Erste Rom-Reise 19.-23.09.05

andreasb

Primus Pilus
Stammrömer
Hallo,

ich komme erst heute dazu, etwas von unserer ersten Rom-Reise vom 19.-23.09. zu berichten.

Eine direkte Rubrik 'Reiseberichte' gibt es ja nicht, deshalb schreibe ich unsere Erlebnisse und Erfahrungen hier hinein.

Gleich zu Anfang: Natürlich haben wir nicht alles (die erfahrenen Rom-Kenner haben es sich sicher schon gedacht :) ) gesehen, was ich mir auf den Wunschzettel geschrieben hatte. Zum anderen: Rom haben wir als sicher interessante und sehenswerte Stadt erlebt - aber unsere große Liebe wird es (vor allem im sicher etwas unfairen Vergleich mit Venedig) sicher nicht. 8)

Ungünstig waren für unsere erste Rom-Erfahrung sicher zum einen das (von uns so empfundene) unangenehm schwül-warme Wetter, die in unserer Woche unglaublichen Touristenmassen und der chaotische Verkehr auf den Straßen und in den ungastlichen U-Bahnen. Es ist mir jetzt gut verständlich, dass z.B. viele Reliefs an den antiken Bauwerken so stark angegriffen sind (wenn man das mit alten Zeichnungen von vor 100 - 200 Jahren vergleict), bei dem Verkehr und vor allem den im Vergleich zu unseren Städten heftigen Abgasen. Wenn wir abends ins Taschentuch geschneuzt haben, war es grau-schwarz! 8O

Aber der Reihe nach:

Der Flug mit dba-fly war problemlos, das Warten und Ergattern der Koffer in der überfüllten Ankunftshalle ein ersten etwas chaotischer Eindruck. Dann der problemlose Weg und Fahrt mit dem Leonardo-Express nach Termini. Die schwüle Luft machte sich dann sehr schweißtreibend auf dem Weg zur U-Bahn bemerkbar und vor allem auch in der U-Bahn bis Flaminia. Dann kam noch eine kurze Fahrt mit einer Station der Roma-Nord-(U)-Bahn, die ihre besten Zeiten irgendwann in den frühen 60er-Jahren gehabt haben muss, dem Zustand der Wägen und des Bahnhofes nach (muss nachts gruselig sein, hat mich an eine rußgeschwärzte Drachenhöhle eines Fantasy-Films erinnert). :twisted:

Der Weg zu unserer schönen Unterkunft war dann zwar von der Strecke her nicht mehr sehr weit, führte allerdings nochmal (mit zwei Koffern) über eine längere Treppe und eine anseigende Straße. Bei der Ankunft am Nachmittag waren wir dann entsprechend schweißgebadet. :(

[hotel]92[/hotel]Die Unterkunft selbst war sehr schön und sehr empfehlenswert, wenn man etwas ruhigeres in angenehmer Umgebung sucht und sich nicht an der Fahrt zuerst mit der Vorort-U-Bahn bis Piazza Flaminia/Popolo stört. Die Suite Oriani (so leicht im Internet zu finden) ist ene große Villa der Jahrhundertwende in einem nobleren Villen- und Botschaften-Viertel (Schweizer Botschaft in gut 50m Luftlinie). Es ist kein Hotel, sondern ein Bed+Breakfast. Das Zimmer war schön und hatte einen kleinen, ruhigen Balkon mit Blick auf ruhige Häuser, Bäume und Palmen. Der Eigentümer(-sohn?) war sehr nett und gab uns Tipps, wo man gut Essen kann etc. :)

An diesem schweißtreibenden ersten Tag fuhren wir dann am inzwischen späteren Nachmittag auch nicht mehr in die Innenstadt, sondern bummelten in unserem Viertel (Parioli) herum und gingen dann später (vor 19:30 - 20:00 gibts nichts zu Essen) in eine nette Pizzeria, in der keine Touristen, sondern nur Einheimische waren.

Auf alle Fälle faszinierend sind in Rom die zahllosen architektonischen und künstlerischen Hinterlassenschaften der letzten gut 2000 Jahre. Die Überreste der römischen Antike müssen wohl jeden in ihren Bann ziehen. :)

Angeschaut haben wir uns natürlich die Kaiserforen (von außen) und das Forum Romanum. Zum Besuch des Palatin konnte ich meine Freundin angesichts der an diesem Tag stechenden Sonne und der schwülen Hitze leider nicht mehr überreden. :roll: Beim Kolosseum haben wir uns angesichts einer sicher 200m langen mehrreihigen Warteschlange auf die Ansicht von außen beschränkt. :(

