Römische Kuppeln

Kuppel von Santa Maria in Campitelli
1667



Dieser Blick auf Kirche und Kuppel bot sich mir im Dezember 2017 vom Kapitol aus (Ecke Via del Tempio di Giove und Via di Villa Caffarelli). Der Glockenturm mit vier Glocken wurde erst 1927 errichtet.

S. Maria in Campitelli, vollständig S. Maria in Portico in Campitelli oder einfach S. Maria in Portico, liegt an der Piazza Campitelli im Rione S. Angelo. Das "in portico" bezieht sich auf den hinter der Apsis der Kirche gelegenen Portikus der Octavia. Einen Teil davon (damals noch unrestauriert) erkennt man auf folgendem Foto:


S. Maria in Campitelli gehört zu den bedeutendsten Kirchen des römischen Barock und gilt als Hauptwerk von Carlo Rainaldi (1611 bis 1691).

1658 bestimmte Papst Alexander VII. Chigi den Vorgängerbau S. Maria in Campitelli als Ort für die Aufnahme einer Marienikone, welche während der Pestepidemie 1656 Wunder gewirkt haben soll.


Hochaltar mit Marienikone der Santa Maria in Portico​

Gleichzeitig wurde der Neubau der Kirche beschlossen. Die Grundsteinlegung fand am 29. September 1660 statt.

Hauptschiff, Fassade und Kuppel wurden zwischen 1662 oder 1663 und 1667 von Carlo Rainaldi entworfen und errichtet. Sein Mitarbeiter beim Bau war Giovanni Antonio De Rossi. Die Fassade aus Tivoli-Travertin entstand zwischen 1665 und 1667.


Die mit Ziegeln gedeckte Kuppel erhebt sich über einem niedrigen zylinderförmigen Tambour mit acht ovalen Fenstern. Die nicht ganz halbkugelförmige Kuppel ist durch Rippen in acht Felder geteilt. Die Kuppel endet in einer eleganten barocken Laterne.

Charakteristisch und wunderschön sind die acht mit Engelköpfen verzierten Voluten. Dazwischen befinden sich Rundbogenfenster. Die Laterne schliesst mit einem bleigedeckten Dach ab über dem sich Kugel und Kreuz erheben.

Die Kuppel tragen zwölf Säulen. Sie wird von sechs ovalen Fenstern erleuchtet. Im Kuppelfenster in der Achse des Hauptschiffes leuchtet ein Kreuz auf, welches aus zwei Alabasterquadern gebildet ist.


Die Kuppelwölbung ist in konzentrischen Kreisen mit Kassetten und in deren Mitte Rosetten bemalt. Die Decke der Laterne schmückt eine Darstellung des Heiligen Geistes in Gestalt einer Taube. Hier ein tolles Foto bei Wikimdia Commons. Und hier mangels eigener Aufnahme ein weiteres Foto aus dem weltweiten Netz:

Die vier Kuppelpendentifs zieren Inschriften in goldenen Buchstaben. Diese stammen aus der Heiligen Schrift (Buch Jesus Sirach) und beziehen sich auf die Jungfrau Maria:

QUASI CEDRUS EXALTATA SUM IN LIBANO ET QUASI CYPRESSUS IN MONTE SION
QUASI PALMA EXALTATA SUM IN CADES ET QUASI PLANTATIO ROSAE IN JERICHO
QUASI OLIVA SPECIOSA IN CAMPIS ET QUASI PLATANUS EXALTATA SUM JUXTA AQUAM
EGO QUASI VITIS FRUCTIVICAVI SUAVITATEM ODORIS ET FLORES MEI FRUCTUS HONORIS

Wie eine Zeder auf dem Libanon wuchs ich empor und wie eine Zypresse auf dem Berge Sion,
wie eine Palme in Cades wuchs ich empor und wie ein Rosenstock in Jericho,
wie ein lieblicher Ölbaum auf den Gefilden und wie eine Platane wuchs ich auf am Wasser,
einem Weinstock gleich sprosste ich mit lieblichem Dufte und meine Blüten trugen herrliche und reiche Frucht.​

Die Pflanzennamen werden als Symbole für die Tugenden Marias interpretiert und den Gläubigen zur Nachahmung empfohlen. Die Zeder steht dabei für Demut, die Zypresse für Milde, die Palme für Trauer, der Rosenstock für Tapferkeit, der Ölbaum für Barmherzigkeit, die Platane für Reinheit des Herzens und der Weinstock für Verfolgtsein um der Gerechtigkeit willen.

