Frankfurt Städel: Guido Reni

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Eine Alternative zur Galleria Borghese Galleria Borghese: Guido Reni a Roma. Il sacro e la natura :

Missverstanden, verdrängt, vergessen – im Winter 2022 entdeckt das Städel Museum in einer groß angelegten Ausstellung den einstigen Malerstar des italienischen Barock wieder: Guido Reni (1575–1642). Im 19. Jahrhundert aufgrund anderer ästhetischer Vorlieben verachtet und später durch die einseitige Konzentration auf seinen zeitweisen Rivalen Caravaggio in die zweite Reihe verdrängt, hat Reni heute im allgemeinen Bewusstsein nicht mehr den Platz, den er verdient. Reni war zu seiner Zeit einer der erfolgreichsten und gefeiertsten Maler Europas, begehrt bei den bedeutendsten Auftraggebern, zu denen etwa der Borghese-Papst Paul V., der Herzog von Mantua oder die englische Königin zählten. Über sein Schaffen in Bologna und Rom, aber auch über seine ambivalente Persönlichkeit gibt eine zeitgenössische Biografie Aufschluss: Demnach war Reni zutiefst religiös und zugleich abergläubisch, sagenhaft erfolgreich und hoffnungslos spielsüchtig.

23.11.2022–5.3.2023​

 

Es gibt Künstler, die vergessen werden, weil sie zu erfolgreich waren, sagt Städel-Direktor Philipp Demandt. Dies scheint paradox zu sein, trifft aber auf eine ganze Reihe von Künstlerinnen und Künstlern zu – besonders, wenn sie das Pech hatten, dass ihre Werke in späteren Epochen in Reproduktionen verkitscht wurden. Guido Reni war zu Lebzeiten bereits ein Star und erhielt auch deswegen den Beinamen „der Göttliche“. Seine Auftraggeber aus Adel und Klerus umwarben ihn. Er selbst war sich seines Ruhmes bewusst, eine Persönlichkeit, wie sie der Barock hervorbringen konnte. Guido Reni war begabt, erfolgreich und hoffnungslos spielsüchtig. Dies geht aus einer ausführlichen Lebensbeschreibung des Carlo Cesare Malvasia hervor, die dieser 1678 veröffentlichte.
 
Kurator Bastian Eclercy verrät im Interview mehr zur Entstehung der Ausstellung, seine persönlichen Lieblingswerke und köstliche Anekdoten.


...s Himmelfahrt Mariens (um 1598/99), ein frühes Hauptwerk, als Geburtstagsgeschenk zum 200-jährigen Jubiläum des Hauses erworben. Im Zuge der Recherchen habe ich mich eingehend mit dem Maler beschäftigt, besonders mit seiner ersten Werkphase in Bologna.


Damals wurde mir klar, welch faszinierende Künstlerpersönlichkeit dahintersteckt und wie sehr er überraschenderweise vernachlässigt worden ist. Auch die erste Idee einer großen monographischen Ausstellung, die es seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben hat, entstand bereits in dieser Zeit. Seither habe ich über Reni geforscht, sein Œuvre, die Quellen, die Literatur studiert. Darauf basiert diese umfassende Schau, die wir nun endlich eröffnen konnten. A dream coming true.
 
Der Katalog ist heute erschienen.

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Guido Reni war der Malerstar des italienischen Barocks, einer der erfolgreichsten Künstler Europas, begehrt bei den bedeutendsten Auftraggebern. Wie kein anderer übersetzte er die Schönheit des Göttlichen in Malerei – gleich ob es sich um den christlichen Himmel oder die antike Götterwelt handelte. Dies trug Reni auch seinen Beinamen »il divino« ein. Später oft missverstanden und verdrängt, verdient er eine Wiederentdeckung. Der Katalog zur Ausstellung im Städel Museum stellt sein Schaffen, aber auch seine ambivalente Persönlichkeit umfassend und mit neuen Forschungsergebnissen vor. Zum ersten Mal seit über 30 Jahren werden seine faszinierenden Gemälde, Zeichnungen und Radierungen wieder zusammengeführt und eröffnen einen neuen Blick auf einen der Großen der italienischen Kunst.

