Italien: Regierungskoalition von PD und Cinque Stelle

Gestern hatte ich die Zahlen von der Übertragung auf Rai24, hier nun ein Artikel dazu:

Conte gewinnt auch im Parlament die Vertrauensfrage (faz.net)

Die zwei Siege bei den Vertrauensfragen bedeuten einen Erfolg für den 56-jährigen Juristen Conte. Aber eine stabile Koalition in Rom ist damit noch nicht in Sicht. Viele Beobachter sagten der künftigen Minderheitsregierung schwierige Zeiten voraus. Conte hatte in Reden in beiden Häusern dafür geworben, dass andere Politiker aus europafreundlichen, liberalen oder sozialistischen Lagern für seine angeschlagene Regierung stimmen sollten. Sie besteht derzeit aus der Fünf-Sterne-Bewegung, den Sozialdemokraten (PD) und einer anderen Klein-Partei. „Die Zahlen sind wichtig, und heute sind sie das auf besondere Weise, aber noch wichtiger ist die Qualität des politischen Projekts“, sagte er am Dienstag.
 
Regierung in Italien: Kampf zwischen Renzi und Conte geht weiter (faz.net)

Matteo Renzi hat hoch gepokert – und nicht verloren. Giuseppe Conte hat in dem machtpolitischen Spiel dagegen gehalten – und auch nicht verloren. Gewonnen aber haben beide nicht. Die italienische Regierungskrise ist nach dem dürren Vertrauensbeweis im Senat vom späten Dienstagabend für Contes Kabinett nicht ausgestanden. Der Hahnenkampf zwischen Renzi und Conte geht weiter. Die politische Unsicherheit hält an. Mitten in der Pandemie.
 

"Eine Regierung ist stark, wenn sie auf mindestens 170 Senatoren zählen kann. Jetzt müssen wir also daran arbeiten, sie zu stärken", sagte Dario Franceschini, Kulturminister und mächtiger Mann bei den Sozialdemokraten (PD), am Mittwoch in der Zeitung "La Repubblica".
 
Conte bemüht sich um Erweiterung seiner Koalition – Südtirol News (suedtirolnews.it)

Daher ist Conte in Zukunft bei jeder Abstimmung auf die Stimmen von Überläufern angewiesen. Der parteilose Regierungschef hofft, vor allem die Stimmen europaorientierten und liberalgesinnten Parlamentarier zu gewinnen.

Politisches Überlaufen ist im römischen Parlament keine Neuigkeit. Zwei Senatoren der oppositionellen Partei Forza Italia von Ex-Premier Silvio Berlusconi stimmten entgegen der Vorgaben ihrer Fraktion am Dienstag im Senat für Premier Conte. Sie wurden daraufhin umgehend aus der Partei ausgeschlossen. Zu den abtrünnigen Senatoren zählt auch Maria Rosaria Rossi, eine jahrelang treue Mitarbeiterin Berlusconis.
 
Italiens Regierungschef Conte bleibt wenig Spielraum (faz.net)

Das dritte Szenario ist die Auflösung des Parlaments durch Mattarella und vorgezogene Wahlen im Juni. Die dürfte nach allen Umfragen das Mitte-rechts-Bündnis aus rechtsnationalistischer Lega von Matteo Salvini, der postfaschistischen Partei Brüder Italiens unter Giorgia Meloni und Silvio Berlusconis liberal-konservativer Forza Italia mit ausreichend Stimmenvorsprung gewinnen.

Das wäre schon nach dem Bruch des ersten Kabinetts Conte durch den damaligen Innenminister Matteo Salvini vom August 2019 so gewesen. Auch jetzt, nach dem Ausstieg „des anderen Matteo“ (Renzi) aus dem zweiten Kabinett Conte, gilt ein solches Szenario wieder als das am wenigsten wahrscheinliche.
 
Italien: Giuseppe Conte, Silvio Berlusconi und Matteo Renzi kämpfen um die Macht - DER SPIEGEL

Zwei Faktoren prägen den seit Monaten eskalierenden Richtungsstreit. Inhaltlich-strategisch geht es darum, wer und was künftig das politische Zentrum Italiens definiert. Und Macht-taktisch dreht sich vieles um das Ego von drei Männern, die alle schon einmal Ministerpräsident waren (Berlusconi, Renzi) oder sind (Conte).

