FT 2020 Goslar Quedlinburg -Bericht-

Ludovico ROB

Magnus
Teammitglied
Moderator
Forum-Sponsor
Stammrömer
Nachdem noch niemand berichtet hat, mache ich mal wieder den Anfang

1. Goslar, vor dem FT

Um nicht während der großen Hitze fahren zu müssen und um dem morgendlichen Stau um Würzburg zu entgehen, fuhren wir schon früh nach Goslar los. So stellten wir schon vor halb elf unser Gefährt auf einem Parkplatz an der Kaiserpfalz ab. Ich hatte spekuliert, dass unsere Führung wohl nicht weit davon enden würde. Wir waren schon einige Male in Goslar. So wollten wir uns auf einem kleinen Spaziergang unserem Treffpunkt nähern.

Start war natürlich ein Blick auf die Kaiserpfalz und auf die Vorhalle des Kaiserdoms. Hier steht nur noch diese Halle. Natürlich will ich nicht der Führung vorgreifen und beschränke mich hier mehr oder weniger auf eine fotografische Einführung.


Richtung Innenstadt passierten wir das ehrwürdige Amtsgericht


und kamen schließlich zum Großen Heiligen Kreuz. Im idyllischen Innenhof des ehemaligen Hospizes schlenderten wir etwas herum. BEVA interessierte sich für ein Geschäft mit Kunsthandwerk, verließ den Laden aber ohne Ware.


An der Abzucht, einem kleinen Bach bogen wir zur Worthmühle ab.



Wir bewunderten die prächtigen Fachwerkbauten und gelangten an der Butterhanne, einer Goslarer Institution, vorbei


zum zentralen Marktplatz.


Wir fanden vor einem der Lokale ein schattiges Plätzchen, wo wir den Begrüßungstrunk zelebrierten. Von unserem wohltemperierten Platz aus genossen wir den Blick auf die Figuren des Hotels Kaiserworth,


das Rathaus und den mit einem Reichsadler geschmückten Marktbrunnen.



Da es hier so gemütlich war, bestellten wir noch ein zweites Getränk und einen Imbiss. Um zwölf Uhr begann ein Glockenspiel, das wir von unserem Sitzplatz aus beobachten konnten. Einige Touristengruppen sahen sich das Spiel im Stehen an.


Die Beine forderten Bewegung. Also brachen wir auf, spazierten hinter dem Ratahus entlang, bis wir hinter den Bäumen die Türme der Marktkirche sahen


und gelangten zum zweiten wunderschönen Platz Goslars, dem Schuhhof.


Nachdem wir den Platz umrundet hatten, machten wir uns langsam auf den Weg zum Treffpunkt. Während BEVA mehr die Schaufenster musterte, richtete ich den Blick auf die wunderschönen Fachwerkfassaden und -giebel.


Das moderne Karstadtgebäude ist eingebettet zwischen zahlreiche alte Gebäude.


Ich mag solche Kontraste. Jede Generation sollte ihrem Ort ihren persönlichen Stempel aufdrücken. Während BEVA noch ein luftiges Kleid suchte und auch fand, erreichte mich der Anruf unseres Organisators Gengarde. So machten wir uns auf zum Jakobihof, wo wir uns im Schatten eines Baumes niederließen. Nach und nach trafen die übrigen Teilnehmer ein. Bei Getränken und/oder einem kleinen Imbiss tauschten wir uns aus und wärmten uns für die Stadtführung auf. Dazu später mehr.

Natürlich sind allle Teilnehmer des diesjährigen FT aufgefordert sich aktiv an diesem Thread zu beteiligen. Das ist nicht mein, sondern unser Thread.

 
Zuletzt bearbeitet:
Was für eine wunderschöne, romantische Stadt! und du holst das auch gut mit deinen Fotos raus.
 
Nihil, für jene die Fachwerkbauten mögen, ist Goslar eine wunderbare Stadt. Als wir Goslar Mitte der 60er zum ersten Mal besuchten, meinte mein Vater zu seinem Bruder, Goslar ist schöner und wesentlich sauberer als Rothenburg. Durch den Titel Weltkulturerbe wurde Goslar noch gepflegter. Die öffentliche Hand ist dann ja verpflichtet die Denkmäler in guten Zustand zu bringen und zu halten. Das wird man auch in Quedlinburg sehen können.