Verlagsseite:

Hrsg. Bastian Eclercy, Städel Museum, Text(e) von Maria Aresin, Babette Bohn, Aoife Brady, Sybille Ebert-Schifferer, Bastian Eclercy

Sybille Ebert-Schifferer spricht für hohe Qualität.
 
Zusatz:



Wer an Weihnachtsgeschenke denkt, sollte sich nicht nur im Kunsthandel umschauen, sondern auch in den Museen: Das Städel in Frankfurt bietet zum Beispiel ein „Rendezvous mit Reni“ an – das heißt, einen Ausstellungsbesuch an einem exklusiven Abend außerhalb der Öffnungszeiten, mit Drinks! Ein Date mit Guido Reni, dem Göttlichen, klingt doch einfach himmlisch. Meisterwerke sind aus Los Angeles, Orléans, London und Madrid angereist. Aus dem Prado kommen zum Beispiel „Hippomenes und Atalante“ – die zwei blassen, nackten Wettläufer, deren Körper fast wie ein Ornament verflochten wirken. Es ist eine Liebesgeschichte aus der griechischen Mythologie: Sie ist eine extrem schnelle Läuferin und hat geschworen, nur den zu heiraten, der sie im Lauf besiegt. Die unterlegenen Männer werden mit dem Tod bestraft. Trotzdem treten sie in Scharen an. Hippomenes hat einen Trick: Er lässt während des Laufs drei goldene Äpfel fallen, die ihm Aphrodite zu diesem Zweck geschenkt hat. Atalante bückt sich danach … und verliert – aber die Liebe gewinnt. Hier können Sie übrigens Kia Vahlands Lob der Barockmalerei lesen. Und was Geschenke angeht, empfehle ich Ihnen außerdem Jahresmitgliedschaften bei Museen in Ihrer Nähe: Nicht nur wegen der Kunst, auch weil man hier die interessantesten Menschen treffen kann.

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Das Motiv kenne ich neben Madrid auch gut aus Neapel.
 
Eine Ausstellung mit einer beeindruckenden Bilderfülle, von der man "fast erschlagen wird", aber man läßt sich "mit Lust erschlagen", wie Stefanie Blumenbecker vom HR mit Recht feststellt:
... worden ist. Vorläufiges Fazit: Reni malt sehr gut und sehr katholisch. Seine Bilder waren auch Waffen des Vatikans in der Gegenreformation.
Nicht nur "Hippomenes und Atalante" sind ein Glanzstück (sie und alle anderen Werke aus Madrid stehen unter Fotografierverbot und natürlich postieren sich Besucher der Ausstellung besonders gerne vor diesem Meisterwerk :( ). Schön auch, dass etliche andere Gemälde einen guten Bezug zu Rom herstellen ;) (so "Christus an der Geißelsäule", die aus Santa Prassede, der "Ecce homo", gemalt nach dem Kopf des Laokoon, oder der Gekreuzigte so wie er in San Lorenzo in Lucina zu sehen ist, aber auch die Zeichnung zum Aurora-Fresko im Palazzo Pallavicini Rospigliosi, usw).
Also: Daumen hoch für diese Ausstellung.
 
Prima, ich freue mich auch schon sehr auf die Ausstellung.
Über den Gekreuzigten hatte Navid Kerami mal geschrieben.

von Guido Reni, die eines seiner Meisterwerke sei.

Leider inzwischen mit Bezahlschranke, aber es gibt auch Kommentare zu seiner Reaktion:
Und wenn es schon barocke Malerei sein sollte, die er sich erkor, dann hätte der muslimische Betrachter wie Goethe zwar die Machart bestaunen, aber doch die Inhalte verwerfen können. Als Goethe nämlich auf seiner italienischen Reise in Bologna 1786 erstmals mit der Malerschule bekannt wurde, die dann auch das barocke Rom prägen sollte, hielt er fest: "Ein großes Hindernis der reinen Betrachtung und der unmittelbaren Einsicht sind die meist unsinnigen Gegenstände der Bilder, über die man toll wird (. . . ). Indem der himmlische Sinn des Guido, sein Pinsel, der nur das Vollkommenste, was geschaut werden kann, hätte malen sollen, dich anzieht, so möchtest du gleich die Augen von den abscheulich dummen, mit keinen Scheltworten der Welt genug zu erniedrigenden Gegenständen wegkehren."

