Roma Aeterna ist Theatrum aeternum

Oh, ich sehe gutgefüllte Theaterreihen, Auch Romitis, Tizia und Nummis sitzen in der ersten Reihe. Dann folgt nun 1.Akt, 2.Szene : Santa Croce in Gerusalemme

Die kurze Strecke liess sich an einem Sonntagmorgen gut laufen. In Santa Croce di Gerusalemme war gerade die Messe zu Ende, als wir durch das Portal schlüpften.


Aus irgendwelchen Gründen, habe ich diese Kirche immer zur Seite geschoben, zu Unrecht wie ich sofort feststellen musste. Gottseidank hatte der Küster noch die Beleuchtung in der Apsis angelassen und so strahlten uns die wunderbaren Fresken von Antoniazzo Romano in aller Farbenpracht entgegen.

Hier wird die Geschichte, die zur Auffindung des Heiligen Kreuzes führte, in komprimierter Form bildhaft dem Gläubigen gezeigt.
Ursprünglich war S. Croce Teil eines Sessorium-Palastes, in dem Helena, die Mutter des Kaisers Konstantin wohnte. Durch Umbaumassnahmen und Anbau einer Apsis wurde aus der quergerichteten Halle eine längsgerichtete nach Osten gerichtete Kirche in Rom. Die erste übrigens, die so die Symbolik "Ex Oriente Lux" in Stein manifestierte, während es in Rom kirchenbaulich sonst recht zusammengewürfelt und ungeordnet zugeht.

Schon zu Konstantins Zeiten (306-337n. Chr.) war es wichtig, religiöse Memorabilen auch in Rom als Hauptstadt zu besitzen. Die ein, zwei Apostel von Rom waren da zu dem Zeitpunkt ungenügend. Doch die sogenannten "Herrenmemorien" waren im Heiligen Land. Also, so die Legende, liess die Kaiserin Helena in Jerusalem buddeln, bis man auf die Überreste des Kreuzes stiess, an dem Jesus angeblich gekreuzigt wurde.


Um das Ganze zu einem richtigen religiösen Schwergewicht werden zu lassen, wurde zusätzlich auch ein Nagel, 2 Dornen aus der Dornenkrone, und Teile der Geisselsäule importiert. Dies alles ist in der Kreuzkapelle links der Apsis ausgestellt. Dort drängelten sich die Gläubigen und knipsten trotz Fotographierverbot fleissig herum. Ich schaute nur von ferne,



dieser "Fetisch-Kult" ist mir mehr als fremd. Ich hoffe, ich trete keinem auf das katholische Hühnerauge, aber es ist ja gerade Karnevalszeit. Da darf man mal über die Reliquien-Auswüchse schmunzeln. ;) Selbst vor der Kopie einer Fotographie des Schweisstuchs von Turin kniete man nieder und bekreuztigte sich. :oops:
Für Erheiterung sorgte der konservierte Zeigefinger des Apostels Thomas, den der ungläubige Zweifler in der Brustwunde Christi gesteckt hatte. In der katholischen Kirche geht nichts verloren, was auch den Zweiflern späterer Generationen zu Andacht und kindlichem Glauben gereichen könnte.
Über all dem "Irdischen" schwebt der segnende Christus in der Apsis, sehr kritisch auf seine Gläubigen herabschauend:

Die frühchristliche Kirche wurde im Barock natürlich einer Generalüberholung unterzogen, sodass man nur noch Spuren der Antike findet, Einige Säulen mit ihren Kapitellen sind noch sichtbar, während andere in dicken Pfeilern verschwunden sind. Wenigstens ist der schöne Kosmatenboden aus dem 13. Jahrhundert sichtbar geblieben.

Dann wurde es dunkel...der Küster hatte die Beleuchtung ausgeschaltet, die gläubigen Schäfchen wie auch die ungläubigen Thomasse wurde aus der Kirche geleitet. Allerdings nicht durch den Haupteingang, denn der war schon geschlossen, sondern durch einen Nebenraum mit einer Seitentür, an der sich folgender Zettel befand. Sehr aktuell, leider sehr notwendig und auch konkret hilfreich für diejenigen, die ein ganz anderes Kreuz tragen müssen :

 
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1.Akt, 3. Szene S. Giovanni Laterano und Heilige Stiege

Wir traten hinaus in den Sonnenschein und sahen ein interessantes mit bunten Glaskristallen geschmücktes Gartenportal rechts der Kirche liegen. Leider natürlich geschlossen.


