Römische Kuppeln

Muss zugeben, dass ich diesen Blitzeinschlag zwischenzeitlich wieder ganz vergessen hatte :oops: ... und hoffe natürlich auch, dass die Reparatur mittlerweile stattgefunden hätte.

Ja, das wäre wirklich wünschenswert. Vielen Dank auch für das freundlich Lob des Threads. Noch habe ich keine Entscheidung darüber getroffen, mit welcher Kuppel es weitergehen soll, aber nach weniger bekannten wohl mit einer der "großen".

Leider muss die Kuppel wohl auch im Inneren gefährdet (gewesen) sein; denn als wir sie im September besuchten, war innen die Vierung mit einem rot-weißen Absperrband abgetrennt.

Das war zu befürchten. Aber kommt Zeit, kommt sicher auch Reparatur!
 
Gerne erinnere ich mich an unseren gemeinsamen Besuch dieser Kirche, den wir zudem gar nicht geplant hatten. Wir haben von einer offenen Tür profitiert. Und jetzt in Utrecht durfte ich das Altargemälde mit Johannes dem Täufer losgelöst von seinem eigentlichen Bestimmungsort bewundern. Ich gestehe, dass ich der Kuppel damals wenig Aufmerksamkeit gewidmet habe und nun wieder um ein römisches "Schmankerl" reicher geworden bin. Hoffentlich sind bis zu einem nächsten Besuch die Reparaturen durchgeführt, damit man das Beschriebene angemessen bewundern kann.
 
Und jetzt in Utrecht durfte ich das Altargemälde mit Johannes dem Täufer losgelöst von seinem eigentlichen Bestimmungsort bewundern.

Genau! In diesem Zusammenhang Ausstellung: Utrecht, Caravaggio und Europa und ff. haben wir uns kürzlich über S. Maria della Scala ausgetauscht.

Ich gestehe, dass ich der Kuppel damals wenig Aufmerksamkeit gewidmet habe (...)

Mir gefiel sie gut und besonders gut der Sonnenstrahl, der sie durchwanderte bis er dann verschwand als die Sonne höher gestiegen war.
 
Kuppel von S. Antonio dei Portoghesi
1676


Nach einer längeren Unterbrechung seit März gibt es heute einen neuen Beitrag zu den römischen Kuppeln.

Die Kuppel von S. Antonio dei Portoghesi wurde von 1674 bis 1676 von Carlo Rainaldi (1611 bis 1691) errichtet. Ihre Laterne mit formschönem Dach, vier Rundbogenfenstern und von Kugel und Kreuz bekrönt, habe ich bereits Ende 2010 einmal von der Via dei Pianellari aus fotografiert (Foto unten links).


Die Kuppel selbst erst vor ein paar Wochen, an einem Sonntag Morgen im Oktober 2019 (Foto oben rechts). Sie erhebt sich über einem niedrigen Tambour mit vier querovalen Fenstern. Hier eine Satelliten-Ansicht von Google maps. Aussen ist die Kuppel, ebenso wie das Dach der Laterne, mit Blei gedeckt und durch Rippen unterteilt.

Im Kircheninnern ist die Kuppel ebenfalls durch vergoldete Stuck-Rippen unterteilt. Die dadurch entstandenen vier Felder enthalten je ein Medaillon mit Darstellungen von portugiesischen Seligen: Johanna von Portugal (1452–1490), Sancha von Portugal (um 1180 bis 1229), Mafalda von Portugal (um 1200 bis 1257) und Theresia von Portugal (um 1178 bis 1250). Die drei letztgenannten sind Töcher des portugiesischen Königs Sancho I.


Die Laterne ist mit einer Darstellung des Heiligen Geistes verziert:


Die Pendentifs zeigen vier Heilige die mit der Geschichte Portugals verbunden sind: Papst Damasus I. (um 305 bis 384), Victor von Braga († im 1. Jahrhundert oder um 300), Gerald von Braga († 5. Dezember 1109) und Mancius von Évora (1. Jahrhundert).