Wenn wir schon beim Rosenstock sind, hier noch ein Foto der Kuppel von S. Maria in Campitelli, aufgenommen im Rosengarten am Fuß des Aventin.

 
Kuppel von Santa Maria in Campo Marzio
1685


Der Anblick von Kirche und Kuppel ist mir seit meinen allerersten Romreisen als Kind und Jugendliche lieb und teuer und war mir immer eine Landmarke auf dem Weg zu Giolitti. :)

Die Geschichte von S. Maria in Campo Marzio resp. Chiesa di Santa Maria della Concezione in Campo Marzio und des einstigen Konvents ist sehr alt und reicht bis ins 8. Jh. zurück. Ein Vorgängerbau wurde im im 17. Jahrhundert auf Wunsch der Äbtissin des zugehörigen Konvents, Maria Olimpia Pani, abgerissen und von 1676 bis 1686 eine völlig neue barocke Kirche errichtet. Architekt war Giovanni Antonio de Rossi.


In Ermangelung einer angemessenen Straßenfassade hat de Rossi viel Wert auf die Aussicht auf Apsis und Kuppel von der Via della Maddalena aus gelegt. Bei der Kuppel handelt sich allerdings nicht um eine imposante halbkugelförmige Kuppel mit einem Tambour, sondern um eine aussen wie innen bescheidene Kuppel.

Aussen wird sie von einem achteckigen ziegelgedeckten Tiburio mit vier rechteckigen Fenstern umschlossen. Den vier rechteckigen Fenstern entsprechen vier querovale der Innenkuppel.

Über dem Tiburio erhebt sich die Kuppellaterne. Die Laterne besitzt vier säulenumstandene Fenster die durch Pilaster mit Voluten voneinander getrennt sind. Über dem Dach der Laterne erheben sich Kugel und Kreuz. Die Kuppel erreicht eine Höhe von 33 Metern.

Es folgen Ansichten der Kirche und des Eingangs zum Cortile mit Portikus und Kirchenportal, aufgenommen am Beginn der Via della Stelletta:

Der Grundriss der Kirche beruht auf der Form eines griechischen Kreuzes. Über der Vierung erhebt sich die Kuppel.

Das Interieur ist insgesamt schlicht in Weiß und Hellgrau gehalten. Es wird von der ovalen Innenkuppel dominiert. Diese ruht auf einem Gebälk mit einem Architrav, das mit flachen Konsolen verziert ist. Breite weiße Stuckrippen teilen die Kuppelschale in vier sogenannte Segel. Jedes Segel hat, wie bereits erwähnt, ein querovales Fenster, das von Stuckornamenten und Putten bekrönt ist. Die Basis der Laterne verfügt über eine hübsche umlaufende Stuckgirlande mit Blumen und Früchten. An der Decke der Laterne erkennt man eine Darstellung des Heiligen Geistes in Gestalt einer Taube.


Gerne hätte ich Detailaufnahmen der Stuckdekorationen, aber in den letzten Jahren fand ich beide Eingänge zur Kirche leider immer nur verschlossen vor.

Ein paar weitere Eindrücke von meinen bisherigen Besuchen in S. Maria in Campo Marzio findet der interessierte Leser u.a. in folgenden Berichten: Due giorni a Roma - meglio di niente und Römische Kreuzgänge - ein Bilderbogen
 
An dieser Kirche komme ich fast jeden Tag vorbei und die teilweise bläulich schimmernde Fassade habe ich schon fotografiert. Jetzt bin ich gespannt ob sie morgen geöffnet ist. Die weiße Kuppel ist sehr schön.
 
Ich habe heute Abend nach anderen Informationen als jenen von 060608 gesucht denn nach den Angaben dort habe ich mich gerichtet, was aber nie zum Erfolg geführt hat. Jetzt habe ich diese gefunden:

Access
Owing to a long programme of restoration the church has not been accessible in recent years, but individual interested visitors had the opportunity to look in (if not to wander around) if the door was open.