Aber dieser klösterlichen Garten ist auf den Überresten eines Amphit-Theaters angelegt und im Rahmen einer Führung an gewissen Tagen zu sehen. Leider habe ich das Schild nicht fotographiert...

Wir folgten dieser farbprächtigen Schar , die in die gleiche Richtung ging: auf nach S. Giovanni Laterano.
Nur wurden wir leider wieder einmal von ganz banalen Widrigkeiten abgelenkt: der Magen knurrte und diese hübsche Cafeteria Caffé Italia lag so unschuldig an unserem Weg...also hinein und danach gestärkt weiter zur Mutter und Haupt aller Kirchen der Stadt und des Erdkreises.

Auf dem Weg dorthin gab es wieder schöne kleine " Augen-Blicke":

Liebevoll geschmückte Fenster mit echter Botanik wie auch arrangierte Plastik vor der Strassenmadonna:

Hier weder Plastik noch Botanik, sondern ein Ort für natürliche menschliche Bedürfnisse: neben der Blasenentleerung( so nett anglisiert P-Stop), kann man hier auch sein Handy aufladen oder Informationen zu Rom bekommen. :cool:

Für einen Euro kann man die Toilette benutzen, ich hoffe sehr, dass die sauber ist, habe es aber nicht ausprobiert. Um S. Giovanni in Laterano habe ich zwei dieser P-Stops gesehen, einen unter Bäumen auf dem Platz vor der Kirche, der andere in Sichtweite an der Viale Carlo Felice.
 
Wir traten hinaus in den Sonnenschein und sahen ein interessantes mit bunten Glaskristallen geschmücktes Gartenportal rechts der Kirche liegen. Leider natürlich geschlossen.


An dem Tor habe ich mir auch schon das Näschen platt gedrückt und wäre nur all zu gerne einmal hinein geschlüpft. Ich glaube @Padre hatte schon mal das Glück.
 
Also, so die Legende, liess die Kaiserin Helena in Jerusalem buddeln, bis man auf die Überreste des Kreuzes stiess, an dem Jesus angeblich gekreuzigt wurde. ... dieser "Fetisch-Kult" ist mir mehr als fremd. ... Da darf man mal über die Reliquien-Auswüchse schmunzeln. ;)

:) Ja, ja - wenn man alle Kreuzreliquien zusammenfügen würde, dann könnte man wahrscheinlich mehrer Kreuze daraus zimmern ;).
 
Also, so die Legende, liess die Kaiserin Helena in Jerusalem buddeln, bis man auf die Überreste des Kreuzes stiess, an dem Jesus angeblich gekreuzigt wurde. ... dieser "Fetisch-Kult" ist mir mehr als fremd. ... Da darf man mal über die Reliquien-Auswüchse schmunzeln. ;)

:) Ja, ja - wenn man alle Kreuzreliquien zusammenfügen würde, dann könnte man wahrscheinlich mehrer Kreuze daraus zimmern ;).

Ich meine in Erinnerung zu haben, dass Herbert Rosendorfer gar von einem ganzen Wald spricht! ;)
 
So weiter im Text....
San Giovanni war wie immer beeindruckend in seiner Grösse, Schönheit und ...Leere!o_O Ja tatsächlich, es war Mittagszeit, was wahrscheinlich zu einer Verlagerung der Besucher von geistlichen zu kulinarischen Stätten führte. Jedenfalls konnte ich ohne Gedrängel die verschiedenen Apostel in Augenschein nehmen. Besonders tat es mir dabei der ungläubige Thomas an. Als Marmorfigur hier noch mit dem heiligen Zeigefinger ausgestattet.

Andere hatten die Schlüsselgewalt des Glaubens übernommen:

Wieder anderen war das Fell über die Ohren gezogen worden: der heilige Bartholomäus trug seine Haut sehr dekorativ vor sich her.

Die Confessio war wunderschön mit Blumen geschmückt. Aus welchem Anlass blieb mir verborgen.

