Wenn man an einem trüben kalten Wintertag an der Saalburg ankommt, dann könnte man denken, dass Tacitus – der selbst nie in Germanien war – mit seiner Einschätzung recht hat. Oder vielleicht doch nicht? Vielleicht hatten die Römer sich gut eingerichtet, hier im rauhen Norden.
Von Nida aus, das in der Zeit des Römischen Reichs Hauptort der Civitas Taunensium war, bauten sie eine 14 km lange schnurgerade Straße zu ihrem Kastell am Limes, dem römischen Grenzwall. Ich kann mir vorstellen, dass sie auf dieser Römerstraße, die von Gräbern und Heiligtümern gesäumt war, auch gut Waren transportiert haben, die ihr tägliches Leben im Kastell angenehmer gestalteten ließen. Nida war ein wichtiger Umschlagplatz für den Handel und mit seinem Markt und den Handwerkbetrieben sicher für die Versorgung der Kohorte auf der Saalburg gut gerüstet.
Aber auch rund um das Kastell, von dem aus die ca. 600 Fußsoldaten und Reiter den Limesabschnitt im Taunus überwachten, spielte sich „römisches Leben“ ab. Im Dorf vor dem Haupttor der Wehrmauer arbeiteten Handwerker, Händler und Wirte, es gab eine Herberge und ein Bad.
Als innenpolitische Probleme und vor allem die Niederlage gegen die Germanen die Römer zwangen, das Kastell und den Limes um 260 n.Chr. aufzugeben, verfielen die Saalburg und das Dorf. Die Mauern und Gebäude des Kastells wurden zum „Steinbruch“ umgenutzt. Erst Mitte des 18. Jh. wurden die kärglichen Ruinen als „römische Schanze“ eingeschätzt. Und es verging noch einmal fast ein Jahrhundert, bis ernsthafte Nachforschungen und archäologische Untersuchungen angestellt wurden und man mit den Ausgrabungen begann.
Der Homburger Architekt Louis Jacobi schaffte es schließlich, dass Kaiser Wilhelm II. 1897 das Kastell wieder aufbauen ließ, was wiederum zehn Jahre dauerte. Das am vollständigsten rekonstruierte Kastell des gesamten Limes wurde als Forschungsinstitut und Freilichtmuseum genutzt. Im Jahr 2005 wurden der Limes und die Saalburg UNESCO-Welterbe, es wurden weitere Gebäude rekonstruiert und der Archäologische Park entstand.
Die heutige Anlage vermittelt einen Eindruck von der Architektur einer römischen Militäreinrichtung und die Fundstücke geben anschaulich Einblick in Kultur und Lebensweise im Römischen Reich.
Zum Rundgang durch das Museum zitiere ich aus wikipedia - Kastell Saalburg
„Augenfällig ist natürlich das rekonstruierte Kastell mit der vollständigen Umwehrung, den Principia (Stabsgebäude)
mit dem Fahnenheiligtum (Aedes)
und der Appellhalle, dem Horreum (Getreidespeicher), den zwei Mannschaftsbaracken mit ihren Contubernia (Stubengemeinschaften)
sowie dem nur teilweise wiederhergestellten Wohngebäude des Kommandanten (Praetorium). Im Horreum befindet sich auch ein Teil der informativen Ausstellungsräume, deren Schwerpunkte in der Darstellung kulturhistorischer sowie bau- und militärtechnischer Aspekte des römischen Germanien bestehen. Weitere Exponate befinden sich in der Principia und der erst 2008 rekonstruierten Fabrica.“ Davon eine kleine, willkürliche Auswahl der ausgestellten Stücke.
Schön fand ich, dass viele der reich bestückten Schaukästen mit großen Abbildungen von Ausschnitten der Trajanssäule hinterlegt waren, die Bezug auf die Ausstellungsstücke nahmen.
Aber das derzeitige „Highlight“ der Ausstellung ist wohl doch der Pferdekopf von Lahnau-Waldgirmes.