1. Tag, Goslar, Stadtführung

Pünktlich um 14.3o Uhr waren wir vor der Information am Marktplatz, warteten aber zunächst vergeblich auf unsere Führung. Gengarde fasste nach und erfuhr, dass uns die vorgesehene Führerin versetzt hatte. Die "Ersatzdame" ließ nicht lange auf sich warten und schaffte es in den nächsten zwei Stunden uns für Goslar zu begeistern.

Natürlich hielten wir uns erst einmal auf dem Marktplatz auf. An jeweils schattigen Plätzen erhielten wir Informationen zur Geschichte der Stadt, zum Marktbrunnen, zum Rathaus, zum Gebäude des Hotels Kaiserworth und weiteren Sehenswürdigkeiten des zentralen Platzes. Vieles davon habe ich ja schon im Vorspann gezeigt.



Der Brunnen im Zentrum des Platzes wurde aus mehreren Einzelstücken zusammengebaut. Die untere Schale stammt aus dem 12. Jdt., die obere und der Adler aus dem 13. Jdt. Die Krone wurde erst später ergänzt. Heute wirkt das Ensemble als Einheit.


Das markante Rathaus wird zur Zeit noch renoviert. So konnten wir die Pracht und vor allem den repräsentativen Huldigungssaal nicht besichtigen. Die rote Fassade des Kaiserworth sticht ins Auge. Das ehemalige Gildehaus der Tuchhändler ist reich verziert.


Neben den Kaiserstatuen ist vor allem der Dukatenscheißer an einer Ecke des Gebäudes sehr bekannt.


Zusammen mit der Butterhanne (hier auf dem Bähnchen für Stadtrundfahrten), die dem Teufel ihr entblößtes Hinterteil zeigt, ist das Dukatenmännchen ein Wahrzeichen von Goslar.


Unter der Uhr des schieferverkleideten Kaiserringhauses, dem Kämmereigebäude, ertönt um 9, 12, 15 und 18 Uhr ein Glockenspiel. Zu Klängen von Bergbauliedern erzählen Figurengruppen die Geschichte des Bergbaus am Rammelsberg von der Entdeckung durch den Ritter Ramm bis zum Abbau per pneumatischem Hammer. Dem Erzbergbau verdankt Goslar seine Bedeutung. Ihm verdanken wir die Kaiserpfalz und die wunderschönen Fachwerkhäuser der Stadt.


Nicht weit entfernt vom Marktplatz befindet sich der Schuhhof (weitere Fotos siehe Vorspann), der älteste Platz in Goslar. Ihn umrahmen stattliche Fachwerkhäuser und die Arkaden des Schuhmacher-Gildehauses. Die Erstehung der Häuser aus den ehemaligen schmalen Marktbuden ist noch heute zu erkennen.


Hier ein Blick zurück Richtung Marktplatz.


Die Augen werden mit immer neuen Attraktionen verwöhnt, den Türmen der Marktkirche, engen Gassenschluchten und prächtigen Eingängen.


Den 58 Meter hohen Nordturm der Marktkirche haben wir nicht erklommen.


Wir genossen aber das kühle Innere.


Die romanischen Glasfenster künden vom Wirken der Schutzpatrone Cosmas und Damian.


Die Renaissancekanzel von 1581 schmückt ein reformatorisches Bilderprogramm aus altem und neuem Testament. Hier zeigt unsere Führerin auf die Darstellung des Sündenfalls. Adam und Eva greifen nach dem Apfel. Mir gefiel auch das sicher weniger wertvolle, ikonenhafte Bild rechts.


Sehenswert ist auch das Taufbecken aus dem Jahr 1573 mit einem reformatorischen Bilderprogramm des Goslarer Künstlers Magnus Karsten.


Diese aufgehübschte Harley war eine Zugabe.


Nun ging die Führung Richtung Kaiserpfalz.


Am Großen Heiligen Kreuz machten wir Halt. Das Hospiz wurde 1254 für Bedürftige, Gebrechliche, Waisen und Pilger gestiftet, die dort Bett und Nahrung erhielten. Da wir eine kleine Gruppe waren, durften wir das Gebäude betreten. Zentraler Raum ist die Hauptdiele.


Durch Gitter und Stäbe wagte ich einen Schuss in die Kapelle.


Von der Hauptdiele gehen Zahlreiche Türen ab. In den kleinen Pfründnerstübchen, die Platz für ein Bett, einen Schrank und einen kleinen Tisch boten, haben sich Kunsthandwerker eingemietet.