Alle Fresken stammen von einem akademischen Maler des 19. Jahrhunderts, Francesco Grandi (1831 bis 1891), der in vielen römischen Kirchen tätig war. Sie entstanden während einer Restaurierung der Kirche von 1869 bis 1870. Wie das Kuppelinnere davor gestaltet war, kann ich leider nicht sagen.

Zu guter Letzt noch ein paar weitere Ansichten des Kircheninnern:


Links: Cappella del Presepe o della Beata Vergine di Betlemme
Rechts: Cappella di S. Antonio Abate mit Altargemälde von Antoniazzo Romano
“Madonna in trono col Bambino tra i Santi Francesco d’Assisi e Antonio di Padova”


Links: Cappella di S. Caterina
Mitte und rechts: Cappella S. Giovanni Battista

Zu den Fenstern von Antonio Moroni in der Kirche siehe: S. Antonio dei Portoghesi


Grabmonument von Antonio Canova von 1808 für den portugiesischen Diplomaten Alexander de Sousa-Holstein​
 
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S. Ignazio - Scheinkuppel von Andrea Pozzo
1684/85
und zweimal verhinderte echte Kuppel

Die meisten Rombesucher kennen S. Ignazio, eine Kirche ohne Kuppel, aber mit grossartiger Scheinkuppel von Andrea Pozzo aus dem 17. Jahrhundert!


Ich hätte die berühmte Scheinkuppel wahrscheinlich nicht in diesen Thread aufgenommen, wenn ich nicht kürzlich durch puren Zufall darauf gestossen wäre, dass es in den 1920er Jahren einen zweiten Anlauf zu einer gebauten Kuppel für die Jesuitenkirche gab. Diese wurde jedoch, wie bereits jene von Orazio Grassi im 17. Jh. vorgesehene, nicht realisiert.

Da ich noch nie von diesem zweiten Anlauf gehört hatte und das Thema interessant fand, möchte ich das Resultat meiner weiteren Suche gerne mit Euch teilen.

1. Orazio Grassi und seine Entwürfe für S. Ignazio

1622 wurde Ignatius von Loyola heiliggesprochen.

1626 erbat sich Kardinal Ludovico Ludovisi (1595 bis 1632) Baupläne zu einer Kirche für den neuen Heiligen und stellte 100.000 Scudi zu deren Bau bereit.

Auf dem Pincio-Hügel in Rom errichtete er mit der Villa Ludovisi einen Höhepunkt der römischen Barockkunst, und auch seine Antiken- und Gemäldesammlung gehörte zu den bedeutendsten ihrer Zeit. Nach dem Tod Papst Gregors XV. (8. Juli 1623) und der Wahl Papst Urban VIII. blieb er zunächst in Rom, begab sich dann im März 1624 jedoch an seinen Erzbistumssitz Bologna und bemühte sich hier mit Nachdruck um kirchliche Reformmaßnahmen. Das Heilige Jahr 1625 verbrachte er erneut in Rom, wo er am 2. August 1626 den Grundstein für die Jesuitenkirche S. Ignazio legte.

Die Pläne für diese neue Kirche der Jesuiten neben dem Collegio Romano fertigte deren Mitbruder, Astronom, Mathematiker und Architekt Orazio Grassi (1583 bis 1654) an.

Zur Grundsteinlegung 1626 wurden acht verschiedene Medaillen geprägt.

Diese zeigt auf einer Seite das Porträt des Kardinals, auf der anderen einen Entwurf für S. Ignazio mit geplanter Vierungskuppel.

Eine weitere Medaille der Serie zeigt den knienden Kardinal mit einem Kirchenmodell. Hier die Rückseite dieser Medaille.

Ludovico Ludovisi (1595 - 1632), cardinale e arcivescovo. Medaglia per la fondazione della chiesa di Sant'Ignazio a Roma, 1626. D/ A DEO DATA VICISSIM DEO REDDIMVS (omelia 34 di San Crisostomo). Il Cardinal Ludovisi inginocchiato presenta al cielo il modello della Chiesa di Sant'Ignazio. R/ VNDE EXEVNT REVERTVNTVR (Ecclesiaste, I, 7). Tre cascate d'acqua (con allusione alle tre bande dello stemma Ludovisi); all'esergo, AN MDCXXVI.