Und wieder konnte ich nicht widerstehen und besuchte den Kreuzgang. Das Ticket kostet 5 Euro und schliesst auch die Schatzkammer des Lateran mit ein. Da es Sonntag war, blieb uns die Schatzkammer aber verschlossen. Man versicherte uns allerdings, unter der Woche mit dem Ticket die Schatzkammer besuchen zu können. Der Kreuzgang von San Giovanni ist wunderschön. Ich kann mich nie entscheiden, ob ich diesen oder den Kreuzgang von San Paolo schöner finde. Im Zweifelsfall beide...:cool:
Die Sonne gab sich mit den Wolken eine Stelldichein. Die Mosaike blitzten, Die Schnörkelsäulen schnörkelten, der imposante Brunnen thronte in der Mitte dieses ruhigen , paradiesischen Vierecks, und über das Dach grüssten die Apostel als Dachreiter.

Interessante Asservate finden sich hier im Kreuzgang, die es nicht in heilige Kammern geschafft haben, weil vielleicht doch zuviel Volkslegenden- Gewürzmischung dabei war.
So die von Säulen getragene Steinplatte, die die Grösse Jesus Christus angeblich wiedergibt.

Auf der von Marmor eingefassten Porphyrscheibe, spielten die römischen Soldaten angeblich ihr Würfelspiel um die Kleider ihres Gefangenen.

Auch Säulen aus dem Palast des Pilatus finden sich. Und noch viele andere hübsche Kleinigkeiten.
Wieder zurück in den heiligen Hallen beleuchteten wir das herrliche Apsismosaik. Das kostet mittlerweile satte 2 Euro, dauert dann aber auch satte 3 Minuten, während man sich diesen wunderbaren Anblick mit einem Kopfhörer erklären lassen kann.

Wir flatterten beglückt dem Ausgang entgegen:
 
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Vielen Dank für die tollen Bilder aus dem Lateran, besonders für die des hl. Bartholomäus!
 
Dankeschön für den Bericht und die schönen Fotos aus San Giovanni. Da hattest du mehr Glück als ich.

Ich hoffe, dass es im März klappt.
 
Danke für das Lob und den Applaus!
Pecorella, ich entsinne mich mit Grauen deines Berichtes, als du vor lauter Kreuzfahrt-Touristen die Apostel nicht mehr sehen konntest. Bei uns war , wie gesagt, Leere im Kirchenschiff. Man kam den Herren ungebremst nahe. Vom heiligen Bartholomäus habe ich ganz viele Bilder gemacht, der ist aber auch so dramatisch mit seinem gedoppelten Anlitz.:);)
 
Wir verliessen das bombastische Innenleben des Lateran, und nun standen wir in der Vorhalle, die ja genauso beeindruckt.
Schnell die wunderbare Bronzetür aus dem Senat gestreichelt, die nun hübsch verziert mit Eicheln und Sternen, eine der grossen Pforten von San Giovani in Laterano bildet.


Heissen Kapitelle so, weil man immer wieder den Kopf in den Nacken legen muss?

Die Dimensionen sind kaum begreifbar. Nackensteifigkeit ist programmiert. Immerzu entdeckt man Überraschungen, sehenswerte Kleinigkeiten, Grossartigkeiten sowieso, Perspektiven, Römisch-Katholisches bunt gemischt...:)

Wir folgten dem Nonnentrupp zur nächsten Besichtigung :

Aber bevor wir die Heilige Stiege mit einer Erstbesteigung in Angriff nahmen, blickte ich noch einmal auf diese wunderbare Fassade von San Giovanni:

Perspektiv-Wechsel führen zu ungewohnten Detailaufnahmen und Heiterkeit.