Von der Stiftskirche, einer dreischiffigen Basilika mit Querschiff, steht nur noch die so genannte Domvorhalle. Die Steine der eigentlichen Kirche wurde für Neubauten und Renovierungen zur Verfügung gestellt. Aber auch die kleine Vorhalle zeigt einige sehenswerte Details.


Das Kaiserhaus ist der größte erhalten Profanbau des 11. Jahrhunderts in Deutschland. Besonders für die Salierkaiser war er bevorzugte Anlaufstelle in dieser Gegend. Grund waren sicher die Reichen Erzvorkommen des Rammelsberges, zu dessen Füßen die Pfalz errichtet wurde.


Die Ulrichskapelle links ist noch erhalten, während die gegenüberliegende Liebfrauenkirche so wie einige andere Kuriengebäude verschwunden ist. Leider war der Kaisersaal mit seinen historischen Wandgemälden zur Zeit unserer Führung nicht zu besichtigen. Vor dem Pfalzgebäude wurden Reiterstandbilder von Barbarossa und Wilhelm I. aufgestellt. Natürlich benötigten die alten Gemäuer im Lauf ihrer Geschichte zahlreiche Renovierungen.


An hübschen Vorgärten


und mit Schiefer verkleideten Häuschen wurden wir nun zum Siemenshaus geführt. Unter der Straße verläuft die Gose, der Fluss, der früher der Frischwasserversorgung diente, während die Abzucht für die belasteten Brauchwässer genutzt wurde.


Die Straßen zum hochherrschaftlichen Siemenshaus säumen viele einfache bis prächtige Fachwerkbauten, wie das Ziegenhirtenhaus oder das reich geschmückte Fachwerkhaus. Fast alle Fassaden sind in gutem Zustand.



Die Familie Siemens war in Goslar hoch angesehen. Mitglieder der Familie nahmen auch leitende Stellungen in Gilden ein. Die Familie wurde erstmals 1384 urkundlich erwähnt. Hans Simens, noch ohne Dehnungs E, war Kaufmann und Stadthauptmann. Er errichtete 1692/93 dieses Gebäude, das eines der größten Bürgerhäuser in Goslar ist. Werner von Siemens, der Gründer des heutigen Großkonzern, war Spross dieser Familie. Das Haus wurde 1916 von der Familie zurück erworben und ist heute im Besitz einer Familienstiftung. Große Familienfeiern finden noch heute dort statt.


Bald rückten die Türme der Marktkirche wieder in unser Blickfeld. Auf unserem Programm stand nocht ein weiteres, sehr markantes Gebäude.


Das 1521 erbaute Brusttuch ist eines der schönsten Patrizierhäuser Goslars. Kaum ein rechter Winkel findet sich an diesem Haus auf trapezförmigem Grundriss. Vielleicht hat sich ja Hundertwasser hier die eine oder andere konzeptionelle Idee geholt. Das Fachwerk und die Dachkonstruktion sind sehr kunstvoll und verlangten dem Zimmermann großes Können ab. Am Fachwerk des Obergeschosses hat ein Bildschnitzer seiner Phantasie freien Lauf gelassen. In buntem Miteinander finden sich Figuren aus der antiken Mythologie, Tiergestalten und Szenen, deren Symbolgehalt heute nur schwer zu entschlüsseln ist. Hotel und Restaurant sind derzeit unabhängig von der Corona Krise geschlossen. Das kleine Schwimmbad im Obergeschoss kann auch nicht genutzt werden.


Mit einem letzten Blick auf die fachwerkliche Pracht verabschieden wir uns aus Goslar. Die zwei Stunden waren trotz Hitze wie im Flug vergangen. Die Fahrt zur jeweiligen Unterkunft in Quedlinburg verlief bei schwachem Verkehrsaufkommen reibungslos.

 
Zuletzt bearbeitet:
Ja, Goslar ist wirklich eine Reise wert! Wir sind regelmäßig dort und haben auch schon einmal einen längeren Urlaub dort verbracht (mit Fahrten in den Harz und die anderen sehr "ansehlichen" Städte). Deine Fotos sind - wie immer - wirklich sehr stimmungsvoll und wecken schöne Erinnerungen. Danke!
 
Lieber Ludwig, du zeigst uns gerade wie schön es auch in der nahen und etwas ferneren Heimat ist. Vielen Dank für deine tollen Fotos!
 
Danke Otium und Pecorella für euren Beitrag.