Quelle

Zum Abschluss noch eine dritte Medaille mit dem Kirchenmodell der ersten und der Schrift: LVDOVICVS CARD LVDOVISIVS S R E VICECANCELL IGNATIO CVI GREGORIVS XV P M PATRVVS SANCTORVM CVLTVM DECREVIT COLENDO TEMPLVM EXTRVXIT AN MDCXXVI

Von Orazio Grassi existiert ein Album mit Entwürfen für S. Ignazio. Es wird im Archiv der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom aufbewahrt. Richard Bösel hat dazu 2004 ein Buch herausgegeben „Orazio Grassi. Architetto e matematico gesuita“.

Zeichnungen Grassis aus dem Album findet man auch im Online-Katalog der Fotothek der Biblotheca Hertziana unter der Bezeichnung „Grassi, Orazio als Zeichner“. Es gibt Entwürfe für die Fassade, für Wandnischen der Fassade, für das Hauptportal, die Seitenportale, Kapitelle, Gewölbe und für die geplante Kuppel. In der Suche "Orazio Grassi" und "S. Ignazio" eingeben.

Man findet unter den aktuell 27 Resultaten der Suche auch weitere Ansichten von S. Ignazio, z.B. diesen Aufriss. Gut zu erkennen, die geplante doppelte Kuppelschale, sowie eine innere und eine äussere Laterne.

Gibt man in der Suche nur "Orazio Grassi" ein, findet man u.a. noch folgende Nachstiche nach Orazio Grassi:

Nachstiche nach Zeichnungen von Orazio Grassi, von keinem Geringeren als Francesco Borromini, angefertigt um 1650, haben sich auch in der Graphischen Sammlung Albertina in Wien erhalten. Gibt man in der dortigen Suche "Borromini" und "Grassi" ein, erzielt man drei Treffer.

Besonders sehenswert

In der Biblioteca Apostolica Vaticana existieren heute noch Zeichnungen nach einem hölzernen Modell, welches Orazio Grassi für S. Ignazio angefertigt hatte. Leider ist es mir nicht gelungen diese unter den bereits digitalisierten und online gestellten Manuskripten der Bibliothek aufzutreiben. Allerdings sind zwei von Grassis Entwurfszeichnungen in folgendem Buch von Marcello Villani abgebildet: L'architettura delle cupole a Roma 1580-1670. Le più nobil parte. Bei Google books kann man es teilweise einsehen. Siehe Seite12 und Seite 146. Dieser Entwurf mit einer einheitlichen Fassade ist sehr verschieden von dem auf den Medaillen abgebildeten. Hauptschiff und Seitenschiffe haben exakt die gleiche Höhe. Die Fassade schliesst mit einer Balustrade ab und Statuen bekrönen die Balustrade. Die Kuppel mit Tambour, doppelter Kuppelschale, innerer und äusserer Laterne sollte sich über der Balustrade auf dem leicht tiefer liegenden Dach erheben.

Vorgezogen wurde zu guter Letzt jener Fassaden-Entwurf, der mehr an die Fassade von Il Gesù erinnert:


1629 verstarb Kardinal Ludovico Ludovisi.

Zwischen 1633 und 1643 war Orazio Grassi, der nach Savona berufen wurde, so gut wie nie in Rom anwesend. Ein anderer Jesuit und Architekt, Antonio Sassi, baute S. Ignazio zwar nach Grassis Plänen, veränderte diese aber, vor allem wahrscheinlich auf Wunsch seines neuen Patrons, Prinz Niccolò Ludovisi (1610 bis 1664), Bruder des verstorbenen Kardinals. Vor allem wurde die Kirche grösser angelegt. Das
hatte zur Folge, dass die zu erwartende Größe und Schwere der Kuppel zu den Ursachen für ihre Nichtrealisierung gehört.

