werden durch wenigstens einen Teilerlass???
Einen Generalablass zu bekommen war nicht möglich. Laut der Gebrauchsanweisung für die Heiligen Stufen muss man an einem Freitag während der Fastenzeit hinaufknien und selbstverständlich betend..., aber auch vorher gebeichtet und die Kommunion empfangen haben. Aber auch ein Teilablass hatte seine Tücken...und Nihil fehlte das dafür vorgeschriebene " reuige Herz". Also wie man daraus ablesen kann, bleibt Nihils Leben weiterhin sündig und ohne höhere Vergebung. :rolleyes:


Wir stiegen also über die Fussgängertreppe gen Heilige Kammer, die Sancta Sanctorum.

NON EST IN TOTO SANCTIOR ORBE LOCUS
Die Sancta Sanctorum war bis zur Renaissance die Privatkapelle des Papstes und auch nur ihm vorbehalten. Da die Kapelle Teil des Lateranpalastes war, hatten die gemeinen Gläubigen dort sowieso keinen Zutritt. Geweiht war sie ursprünglich dem Heiligen Laurenzius( Chiesa di San Lorenzo in Palatio ad Sancta Sanctorum). Der Ort wird als das Heiligste bezeichnet, weil er Unmengen an Reliquien der verschiedensten Heiligen enthielt. Hier ein Papst mit dem Knochenkästchen:


Diese wurden nach und nach auch an andere Orte verteilt. So sind die Häupter des Heiligen Petrus und Paulus nun nebenan in San Giovanni zu sehen.
Mehrere Päpste sorgten immer wieder für Renovationen und Instanthaltung, Seit dem Pontifikat des Papstes Nikolaus III. ( bis 1280) ist die Kapelle mit ihren Fresken, Mosaiken und Kosmaten nicht mehr verändert worden. Selbst Papst Sixtus V., (1585) in seiner Bauwut hat diesen mittelalterlichen Eindruck nicht zerstören lassen.

Für 3.50 Euro öffnet sich die schwere Tür, die die Kapelle von der Kirche abtrennt. Der Aufseher meinte, diese Türflügel stammten vom Forum Romanum. Ich konnte allerdings nirgends einen Hinweis darauf finden. Schön sind sie auf jeden Fall:

Wir waren übrigens die längste Zeit ganz alleine im Heiligsten. Nebenbei bekamen wir mit, dass Priester und Nonnen freien Zugang zum Heiligsten haben, auch ohne die Knie-Tortur der heiligen Stiege.
Die Kapelle ist ein quadratischer Raum und biete wirklich ein ganz intakten mittelalterlichen Eindruck, was in Rom ja eher selten vorkommt.

Die Fresken sind wirklich wunderschön, aber die Mosaike des Altarraumes funkeln in Gold, dass es einen regelrecht blendet:

An Mosaiken sind wohl jene prominenten Heiligen dargestellt, deren Knochen sich im Zederkästchen befinden, welches im Altarraum aufbewahrt wird. Nicht von Allen sind mir brauchbare Fotos gelungen, aber wenigstens die Quotenfrau , die Heilige Agnes ist mit dabei.
Besonders schön ist das Deckenmosaik:

Das berühmteste heilgste Bild sind weder die Fresken noch die Mosiake, sondern das Acheiropoieton : eine Porträt des Anlitzes Jesu, begonnen vom Heiligen Lucas, zu Ende gemalt von den Engeln. Auch als Vera Icon, als wahres Bild bezeichnet , welches nicht von Menschenhand erschaffen worden ist, sondern von Gott geschenkt wurde.


Das Bild ist auf Holz gemalt und stellt Christus Pantocrator da ( wie auch das Mosaik darüber). Früher wurde es bei Prozessionen herumgetragen, bewährte sich gegen die Einfälle feindlicher Stämme und war schliesslich so abgenutzt, dass Papst Innozenz III. (1216), es bis auf das Gesicht mit Silber überziehen liess. Nun ja, eine Analyse des Bildes aus dem Jahr 1907, schreibt dem Bild eine Entstehung zwischen dem V.und VI. Jahrhundert zu. Da kommt Lucas als Maler wohl eher nicht in Frage.
Und da Nihil ihr Seelenheil an diesem Tag nicht erlangen konnte, sie im Glauben weiterhin lau und zweifelnd war, kamen sofort wieder ketzerische Gedanken in ihr auf, beim Anblick dieses Artefaktum:

Es handelt sich dabei um ein Stück des heilige Triclinium des letzen Abendmahles... Also mal abgesehen von der Heiligkeit eines Möbelstücks; das letzte Abendmahl muss ja demnach in römisch liegender Position eingenommen worden sein. Sind also sämtliche Bilder des letzen Abendmahles eine Anpassung an den späteren Geschmack, sitzend zu essen?
Dann fiel mir ein, dass dies auch eine Asservatenkammer für ganz besonders banale Heiligtümer ist. Diese sind aber nicht ausgestellt, denn diese könnten die fromme Andacht doch gewaltig erschüttern wie die "Heilige Vorhaut "oder die "Heilige Nabelschnur". Aber in der Hochzeit des Reliquienkultes wurde auch das Abseitigste, Unglaublichste noch verkauft und zu bares Münze gemacht. Und ähnlich wie den Heiligen Kreuzsplittern, aus dem man mehrere Kreuze zusammensetzen könnte, muss auch die heilige Vorhaut, bei im Mittelalter 15 existierenden Exemplaren, anatomisch mehreren Spendern zugeordnet werden. :cool:
Nichtsdestotrotz, die heilige Stiege und die Sancta Sanctorum sind einen Besuch wert und wenn es nur das erhebende Betrachten der wunderbaren Kunstwerke ist.

 
3. Akt, 2. Szene Villa Guilia

So eine intensive Besichtigung fordert ihren Tribut. Leicht entkräftigt von der heiligen Umgebung, zog es uns zu Café, Cappuccino und Tramazzini in eine der umliegenden Bars. Wir passierten eine lange Mauer, die die Scala Sancta bzw. das angeschlossene Kloster gegen die Piazza Porta di San Giovanni hin abschliesst. Und siehe da, ein Holztor in der Mauer war geöffnet. Immerhin konnten wir bis zu einem Gitter vordringen und in einen grünen Garten schauen, allerdings auch mit jeder Mange geparkter Autos.

Linker Hand in dieser Passage war so etwas ähnliches wie eine Bar mit sehr abweisendem Personal, aber animierenden lebensgrossen Bildern von Lenin, Pasolini, Beckett...In Abwesenheit einer Kaffeemaschine trollten wir uns davon. In einer netten Taberne in der Viale Carlo Felice wurden wir fündig und felice. :)

Nach einer kurzen Pause ging es weiter zu neuen Ufern. Diesmal sollte es die Villa Giulia sein, um die ich seit Jahren schon theoretisch herumtänzelte, aber es bisher nie geschafft hatte. Wir fuhren mit der Tram 3 in Richtung Valle Giulia und kaum hatten wir das Viertel San Lorenzo unter den Schienen, kam ein Anruf, dass Verwandtschaft vor der Haustür stand. Also schickte ich meine Reisebegleitung schon mal vor, während mich die nächste Tram wieder zurück brachte. Schnell meiner Schwester die Tür aufgeschlossen, ihren Koffer versorgt und dann zogen wir gemeinsam in der Tram 3 wieder in Richtung Villa Giulia. Unsere Ferienwohnung liegt wirklich so verkehrsgünstig, dass wir die schnellsten und angenehmsten Verkehrsmittel quasi vor der Haustür haben. Am Endhaltepunkt der Linie 3 vor dem Museum für moderne Kunst stiegen wir aus,

Überall lagen, sassen, standen Löwen herum aus Pappmachee oder Edelmetall, das konnte ich auf die Entfernung nicht ausmachen.



Den Rest des Weges legten wir beschwingt bis zur Villa zu Fuss zurück.
Unbekannte Gebäude säumten unseren Weg, ebenso wie grosse Gärten und Parkanlagen und jede Menge Botschaften.

In der Villa gab es dann ein Minifamilientreffen; hat man ja auch nicht alle Tage, sich unter Renaissancefresken wieder zu sehen. :) Wir begannen unseren Rundgang im Garten, wo ein kleiner Etrusker Tempel aufgebaut ist.

Auch die Gartenanlage ist überraschend, denn ich hatte mir einen riesigen Garten zu dem imposanten Gebäude vorgestellt. Das Areal ist aber doch recht begrenzt. Ob dies immer schon so war oder durch spätere Eingriffe geschah...Klein, aber fein muss man sagen. Je nach Standort des Besuchers ergibt sich eine Art Kulisse, die eine grosse Weite und perspektivische Tiefe simulieren. Andere Gartenabteile wurden einfach tiefer gelegt, wie eine versenkte Bühne, in die man von oben gucken kann. Die vorhandenen Treppen waren leider gesperrt, aber auch so waren die Ansichten einfach schön.