In der italienischen Politik fehlt – anders als in Wirtschaft und Gesellschaft – eine starke, europa- und Reform-freundliche bürgerliche Mitte, seit Links- und Rechtspopulisten das Land erobert und verunsichert haben. Diese Lücke wollen mehrere Kräfte füllen.
 
Conte vor neuer Zerreißprobe im Parlament (stol.it)

Di Maio meinte, dass im Fall von Neuwahlen die Hilfsgelder aus Brüssel, die Impfkampagne sowie der Wirtschaftsaufschwung Italiens ernsthaft gefährdet wären. Die Abstimmung über den Bericht von Justizminister Bonafede sei de facto ein Votum über die Regierung. „Wenn es politische Kräfte gibt, die diese Regierung unterstützen wollen, können wir weitermachen, doch wenn dieses Kabinett dahinsiecht, bin ich der erste, der Neuwahlen fordert“, sagte Di Maio.

Sollte die Regierung Conte stürzen, könnte es zu einer Einheitsregierung unter der Führung des ehemaligen Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB) Mario Draghi kommen. Von vielen Parlamentariern wird Draghi als Retter in turbulenten Zeiten betrachtet.
 
Nach dem bevorstehenden Rücktritt Contes dürfte sich die Regierungskrise in Rom nicht mehr lange hinziehen. Entweder es gelingt Conte binnen kurzem, sein dann drittes Kabinett zu bilden, oder Mattarella wird Neuwahlen bis etwa Juni ausschreiben müssen, obwohl sich auch der Staatspräsident in der Vergangenheit entschieden gegen vorgezogene Parlamentswahlen ausgesprochen hatte.

Italien ist gerade dabei, mit viel Mühe einen Plan dafür auszuarbeiten, wie es die 209 Milliarden Euro aus dem Wiederaufbaufonds der Europäischen Union einsetzen will. Würden nun bald Wahlen stattfinden, so die Sorge, könnte das Land die große Chance verspielen. Nur jeder fünfte Italiener wünscht sich deshalb Neuwahlen.
 
Regierung in Italien: Die Parlamentarier und ihre Aussichten (faz.net)

Nun müssen wohl ausgerechnet Abgeordnete der Fünf-Sterne-Bewegung für ihre Reform büßen. Bei einer Schätzung der künftigen Zahl von Volksvertretern anhand der jüngsten Meinungsumfragen ergibt sich, dass fast 200 Parlamentarier Abschied nehmen müssten von ihrem bisherigen Leben in Rom. Doch gerade unter den Vertretern der Fünf-Sterne-Bewegung gibt es viele, die zuvor arbeitslos waren oder schlecht bezahlte Aushilfsjobs verrichteten. Der Spitzenkandidat von 2018, Luigi Di Maio, derzeit Außenminister und zuvor Präsident der Abgeordnetenkammer, sorgt selbst mit seinem Lebenslauf immer wieder für böse Anspielungen: Vor seiner steilen politischen Karriere verkaufte er im Fußballstadion Getränke. Di Maio und seinen Fraktionskollegen wird nun nachgesagt, sie wollten so lange wie möglich die Privilegien des Parlamentarierdaseins genießen, vor allem die finanziellen Zuwendungen: Ein Mitglied des Abgeordnetenhauses bekommt eine zu versteuernde Bruttozuwendung von 10 435 Euro monatlich, an Tagegeld, Pauschalen und Kostenerstattungen rund 8400 Euro im Monat.
 
Italiens Premier Conte reicht seinen Rücktritt ein – Südtirol News (suedtirolnews.it)

Der aus Italien stammende, ehemalige EU-Kommissionspräsident Romano Prodi warnte unterdessen vor vorgezogenen Parlamentswahlen. “Wir befinden uns im Notstand. Italien kann sich nicht erlauben, Monate mit einer Wahlkampagne zu verlieren. Europa würde das nicht begreifen, das würde uns niemand verzeihen”, sagte Prodi im Interview mit der römischen Tageszeitung “La Repubblica” (Dienstag).