However, since the restoration was finished the church has apparently been kept locked up except for liturgical events. The tourist website 060608 (June 2018) claims that group visits can be arranged in advance and gives a contact number: 331 6787420.

Liturgy
Mass is celebrated according to the Syrian-Antiochene rite, but the church is in full communion with the Holy Father.

There are five Eastern rites of the Catholic church in Syria and Lebanon, and they are often listed as the Armenian, Chaldean (both for immigrants), Maronite (in Lebanon), Melkite (Byzantine) and Syrian (Jacobite).

This church belongs to the last-named, which is used by the descendents of those members of the Syrian Orthodox Church who accepted the authority of the Pope in the 19th century. This church in turn is descended from those Syrian christians who rejected the authority of the Ecumenical Council of Chalcedon in 451, and who used to be called Monophysites. The term Jacobite derives from the 6th century bishop who first organized their hierarchy. The liturgy they use is descended from that in use at Antioch in patristic times.

Mass is celebrated (Centro Storico database, accessed May 2019):

Sundays 11:30;

Mondays, Wednesdays and Fridays 8:00.

Quelle: Santa Maria in Campo Marzio

Vielleicht hilft das weiter!
 
Hhhmmm ... wobei ich dort allerdings nur Gottesdienstzeiten sehe - oder hab' ich vielleicht (es waere nicht zum ersten Mal) irgendwelche Tomaten auf den Augen? ;)

Was dies betrifft:
Ich habe dort nachgesehen, aber auch schon bemerkt, dass die Angaben dort nicht immer zuverlässig sind.
Weswegen ich im Sommer 2017 dazu mal einen eigenen Thread eroeffnet hatte:
Chiese cattoliche/Luoghi di culto di interesse storico-artistico/Cultura e svago - 060608.it

Bedauerlicherweise hat sich in mehreren Reiseplanungsthreads der jüngsten Zeit herausgestellt, dass einige Angaben auf dieser sonst stets so zuverlässigen Website in Widerspruch stehen zu denen, die man liest auf der betr. Homepage und/oder im Aushang der jeweiligen Kirche.
Das bedeutet also für uns in Zukunft erhöhten Recherche-Aufwand - leider. Aber was tut man nicht alles ... schließlich zählen aktuelle und belastbare Informationen zu den wertvollsten Markenzeichen unseres schönen Forums.
 
Ja, es sind nur Gottesdienstzeiten, aber vielleicht hat man Glück und kann kurz vor Beginn oder nach Ende des Gottesdienstes einen Blick in die Kirche werfen. Eventuell versuche ich mein Glück 2020.
Auch habe ich den Text gepostet weil er bestätigt, dass es seit Jahren für interessierte Besucher so gut wie keine Gelegenheit gibt die Kirche von innen zu sehen.
 
Liebe Simone,

es ist erstaunlich, wie es dir immer wieder gelingt, so viele detaillierte Informationen zu römischen Kuppeln, wie in dem obigen Beitrag zu Santa Maria in Campo Marzio, zusammenzutragen.
Ich muss gestehen, dass es mir, trotz vieler Romreisen, noch nie gelungen ist, diese Kirche zu besichtigen. Ich bin zwar bis in den Cortile "vorgedrungen", immer auch in der Hoffnung, einen Blick in den Kreuzgang werfen zu können, aber auch das blieb mir verwehrt.

Daher danke ich dir sehr für diesen Beitrag und freue mich schon auf weitere Berichte über römische Kuppeln!
 
Liebe lukasi,

Ich muss gestehen, dass es mir, trotz vieler Romreisen, noch nie gelungen ist, diese Kirche zu besichtigen.

Damit bist du sicherlich nicht allein und irgendwann wird es hoffentlich gelingen. Dafür drücke ich die Daumen.

Ich bin zwar bis in den Cortile "vorgedrungen", immer auch in der Hoffnung, einen Blick in den Kreuzgang werfen zu können, aber auch das blieb mir verwehrt.

In der Tat versperrten dort jahrelang Sperrholzwände den Blick in den Kreuzgang. Inzwischen ist dieser restauriert und durch die doppelte Glastür im Innenhof von S. Maria in Campo Marzio kann man einen kleinen Blick in den Kreuzgang, auf den Springbrunnen Giacomo della Portas und das Kirchlein S. Gregorio Nazianzeno mit dem romanischen Campanile werfen. Einige alte Bäume, an die ich mich erinnere, sind allerdings verschwunden.