Irgendwie enttäuschend war dann die Spanische Treppe. Auf Fotos meist mit üppigem Blumenschmuck versehen, präsentierte sie sch uns kahl und schmucklos. Die sie oben abschleßende, schöne Kirche war völlig eingerüstet und geschmackvoller Weise mit einem riesigen Mode-Werbeplakat verhangen. Die Treppe wirkte auf uns auch davon abgesehen auf Fotos meist ziemlich geschickt und imposanter als in echt in Szene gesetzt. :? Lohnenswert war aber der McDonalds nahe der Spanischen Treppe, der ziemlich groß, sauber und nett gestaltet war. Das üppige und leckere Salatbuffet sucht man bei uns zuhause leider vergeblich. Dieser McDonalds war uns um die Mittagszeit eine willkommene Anlaufstation für einen einigermaßen sauberen Toilettengang und eine kurze Ruhepause in der Hektik (und lecker Cappuccino in der Extra-Cafeteria für 85 cent!). :D

Ebenfalls irgendwie weniger beeindruckend und spektakulär, als auf zahlreichen Fotos erschien uns der Trevi-Brunnen. Eng eingeklemmt an dem kleinen Platz und von Touristenmassen zugestellt verliert er sehr viel von seinem möglichen Flair. :roll:

Ansonsten haben wir an diesem ersten ganzen Tag u.a. noch den Quirinalspalast/platz gesehen und eben die Straßen um die Via del Corso (Shopping). :D

Auffallend waren noch die zahlreichen Bettler auf den Straßen und auch an Sehenswürdigkeiten, U-Bahnhöfen, etc. Als die bettelnden Zigeuner-Mädchen an den Kaiserforen anfingen, nach unseren Taschen zu grabschen, bin ich laut geworden und habe sie verscheucht. :x

Ansonsten: Verkehr, Verkehr, Verkehr, dem kaum zu entgehen ist und der ach an ruhigeren Plätzen als ständiges Hintergrundgeräusch bleibt. Es ist mal ganz lustig und interessant zu beobachten, wie alle gängigen Verkehrsregeln sehr locker interpretiert werden und die Harakiri-Fahrten der zahllosen Motorroller zu bestaunen - aber der Lärm und die Abgase wirken schon sehr heftig. :?

Am zweiten (ganzen) Tag haben wir uns dann zur Schonung unserer Füße zur Stadtrundfahrt mit dem 110er Bus entschlossen. Also mit der U-Bahn nach Termini und - natürlich in die obligatorische Touristen-Warteschlange eingereiht. An der Kasse ging es aber sogar relativ schnell, nur das Warten auf einen Bus mit noch freien Plätzen auf dem begehrten Oberdeck hat noch einige Zeit gedauert. :)

Die Rundfahrt selbst ist ganz nett und man bekommt schon viel zu sehen. Zeitweise bleibt der Bus allerdings im ständigen Verkehrschaos stecken und braucht dann für 200m eine Viertelstunde. 8) Wir sind dann wieder auf der Höhe der Span. Treppe ausgestiegen und quer durch die Altstadtgassen in Richtung Pantheon, Piazza Navona und Campo Fiori geschlendert. Wobei man selbst in den engsten Gassen aufmerksam sein musste, um irgendwelchen Mopeds und Lieferwagen auszuweichen. Der Verkehr verfolgt einen in die letzten Gassen und Winkel. :?

Unterwegs enen Capuccino und ein leckeres Eis (sagenhafte Eisdielen 8O ). Dann die Piazza Navona - eher enttäuschend dafür, dass es DER sehenswerte Hauptplatz der Altstadt sein soll. Kein Vergleich mit dem Markusplatz oder anderen, ähnlich großen Plätzen Venedigs. Leider auch hier die Hauptkirche komplett eingerüstet, ebenso einer der großen Brunnen. Sehr viele fliegende Händler (überwiegend Afrikaner) und viele sog. Kunstmaler. Aber trotzdem ganz witzig, das Treiben von einem teuren Cafe aus zu beobachten. Leider wurde das Wetter schon schlechter und es hat leicht geregnet. Der Campo Fiori ist vormittags mit dem Markt sicher interessanter, so leer am Nachmittag war er eher unscheinbar. Da habe ich dann doch schon viel schönere Plätze z.B. in Siena, Lucca gesehen.