Der 81-jährige Prodi sprach sich für eine neue Regierung mit der prioritären Aufgabe aus, das EU-Corona-Wiederaufbauprogramm Recovery Plan im Land umzusetzen. Damit soll Italien milliardenschwere Stützungsgelder aus Brüssel für Reformen und zum Neustart der Wirtschaft verwenden. Die EU-Kommission beobachte die Regierungskrise in Italien, die für die ganze EU eine Gefahr darstelle, mit Sorge, so Prodi. “Wenn Italien bankrottgeht, ist dies für uns, aber auch für ganz Europa eine Katastrophe. Italien erhält den höchsten Betrag für das EU-Wiederaufbauprogramm. Das ganze Projekt des europäischen Wiederaufbaus kreist um Italien”, warnte der Mitte-links-Politiker Prodi, der selbst auch einmal italienischer Regierungschef war.
 
"Maggioranza Ursula": Das Bündnis, das Italien retten soll | tagesschau.de

Heißt die Lösung für Italiens Regierungskrise eventuell Ursula? Eine "maggioranza Ursula" gilt als eine der im Moment am heißesten diskutierten Optionen für eine neue Regierungsmehrheit im italienischen Parlament.
Es wäre eine Koalition, die laut Gianni Pittella offen ist "für alle politischen Kräfte; die im Europaparlament die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gewählt haben. Das ist unser Wunsch. Mit einem klaren Programm bis zum Ende der Legislatur, das sehr mutig in den Reformen ist", so der Vize-Fraktionschef der Sozialdemokraten und ehemalige EU-Parlamentspräsident.

Eine Ursula-Koalition wäre aber keine Ursula-Koalition ohne Silvio Berlusconi. Auch der Medienmogul hat im Sommer 2019 im Europaparlament für Ursula von der Leyen als EU-Parlamentspräsidentin gestimmt. Jetzt, in der aktuellen Regierungskrise in Italien, hat sich seine Partei Forza Italia noch nicht festgelegt, Berlusconi hält sich alle Optionen offen.
 
Italien: Silvio Berlusconi wird wieder wichtig - Politik - SZ.de (sueddeutsche.de)

Und dennoch: Plötzlich ist Berlusconi wieder da, mittendrin im großen Spiel. Die Italiener fragen sich, ob sich der frühere Ministerpräsident gewinnen lasse für eine Regierung der "Nationalen Rettung", wie sie nun genannt wird, mit oder ohne Giuseppe Conte - als noble Geste für das Wohl des Landes in Zeiten der Krise und der Pandemie. Auszuschließen ist das nicht, obwohl Berlusconi zuletzt oft wiederholt hat, dass er seinen rechten Bündnispartnern treu bleibe, das sei seine politische Heimat. Aber ist sie das tatsächlich?

Mit den Rechtsparteien wie Salvinis Lega hat Berlusconi nur wenig gemein
Die liberale und traditionell europafreundliche Partei Berlusconis, Teil der Europäischen Volkspartei, hat im Grunde nur wenig gemein mit dem nationalistischen Programm von Matteo Salvinis rechter Lega und den postfaschistischen Fratelli d'Italia von Giorgia Meloni. Die beiden Partner haben ihn längst überholt, Forza Italia ist nur noch die Nummer drei im rechten Lager, weit abgeschlagen.
 
Regierung - Nach Conte-Rücktritt - Mattarella führt erste Gespräche - Politik - SZ.de (sueddeutsche.de)

In Italien hat nach dem Rücktritt von Giuseppe Conte als Ministerpräsident die Suche nach einer neuen Regierung begonnen. Staatspräsident Sergio Mattarella traf dafür zunächst die Präsidenten der beiden Parlamentskammern einzeln im Quirinalspalast.

Mattarella will für die kommende Regierung eine sichere Mehrheit. "Wir sind dabei für das Wohl des Landes zu arbeiten", sagte der Präsident der Abgeordnetenkammer, Roberto Fico, in einer sehr kurzen Erklärung nach seinem Treffen mit Mattarella.
 
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