1. Tag, Abend in Quedlinburg

Der Freitag war noch nicht zu Ende. Den Abschluss des Tages bildete natürlich wieder ein gemeinsames Abendessen.


Unser Hotel lag genau unterhalb des Burgberges. Trotz Gerüst war der Aufblick schon gewaltig.


Diese beiden Plätzchen passierten wir während unseres Aufenthaltes in Quedlinburg noch oft. So auch auf dem Weg zum


del Quixote. Dieser ärmlich gekleidete Herr wies uns den Weg. Im Hof unter schattigen Bäumen genossen wir Speis und Trank bei netter Unterhaltung.


Diese Giebellandschaft kam mir noch bei gutem Fotolicht vor die Linse.

In einer fremden Stadt beschließe ich die Tage oft mit einem kleinen Nachtspaziergang.


Dieses Gebäude mit den extrem gebogenen Balken war mir noch von meiner letzten Quedlinburg-Stadtführung in Erinnerung.


Auf dem Marktplatz wurden die Gäste dieses Lokales noch von zwei Musikern unterhalten.


Das Rathaus mit dem Fachwerkbau daneben ist eines der Haupt-Foto-Motive der Stadt.


Die Fenster der Sparkasse sind abends von innen beleuchtet. Auf der Bank davor machten es sich in der lauen Nacht vier Personen gemütlich.


Andere fanden die Rathaustreppe bequem. Mit diesen ersten Eindrücken von Quedlinburg sage auch ich schon gute Nacht. Fortsetzung folgt nächste Woche. Ich wünsche viel Vergnügen.
 
Da kann ich mich nur dem Lob anschließen, wirklich tolle Bilder. Die unterschiedlichen Formate, Blickwinkel und Details gefallen mir sehr.
 
Herrliche Bilder bei Bilderbuchwetter. Danke für die Eindrücke aus dieser schönen Ecke Deutschlands.
 
Da kann ich mich nur dem Lob anschließen, wirklich tolle Bilder. Die unterschiedlichen Formate, Blickwinkel und Details gefallen mir sehr.
Auch von mir vielen Dank für die eindrucksvollen Bilder - meine habe ich heute erst mal von der Speicherkarte ´runtergeladen - aber ich fürchte, viel Neues kann ich da auch nicht bieten .... und da wir nach Quedlinburg ja noch weiter unterwegs waren, brauche ich noch einige Zeit, um alles zu sichten (und ggf. zu bearbeiten). Mal sehen, ob ich noch ´was dazu beitragen kann. LG Friedrich
 
Ich schaue mir immer gerne Bilder an, auch wenn sie zum Teil doppelt sind. Jeder hat eine andere Sichtweise, das ist für mich immer wieder interessant und eine schöne Ergänzung. Ludovico ware der Erste und konnte aus dem Vollen schöpfen. Ich respektiere die Arbeit und die Zeit welche bei euch dahinter steckt.
 
Ich finde auch, so schöne Bilder kann man sich garnicht übersehen. Und jeder hat seinen Blickwinkel. Ganz herzlichen Dank an euch alle, für das Teilen eures realen Forumstreff.:) Goslar und Quedlinburg sind wirklich wunderschön.
Ich kenne Quedlinburg noch aus DDR-Zeiten, als alles trist, grau und braun war. Die Luft schwefelig und in der Altstadt waren ganze Viertel abgesperrt und dem Zusammenbruch preisgegeben. Wie gut, dass die Wende für diese Stadt und seine/ unser aller Geschichte noch rechzeitig kam.
 
Morgen hat ein Enkel Einschulung. Da wollen wir so weit es geht dabei sein. Da wir Samstag Abend zurück fahren, werde ich frühestens am Sonntag weiter berichten. Die Fotos sind schon fertig. Bei der Mittagshitze der letzten Tage habe ich mich mittags ins Haus zurückgezogen. Da war die Fotobearbeitung eine angenehme Beschäftigung.
 
2. Tag, kleiner Morgenspaziergang

Auch zum zweiten Tag gibt es wieder eine klein Einstimmung.


Unser kleines Hotel am Burgberg war sehr nett. In dieser Hitzeperiode war es aber sehr warm ohne Klimaanlage. Der Ventilator sorgte für etwas Kühlung. Ich wollte mir vor dem Frühstück noch Quedlinburg von oben ansehen.


Natürlich glitten die Augen entlang des steilen Felsens hoch zu Schloss und Stiftskirche.


