Emilia - die unbekannte Region

Bologna

Bologna la grassa (s.Kulinarik I-IV), la dotta (wegen der uralten Universität) la rossa (sowohl wegen der überwiegend backsteinfarbenen Häuser als auch wegen der politischen Einstellung seiner Bewohner)
Auch eine wunderschöne Stadt. Aber nicht so autofreundlich wie Modena, weswegen wir auch mit dem Zug dorthin gefahren sind. Das gab uns gleich zu Beginn Gelegenheit, ausgiebig die Besonderheit von Bologna zu bewundern.Man läuft vom Hauptbahnhof nahezu einen Kilometer fast ausschließlich durch die berühmten Arkadengänge ins Zentrum der Stadt, zur Piazza Maggiore. 40 Kilometer Arkaden soll es insgesamt in Bologna geben, eine geniale Einrichtung. Schattig im Sommer, vor Regen oder Schnee geschützt im Winter, in Bologna flaniert man besser als sonstwo auf der Welt.
Auch die Fußgängerzonen sollen dort erfunden worden sein und in der Tat - es gibt welche. Allerdings sind sie nach allgemeinitalienischer Art inzwischen verseucht von der besonderen Kaste der "autorizzati". Das sind nun nicht etwa nur Notdienste und Feuerwehr sondern gleichermaßen der ÖPNV, Bewohner, Beschäftigte, Hotelbesucher und Gott weiss wer noch alles. Und Zweiräder werden vorsichtshalber erst gar nicht kontrolliert. Und all das führt auch in Bologna dazu, dass die Fußgängerzonen eher theoretischer Natur sind. Aber dafür gibts ja die Arkaden. Da kann man nun wirklich nicht fahren.
Und Kultur gibts auch. Und der Hauptplatz ist sogar wirklich autofrei. Dazu gleich mehr.
 
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Bologna II

Auch die Innenstadt von Bologna ist Weltkulturerbe der UNESCO - sogar schon wesentlich länger als die von Modena. Und gleichermaßen verdient. Das Ensemble um die Piazza Maggiore und Piazza Nettuno (nein, Bologna liegt nicht am Meer) ist traumhaft. Flankiert von Palazzo Comunale, Palazzo di Re Enzo, Palazzo del Podesta, Palazzo dei Bianchi Palazzo dei Notai und Basilica San Petronio (gotisch bis Renaissance - ein prächtiger Anblick) erhebt sich ein Riesenbrunnen mit einer gewaltigen Neptunstatue. Nein, Bologna liegt immer noch nicht am Meer, mir unklar , weshalb die Bologneser ausgerechnet eine Statue des Meeresgottes aufgerichtet haben.
Die Innenstadt ist jedoch weitläufig, sie erstreckt sich bis zur Piazza San Stefano mit der gleichnamigen, frühromanischen Kirchenanlage. Und auch gleich zwei schiefe Türme gibt es, die Torre Asinelli und die Torre Garisenda. Zwar nicht so schief wie der berühmte Turm von Pisa, aber dafür gleich doppelt. Natürlich fehlt auch nicht die berühmte Bildersammlung, in diesem Fall die Pinacoteca Nazionale, auf deren Besichtigung wir aber aus Zeitgründen - wie auch schon in Modena - verzichtet haben. Alles ist eine Runde weltstädtischer und größer als in Modena, wirkt jedoch wesentlich weniger "gechillt", wie meine Kinder sagen würden. Eine gewisse geschäftige Hektik ist überall spürbar. Und - es gibt im Gegensatz zu Modena eine erkleckliche Anzahl an Touristen. Dort fehlen die Touris nämlich völlig, was auch zur ruhigen Atmosphäre beitragen mag
Aber es geht auch noch wesentlich ruhiger.
Folgt gleich.
 
Piccolo Mondo - was blieb von Don Camillo ?

Wir waren in Brescello. Was ist Brescello, werden einige fragen ? Nun, Brescello ist der Ort, wo die fünf berühmten Don-Camillo-Filme mit Fernandel und Gino Cervi in den fünfziger und sechziger Jahren nach den Vorlagen von Giovanni Guareschi gedreht wurden. Und wir sind beide Fans dieser Filme und haben uns vorgenommen, den Drehort einmal zu besuchen, wenn sich die Gelegenheit ergibt. Selbstverständlich haben sich die politischen Verhältnisse seit 50 Jahren grundlegend geändert, die DC gibt es nicht mehr, die Kommunisten führen ein Schattendasein und wenn jemand durch Parolen am Straßenrand auffällt so ist es wie überall in Italien die Lega Nord - aber auch die verliert - gottseidank - an Ansehen.
Wie also sieht es nach über 50 Jahren in Brescello aus ?
Zuerst das, was geblieben ist. Der Hauptplatz sieht im wesentlichen noch immer so aus wie vor 50 Jahren. Die Kirche rechts, das Rathaus links, in der Kirche kann man in einer Seitenkapelle sogar den Original-Christus aus den Filmen bewundern (die Kirche hat in Wahrheit einen anderen Altar). Vor den akkurat hergerichteten Gebäuden stehen sehr nette Bronzestauen von Don Camillo und Peppone und in den Cafes (selbstverständlich gibt es ein Cafe Don Camillo und ein Cafe Peppone) hängen Filmplakate. Und ein Museum gibt es, mit dem berühmten Panzer davor, mit Peppones Beiwagen-Motoguzzi und Don Camillos Soutane.
Und trotzdem ist alles anders, aber eben genauso wie im Rest der Emilia. Wie ? Folgt gleich.
 