1640 wurde der 100. Geburtstag der päpstlichen Anerkennung des Jesuitenordens mit grossem Pomp in der noch unvollendeten Kirche gefeiert.

1650 wurde die aus Geldmangel immer noch unvollendete Kirche S. Ignazio der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

1684 begann die Ausmalung der Kirche.

2. Die Scheinkuppel von Andrea Pozzo (1685)

Obwohl Geldmangel und statische Probleme sicher eine Rolle beim Verzicht auf eine echte Kuppel für S. Ignazio gespielt haben, liest man oft, dass der Bau der Kuppel im 17. Jahrhundert am Einspruch der Dominikaner von S. Maria sopra Minerva gescheitert sei. Diese hätten befürchtetet, dass die Kuppel vor allem ihrer Bibliothek das Tageslicht nehmen würde.

Sei es nun, um einen langwierigen Prozess mit dem anderen Orden zu vermeiden oder aus weiteren Gründen, sicher ist, dass die Jesuiten einen Wettbewerb für eine Scheinkuppel in Illusionsmalerei ausgeschrieben haben. Man kennt die Namen der Teilnehmer leider nicht, aber als Sieger ging Andrea Pozzo aus dem Wettbewerb hervor.

In der englischen Wikipedia-Biographie Pozzos liest man auch:

The church of Sant'Ignazio had remained unfinished with bare ceilings even after its consecration in 1642. Disputes with the original donors, the Ludovisi, had prevented the completion of the planned dome. Pozzo proposed to resolve this by creating the illusion of a dome, when viewed from inside, by painting on canvas. It was impressive to viewers, but controversial; some feared the canvas would soon darken.

Andrea Pozzo kam 1681 nach Rom:

In 1681, Pozzo was called to Rome by Giovanni Paolo Oliva, Superior General of the Jesuits. Among others, Pozzo worked for Livio Odescalchi, the powerful nephew of the pope, Innocent XI. Initially he was used as a stage designer for biblical pageants, but his illusionistic paintings in perspective for these stages soon gave him a reputation as a virtuoso in wall and ceiling decorations.

Im Traktat Pozzos Perspectivae pictorum atque architectorum findet man nicht nur ein Porträt Andrea Pozzos, sondern auch die vorbereitenden Stiche und Entwürfe der Scheinkuppel von Sant’Ignazio:

Ein weiterer Entwurf Pozzos in Gestalt eines Gemäldes wird heute in der Galleria Nazionale d’Arte Antica im Palazzo Barberini aufbewahrt. Es handelt sich um ein Ölgemälde auf Leinwand im Format 100 x 106 cm. Eine winzige Darstellung davon gibt es in diesem Katalog aus dem Jahr 2008. Ob es öffentlich ausgestellt ist, oder in den Magazinen des Museums ruht, weiß ich leider nicht.

Pozzos Arbeit an der auf Leinwand gemalten Scheinkuppel für die Kirche begann wahrscheinlich im Oktober 1684. Das Werk entstand in den Räumlichkeiten des Collegio Romano gleich neben der Kirche.

Hier Fotos der Scheinkuppel, wie man sie kennt, mit kassettierter Kuppelwölbung, Fenstern, Konsolen, Säulen, Laterne ...


In der geometrischen Mitte der Scheinkuppel erscheint - von schwebenden Engeln getragen - das IHS, Christusmonogramm und Ordensemblem der Jesuiten.

Symbol des Ordens ist das in Majuskeln geschriebene Nomen sacrum IHS (die Anfangsbuchstaben lassen noch die Übernahme aus der griechischen Schrift erkennen), das oft auch als Iesum habemus socium (Wir haben Jesus als Gefährten) oder Iesus hominum Salvator (Jesus, der Erlöser der Menschen) gedeutet wurde.