Da dieser Komplex Büros des Abgeordnetenhauses beherbergt, ist er leider normalerweise unzugänglich.

Ich freue mich, dass du die Kuppelberichte gerne verfolgst und es wird wohl keine Ewigkeit dauern bis ein weiterer folgt. Die Auswahl ist noch groß!
 
Vielen Dank, liebe Simone, für die zwei Bilder vom Kreuzgang von Santa Maria in Campo Marzio. Ich kenne leider auch nur die Bretterwände, die dort jahrelang den Blick versperrten. Aber das lässt sich demnächst ja ändern...
 
Ich hole mal folgende Nachricht von heute Morgen hierhin in meinen Thread über römische Kuppeln: Vatikan/Papst: - Kuppel des Petersdoms wird restauriert

Und auch der folgende Auszug aus meinem Reisebericht "Rom für Anfänger und Fortgeschrittene" von 2014 darf hier Platz finden:

"Am Sonntag, dem 7. September haben wir sehr zeitig gefrühstückt und uns dann alle 11 gemeinsam zu Fuss auf den Weg von unserem Quartier über den Gianicolo nach St. Peter und zum Campo Santo gemacht um dort um 9 Uhr an der Messe in deutscher Sprache teilzunehmen.

Unterwegs bot sich uns dieser herrliche Blick auf die Kuppel des Petersdoms:


Ihr Anblick fasziniert mich immer wieder, ob aus der Nähe oder aus der Ferne, ob bei Tag oder bei Nacht. Bevor wir unseren Sonntagsspaziergang fortsetzen, möchte ich an dieser Stelle einen kleinen Beitrag zur Würdigung der Rolle Giacomo della Portas beim Bau der Kuppel leisten.

Giacomo della Porta und die Peterskuppel
1593


In seiner Ausgabe 24/2011 hat der deutsche Osservatore Romano einen sehr beachtenswerten Artikel mit dem Titel "Studie zur Struktur und Statik der Petersdomkuppel. Wichtige neue Details entdeckt" veröffentlicht. Einen Teil kann man im Netz lesen Siehe: Kultur der archivierten Ausgabe 24/2011 des Osservatore Romano. Der Autor, Sandro Barbagallo, ist der Meinung, dass "die geniale Urheberschaft" della Portas "nie so gewürdigt worden ist, wie sie es verdient".

Nach der Lektüre des genannten Artikels und weiterer Quellen aus dem Netz z.B. C'è molto di Porlezza nella cupola di Michelangelo S.24 in Il Cuccio. Notiziario del Comune di Porlezza (Oktober 2008), ergibt sich für mich folgendes Bild:

Als Michelangelo 1564 starb, stand nur der Kuppeltambour. 23 Jahre später, am 19.1.1587 erhielt Giacomo della Porta von Papst Sixtus V. den Auftrag zum Bau der Kuppel. 10 Jahre wurden ihm dafür gewährt und unterstützen sollte ihn Domenico Fontana. In nur 22 Monaten intensiver Arbeit gelang es die Kuppel zu errichten. Auf der Baustelle waren 800 Arbeiter Tag und Nacht (!) beschäftigt. Giacomo della Porta hat sich jeden Tag persönlich dem grossen Projekt gewidmet. Zu Beginn hat er z.B. Zeichnungen in Originalgrösse auf den Boden von S. Paul vor den Mauern gezeichnet um den Arbeitern die Vorgehensweise zu erläutern!

Osservatore Romano schrieb:
Als Della Porta den Auftrag übernimmt, wird ihm klar, daß die Krümmung der Kuppelschale, so wie sie Michelangelo geplant hatte, auf der Höhe des Tambours einen starken Druck nach außen erzeugt und somit die ganze Struktur gefährdet hätte. Der Architekt löst das Problem, indem er die vertikale Struktur der Kalotte um sieben Meter erhöht. Er erreicht schließlich, daß das Gewicht der ganzen Struktur nach unten verlagert und somit die Statik gesichert wird.
Er verwendete nur die allerbesten Materialien. Die Ziegel wurden dort gebrannt, wo sich heute das Papstwappen in den Vatikanischen Gärten befindet.