Den Blick über diesen hübschen Platz durften wir oft genießen.


Da der Haupteingang zum Schloss noch wegen Renovierungsarbeiten geschlossen war, spazierte ich durch diese schöne Gasse am Fuße des Berges. Jedes der kleinen Häuser hat Zugang zu den Terrassengärten, die hübsch angelegt sind.


Nach dem Treppenaufstieg durfte ich das Dächerpanorama am frühen Morgen alleine genießen.


Die kleine Skulptur mit der schützenden Hand über dem Würfel entdeckte ich auf der Mauer. Langsam wurde es Zeit zurückzukehren. Wegen Corona mussten wir für das Frühstück ein festes Dreiviertel-Stunden Zeitfenster im voraus buchen.


Vorbei am Finkenherd, dem Pfannkuchenhaus mit originellem Hinweis und dem Feinkostladen spazierte ich zügig zum Hotel zurück, um mich für den langen Tag zu stärken.​
 
Wir hatten verabredet, dass wir mit Gengarde zum ersten Programmpunkt nach Gernrode fahren.

2. Tag, Stiftskirche Sankt Cyriakus in Gernrode

Gengarde hatte für den Vormittag eine einstündige Führung durch die romanische Stiftskirche im Ortsteil Gernrode organisiert.


959 gründete Markgraf Gero als rechte Hand Otto I. hier ein freies und weltliches Damenstift. Seine Schwiegertochter Hathui führte als erste Äbtissin die Geschicke des Stiftes und baute die von Gero begonnene Stiftskirche weiter aus. In den nächsten Jahrhunderten wurden kleinere Änderungen vorgenommen. 1870 wurde die Kirche durch den Restaurator Ferdinand von Quast umfassend saniert. Heute präsentiert sich die Kirche im rein romanischen Stil. Unsere Führerin legte großen Wert auf theologische Erläuterungen. Kunsthistorische Aspekte wurden natürlich auch erläutert.


Die reiche Ausstattung des ottonischen Baus wurde 1616 nach Auflösung des Stifts weitgehend entfernt. Die historischen Wandgemälde in Chor und Westapsis sind historische Gemälde, die Quast während der großen Sanierung anbringen ließ. Die Orgel ist geteilt, damit sie den Blick auf das Jüngste Gericht nicht versperrt.



Die kunstvoll gestaltete Holzbalkendecke über den byzantinisch anmutenden Langhausemporen dominiert das Kirchenschiff.


Von der ursprünglichen Ausstattung blieben die Platten einiger Äbtissinnen Gräber und das Grabdenkmal des Gründers Gero erhalten. Das Gerodenkmal hat ein Schüler von Tilman Riemenschneider geschaffen.

Das religiös bedeutendste Werk der Kirche steht im südlichen Seitenschiff. Es handelt sich um die älteste Kopie des Heiligen Grabes in Deutschland. Da es bereits vor dem ersten Kreuzzug geschaffen wurde, muss es den Angaben von frühen Jerusalem Pilgern entsprechend errichtet worden sein. Es besteht aus einem Vorraum und der eigentlichen Grabkammer. Fotografieren war in den Räumen nicht gestattet.




Sowohl die Kammern selbst, als auch der reiche Reliefschmuck der Aussenseiten wurden uns ausführlich erläutert. Dargestellt sind vor allem die Grablegung und die Auferstehung Christi. Die Bildersprache des Mittelalters ist für uns heute nicht mehr selbsterklärend. Sicher ist die Aufführung der Osterspiele an diesem Ort sehr beeindruckend.



Im Schatten einer Mauer erhielten wir im Hof des Stifts zahlreiche Informationen zur Baugeschichte.


Den Zustand der Stiftsgebäude zeigt diese Darstellung sehr deutlich. Sehr treffend scheint mir auch der Text unter dem Bild.


Die romanischen Säulen der Westkrypta konnten wir nur von oben in Augenschein nehmen (linkes Foto). Die dreischiffige Ostkrypta bildet in einem von schlichten Pfeilern getragenen Tonnengewölbe die Kreuzform nach und stellt den ältesten Bauteil der Kirche dar. Hier soll Markgraf Gero die Unterarmreliquie des Heiligen Cyriakus aus Rom in einer Nische aufgestellt haben.


Ich liebe die Mystik der alten Kreuzgänge. Hier handelt es sich nur um einen schlichten Gang an der Außenmauer zum Stiftshof.