 
1. Akt, immer noch 3. Szene, denn die Heilige Treppe ist ja nicht von San Giovanni zu trennen.

Und trotzdem waren wir bislang nie drinnen gewesen. Das lag wohl eher an unserer Ignoranz und der " Lauheit" im Glauben( wie meine gutkatholische Tante sagen würden) Von Aussen ist die Hauptfassade immer noch zwecks Restauration eingerüstet und nur durch Plastikplanen zu betreten. Ist man durch den Eingang getreten, liegt linker Hand eine Art Kiosk mit Infos zur Santa sanctorum und vorallem kann man dort eine Gebrauchsanweisung zur Benutzung der Heiligen Treppe erstehen. Es gibt eine Heilige Kammer, allerdings nicht nur eine Treppe...es gibt vier Stiegen. Ganz rechts führt eine Steintreppe in die Höhe für den normalen Fussgänger. Etwas weiter links befindet sich die angeblich echte Heilige Treppe aus dem Palast des Pilatus, über die Jesus zu seinem Verhör schritt. Zwecks Schonung der Substanz sind die Marmorstufen holzverkleidet. Und natürlich verbietet sich bei der Benutzung dieser Heiligen Stufen banales Schuhwerk oder schmutzige Füsse. Diese Stiege wird aus Demut, aus Ehrfurcht , aus tiefem Glauben heraus, wie eine Pilgerschaft auf den Knien bewältigt.
Wir standen fasziniert davor, aber wollten unseren arthrotischen Knien diesen Gewaltakt dann doch nicht zumuten. Aber es gibt Mittel für alle Wehwechen!;):cool: Denn der junge Mann aus dem Kiosk hält nicht nur Erbauungstexte und Rosenkränze feil, nein, als er unseren Wankelmut sah, zog er eine Schublade auf und bot uns Knieschoner an. Fabulös..., andrerseits ist so ein Hilfmittel-Einsatz eigentlich zulässig? Gibt es Punktabzug? Darf man auf der Heiligen Stiege überholen und wenn ja, links oder rechts? Lauter ungeklärte Fragen, die uns auch der junge Mann nicht beantworten konnte. Nebulös!
Am Ende entschieden wir uns für die Fussgänger-Abteilung und konnten die wunderbaren Fresken im Aufgang bewundern.

Wenn ich richtig interpretiere , sind im rechten Aufgang Szenen aus dem Alten Testament dargestellt. Allerdings habe ich beim Fotosichten die Auf- und Abgänge, Nebengelasse, und Kapellen durcheinandergebracht, so dass ich hier eine ziemlich wilde Mischung zeige.

Damit wir vor lauter Schönheit der Fresken nicht das Ende vergessen:

Weil Sonntag war, konnten wir nicht den Kirchenraum betreten, wo ausserdem gerade eine phillipinische Messe stattfand. Und natürlich war auch die Sancta sanctorum geschlossen, weshalb wir an einem anderen Tag noch einen 2. Anlauf unternehmen mussten, um ins Allerheiligste vorzudringen. Man kann aber wenigstens durch Gitterfenster in diese Kapelle schauen. Damit die auf Knien bis hierher gerutschten Pilger wenigstens auch an einem Sonntag, einen Blick erhaschen können.

 
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Vielen Dank für die wunderbare Spätvorstellung.

Wie immer wunderbar witzig und kurzweilig geschrieben.

Mir fällt gerade auf, wie lange ich nicht mehr dort war und ich weiß nicht mal warum ich nicht hinüber gegangen bin, denn in San Giovanni war ich oft genug.

Also, schnell ins Reisebüchlein eintragen.
 
Wunderbar! Ich muss beim nächsten Besuch unbedingt genauer hinsehen.
Herzlichen Dank für Bilder und Texte.
 
Liebe Pecorella, Liebe Dentaria

Schön, wenn der der erste Akt mit tosendem Applaus bedacht wird...:D. Ich bin wirklich ein kleiner Kulturbanause, vom religiösen Ansporn her garnicht erwähnenswert....aber diese Stiegen haben mich schwer beeindruckt, und der lustige junge Mann im katholischen Kiosk auch. Ob ich mir später die Knieschoner anlegen werde, um die Heilige Stiege zu erklimmen, erfahrt ihr in einem der folgenden Kapitel.:cool:
Die Fresken sind wie frisch gemalt( ich nehme an frisch restauriert) und wunderbar ausgeleuchtet. Und umsonst zu besichtigen! Die Sancta sanctorum allerdings nicht, aber für 3,50 Euro öffnen sich auch dort die schweren Bronzetüren.
Danke an Alle für euer Mitlesen.
 
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Darf man auf der Heiligen Stiege überholen und wenn ja, links oder rechts? Lauter ungeklärte Fragen, die uns auch der junge Mann nicht beantworten konnte. Nebulös!

Witzig, genau das fragte ich mich auch, als ich die Stiege das erste Mal auf Knien erklomm. Auf halber Höhe überholte mich eine ältere Römerin, die ein Mordstempo vorlegte. Es gibt anscheinend kein Überholverbot und kein Tempolimit. Aber im Ernst: mich hat das Gebet auf den Stufen sehr bewegt. Ich bin gespannt auf Deinen zweiten Besuch.
 