Am 8.8.1589 wurden die 36 Säulen aufgestellt. Wenige Tage später starb Sixtus V. Der Bau der Laterne und die Bleiverkleidung wurden 1593 unter Clemens VIII. abgeschlossen.

Untersuchungen von Marta Carusi vor einigen Jahren haben auch enthüllt, was man mit dem blossen Auge nicht sieht: Eine Metallstruktur aus 7 Eisenringen (64 Ankern zwischen den beiden Kuppelschalen, zahlreichen Ketten in der inneren Kugelschale und den Gewölberippen, 16 Riegel) sorgt für die statische Widerstandskraft der Kuppel.

Siehe Il Giornale dell'Arte - Forse È Da Riscrivere La Storia Del Cupolone. Pink in der Zeichnung eingetragen sind die Eisenringe Giacomo della Portas von 1589 und 1590.

Marta Carusi veröffentlichte 2010 den Aufsatz "La struttura portante della cupola di Della Porta: 1588-2010". Siehe: "Annali di architettura", n. 22, 2010 :: Palladio Museum. Hier der Link zur Websseite der Architektin."

Ende des Auszugs. Mit dem Inneren der Peterskuppel werde ich mich bei Gelegenheit gerne auch noch beschäftigen.
 
Besonders, wenn man sich dieser Kuppel vom Gianicolo aus nähert. Dann bekommt man eine Vorstellung davon, wie sie bei der ursprünglichen Planung wirken sollte. Die Fassade des Petersdom versperrt diesen von Michelangelo erdachten Eindruck.
 
Ein etwas anderer Kuppelbeitrag: Der Pfarrer von S. Salvatore in Lauro spendet den Menschen der Umgebung den Segen von der Kuppel der Kirche aus und kündigt an, dass er auch an Ostern die Messe von dort aus halten möchte.


Zur Kuppel von S. Salvatore in Lauro siehe hier.

 
Auch ich erinnere mich gut an diesen Ausblick! :)
 

Kuppel der Chigi-Kapelle in S. Maria del Popolo
1516

Die prächtige Kapelle der Chigi-Familie wurde von Raffael entworfen, der sich seit Herbst 1508 in Rom aufhielt. Ihre Ausstattung wurde nach dessen Tod von anderen Künstlern vervollständigt. Es handelt sich um die 2. Kapelle im linken (nördlichen) Seitenschiff von S. Maria del Popolo.

Die Entstehungsgeschichte der Kapelle, wie wir sie heute kennen, umfasst insgesamt rund 150 Jahre.

1507

Mit einer Bulle vom 3. Dezember 1507 bestätigte Papst Julius II. den Erwerb der Patronatsrechte über die Kapelle durch Agostino Chigi (1466-1520). Dieser erhiet die Erlaubnis die zuvor den drei Heiligen Sigismund, Sebastian und Rochus geweihte Kapelle der Madonna von Loreto sowie den Heiligen Sebastian und Augustinus zu widmen. Vor allem durfte er sie als Grabkapelle für sich und Verwandte nutzen. Von einem völligen Neubau sagte die Bulle nichts, aber zu einem solchen kam es nach dem Tod des Papstes.

1510

Spätestens im November diesen Jahres trat Raffael in Kontakt zu Agostino Chigi für den er in dessen Villa, die wir als Villa Farnesina kennen, tätig wurde. So entstand dort um 1511/12 das Gemälde Triumph der Galatea. In den Jahren 1513/14 malte Raffael für Chigi die Sibyllen über dem Bogen der Cappella Chigi in S. Maria della Pace. Die Loggia der Psyche in der heutigen Villa Farnesina wurde von Raffael und seiner Werkstatt 1519/20 ausgemalt.

1513

Nach dem Tod Papst Julius‘ II. im Februar wurde die bestehende polygonale Kapelle abgerissen und durch einen von Raffael entworfenen Zentralbau ersetzt. Der Entwurf der Grabkapelle für Agostino Chigi ist eines der Meisterwerke, das Raffael im Auftrag des Mäzens ab 1513 ausführte. Siehe: Raffael: Grundriss der Chigi-Kapelle in Santa Maria del Popolo in Rom [1] und Raffael: Grundriss der Chigi-Kapelle in Santa Maria del Popolo in Rom [2]. Hier ein moderner Querschnitt durch die Kapelle.