Das Halbrund des Wandelganges ist mit wunderbaren Fresken bedeckt, an den Wänden mit deutlichen Anleihen an die Groteken aus der Domus Aurea, die ja gerade entdeckt worden war, als die Villa Giulia gebaut wurde.


Die Decke und Zwickel dagegen waren ein gemalter Garten mit Tieren, Blumen, Früchten und im gemalten Gebälk herumturnenden Putti.

Auch hier finden lauter kleine spannende Geschichten statt, die Putti feiern, bekränzen sich mit Lorbeer, pflücken Blümchen, bekleckern sich mit Früchten und dann stürzt noch einer über die Brüstung. :eek: Gottseidank, alles nur Illusion!
Ich konnte mich kaum losreissen. Aber auch das Museum wollte entdeckt werden. Ich muss zugeben: die Kultur der Etrusker ist zwar faszinierend, braucht aber eine gewisse Vorbereitung. Ein unglaublich fortgeschrittenes handwerkliches Können zeichnet dieses Volk aus, was von den Römern unterworfen wurde. Und die Römer eigneten sich die etruskische Kultur schamlos an.
Ich machte einen flotten Rundgang, denn das war alles doch zu viel für mein römerlastiges Hirn. Aber, wie Nummis sagt: mit dem Essen kommt der Appetit...Das nächste Mal werde ich die Villa Guilia mit Grundkenntnissen in etruskischer Hochkultur betreten.


So müde waren meine Füsse auch und wollten sich zur Ruhe legen, aber da war noch ein Bummel durch das abendliche Rom davor. Mit der Tram 19


ratterten wir bis zur Piazzo di Risorgimento und liefen zum Petersplatz, immer so wunderschön die Brunnen vor der Fassade,

über Brücken,


an Brunnen und Burgen vorbei




dann durch´s Centro storico,


sagten der Piazza Navona und ihren Brunnen guten Abend.


Und schliesslich sausten wir mit dem Bus 30, der unser Lieblingsbus wurde, Richtung Heimat. Da waren dann auch die letzten Nachzügler wohlbehalten eingetrudelt. Gesättigt mit Pizza, Pasta und Wein sanken wir wohlig müde in die Betten, und da taten die Füsse auch kaum noch weh. ;)
 
Zuletzt bearbeitet:
Mir ging es mit der Villa Giuglia ähnlich bei meinem Erstbesuch. Danach hab ich mich mehr mit den Etruskern beschäftigt und war auch im etruskischen Umland von Rom, da wird einem alles gleich vertrauter.
Der Garten bzw. die Parkanlage war nach meinem Kenntnisstand ursprünglich viel größer. Näheres findest du in dem tollen Buch “Die Villen und Gärten Roms” Ich weiß nicht mehr ob ich es bei Amazon oder woanders gekauft habe, jedenfalls zu einem Angebotspreis. Vielleicht hast du es ja auch schon.

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Liebe Dentaria, Pecorella und Tizia

Danke für euer Mitlesen und eure Kommentare. Ich denke, die etruskische Kunst in der Villa Giulia ist sicher ausserhalb jeden Erstbesuchs in Rom. Dazu ist das Sujet zu speziell. Aber hochinteressant und mit genügend Vorbereitung auch verdaulich. Es wäre ja auch interessant, diese ganzen etruskischen Stätten im weiteren Umland zu besuchen. Bloss ohne Auto wird es wahrscheinlich schwierig...
Tizia , herzlichen Dank für den Buchtipp. Nein, ich habe das Buch ( noch) nicht. Das klingt aber geradezu appetitanregend.
 
Aber hochinteressant und mit genügend Vorbereitung auch verdaulich. Es wäre ja auch interessant, diese ganzen etruskischen Stätten im weiteren Umland zu besuchen. Bloss ohne Auto wird es wahrscheinlich schwierig...

Ich habe nach meinem Erstbesuch einen Kurs zum Thema besucht, viele Bücher gelesen, die Ausstellung in Karlsruhe besucht und dann noch eine Studienreise nach Etrurien unternommen. Alles hochinteressant.
 