Eindrucksvoll aber auf alle Fälle das Pantheon, obwohl auch hier sehr viele Menschen waren. Imposanter Raumeindruck und im Kern fast 1900 Jahre alt! 8O

Dann Weiterfahrt mit dem 110er zum Vatikan und in den Petersdom. Inzwischen war das Wetter leider schon ziemlich trüb und das Innere des Petersdoms daher auch recht duster und schlecht ausgeleuchtet. Gewaltiger Bau, der aber insgesamt eben ziemlich duster wirkte, ganz anders, als wenn im Fernsehen eine Messe übertragen wird oder auf diversen Bildern. Viele der schönen, großen Skulpturen sind in ziemlich dunklen Ecken, in denen ihre plastische Gestaltung nicht sehr gut zur Geltung kommen kann. Wundert mich, dass da nicht wenigstens etwas mehr mit entsprechender, platzierter Beleuchtung gearbeitet wird. Eine sonderliche religiöse, geistige Atmosphäre kommt eh bei den vielen Menschen nicht auf, so dass der Petersdom eher durch seine großartigen Kunstwerke erlebenswert ist. Und das wird leider nicht sher gut präsentiert. Okay, es soll in erster Linie eine Kirche sein, aber die Päpste haben die Kunst ja auch bewusst für die Zurschaustellung von Macht und Reichtum genutzt und nicht nur zur religiösen Erbauung. Insofern ist der Petersdom nicht nur das Zentrum der katholisch-christlichen Religion, sondern auch ein riesiges Kunstmuseum und Demonstrationsobjekt der weltlichen Macht und des Reichtums der Kirche.

Abschließend ging es dann wieder mit dem 110er im Regen zurück durch das Feierabend-Verkehrschaos langsam zurück bis Termini und per U-Bahn 'nach Hause' und später in unsere leckere Pizzeria. :)

Unser dritter (ganzer) Tag in Rom:

Vormittags ging es mit der U-Bahn (voll wie immer und die Wägen mit Grafittis bis zur Unkenntlichkeit verziert) zur Cestius-Pyramide und dem Protestantischen Friedhof. Originell und unerwartet, die weiße Pyramide neben dem alten Stadttor und antiken Stadtmauer.

Der Protestantische Friedhof dann eine Insel der relativen Ruhe im hektischen Verkehrslärm. Sehr schön angelegt und üppig bepflanzt und sehr gepflegt (und saubere Toilette). Romantik pur mit den Grabdenkmälern und vielen Inschriften. Beim angrenzenden Katzengehege haben wir dann eine Geldspende in eine der Sammelboxen gegeben. Nach einem guten dutzend Mückenstichen haben wir dann den schönen Friedhof wieder verlassen. :)

Wir wollten es dann doch nochmal mit dem Kolosseum probieren, haben das dann aber angesichts des immer noch gewaltigen Touristensnsturms und eines beginnenden Gewitters doch aufgegeben. :roll: Zurück an der Piazza di Spagna wurde ein weiterer Bummel dann von einem heftigen Wolkenbruch unterbrochen, der bis abends auch in einen starken Dauerregen bis in die Nacht überging und wir nur noch einmal vor dem Einpacken gemütlich in 'unserem' Viertel Essen gingen.

Am Rückreisetag haben wir uns dann den angebotenen Chauffeur-Service (50,- Euro) gegönnt und uns in einer großen Limousine entspannt zum Flughafen fahren lassen. :D

Fazit:

Rom haben wir als sicher sehr interessante undsehenswerte Stadt empfunden, deren schöne Seiten aber sehr von den Touristenmassen und dem starken Verkehr, Lärm und teilweise Schmutz beeinträchtigt wird. An vielen Orten ging es uns so, dass wir die Sehenswürdigkeiten, Plätze, etc nicht so richtig genießen konnten, weil vieles im Lärm und der Hektik unterging. Es fällt schwer, sich am Forum Romanum in der Vorstellung in die alte, antike Welt hineinzuversetzen, wenn im Hintergrund der Lärm und das Gehupe des Verkehrs vorbeirauscht und Massen von Touristen umherstolpern. Das wirkt dann teilweise eher wie ein großes Disneyland. :roll:

Vielleicht wäre der Eindruck in einer etwas ruhigeren Jahreszeit (im Winter?) etwas anders, wenn es vielleicht nicht ganz so viele Touristen sind. Aber jetzt, Mitte/Ende September war es uns doch zu voll, zu laut, zu schwül. 8O

Sicher ist der Vergleich mit einer Stadt wie Venedig, in der es keinen Straßenverkehr gibt, unfair. Aber selbst zur vollen Karnevalszeit ist es uns dort problemlos gelungen, innerhalb von 5 Minuten zu Fuß allem Gewusel und Gedränge zu entkommen und durch stille Gassen zu schlendern. Das ist in Rom sicher schwieriger, aber dafür ist die Lebendigkeit und Lebhaftigkeit sicher auch wiederum ein Punkt, der gerade viele dorthin zieht.