Das Äussere der Kuppel ist bis heute weitgehend unverändert. In Ermangelung eines eigenen Bildes, hier ein Foto von Wikimedia Commons:

The exterior of the chapel is very simple: an oblong cube of exposed brick, surmounted by a cylindric tambour pierced with large rectangular windows. The cube is finished with a stone cornice while the tambour is decorated with a brick modillion trim. The low conical roof is covered with tiles but originally it was leaded. The dome is crowned by a small stone lanternino which has niches instead of windows between Tuscan pilasters and its base is decorated with four scrolls. This miniature round temple is topped with the symbols of the Chigi family, the mountains and the star with a cross. The exterior is practically invisible due to the location of the chapel behind the city wall, the Porta del Popolo and the main body of the basilica. Its simplicity and severe appearance was based on the reception of ancient Roman central-plan buildings for example the Temple of Minerva Medica.

Quelle

1514

Am 1. August wurde Raffael von Papst Leo X. zum Nachfolger Bramantes als Architekt an St. Peter ernannt.

1515/16

Der Rohbau der Cappella Chigi war wahrscheinlich noch vor Jahresanfang 1516 beendet.

Die Arbeit an den Kuppelmosaiken der neu erbauten Kapelle war 1516 beendet und durch den Venezianer Luigi da Pace, einen Schüler Raffaels, folgendermassen signiert und datiert: „LV[dovicus] D[e] P[ace] V[enetus] F[ecit] 1516“

Die Kuppelmosaiken basieren auf Entwürfen Raffaels. Die Kartons sind zwar verloren, aber mindestens zwei Entwurfszeichnungen aus der Feder Raffaels haben überdauert. Sie befinden sich im Ashmolean Museum, Oxford. Sie zeigen einen Entwurf für die Figur von Gottvater resp. einen Entwurf für einen Engel. Bei einer dritten Entwurfszeichnung im Palais des Beaux-Arts in Lille aufbewahrten Zeichnung, handelt es sich wahrscheinlich eher um das Werk eines Raffael-Schülers. Sie zeigt den Gott Mars und einen Engel. Quelle: Raffaello Sanzio catalog raisonné, 1966 - Wikimedia Commons

1516 bis 1520

Nachdem das Gerüst für die Anfertigung der Kuppelmosaiken 1516 abgebaut war, begann die Anfertigung der Statuen und des ersten Pyramidenmonuments unter der Ägide Raffaels.

1520

sterben im Abstand von nur wenigen Tagen Raffael und Agostino Chigi, die eine enge Freundschaft gepflegt hatten. Raffael am 6. April, Chigi am 11. April.

Man weiss, dass die Kapelle zu diesem Zeitpunkt im Rohbau abgeschlossen und die Kuppel mosaiziert war. Ursprünglich war auch die Mosaizierung der Kuppel-Pendentifs und des Tambours durch Luigi da Pace vorgesehen, aber dazu kam es nicht mehr. Agostino Chigis Grabmal war zum Zeitpunkt seines Todes noch in Arbeit. Vollendet wurde die zugehörige Pyramide erst 1522. In der Cappella Chigi kam es nach dem Tode Raffaels und Agostino Chigis zu einer Zäsur.

1652 bis 1661

Barocke Umgestaltung der Kapelle im Auftrag von Fabio Chigi, seit 1652 Kardinal und seit 1655 Papst unter dem Namen Alexander VII.

Kommen wir nun zu dem herrlichen Kuppelmosaik

Die Entwürfe stammen, wie schon gesagt, von Raffael, die Ausführung von Luigi da Pace über den ich keine weiteren Informationen gefunden habe. Dargestellt ist die Erschaffung der Gestirne.

In der Kuppellaterne erkennen wir Gottvater mit hocherhobenen Armen und geöffneten Händen. Fast alle Kunsthistoriker erkennen darin die Geste der Schöpfung. Einzig der Kunsthistoriker John Shearman deutet den Gestus als Entgegennahme der Seelen.