Quelle: Jesuiten – Wikipedia
Pozzo wurde am 31. März 1685 bezahlt, seine Gehilfen am 21. Mai, am 7. Juni und am 2. Juli. Am 20. Juni wurden jene Männer bezahlt, die die Malerei in die Vierung hinaufgezogen hatten. Nachdem die Schreinerarbeiten am tragenden Gerüst beendet waren, wurde Pozzos Werk am 31. Juli 1685, dem Todestag des Hl. Ignatius von Loyola (gestorben 1556) , feierlich enthüllt.

Der durchschlagende Erfolg der Kuppelmalerei führt nach deren Vollendung 1685 dazu, dass Pozzo beauftragt wird, die gesamte Wölbung zu freskieren. Pozzo entledigt sich dieser Aufgabe bis 1694 und tritt daraufhin als Entwerfer der monumentalen Altäre des Querhauses hervor.

Quelle: Sant’Ignazio (Rom) – Wikipedia

Pozzo war stolz auf seine Scheinkuppel. Er macht sie in zwei Versionen eines Selbstporträts mit zum Thema. Eines dieser Selbstportäts befindet sich in den Uffizien in Florenz. Eine spätere leicht modifizierte Version des Gemäldes befindet sich anscheinend in der römischen Kirche Il Gesù.


Siehe u.a. dazu Seite 16 in Der Maler und sein himmlisches Pendant - Andrea Pozzos „Selbstreflexionen“ in Sant’Ignazio von Julian Blunk.

Mit der Scheinkuppel von S. Ignazio verbunden ist aber auch der Name Francesco Manno (1752 bis 1832). Nach dem Brand eines Katafalks unter der Scheinkuppel im Jahr 1820 war Pozzos (leider nur auf dünne Leinwand gemalte) Kuppel nicht mehr zu retten. 1823 malte Francesco Manno sie neu, getreu den von Pozzo hinterlassenen Entwürfen und Studien.

Am 23. April 1891 wurde die erneuerte Scheinkuppel durch die Druckwelle nach der Explosion des Pulvermagazins an der Vigna Pia in der Nähe von S. Paolo fuori le Mura zerrissen. Die beschädigte Leinwand wurde 1891 mit einem blauen Tuch verhängt, das ursprünglich mit Sternen bemalt war, die aber im Laufe der Zeit verblassten. Es sollte 70 Jahre lang, bis 1961, dort bleiben, also fast drei Generationen lang!

Dank für seinen viele Jahre dauernden Einsatz um die Restaurierung der Scheinkuppel gebührt dem Kunsthistoriker Emilio Lavagnino (1898 bis 1963).

… egli ebbe il merito del restauro della finta cupola di fratel Pozzo a S. Ignazio.

Quelle

Als Lavagnino 1952 zum soprintendente alle Gallerie e Musei di Roma e Lazio ernannt wurde, sprach er von diesem Traum mit Prof. Guglielmo De Angelis d’Ossat. Dieser war von 1947 bis 1960 direttore generale dell'amministrazione delle Antichità e Belle Arti. Er teilte zwar den Enthusiasmus Lavagninos, vertröstete diesen aber mit dem Argument, es gäbe dringendere Aufgaben.

Von 1961 bis 1963 wurde die Scheinkuppel endlich restauriert und bietet seither wieder den ursprünglichen Raumeindruck. Der Restaurator war Giuseppe, genannt Pico, Cellini (1906-2000). Das große kreisrunde Gemälde wurde abgesenkt, zerlegt, gereinigt, wieder zusammengesetzt, erneut in die Kuppelwölbung hinaufgezogen. Fotos siehe hier und hier.

Lavagnino und Cellini waren einander durch frühere Restaurierungsprojekte sehr verbunden. Leider konnte Emilio Lavagnino nur noch aus dem Krankenhaus in Genf zum Abschluss der Arbeit gratulieren. Er starb zwei Tage später, am 12. April, 1963.

3. Armando Brasini und der zweite Anlauf zu einer echten Kuppel

In S. Ignazio ist ein Kuppelmodell ausgestellt und zwar vor der im rechten Seitenschiff befindlichen Cappella di S.Giuseppe oder Cappella Sacripante nach Kardinal, Giuseppe Sacripante, der die Ausstattung finanziert hat.