Diese alte romanische Kirche ist wirklich einen Besuch wert. Nun ging es zurück nach Quedlinburg, wo wir die Zeit bis zum nächsten Programmpunkt für einen Imbiss und etwas Mittagsruhe nutzten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Tag 2, Führung Stiftskirche Sankt Servatius Quedlinburg


Nachdem wir uns ausgeruht hatten, erklommen wir wieder den Schlossberg, um rechtzeitig zur Führung durch die Stiftskirche Sankt Servatius vor Ort zu sein. Diesmal konnten wir den etwas leichteren und auch schattigeren Weg durch den Haupteingang nehmen. Leider war die hochromanische Kirche außen und innen eingerüstet. Deshalb kann ich auch nur wenige Fotos anbieten.

Die ehemalige Kirche des Damenstifts wurde um 1100 errichtet. Der erste Bau von 936 war die Grabkapelle von König Heinrich I. Auf Betreiben der Königswitwe, der Heiligen Mathilde wurde ein hochadliges Damenstift gegründet, dessen wesentliche Aufgabe das Gebet für den Verstorbenen war. Die Stiftskirche war eng mit der ottonischen und salischen Herrscherfamilie verbunden. Der ersten Kapelle folgten noch zwei weitere Bauten, bevor die heutige hochromanische Kirche errichtet wurde. Der Chor wurde 1320 im gotischen Stil umgebaut. Auch diese Stiftskirche restaurierte Ferdinand von Quast in den Jahren 1863 bis 1882.


In den Jahren 1938 bis 1940 erhielt der Chor innen wieder ein romanisches Erscheinungsbild. 1938 wurde die Kirche von der SS besetzt und von Himmler zur "Weihetätte" der SS umfunktioniert. Altar, Kanzel und Gestühl wurden entfernt und eine pseudo-romanische Apsis errichtet.


Vor dem fertig restaurierten, nackten Chor steht zur Zeit als Schutz eine Bretterwand und davor ein Altar.


Uns wurde der niedersächsische Stützenwechsel, eine Folge von je zwei Säulen und einem Pfeiler, erklärt. Durch die Gerüststangen konnten wir den reichhaltigen Skulpturenschmuck bewundern.


In der Krypta befindet sich die Grabanlage der Stifter und mehrere Grabplatten von Äbtissinnen. Fotografieren durften wir hier wie auch in der Domschatzkammer nicht. Der Quedlinburger Domschatz ist einer der bedeutendsten Deutschlands. Ein Großteil sind Geschenke des ottonischen Herrscherhauses an das Damenstift. Wertvolle Stücke wurden am Ende des zweiten Weltkrieges von amerikanischen Soldaten gestohlen und wurden erst nach dem Jahr 2000 zurückgekauft. Die bedeutendsten Domschatzstücke sind das kostbare Servatiusreliquiar, der Heinrichskamm, das Samuhelevangeliar, das Heinrichsreliquiar und das Wiperti-Evangelistar. Unsere Führerin erklärte und diese Schmuckstücke voll Stolz besonders ausführlich.



Nach dieser Pracht richtete ich Blick und Objektiv noch auf diese einfachen Muster und verließ dann die Kirche. Die Renovierung soll in Kürze abgeschlossen werden. Sobald die Gerüste abgebaut sind, ist ein Besuch des Schlossberges sehr empfehlenswert. Bis zur Stadtführung blieb unplanmäßig nur noch kurze Zeit für eine Erfrischung.​
 
Zuletzt bearbeitet:
Lieber Ludwig,
ganz herzlichen Dank für die vielen schönen Bilder vom FT und für den tollen Bericht! Beides bereitet mit große Freude!
 
Lieber Padre, herzlichen Dank. Ich schreibe diese Berichte gerne. Sie helfen mir erst so eine Tour geistig richtig zu verarbeiten.

Tag 2, Stadtführung Quedlinburg


Am Finkenherd beginnt der Sage nach die Geschichte Quedlinburgs. Dazu habe ich im Netz eine schöne Stelle gefunden, die ich hier verlinke.


Hier an der kleinen Stadt-Information sollte auch unser Rundgang durchs UNESCO Welterbe beginnen. Wir warteten einige Minuten vergeblich und gingen dann zur großen Info am Marktplatz. Es stellte sich heraus, dass wohl die Kommunikationskette nicht perfekt funktioniert hatte. Unsere nette Stadtführerin entschuldigte sich höflich und begann nach der Vorstellung mit der Führung.