4. Akt 1 Szene, Mittwoch, 12.02. vormittäglicher Bummel durch Monti und um zu...

Nach einem opulenten Frühstück ( an der Piazza Bernini in San Saba gibt es eine leckere Bäckerei/ Cafe) brachen wir auf.
Allerdings jeder nach seinem Gusto. Mittlerweile lasse ich die Familienzügel schleifen, denn wenn man zu viel in ein Besichtigungsprogramm packt und nicht auf die Bedürfnisse Einzelner eingeht, dann ist das Grollen und offener Protest schneller am Broddeln als in einer " unfamiliären" Reisetruppe. Also war freie Beschäftigung und Auslauf für den Vormittag angesagt bis 14:00h, denn dann war ein Abstieg in die römische Antike vorgesehen.
Ich gedachte ein bisschen von Monti zu sehen und zu geniessen. Bislang bin ich leider immer nur durch das Viertel gerannt, in Verbindung mit irgendwelchen Besichtigungsterminen. Aber selbst im Schnelldurchlauf spürt man den Charme dieses Viertel.
Mit der Tram 3 startete ich den Tag und stieg in der Via di S. Gregorio aus mit dem wunderbaren Blick auf die römische Antike.

Für diejenigen mit Hang zu antiken Gross-Ereignissen ein kolossales Amphi-Theater ;)

Während der ersten Hälfte unseres Aufenthaltes in Rom ging es touristisch sehr ruhig zu. Lag´s an der frühen Reisezeit, am Corona-Virus lag es bestimmt noch nicht..., obwohl wesentlich weniger Asiatentrupps unterwegs waren. Vielleicht lag es auch an unseren eher abseitigen Besichtigungstouren. Die Schlange am Kolosseum war übersichtlich. Man hörte kaum Deutsch, dafür aber viel Französisch und auch Spanisch, wenig Englisch, ganz viel Italienisch! :D Rom gehörte dieses Mal den Römern.:)

Ich überquerte den Platz vor dem Kolosseum, bog in die Via dei Fori Imperiali ein und drückt mich an den überlauten Strassenmusikern vorbei, die an jeder Ecke klampften, zirpten, trommelten, sangen mit mehr oder weniger Talent, aber dafür laut...:(, Ich entfleuchte vor der Kakophonie in die Via di Tor de Conti hinter dem Nerva- und Augustusforum. Ich liebe diese abseitige Gasse mit ihren An-, Ein- und Ausblicken.


Aber Obacht! Die Taxis und Hotelzubringer sausen flott die Gasse hinunter. Da kann man sich manchmal nur gegen Mauern drücken oder durch einen waghalsigen Sprung in eine Ecke. Pech, wenn dann ausgerechnet dort ein kleines Bömbchen in Form von Hundescheisse liegt.

So kam ich an die Via Panisperna, auch da herrschte reges Verkehrsaufkommen. Geparkt wie auch fahrend. Das macht das Bummeln dort zu einem Hindernislauf.

Manchmal ist der Schattenriss interessanter als das Orginal:

Ich kreuzte die Via Sant´Agata dei Goti, oh fein, die Kirche kannte ich noch nicht und erinnerte mich an Beschreibungen von Romitis und auch Pecorella, die diese Kirche als einen Hort der Ruhe im Monti-Gewühl beschrieben haben. So, ohne Stadtplan fand ich die Kirche nicht gleich( obwohl ich gewissermassen davor stand:rolleyes:) Stattdessen bummelte ich die Gasse herunter, kam über Ecken und Plätze und weitere Gassen, die den Charme von Monti so richtig vor mir entfalteten.

Hübsche kleine Geschäfte, Werkstätten, Märkte und natürlich attraktive Kneipen, Cafes und Restaurants säumten den Weg. Zumindest im Februar war Monti noch ganz römisch... manchmal sogar auf dem Fensterbrett.


Allein die Aussichten am Ende der Gassen....

Ich entschied mich mein mitgebrachtes Picknick in der Villa Aldobrandini zu verspeisen. Auch dort war ich bislang noch nie gewesen. Mein einziger Versuch war vor 2 Jahren wegen des Wintereinbruchs mit gesperrten Parkanlagen gescheitert. Und kaum hatte ich die Ecke dieses hochgelegten Gartens passiert, sah ich schräg gegenüber die offene Pforte der Kirche Sant ´ Agata dei Goti...:) Und noch schöner , sie ist den ganzen Tag geöffnet. Der etwas tiefergelegene Vorhof ist über eine Treppe zu betreten. Eng und recht dunkel durch die umgebenen Wohnhäuser, aber ein blühendes Blumenmeer. Alles was in einem Topf Halt und Erde findet, drängelt sich auf den Treppenstufen und um den mittelalterlichen Brunnen.