Also sicher eine sehenswerte und interessante Stadt und natürlich für alle Interessierte des antiken Rom ein Muss. 8)

Aber für uns hat sich der Charme jetzt nicht so erschlossen, dass wir unbedingt sagen würden: da wollen wir möglichst bald mal wieder hin ....... :)

Andreas
 
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Hallo Andreas!

Ich hatte schon auf Deinen Bericht aus Rom gewartet...

Schade, dass Dir Rom nicht so 100% gefallen hat, wirklch schade - aber vielleicht hast Du doch eine, wenigstens eine kleine, Münze in den Trevibrunnen geworfen und Dein zweiter Eindruck ist ein Besserer.... :)

Gruß - Asterixinchen
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Ach, so schlecht war der Eindruck ja gar nicht und er wird sicher in ein paar Wochen erfahrungsgemäß besser werden, weil man ja meistens das Negative mit der Zeit etwas verdrängt und die positiveren Aspekte mehr in Erinnerung bleiben. Nachträgliche Verklärung sozusagen. :D

Hauptsächlich fand ich eben schade, dass so vieles an Sehenswertem und an Charme der Stadt in den Menschenmassen und dem Verkehrslärm etwas untergeht - für mich zumindest.

Aber jedenfalls war es nicht schwer, sich in Rom zurecht zu finden - wenn man sic ein wenig vorbereitet hat - und so ein gutes Forum wie hier mit zu Rate gezogen hat. :)


Andreas
 
AW: Re: Erste Rom-Reise 19.-23.09.05

Hallo Andreas,

zuerst mal: Vielen Dank für diesen wahrlich monumentalen Bericht! Ich hoffe, das Zusammenführen der Einzelbeiträge war in Deinem Sinne, und wie Du siehst gibt es im neuen Forum jetzt auch eine eigene Rubrik für Reiseberichte. Jedenfalls kann ich Dir nach dem Zusammenführen sagen, dass Dein Text fast 12000 Zeichen hat - ich musste extra die Foreneinstellung erhöhen 8O

Dass Rom die hochgesteckten Erwartungen nicht so ganz erfüllen konnte, ist natürlich schade - ich kann aber Deine Gründe sehr gut nachvollziehen. Im September ist absolute Hochsaison, schlimmer ist's vermnutlich nur noch an Ostern. Mir waren die ruhigen Wintermonate auch am liebsten. Sonnige Dezembertage mit Temperaturen im zweistelligen Bereich - und das Forum wie ausgestorben. Allerdings gibt's in den Wintermonaten halt auch (viele) andere Tage, und wenn man nur auf Urlaub da ist, ist das natürlich riskant.

Ihr solltet der Stadt aber auf jeden Fall noch mal eine Chance geben. Beim nächsten Mal kennt Ihr Euch schon ein wenig aus und könnt alles ein wenig ruhiger angehen lassen, das mach auch schon was aus. Aber Dein letztes Posting klang ja schon recht versöhnlich. Ich hoffe jedenfalls, Du bleibst uns hier im Forum erhalten.

Herzlichen Gruß
Sven
 
AW: Erste Rom-Reise 19.-23.09.05

Hallo,

also wie gesagt, von Enttäuschung kann sicher keine Rede sein.
Die Umstände waren halt für den ersten Besuch nicht die besten zu dieser Zeit. Ziemlich schwül-warm, ein Massenandrang von Touristen allerorten und für die vielen sehenswerten Orte natürlich viel zu wenig Zeit.
Faszinierend ist die Stadt in jedem Fall. Zu einer ruhigeren Zeit (wahrscheinlich nur im Winter), mit etwas mehr Zeit und auf einzelne Ziele konzentriert, wäre es sicher viel günstiger.
Zurechtkommen in Rom war jedenfalls keinerlei Problem. Es ist eigentlich alles sehr übersichtlich und alles recht leicht zu finden. Ein bischen vorher informieren, dann ist Rom eine relativ "einfache" Stadt für Besucher, finde ich.
Wenn von geduldigen Lesern die eine oder andere Frage auftauchen sollte, stehe ich gerne zu Auskünften zur Verfügung.

Andreas

P.S.: Ich würde Rom schon gerne mal wieder besuchen, vielleicht sogar im August, wenn da wirklich weniger voll ist, als im September. Wenn ich allein reisen würde, würde ich mir die Tage auch anders einteilen: früh aufstehen und losziehen, mittags längere Pause und abends noch rumziehen. Aber wenn man zu zweit reist, muss man halt Rücksicht nehmen ...... ;)
 
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AW: Erste Rom-Reise 19.-23.09.05

Hallo Andreas,

was ich schon die ganze Zeit fragen wollte: Habt Ihr eigentlich [post=625]von diesem Streik[/post] was mitgekriegt?

Sven
 
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