Da auf dem Marktplatz gerade demonstriert wurde, führte sie uns auf die Rückseite.


Ich stelle trotzdem kurz die zwei markantesten Gebäude vor. Das große, efeubewachsene Gebäude ist das Rathaus im Renaissancestil. Es ist auch heute noch der Verwaltungssitz der Stadt. Am linken Rand des Gebäudes ist der Roland zu sehen. Das Fachwerkhaus mit dem spitzen Giebel wird heute gastronomisch genutzt. Dieses Gebäude Am Hoken 1 ist auch Teil des Weltkulturerbes.


An diesem unscheinbaren Haus wurde uns die Bedeutung des Hoken erläutert. Die Gebäude im Hoken waren ursprünglich Krämerbuden, die nach und nach zu Häusern erweitert wurden. Das Brett am Fenster kann heruntergeklappt werden und dient dann als Ladentheke.


Hinter dem Rathaus steht auch die Marktkirche, deren Türme vom Marktplatz aus zu sehen sind.


Auf der Rückseite des Rathauses fanden wir ein schattiges und ruhiges Plätzchen, wo wir einiges über die Stadtgeschichte Quedlinburgs erfuhren.



Sehr ausführlich wurde uns am Beispiel der benachbarten Häuser die Entwicklung des Fachwerkbaus erklärt. Die stilistischen Eigenheiten über die Jahrhunderte hinweg wurden an diesen Beispielen gezeigt. So erfuhren wir einiges über Ständerbauten, Balkenköpfe, Pyramidenbalkenköpfe und andere schmückende Elemente. Eingravierte Texte informieren über Gebäude, Bauherren oder Handwerker.


Die Anbauten auf der Rückseite des Rathauses wurden 1899-1901 errichtet. Auf diesem Giebel werden Portraits der Bauherren gezeigt.



Auf dem Weg zur Hölle nutzten wir gerne den Schatten in den engen Gassen. Die Hölle ist eine Gasse mit vielen denkmalgeschützten Fachwerkhäusern. Wir erhielten Informationen zur aktuellen Denkmalpflege und zu Hürden auf dem Weg zu finanziellen Hilfen für die Renovierung.


Durch dieses Tor warf ich einen Blick in den Schuhhof. Durch diese enge Gasse mit den ehemaligen Schusterhäuschen dürfen derzeit keine Gruppen geführt werden.


Während der Erläuterungen in der Hölle zog dieser seltsame Vogel immer wieder meine Augen auf sich.


Diese Häuserzeile war mir noch von meinem letzten Quedlinburgaufenthalt gut in Erinnerung geblieben. Quedlinburg ist für mich die Stadt in der sich die Balken biegen. Aus dieser Tatsache sollte man aber nicht schließen, dass die Quedlinburger notorische Lügner seien. Das gegenüberliegende Fachwerkmuseum Ständerbau war leider schon geschlossen. Hier kann man weitere anschauliche Beispiele und Modelle des Fachwerkbaus studieren.


Der traurige Ritter brachte uns den netten Vorabend wieder ins Gedächtnis.


Der Hund als treuer Begleiter. Unsere Begleiterin auf dem Weg durch Quedlinburgs Gassen verabschiedete sich nun.


Auf dem Weg zum Hotel forderte mich das weiche Licht der Spätnachmittagssonne zu weiteren Aufnahmen von bereits bekannten Objekten heraus. Das Abendessen nahmen wir im Biergarten eines Restaurants an einem Park ein. Hier war es schattig, ruhig und gemütlich. Wir verbrachten einige schöne Stunden in netter Runde und vergaßen natürlich nicht uns bei Gengarde und BEVA für diese gelungene Veranstaltung zu bedanken. Ein Pärchen verabschiedete sich schon einmal, da es am nächsten Morgen ins Erzgebirge weitergehen sollte.

Mit Gengarde und dessen BEVA spazierte ich noch durch das nächtliche Quedlinburg.


Eigentlich wollten wir nur den beleuchteten Marktplatz,


ein Fenster der Sparkasse



und dieses Rundfenster am seitlichen Rathaus fotografieren. Unsere Stadtführerin hatte uns auf dieses Fenster bei Nacht aufmerksam gemacht. Es zeigt Heinrich I. bei der Übergabe der Reichsinsignien. Nun verwickelte uns ein leicht angetrunkener Radfahrer in ein Gespräch und gab uns weitere Fototipps, denen wir folgten.