Bis vor kurzem bin ich davon ausgegangen, dass das Modell jene Kuppel darstellt, die Orazio Grassi im 17. Jahrhundert nicht hat bauen dürfen. Wie ich dann hier erfahren habe, verhält es sich allerdings ganz anders.

Outside the chapel “Wooden model of the dome that was never built” 1921 by Armando Brasini (1879/1965)

Das Modell aus dem Jahr 1921 stammt von Armando Brasini und zeigt, was einen Moment lang in greifbare Nähe gerückt war und dann doch wieder fallengelassen wurde, eine barock anmutende echte Kuppel für S. Ignazio, geplant im 20. Jahrhundert!

Nach der Explosion am 23. April 1891 und dem unschönen Notbehelf mit der versteckten, beschädigten Scheinkuppel, kam 1918 erneut die Idee zum Bau einer gemauerten Kuppel für S. Ignazio auf. Die beschädigte Scheinkuppel mit 17 Metern Durchmesser in 34 Metern über dem Boden der Kirche zu restaurieren, traute man sich damals nicht zu.

1918 gab der Fondo Culti Pläne bei Armando Brasini in Auftrag, die auch vom Consiglio Superiore delle Belle Arti gutgeheissen wurden.

… grande progetto di Brasini: quello della Cupola di S. Ignazio a Roma, commissionatogli dal Fondo Culti nel 1918, e approvato dal Consiglio Superiore delle Belle Arti dichiarandolo "degno dell'insigne chiesa, una tra le più belle di Roma".

Quelle: Quella cupola che non c'è più

Wer war Armando Brasini? Der römische Architekt lebte von 1879 bis 1965. Siehe z.B. Armando Brasini - Wikipedia, Armando Brasini - Munzinger Biographie, Armando Brasini

Man kennt ihn z.B. durch den Ponte Flaminio, den Palazzo INAIL in der Via Quattro Novembre , die Kirche Sacro Cuore Immacolato di Maria ai Parioli sowie den Eingang zum römischen Zoo mit seinen Elefantenköpfen. Er vollendete den östlichen Flügel des Vittoriano, errichtete das Museo del Risorgimento und die Krypta des unbekannten Soldaten …

Mussolini mochte seinen Stil, aber zum Glück wurden die grössenwahnsinnigsten städtebaulichen Pläne der faschistischen Ära nicht realisiert! Sonst sähe es z.B. zwischen Piazza Colonna und Pantheon vielleicht heute so aus.

Brasinis Kuppelmodell wurde 1921 bei einer nationalen Ausstellung in Florenz im Frühjahr 1921 ausgestellt und erneut 1930 bei einer Ausstellung über moderne Architektur in Budapest.

… progettò anche una cupola per la chiesa di S. Ignazio a Roma, lasciata incompiuta, che presentò alla Fiorentina primaverile del 1921 insieme con progetti per la sistemazione dei Borghi e di piazza Colonna, per un monumento a Dante, per il pal. del conte Testasecca (v. il catal., Roma 1922, pp. 28 s.). Il progetto per la cupola di S. Ignazio apparve in seguito anche all'Esposizione di architettura moderna a Budapest nel 1930 (cfr. il fotomontaggio in Architett. e arti decorative, X [1931], p. 247, e in Encicl. Ital., VII, p. 774).

Quelle

Bei der im Zitat erwähnten Fotomontage handelt es sich wohl um diese. Hier eine Detailaufnahme des Kuppelmodells. Beide Fotos stammen aus dem Artikel The Modern Baroque of Armando Brasini von Matthew Aldermam aus dem Jahr 2009.

Warum genau letztendlich der Bau auch dieser Kuppel fallengelassen wurde, kann ich nicht sagen, aber es war wohl besser so! Ich begnüge mich gerne mit der Existenz des Modells und bin erfreut, dass ich jetzt gelernt habe, es zeitlich richtig einzuorden!
 