Piccolo Mondo ?

Ja, auch in Brescello merkt man, dass die Emilia reich geworden ist. Sie ist heute sogar die reichste Region Italiens es gibt kaum Arbeitslose, von der Krise nichts zu spüren. Ein hochindustrialisiertes Land, große und kleine Industriegebiete allenthalben, die Landwirtschaft ist höchst produktiv, neben den Produkten aus Kulinarik I-IV ist die Emilia auch ein Hauptanbaugebiet für Kirschen und Birnen und Kürbisse und alles wächst und gedeiht.
Das sei den Emilianern wohl vergönnt. Es geht Ihnen gut und auch ein Erdbeben kann daran nichts wesentliches ändern.
Aber einige dunkle Punkte auf diesem glänzenden Erfolgsschild sollen doch auch erwähnt werden, und dafür war Brescello ein Musterbeispiel. Wie überall in Italien ist das Fehlen einer vernünftigen, übergreifenden Bauleitplanung negativ festzustellen. Wohngebiete , insbesondere aber Industriegebiete werden offenbar ohne Regeln in die Landschaft -man muss es schon sagen - geknallt, die Zersiedelung ist allenthalben notorisch, man merkt kaum, wo der eine Ort anfängt und der andere aufhört.
Das fällt natürlich in einer so wenig durch Hügel und Berge gegliederten Landschaft wie der in der Emilia doppelt auf. Das flache Land ist oft -und die Umgebung von Brescello war dafür ein besonders unrühmliches Beispiel- potthässlich, anders kann man es kaum sagen. Man weiss erst, was man an der norddeutschen Tiefebene hat, wenn man die unsäglich zersiedelte und mit Industriegebäuden regellos übersäte Landschaft einiger ländlicher Teile der Emilia gesehen hat. Es ist nicht überall so, gottseidank, aber doch häufig.
Dennoch, die schönen Städte und natürlich die überragende Kulinarik rechtfertigen einen Besuch allemal. Und vielleicht wird es ja auch einmal möglich, die schlimmsten Auswüchse des Booms zu korrigieren.
Dann wirds noch schöner.
 
Hallo gordian,

vielen Dank für deine kompakten und dennoch opulenten Emilia-Schlaglichter. Mich haben sie jedenfalls sehr angesprochen, durchaus wohl auch wegen der thematischen Schwerpunkte;). Bologna steht schon lange auf meiner Zielliste in bella Italia recht weit oben. Du hast dem Ganzen nochmals einen Kick gegeben.
Kulinarik IVUnd zu diesem Essen passt auch der Wein der Gegend wunderbar, der bei uns so verachtete Lambrusco. In seiner trockenen Version (bitte nicht die süße Exportplörre) ist das zwar immer noch kein Spitzenwein, aber nichts passt besser zu emilianischen Speisen als ein trockener Lambrusco di Sorbara oder Lambrusco di Grasparossa.
Ich kenne auch einen richtig exzellenten trockenen Lambrusco, den man in Deutschland beziehen kann und der zum ständigen Vorrat in unserem Keller gehört. Drei Gläser auch im neuesten Gambero Rosso dokumentieren, dass ich, und sogar meine normalerweise nicht Rotwein trinkende BEVA:nod:, das nicht alleine so sehen. Lecker zu Pasta und Geflügel aber auch zu ganzem Fisch. Das Weingut Medici Ermete ist ein wirklich überraschender Lambruscoproduzent. Bei Interesse nenne ich gerne die Bezugsquelle zu wirklich sehr günstigen Preisen.
Falls jemand Interesse an Restaurants und Adressen hat .....
Ich melde mich mal:D.

Saluti
gengarde
 
Da darf ich doch annehmen, Du hast auch den "Concerto" von Medici Ermete ?:D:D;)
Der beste Lambrusco, den ich bisher getrunken habe. "Mein" Weinhändler zuhause führt ihn auch. Du kannst auch das Weingut besuchen, das haben wir diesmal aber aus Zeitmangel nicht gemacht. Es gibt aber neuerdings auch noch andere gute Lambruscoerzeuger, aber da heißt es, vor Ort probieren. Zum emilianischen Essen gibts nichts besseres (wenn Du auch in Bologna gern einen Sangiovese aus der Region kriegen wirst, aber auch ordentliche Weiße).
Adressen liefere ich gern, schick mir eine PN.
In Modena jedoch entrinnt man dem Lambrusco keinesfalls.
Bologna ist - wie ich schon gesagt habe - einmalig schön zum flanieren und shoppen unter den Arkaden.
Schönen Gruß an Deine Frau ;)
 
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