Uns gefiel der Blick auf diesen Seiteneingang des Rathauses,


aus der Gasse auf das Heinrichsfenster


und in der Schuhgasse dieses Häuschen.


Nach einem letzten Blick über den Marktplatz


ging es wieder zum Finkenherd, wo sich der Kreis schließt. Gegen 24 Uhr fiel ich müde ins Bett, wo ich trotz der hohen Temperatur im Zimmer gut schlief.​
 
Zuletzt bearbeitet:
Wow! Danke Ludwig! Das ist ein sehr schöne Zusammenfassung unseres Besuchs im nördlichen Harz. Deine Fotos sind wirklich erste Sahne.
 
Gengarde, danke für das Kompliment. Aber es gab ja noch einen Abschluss.

Tag 3, Abschiedstrunk

Am Sonntag hatten wir uns für 10 Uhr noch zu einem Abschiedstrunk verabredet. Die Sonne drohte wieder vom blauen Himmel. BEVA und ich entschieden uns noch für einen kleinen Morgenspaziergang. Den Fotorucksack ließ ich verschlossen. Ich hatte ja noch das Handy.


Die Nordseite des Schlosses träumte noch im Schatten.


Das Haus mit dem üppigen Blumenschmuck hat unsere Augen täglich mehrmals verwöhnt.


Der kleine Platz strahlte in der Morgensonne.


Ich wollte BEVA noch die hübsche Gasse auf der Nordseite des Burgberges zeigen. Sie machte mich auf die Grotte aufmerksam.



Der Stuhl an der Wand war noch immer nicht besetzt.


Am Ende der Gasse wartet ein Haus auf eine Sanierung. Die Maßnahme wird durch Bund und das Land Sachsen-Anhalt gefördert. Unsere Stadtführerin hatte uns erklärt, dass von der UNESCO zwar keine Fördermittel fließen, dass der Titel Weltkulturerbe aber mit der Auflage verbunden ist, die Objekte in gutem Zustand zu erhalten.


Hier sieht man, dass auch Spenden herzlich willkommen sind. Ich kann mir vorstellen, dass Sanierung und Erhaltung dieser alten Schätzchen sehr aufwendig sind.


Da wir ja alle sympathisch sein wollen, hatten wir uns dieses originelle Kaffee für den Abschiedstrunk ausgesucht. Die Kellnerin bereitete gerade die Tische vor. Ich wollte testen, ob von den 100 verschiedenen Käsekuchen auch einer für mich geeignet ist. Zusammengefasst: Zur Zeit werden 197 verschiedene Käsekuchenrezepte genutzt. Es sind auch ein paar glutenfreie Rezepte dabei. Allerdings wird nur Käse aus Kuhmilch verwendet. Also blieb ich bei Getränken und verzichtete auf Kuchen. Nach kurzer Zeit erschienen Gengarde und BEVA. Er teilte uns mit, dass die Gruppe heute nicht größer würde. Hitze und körperliche Grenzen hatten etwas gegen eine größere Runde. Wir plauderten noch etwas und verabschiedeten uns dann herzlich. Ursprünglich hatte ich geplant noch Halberstadt zu besuchen. Aber auch uns hatte die Hitze doch etwas geschlaucht. So fuhren auch wir anschließend schnurstracks nach Hause.


Auf dem Weg zum Auto entdeckten noch diese Galerie. Einen Besuch wollten wir aber auf das nächste Mal in Quedlinburg verschieben.


Mit diesen beiden Fotos vom Ursprung Quedlinburgs beende ich meinen Bericht. Bei Gengarde und BEVA bedanke ich mich nochmals herzlich für das gelungene Wochenende. Ich hoffe, dass die Pandemie im nächsten Jahr überwunden ist und am FT 2021 wieder deutlich mehr Foristi teilnehmen werden.​
 
Zuletzt bearbeitet:
Lieber Ludwig, vielen lieben Dank für deinen wunderschönen Bericht über das uns ja leider entgangene Forentreffen in Goslar und Quedlinburg. Deine Bilder sind so schön und aussagekräftig, dass ich mich fast fühle, als wäre ich dabei gewesen. Auf die Hitze hätten wir aber auch gut verzichten können.
Irgendwann werden wir diese interessanten Städte auch besuchen können; der Vorgeschmack durch deinen Bericht war mehr als appetitanregend.
 
Zurück
Oben