Lieber Nummis, lieber Padre

Nummis , da hast du Recht, der Appetit kommt mit dem Essen...und mittlerweile weiss ich auch zu dosieren und " überfresse" mich nicht mehr an den römischen Hinterlassenschaften.
Padre, du Held!!! Als wir uns und dem jungen Mann die Frage nach den Verkehrsregeln auf der Treppe stellten, kam er aus dem Kiosk, guckte kritisch auf die gutgefüllte Kniepilger Treppe und meinte, das sei in der Tat ein Stau...ohne " Rettungsgasse". :D
 
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2. Tag, Montag, 10.02.
2. Akt, eine einzige , aber lange Szene ;)

Ich hatte schon vor 2 Jahren versucht, Tivoli einzuplanen, jedoch wurden die Pläne damals unter Schneemassen verschüttet. Jedoch hatte ich für den geplanten Ausflug extra die CIRS Fahrkarte schon gekauft. Diese kam nun zum Einsatz. Wie gut, dass in Rom die Fahrkarten viele Jahre ohne Preisänderung in Gebrauch bleiben.
Mit Hilfe der Informationen aus dem hiesigen Romforum fuhren wir also mit der Metro B direkt von der Piramide los gen Norden. Wir waren nach einem ausgedehnten Frühstück erst am späten Vormittag aufgebrochen. Die Metro war leer, jeder fand seinen Sitzplatz. Gerade noch rechtzeitig bemerkten wir, dass wir in der falschen Metro B sassen. nach Jonio statt nach Rebibbia. Also schnell noch in der Station Bologna in die richtige Metro gewechselt. In Ponte Mammolo fanden wir sofort die richtige Busabfahrt. Hier mal einen grossen Dank an Pecorella für die einprägsamen Fotos in ihrem Romführer. !:)
Der Bus stand schon abfahrbereit. Ich fragte vorsichtshalber den Busfahrer, ob der Bus auch an der Hadriansvilla halte( bzw. in der Nähe). Das bestätigte der Busfahrer, liess sich aber zu weiteren Gnadenakten nicht herab, etwa uns mitzuteilen, wann wir aussteigen müssten.
Mit im Bus fuhren auch ein englischsprachiges Ehepaar, die ebenfalls dorthin wollten. Die schienen mit Handy und GPS alles im Griff zu haben...

Wir fuhren ca. eine Stunde durch Roms Peripherie. Vielleicht lag es am grauen , manchmal regnerischen Wetter, dass diese Randgebiete eine schreckliche Tristesse verströmten. Eine Stadtgrenze war nicht auszumachen, Rom ging einfach über in Vororte, Industriegebiete, Wohnsiedlungen, die zwar andere Namen trugen, aber auch nicht abzugrenzen waren vom Moloch Rom. Die Strassen waren schlecht, mit vielen Baustellen, wo nicht gebaut wurde, sondern zwischen den Absperrungen Autos geparkt waren, das Unkraut spross und Berge von Müll entsorgt waren. "Ich dachte, wir fahren auf´s Land"...., bemerkte ein Familienmitglied. Das dauerte wirklich lange, bis endlich mal Wiesen, Bäume und Olivenhaine auftauchten. Irgendwann konnte man den Komplex Hadrian Villa erahnen, bloss wo aussteigen???? Die Bushaltestellen hatten keine Namen, nur Nummern. Das englischsprachige Ehepaar schien trotz GPS ebenfalls verwirrt. Eine nette italienische Dame erbarmte sich unser und zeigte uns schliesslich den rechten Austieg. Von der Haltestelle waren es ca. noch 1,3 km Wegstrecke, teils mit Steigung bis zum Eingang der Villa.
Das Wetter konnte sich nicht recht entscheiden, ob es nieseln wollte oder nicht. Den Schirm klappte ich irgendwann zu und habe ihn gottseidank den ganzen weiteren Tag auch nicht mehr gebraucht. Wir erstanden unsere Eintrittskarten ( 10,-Euro) und einen Audioguide. Letzteres ist wirklich empfehlenswert, denn auch wenn es sogar Schautafeln mit deutschem Text gibt, es ist viel angenehmer beim Schauen und Staunen die Ruinen akustisch erklärt zu bekommen. Auch ist es sinnvoll, einen Plan mit sich zu führen ( gibt es im wohlsortierten Buchladen im Eingangsbereich), denn das Gelände umfasst 40 Hektar !

