Die Römer in der Wetterau
"Römisches anderswo" zu entdecken ist gar nicht so schwer, wenn man die Notizen von Ausflügen in die Wetterau sortiert .
"Römisches anderswo" zu entdecken ist gar nicht so schwer, wenn man die Notizen von Ausflügen in die Wetterau sortiert .
Von Nida aus versorgten die Römer nicht nur ihre „Kohorten“ am Limeskastell Saalburg, sie hatten auch rechtzeitig gemerkt, dass der fruchtbare Lössboden der Wetterau sich gut nutzen ließ, um die Versorgung der Truppen am Limes und bis hin ins Legionslager Mogontiacum, dem heutigen Mainz, sicher zu stellen. Betrachet man den Limesverlauf mit seiner Ausbuchtung nach Norden sieht man, dass sie auch in dieses Gebiet ihre gut befahrbaren, gradlinigen Römerstraßen (Römerstraßen) angelegt haben und sich gegen eventuelle Überfälle mit einem Grenzwall und Kleinkastellen schützten.
Bevor die Römer in der Wetterau ankamen scheint diese nicht mehr dicht besiedelt gewesen zu sein. Die La-Tène-Zeit war vorbei, die keltischen "oppida" der Gegend verlassen. Auch der in der Nähe des Limes gelegene, für die Keltenzeit so bedeutungsvolle Glauberg bleibt in der römischen „Wetterau-Zeit“, 1. bis 3. Jh., unbesiedelt.
Ein kurzer Blick hinter den Limes auf den Glauberg und die Kelten muss sein, wenn man in der Wetterau unterwegs ist .
Bei einem Erkundungsflug im Jahr 1988 erkannten Heimatforscher am Südhang des Glaubergs die Spuren eines riesigen Grabhügels in einem Getreidefeld. Später wurde noch ein zweiter Grabhügel entdeckt, der durch geophysikalische Messungen lokalisiert werden konnte. Beide Hügel waren eingeebnet und vom Boden aus nicht zu erkennen. Zwischen 1994 und 1997 führte das Landesamt für Denkmalpflege Hessen, Wiesbaden, Ausgrabungen durch. Die Grabanlage wurde anschließend rekonstruiert und steht seitdem zur Besichtigung zur Verfügung. Die reich ausgestatteten Gräber dreier keltischer Krieger aus dem 5. Jahrhundert v. Chr. belegen die gehobene Stellung der Verstorbenen. Die Gräber werden zu den keltischen Fürstengräbern gezählt und gehören zu den prachtvollsten, die aus dieser Zeit bekannt sind.
Nach den Germanenfeldzügen unter Augustus führten dann ab ungefähr 70 n.Chr. Heerstraßen zu den Stützpunkten an diesen Teil des Limes und es entstanden um 100 n.Chr. in der fruchtbaren Wetterau auch zivile Ansiedlungen mit ansehnlichen Villae rusticae.
Bei einem solchen Landgut auf dem jetztigen Gebiet von Bad Vilbel befand sich wohl auch eine größere Badeanlage.
In deren Überresten wurde 1849, beim Bau der Eisenbahn, ein gut erhaltener römischer Mosaikboden entdeckt, der als einer der schönsten in Deutschland gilt. Das aus dem 2. Jh. n.Chr. stammende Original befindet sich seit 1906 im Hessischen Landesmuseum in Darmstadt, aber eine originalgetreue Rekonstruktion des ganzen Mosaiks kann auch nahe des Fundortes bewundert werden. Unter wissenschaftlicher Begleitung von Mitarbeitern der Saalburg haben sizilianische Mosaikspezialisten 2006/07 in achtmonatiger Arbeit in Sizilien die Nachbildung des Mosaikbodens durchgeführt und die Leerstellen ergänzt.
Auf dem rund 33 m² großen Mosaik ist mit 400.000 bunten Mosaiksteinchen das Haupt des Meeresgottes Oceanus dargestellt, das von mythische Gestalten und Meerestiere umschwirrt wird. Wie vermutlich schon zu römischer Zeit wird auch im Pavillon am Kurpark das farbenprächtige Mosaik mit fließendem Wasser überspült, was ihm eine gewisse Leichtigkeit verleiht und den Eindruck vermittelt, als ob die Meerestiere sich wie lebendig im Wasser tummeln.
So erinnert diese gelungene Nachbildung eines römischen Mosaikbodens aus der Badeanlage einer Vialla rustica noch heute daran, dass die Römer – und vermutlich nicht nur sie – schon zu antiken Zeiten das Heilwasser und die damals noch fließenden warmen Quellen in der südlichen Wetterau zu schätzen und zu genießen wußten.
Die Römer besetzten die fruchtbare Wetterau unter Kaiser Vespasian (69 - 79 n. Chr.) und gründeten eine Reihe von Kastellen, so auch Friedberg. Dort hatte es bereits während der Germanicus-Feldzüge (14 – 16 n. Chr.) ein römisches Militärlager gegeben. Rund um das Kastell auf dem Burgberg entstand ein vicus, eine zivile Siedlung. Unter Kaiser Domitian wurde 83 – 85 n. Chr. der Limes ausgebaut und das Kastell Friedberg hatte seine strategische Bedeutung verloren, lag aber so zentral in der Wetterau, dass es nicht aufgegeben wurde. Man stationierte hier berittene Bogenschützen, sozusagen eine „schnelle Eingreiftruppe“. Erst nach dem Fall des Limes gaben die Römern 260 n. Chr. durch ihrem Rückzug an die Rheingrenze die Wetterau auf.