Die Kirche Sant ´Agata dei Goti ( eigentlich Santa Agatha Gothorum) wurde von 462-470 im Auftrag vom weströmischen Konsul Flavius Ricimer, selber ein dem arianischen Glauben angehörender Ostgote, ( die Zeiten und die Politik waren damals sehr unübersichtlich... :cool:), für die in diesem Viertel ansässigen Ostgoten und Germanen hergerichtet. Die Kirche war Christus Salvator geweiht, in ihrem Aufbau muss sie an Santa Sabina erinnert haben, natürlich viel kleiner. 6 Spoliensäulen auf jeder Seite teilen die Basilika in 3 Schiffe, die Apsis gegen Nordosten war mit einem wunderbaren Mosaik geschmückt, was aber leider bei einem Einsturz der Apsis vollständig vernichtet wurde. Durch grosse Rundbogenfenster in den Obergarden und dem offenen Dachstuhl war diese Kirche lichtdurchflutet, was man sich leider heute garnicht richtig vorstellen kann, denn die Kirche ist sehr dunkel gehalten. Vom Heiligen Gregor wurde die Kirche 100 Jahre später in den katholischen Ritus überführt und neu geweiht , diesmal als ecclesia sanctae Agathae sita in Subura. Der Arianismus als frühchristliche theologische Ausrichtung wurde in der Spätantike als Häresie angesehen. Daher war es dem Heiligen Gregor nicht zu verdenken, in seinem römisch-katholischen Vorgarten aufzuräumen. Das Martyrium der Heiligen Agatha wird hier etwas verschwommen auf dem Silbertablett präsentiert. :rolleyes:

Ich war die ganze Zeit alleine in der Kirche, es war so still, dass man sich auf einem anderen Planeten wähnte...Doch dann beschloss ich, die Mittagspause hoch über dem Verkehrskreisel Largo Magnanapoli zu verbringen. Der Kontrast hätte nicht grösser sein können. Der Eingang zur Villa Aldobrandini


liegt an der Via Mazzarino, auch wenn noch ein geschlossener Eingang an der Via Nazionale sichtbar ist. Man steigt über gemauerte Stufen zwischen römischen Mauern hinauf und kommt an ein leider ziemlich ungepflegtes grünes Eckchen. Vielleicht sieht es im Sommer dort anders aus. Der Ort wird von den Römern zur Mittagspause genutzt, von den Obdachlosen auch als Lagerstätte, und von der schulpflichtigen Jugend oder Älter auch für illegales Treiben. Die Luft dort oben war nicht frisch, aber dafür Marihuana-gesättigt.
Trotzdem ein Ort mit Aussicht und Grün.

So lange kann der Winter garnicht mehr dauern, wenn die Kamelien blühen:
Hier lagerte man noch entkräftigt auf seinem Divan:

Dort brach der Jagdeifer aus. Der Dackel jagte die Vögel von einer Palme zur nächsten und zurück. und machte dies mit viel Elan und Freude trotz Sysiphusarbeit, denn die Vögel flogen von Palme zu Palme und auch wieder zurück.

Andere machen seit 100 Jahren einen passablen Dachreiter:

Ein schöner grüner Fleck, der hoffentlich nicht wieder der Vernachlässigung anheim fällt, erholsam, und mit sehr römischen Aussichten.
 
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Liebe Nihil, ich bin von deinem so lebhaft beschriebenen Bummel durch Monti begeistert. Du zeigst wunderschöne Fotos.
Vor ein paar Minuten bin ich damit fertig geworden meine Fotos für meinen Monti-Bummel auszusuchen. Ein paar Ähnlichkeiten gibt es eventuell. Schön, dass du Sant'Agata dei Goti doch noch gefunden hast.
 
Bummel durch Monti und um zu...

Mein geliebtes Monti, da bin ich gerne jeden Schritt mitgegangen.

Schade, dass die Villa Aldobrandini etwas herunter gekommen ist. Eigentlich ist es ja ein ganz netter Ort. Allerdings hatte ich schon im letzten Jahr im März den Eindruck, dass sie seit ihrer Wiedereröffnung deutlich nachgelassen hat.
 
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