Zuletzt bearbeitet:
Das war wieder völliges Neuland. Dank an Simone, die durch ihren interessanten und gut recherchierten Beitrag das Geheimnis der Kuppel gelüftet hat. Allerdings sehe ich es genauso: es reicht mir, nun das Modell zu verstehen und mich ansonsten an der gemalten Kuppel zu erfreuen.
 
Liebe Gaukler, Claude und lieber mystagogus,

herzlichen Dank für eure überaus freundlichen Worte und euer Interesse an dem hoffentlich nicht zu speziellen Thema! ;)

Wie ich eben festgestellt habe, funktionieren die beiden Albertina-Links zu den Zeichnungen Borrominis nicht.

Ich versuche nachzubessern, aber ich fürchte, sie sind einfach nicht von Bestand.
 
Liebe Simone,

dein Beitrag über die Scheinkuppel von S. Ignazio zeigt einmal mehr deine äußerst fundierten Kenntnisse der,
von dir uns hier im Forum näher gebrachten, römischen Kuppeln.
 
Zuletzt bearbeitet:
Liebe lukasi,

es hat viel Spass gemacht mir die Kenntnisse durch die Lektüre zahlreicher guter Aufsätze und Artikel anzueignen. Diese aufzutreiben war gar nicht so einfach, aber es hat sich in meinen Augen gelohnt. Besonderns bereichernd war es u.a. die Person von Emilio Lavagnino kennenzulernen, von dem ich zuvor noch nie gehört hatte. Er war bestimmt eine sehr interessante Persönlichkeit. So hat er als junger Mann im 2. Weltkrieg dazu beigetragen italienische Kunstschätze zu retten. Zu diesem Aspekt seines Wirkens wurde ein Dokumentarfilm gedreht dessen Trailer man sich hier ansehen kann:


Aber um zu Andrea Pozzo zurückzukehren: Ich füge gleich oben noch das Plakat einer Ausstellung ein, auf dem eines seiner im Bericht erwähnten Selbstporträts zum Teil zu sehen ist.
 
Liebe Simone,
zuerst noch ein Dankeschön für deine Beschreibung von S. Antonio dei Portoghesi - völliges Neuland für mich und darum umso interessanter!

Was du über S. Ignazio recherchiert hast ist grandios! Da wird man beim nächsten Besuch dieser Kirche mit völlig anderen Voraussetzungen hineingehen und sich Kuppelmodell und Scheinkuppel viel genauer ansehen. Vielen Dank auch dafür!
 
Liebe ColleMarina,

Wenn du S. Antonio dei Portoghesi noch nicht kennst, dann lohnt sich ein Besuch wirklich! Mir gefällt die reich ausgestattetet Kirche ausgesprochen gut!

Was du über S. Ignazio recherchiert hast ist grandios! Da wird man beim nächsten Besuch dieser Kirche mit völlig anderen Voraussetzungen hineingehen (...)

Vielen Dank für die freundlichen Worte und einen schönen nächsten Besuch dieser prachtvollen Kirche! Ich bin auch immer wieder sehr gerne in S. Ignazio.
 
Kuppel von S. Giovanni dei Fiorentini
1614



Die Fassade von San Giovanni dei Fiorentini beherrscht die Piazza d’Oro am Ende der Via Giulia. An der von 1520 bis 1620 errichteten Kirche wirkten u.a. die Baumeister Antonio da Sangallo d. J., Giacomo della Porta und Carlo Maderno (um 1556 bis 1629) mit. Die Kirche war bis 1906 Nationalkirche der Florentiner in Rom, seitdem ist sie Gemeindekirche des Stadtteils.

Eine gute Sicht auf die Kuppel hat man vom Gianicolo aus. Das entsprechende Foto wude mir freundlicherweise von Gaukler zur Verwendung in diesem Bericht zur Verfügung gestellt.


Die Vierungskuppel ist auch vom Lungotevere aus gut zu sehen. Sie ist das Werk des Architekten Carlo Maderno und wurde von ihm 1614 fertiggestellt. Wegen ihrer hohen, schmalen Form wird sie von den Römern liebevoll als „il confetto succhiato“, „das abgelutschte Bonbon“, bezeichnet.