Kermani, der Moslem aus Köln, mit seiner Koran-Schulung reagiert ganz anders, er lässt sich ein auf die Bilder, nicht nur auf ihre offenkundige malerische Kraft, sondern ebenso auf ihre Inhalte.
So entstehen mitreißende Bildbetrachtungen (die meisten für die Neue Zürcher Zeitung), zu Altargemälden von Caravaggio, zu einer alten Ikone und zu der Kreuzigung auf dem Hochaltar von San Lorenzo in Lucina, die sich jenem Guido Reni verdankt, dem Goethe "himmlischen Sinn" attestierte. Die Sätze, in denen der Muslim Kermani sich fast wider seine eigenen Überzeugungen auf die Theologie des Kreuzes einlässt, sind unterdessen mehrfach zitiert worden: "Für mich aber ist das Kreuz ein Symbol, das ich theologisch nicht akzeptieren kann, akzeptieren für mich, meine ich, für die Erziehung meiner Kinder. Andere mögen glauben, was immer sie wollen; ich weiss es ja nicht besser. Ich jedoch, wenn ich in der Kirche bete, was ich tue, gebe acht, niemals zum Kreuz zu beten. Und nun sass ich vor dem Altarbild Guido Renis in der Kirche San Lorenzo in Lucina und fand den Anblick so berückend, so voller Segen, dass ich am liebsten nicht mehr aufgestanden wäre. Erstmals dachte ich: Ich - nicht nur: man -, ich könnte an ein Kreuz glauben."


2009 erhielt Kermani, nach zwischenzeitlicher Aberkennung – zusammen mit Kardinal Karl Lehmann, dem ehemaligen Kirchenpräsidenten von Hessen-Nassau Peter Steinacker und dem Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden Salomon Korn – den Hessischen Kulturpreis, dessen Verleihung in dem Jahr unter das Motto interreligiöser Toleranz[46] gestellt war.

Ausschlaggebend für die Aberkennung war, dass Lehmann und Steinacker sich kritisch zu Kermani geäußert hatten. Sie nahmen Anstoß an einem Feuilleton-Artikel Kermanis über ein Kreuzigungsgemälde von Guido Reni, der am 14. März 2009 in der NZZ erschienen war. Darin schrieb Kermani: „Für mich formuliere ich die Ablehnung der Kreuzestheologie drastischer: Gotteslästerung und Idolatrie.“[48] Im Fortgang jedoch berichtete er von der Erschütterung dieser Auffassung durch die ästhetische Erfahrung: „Erstmals dachte ich: Ich – nicht nur: man –, ich könnte an ein Kreuz glauben.“ Am 24. April 2009 äußerte Lehmann in einem Brief an den hessischen Ministerpräsident Roland Koch, dass er „unter diesen Umständen den Preis nicht in Empfang nehmen kann“,[49] und begründete dies später unter anderem mit erwartbaren Medienreaktionen, „wenn ich in dieser Situation und möglicherweise noch im Bischofsgewand neben Navid Kermani den Preis entgegengenommen hätte“.[49

Ausgelöst von Guido Renis wunderbarem Werk!
Allerdings wird es bei mir erst im Januar möglich sein, denn noch kann ich nicht ohne Hilfsmittel laufen.
 
Zuletzt bearbeitet:
... Adelsfamilien und Vertreter des Klerus angetan – selbst Papst Paul V. Borghese wollte Reni in seinen Diensten haben. Der Bologneser wurde zum „Hofkünstler“ der Papstfamilie und führte von 1607 bis 1614 bedeutende Aufträge aus, hauptsächlich Fresken, die er unter anderem in seinem persönlichen Rechnungsbuch minutiös dokumentierte.
 
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