Funde aus dieser „Wetterauer Römer-Zeit“ finden sich gesammelt vor allem im Museum in Friedberg. Die kleine aber recht feine Ausstellung beinhaltet Exponate aus dem militärischen wie auch zivilen Leben. Die ältesten stammen aus der Zeit der Kaiser Augustus und Tiberius, gefunden im Bereich
der Friedberger Burganlage (ehemals das römische Kastell)
und der Altstadt, wo sich das Lagerdorf befand, und den römischen Gutshöfen und Limeskastellen der Umgebung.
Zu sehen sind Gegenstände aus dem alltäglichen Lagerleben (Gefäße aus Ton, Glas und „Terra Sigillata“), zu Handel und Handwerk dieser Zeit,
Grabbeigaben, Überreste eines Mithrasheiligtums und von Götterstatuen.
Glanzpunkt der römischen Abteilung ist aber ohne Zweifel und im wahrsten Sinne des Wortes der berühmte Münzschatz aus dem Kastell Ober-Florstadt, der drittgrößte Fund römischer Münzen nördlich der Alpen.
Münzschatz aus Ober-Florstadt, 1136 Denare
die 1136 Denare wurden um 233 n. Chr. vergraben
An einem Novembertag im Jahre 1984 entdeckte ein ehrenamtlicher Feldbegeher der Denkmalpflege auf einem Feld in der Gemarkung des ehemaligen Kastell Florstadt einige Münzen, die neben Keramikscherben in der umgepflügten Erde steckten. Bei der durchgeführten Ausgrabung wurden in nur ca. 40 cm Tiefe die Reste des Karamiktöpfchens entdeckt und weitere Münzen: insgesamt 1136 römische Denare.
Die Münzen, zeitlich einzuordnen von der römischen Republik bis zu Severius Alexander (gest. 235 in der Nähe von Mogontiacum /Mainz), entsprechen etwa eineinhalbmal dem, was ein Soldat der Hilfstruppen im Jahr verdiente (750 Denare). Wahrscheinlich wurden die Münzen, die vielleicht die Ersparnisse eines oder mehrerer Soldaten waren, vor einem der Germanenüberfälle (die es 233-235 n.Chr. in der Gegend gab) in einen Keramikkrug gesteckt und dann vergraben. Vielleicht sind die Besitzer der Münzen bei dem Überfall umgekommen und konnten so ihren Besitz nicht mehr bergen.
Man geht mit Sicherheit davon aus, dass es das Geld von Soldaten war, da der Münzschatz in dem Teil des Kastellgeländes gefunden wurde, wo die Baracken der Soldaten standen. Außerdem nimmt man an, dass z.B. in der Lagerkasse zeitlich neuer geprägte Münzen gewesen wären, als in einem „Soldatenspartopf“ und es ist archäologisch nachgewiesen, dass Kastell und Kastelldorf von Ober-Florstadt während der Gemanenüberfälle 233 n.Ch. zerstört wurden. So könnte man die Geschichten um den römischen Münzschatz noch lange weiterspinnen ...
Als bemerkswerten Beitrag aus der Römerzeit hat Friedberg noch die Überreste einer kleinen Badeanlage, die vermutlich zur Kommandantur des castellum in monte tauno, dem Kastell des heutigen Friedberg, gehörte. Sie wurde 1963 auf dem Gelände des auf dem Burgberg gelegenen Gymnasiums entdeckt, später aufwändig restauriert und ist leider nur im Rahmen von Führungen zu besichtigen. Kastell und Lagerdorf wurden nach der Aufgabe des Limes 260 n.Chr. zerstört.
Ein kleiner „Ausreißer“ von „Römisches anderwo“ muß noch sein:
und eine mittelalterliche Groß-Mikwe (die bei unserem Besuch in Friedberg leider geschlossen war).
Das kleine Wetterau-Museum bietet u.a. Einblick in die Wetterauer Vor- und Frühgeschichte bis zur Landwirtschaft und -leben im frühen 20. Jh. und sogar moderne Kunst ist zu bewundern, u.a.
Lucio Fontana
aus dem Nachlass des Friedberger Lyrikers und Essayisten Fritz Usinger (1895 bis 1982...
In der Nähe von Friedberg liegt Bad Nauheim – und mit beiden Orten verbindet sich unweigerlich auch der Name Elvis Presley, der von Oktober 1958 bis März 1960 in Friedberg als Wehrdienstleistender stationiert war und in Bad Nauheim wohnte. Das Andenken an ihn und diese Zeit wird in beiden Städten noch hoch gehalten , überall finden sich Hinweise darauf wie z.B.auch im Wetterau-Museum - davon nur ein ganz kleine Auswahl hier .
Aber in Bad Nauheim schließt sich auch dieser kleine Kreis zu den Römern. Es gibt dort auf dem Johannisberg zwar noch die besterhaltenen Reste eines Signalturm entlang des Limes, aber die Salinenanlagen sind „anschaulicher“.
Die Solequellen waren schon für die Kelten wichtig, die eine riesige Saline anlegten und ertragreiche Salzgewinnung betrieben. Auch die Römer nutzten die Salinenanlage noch und konnten so vielleicht die Vorstellung haben, dass sie beim inhalieren der salzhaltigen Luft eine leichte heimatliche Meeresbrise umwehte .
Und hier (im Café am Ludwigsbrunnen ) verabschiede ich mich von der "Römern in der Wetterau" und kehre zurück Richtung Nida, wohin auch der Leugenstein im Museumden Weg weist.
Römischer Meilenstein, ca. 250 n.Chr.
mit Entfernungsangabe von Nida nach Friedberg (die 22,18 km werden in "Leugen" angegeben)
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