Maderno kam um 1576 mit rund 20 Jahren nach Rom, wurde Mitarbeiter seines Onkels Domenico Fontana und erhielt 1588 das römische Bürgerrecht. Wir kennen ihn vielleicht am besten weil ihm die Aufgabe, das Langhaus und die Fassade des neuen Petersdoms zu bauen, übertragen wurde.

Aber zurück zu S. Giovanni dei Fiorentini: Maderno vollendete diese in der Nähe seines Wohnhauses gelegene Hauptkirche der Florentiner in Rom und blieb ihr ein Leben lang verbunden. Schliesslich fand er dort auch seine letzte Ruhestätte und später neben ihm Francesco Borromini. Die Trauerfeier für Borromini im August 1667 fand unter der Kuppel statt.


Die Kuppel von S. Giovanni die Fiorentini erhebt sich über einem hohen achteckigen Tambour mit vier rechteckigen Fenstern und vier rundbogigen Nischen. Die Nischen sind mit einem Muscheldekor geschmückt, das sich auch im Innern wiederholt. Es folgt eine etwas zurückliegende, ebenfalls achteckige Zwischenzone und dann die bleigedeckte Kuppelschale welche durch Rippen in acht Felder eingeteilt ist. Die Kuppel endet in einer graziösen barocken Laterne. Diese ist von Kugel und Kreuz bekrönt.


Der Innenraum der Kirche wurde erst 1620 fertiggestellt. Maderno gab ihm einen nüchternen und zugleich etwas strengen Charakter.

Was das Kuppelinnere anbelangt, so rahmen Pilasterpaare die Fenster und Nischen des Tambours ein. In den Nischen sind schöne Muschelmotive eingelegt. Darüber hinaus erkennt man Konsolen, Rosetten und Girlanden aus Stuck.

Die Taube des Heiligen Geistes ist an der Decke der Laterne abgebildet. Am Fuss der Laterne liest man folgende Inschrift:

A - M - DC - XIIII + DEO - ET - S. - IOANNI - BAPTISTAE - NATIO. - FLOR. - DE - URBE​

Vgl.: Venire a Roma, restare a Roma. Forestieri e stranieri fra Quattro e Settecento

Acht Stuckbänder teilen die innere Kuppelschale in acht Felder. Am unteren Rand erkennt man das Wappen der Falconieri, eine dreisprossige Leiter.


Ob die Stuckarbeiten der Kuppel von Maderno persönlich, von Schülern oder anderen Stuckateuren stammen, konnte ich nicht herausfinden, aber Madernos Fähigkeiten als Stuckateur und die Bedeutung des Stucks in jener Zeit sind bekannt. Als junger Mann in Rom wurde Maderno zunächst zum Stuckateur ausgebildet. Dieser Beruf war am Ende des 16. Jahrhunderts in kräftigem Aufschwung begriffen. Anders als früher wurde Stuck nun nicht mehr vornehmlich im profanen Bereich eingesetzt, sondern kam im Zuge der Gegenreformation auch vermehrt in der Ausstattung römischer Kirchen zu Ehren. Später, als Architekt, setzte Maderno in reichem Maß Stuck als Dekorationselement ein, man denke nur an den Palazzo Mattei und erreichte dabei grosse Feinheit.
 
Liebe Simone,

jetzt habe ich endlich die Zeit gefunden, deinen gestrigen Beitrag über die Kuppel v. San Giovanni dei Fiorentini
in Ruhe zu lesen und bin beeindruckt von den vielfältigen Informationen die du hierzu zusammengetragen hast.
 
Liebe lukasi,

ich freue mich, dass die Informationen von Interesse für dich waren. Andere Kuppeln sind sicher prunkvoller, aber diese ist doch auch sehr markant und trotz ihrer relativen Schlichtheit eine, die ich sehr schätze.
 
Schmucklos und elegant. Eine wunderbare Kuppel!
Gerne erinnerte ich mich beim Lesen des schönen Beitrags an einen gemeinsamen Besuch dieser Kirche. Merci!
 
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