In acht trapezförmigen Feldern sind dargestellt: die Sonne, der Mond, die fünf Planeten Merkur, Saturn, Jupiter, Mars und Venus als heidnische Gottheiten, sowie die Sphäre der Fixsterne, symbolisiert durch eine Sternenkugel. Die Gottheiten sind als Halbfiguren dargestellt. Mit ihnen sind auch Sternzeichen abgebildet.


Vor allem sind den Planten und der Sphäre der Fixsterne Engel mit prachtvollen Flügeln zur Seite gestellt. Auf deren Rolle möchte ich später erst eingehen.

Beginnt man die Betrachtung der Kuppelmosaiken mit dem Mosaikfeld über dem Kopf Gottes und setzt sie im Uhrzeigersinn fort, ist die Reihenfolge der Planeten und Fixsterne diese:

1) Sphäre der Fixsterne


2) Merkur mit dem Hermesstab oder Caduceus und den Sternzeichen Jungfrau und Zwillinge

3) Luna mit der aufgehenden Mondsichel als Kopfschmuck, Pfeil und Bogen haltend, sowie dem Sternzeichen Krebs


4) Saturn mit der Sense und dem Sternzeichen Steinbock


5) Jupiter mit Blitzebündel und Adler sowie den Sternzeichen Schütze und Fische

6) Mars mit Schwert und Schild sowie den Sternzeichen Skorpion und Widder


7) Sol mit Sonnensymbol und Bogen sowie dem Sternzeichen Löwe


8) Venus mit Amor als Abendstern eine Fackel haltend mit den Sternzeichen Stier und Waage. Hier befinden sich auch die Datierung (unten rechts) und die Signatur (auf dem Griff der Fackel) durch Luigi da Pace


Leider habe ich momentan nicht von allen Einzelaufnahmen und verlinke deshalb auch Abbildungen von Gravuren des französischen Kupferstechers Nicolas Dorigny, angefertigt 1695 für Louis de Bourbon, duc de Bourgogne.

Während Agostino Chigi in seiner Villa am Tiber die Decke der Sala di Galatea mit astrologischen Motiven ausmalen liess, haben wir es in der Cappella Chigi mit einer Mischung aus mythologischen, astrologischen und christlichen Motiven zu tun. Raffael war sich natürlich bewusst, dass seine Entwürfe für die Ausgestaltung einer Kapelle gedacht waren und so kam es zu einer Versöhnung heidnischer und christlicher Elemente.

Möglicherweise hat Raffael die Lektüre Dantes diese Kombination nahegelegt. In seinem Werk Convivio (Gastmahl) soll Dante beschreiben, dass Engel den Mond bewegen, Erzengel den Planeten Saturn ... (damit möchte ich mich noch näher befassen).

Raffael platzierte, über jedem Himmelskörper einen Engel, der die Rolle des Schutzgeistes oder der Aufsicht über den Himmelskörper übernimmt. Das erkennt man besonders gut an zwei Engeln. Derjenige, der Mars begleitet, gebietet dem kriegerischen Gott mit ruhiger Hand das Schwert ruhen zu lassen. Derjenige, der über Jupiter sitzt, hebt seine Arme gegen Himmel, als wolle er sagen, dass man dort den wahren Gott suchen muss, nicht auf dem Olymp.

Der Vollständigkeit halber seien noch die Bilder im Tambour der Kuppel erwähnt. Der Maler Franceso Salviati hat dort in acht Bildern, im Uhrzeigersinn und an der Altarwand beginnend, folgende Szenen aus der Schöpfungsgeschichte dargestellt: Trennung von Licht und Finsternis, Erschaffung von Sonne und Mond (nicht aber der Planeten), Scheidung von Wasser und Land, Erschaffung Adams, Erschaffung Evas, Erschaffung der Tiere, Sündenfall, Vertreibung von Adam und Eva aus dem Paradies. Das Kuppelmosaik und diese Gemälde können also als komplementär verstanden werden.


Zu guter Letzt seien noch die vier Tondi erwähnt, welche unterhalb der Kuppel die üblichen Pendentifs ersetzen. Sie stellen die vier Jahreszeiten dar.

 
Zuletzt bearbeitet:
Die ursprünglich fehlenden Photos sind jetzt in den Kuppelbericht eingefügt.
 
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