Wie schon zu Zeiten Hadrians ( geboren 76 n. Chr. in Italica, in der weitläufigen Provinz Hispania, röm. Kaiser von 117-138) ist ein Aufenthalt auf dem Land immer ein entspanntes Vergnügen. Der Anblick der riesigen Olivenhaine, der spitz aufragenden Zypressen, der Teichanlagen, der imposanten Ruinen ist ein wunderbares Erlebnis, was die Beschwernisse der Anreise in den Hintergrund treten liess.

Bitte eintreten:

In einem kleiner Pavillon steht ein Modell, wo man die einstigen Dimensionen dieser Kleinstadt erkennen und besser verstehen kann. Denn natürlich war diese riesige Fläche zwar auch Palast, aber eben auch Thermen, Bibliotheken, Gymnasium, Wohnräume für die Bediensteten ,Küchen, Ställe, Lagerräume, Tempel.

Es mag am Wetter gelegen sein, am Wochentag( Montag), an der frühen Reisezeit( Anfang Februar), die Zahl der Beschäftigten der Villa übertrafen bei weitem die Zahl der Besucher. Wir waren alleine in dem riesigen Areal. Einmal trafen wir das englischsprachige Ehepaar wieder, Es stellte sich heraus, sie waren aus den USA...."don´t say anything" :cool:. Wir unterhielten uns angeregt über die Weltpolitik an der Poikile, wie auch schon vor fast 2000 Jahren Hadrian dies mit seinen Freunden, Beratern, Gästen gemacht haben muss. Wobei Hadrian damals die Weltpolitik bestimmte, während wir als civis vulgaris mit den Auswirkungen der Entscheidungen der heutigen politischen Glücksritter leben müssen.

Da ich dem Wetter nicht traute, wollte ich eigentlich auf dem schnellsten Weg zum Canopos. Unmöglich, überall lenkten Ruinen, Mosaike, Säulen, Wasseranlagen vom direkten Weg ab. Wir mäanderten durch das Areal, das nicht nur viele Bauwerke umfasst, sondern auch die komplexe Komprimierung der Philosophie und Ästhetik des Hadrian.

Wir kreuzten die Bibliotheken, den Saal der Philosophen, das Teatro Marittimo:

Nicht alles ist echter Marmor...scheinbar stehen an einigen Ecken nur noch Repliken herum:

die Piazza D´Oro, das Nymphäeum, den Saal der dorischen Säulen, das Haus der Wachen, den Quadriporticus mit Fischteich, die Thermen( kleine und grosse, für Männer und Frauen), nicht alles war zu besichtigen, einiges gesperrt zwecks Instanthaltungsarbeiten
Viele Mosaiken liegen moosig vergrünt herum, noch gab es Farbspuren an den Mauerresten des Nymphäeums.

Es empfiehlt sich Essen und Trinken mitzunehmen! Vorallem im Sommer. Nasoni habe ich dort keine gesehen. Das Wasser in den Teichen ist so grün, dass sich dort nur Algen wohlfühlen können. Es gibt bei dem Pavillon einen Kiosk, an dem man sich wohl für Notfälle versorgen kann. Den habe ich aber nicht inspiziert, sondern nur von Ferne wahrgenommen.
Wir hatten unser Picknick dabei und nahmen das auf einer Bank unter den alten Olivenbäumen mit Blick auf die " Hundert Kämmerchen und das Antinoeion ein.
Ach, der schöne Antinoos...Gefährte und Geliebter des Hadrians starb so jung durch Ertrinken im Nil (130 n. Chr.). Hadrian war untröstlich, liess am Ufer des Nils eine ganze Stadt mit dem Namen Antinoupolis gründen. Antioos wurde vergöttlicht und bekam im ganzen Reich Tempel zu seiner Verehrung aufgestellt. Der Kult blieb aber im wesentlichen auf die östlichen Reichsgebiete beschränkt, wo Antinoos mit den verschiedenen lokalen Göttern verschmolzen wird, in Ägypten als Osiris, in Griechenland als Dionysos, sogar ein Sternbild ( Antinoos (Sternbild) – Wikipedia) wurde ihm gewidmet.
 
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