Ich zitiere der Einfachheit halber aus Saalburgmuseum:
„Im Jahr 2009 wurde durch die Römisch-Germanische Kommission, Frankfurt, ein Brunnen in der römischen Siedlung von Lahnau-Waldgirmes bei Gießen ausgegraben. Am Boden dieses Brunnens in ca. 11 m Tiefe kam in einem hölzernen Fass, unter Mühlsteinen begraben, der Kopf eines Pferdes aus Bronze ans Licht. Nach der aufwändigen Restaurierung in den Werkstätten der hessenARCHÄOLOGIE im Landesamt für Denkmalpflege zeigte sich die sehr gut erhaltene Vergoldung der Bronzeskulptur. Der Kopf gehörte zu einer Reiterstatue aus vergoldeter Bronze, die auf dem Forum von Waldgirmes aufgestellt war und vermutlich den römischen Kaiser Augustus darstellte. Bis heute sind nur wenige Bronzeskulpturen aus der antiken Welt bekannt, die ein ähnliches künstlerisches Niveau erreichen. Von besonderer Bedeutung für die historische Einordnung ist der Fundort der Statue und damit die genaue Datierung in die Zeit zwischen 4 v. und 16 n. Chr. Das macht den Fund kunsthistorisch zu einem besonderen Glücksfall.“
Bis der Pferdekopf in die Saalburg kam hat es allerdings gedauert, wohl nicht nur wegen der aufwändigen Restaurierung, auch wegen des noch immer andauernden Rechtsstreites mit dem Eigentümer des Grundstücks, auf dem gegraben worden war, der auf seine 50% Fundwert nach der „Hadrianischen Teilung“ pocht.
Und das sind bei bei einem Schätzwert von rund 1,6 Millionen Euro kein „Pappenstiel“. Des Weiteren war der Pferdekopf auch nach Berlin in den Gropius-Bau ausgeliehen für die Ausstellung Bewegte Zeiten. Archäologie in Deutschland".„Wird eine Sache, die so lange verborgen gelegen hat, dass der Eigentümer nicht mehr zu ermitteln ist (Schatz), entdeckt und infolge der Entdeckung in Besitz genommen, so wird das Eigentum zur Hälfte von dem Entdecker, zur Hälfte von dem Eigentümer der Sache erworben, in welcher der Schatz verborgen war.“
Hier das Prachtstück, das den Archäologen zufolge zu einer Reiterstatue gehört haben muss, wie sie zu jener Zeit – um die Zeit des Kaisers Augustus – im gesamten Römischen Reich zum “Kaiserkult“an zentralen Plätzen, wie dem Forum in Waldgirmes, aufgestellt wurden.
Da sie vergoldet war mutmaßt man, dass sie Kaiser Augustus darstellte. "Waldgirmes“ - den ursprünglichen Namen der Siedlung kennt man nicht mehr – war eine der Stadtgründungen in der Germania magna. Aus Münzfunden schließt man, dass der Ort in die Zeit zwischen 5 vor und 9 nach Christus bestand.
Vermutlich wurde die Siedlung nach der Varusschlacht um 10 n.Chr. aufgegeben und niedergebrannt. Auch das Reiterstandbild wurde zerstört und wie so vieles in einem Brunnenschacht entsorgt – zum Glück für die Archäologen und uns, die wir jetzt das Vergnügen haben, diese Schätze betrachten zu können.
Auf dem Nasenrücken des Pferdes ist der Kriegsgott Mars abgebildet, seitlich sind Siegesgöttinnen dargestellt, das Zaumzeug des Pferdes ist reich verziert.
In den Räumen der Principia des Römerkastells sind weitere Funde aus Waldgirmes zu sehen, wie Keramik, Werkzeuge, besondere Fundstücke wie Münzen, Gemmen oder Fibeln. Eine angedeutete Rekonstruktion der Reiterstatue in Originalgröße veranschaulicht recht gut, wo die wenigen anderen vergoldeten Fragmente, wie der linke Fuß des Pferdes und ein Stück Zaumzeug, anzusetzen sind.
Weitere Ausstellungsstücke in den Räumen des Stabsgebäudes:
Weihestein des Marcus Aurelius Agrippinus für die Aufanischen Muttergottheiten
Auch auf dem Grabstein des Legionärs Lucius Aemilius ist ein Leiterwagen mit einem Warenballen dargestellt.
Der Fuhrmann hält mit der Linken die Zügel, in der Rechten die Peitsche. Aus welchem Grund ein Wagen auf dem Grabstein abgebildet worden ist, ist unklar.
Noch ein Blick ins Fahnenheiligtum
und ein kurzer Spaziergang über das Gelände.
Natürlich muss man sich den Bereich innerhalb des Kastells zu Zeiten der römischen Legion anders vorstellen, als er sich heute präsentiert. Sicher war er dicht mit Ställen, Magazinen, Werkstätten und natürlich den Unterkünften für die Mannschaft bestückt.
An den Backöfen wurde gerade nicht gebacken,
ins prächtig ausgestattet Speisezimmer der römischen Offiziere wurden wir auch nicht eingeladen –
so blieb uns nur die kleine Taberna
für eine Rast bei einem schmackhaften Römerteller
und einem Glas Mulsum und Conditum Paradoxum – oder darf es doch ein Römer-Pils sein?
Na also, so schlimm kann es auf der Saalburg in Germanien doch nicht gewesen sein
und auch wir schauen wieder einmal vorbei, wenn es dann Sommer ist.
und auch wir schauen wieder einmal vorbei, wenn es dann Sommer ist.
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