Die Münze im Trevibrunnen - Legende oder Volksglaube?

ragecza

Centurio
Stammrömer
Jeder von uns hat sicher schon unzählige Münzen in das Wasser des Trevibrunnens sinken lassen und dadurch seine Wiederkehr in die ewige Stadt gesichert. Aber woher kommt der Brauch? Wo ist er erstmals überliefert? Alle mir zugänglichen Quellen sprechen von einem Volksglauben oder einer Legende. Weiß jemand etwas Genaueres?
 
Zum Trevibrunnen direkt kann ich Dir nicht weiterhelfen, aber ich bezweifle, dass sich das konkret festmachen lässt. Der zu Grunde liegende und nicht auf den Trevibrunnen beschränkte Brauch, eine Münze in Brunnen oder allgemein in Gewässer zu werfen, ist jedenfalls uralt: Die Münze war ein Opfer an die dem Gewässer innewohnenden Quell- und Wassergeister. Solche Bräuche gab es in vielen Kulturen, unter anderem auch in der römischen oder der germanischen - Sinn war es, den jeweiligen genius loci zu besänftigen und günstig zu stimmen und Glück zu erbitten. In Rom lag es natürlich nahe, das mit einer Rückkehr in die Stadt zu verbinden.
 
Dies ist auch keine Antwort auf die grundsätzliche Frage, aber eine kleine Ergänzung zum Thema Trevibrunnen.
Bei einer meiner letzten Romreisen hörte ich einer Führerin zu. Diese erklärte ihrem Publikum, dass es, bevor das Münzenwerfen Mode wurde, üblich war, aus dem Brunnen zu trinken, um eine Rückkehr nach Rom abzusichern. Gelesen habe ich diese Version aber noch nirgends. Vielleicht kann ja jemand auch dazu etwas fundierteres sagen.

Gruß Ludovico
 
Viele Dank für Eure Hilfestellungen. Das Werfen der Münze gehört wohl zum Mythos Rom, und ein Mythos ist geschichtslos. Bislanz habe ich nur in der Reiseliteratur des 20. Jahrhunderts davon gelesen, dass Touristen eine Münze in das Wasser des Brunnens werfen, davor haben sie in der Tat alle aus dem Brunnen getrunken. Die Suche nach dem ersten literarischen Beleg für den Münzwurf gestaltet sich überaus schwierig....
 
Beleg für's 19. Jahrhundert:
Karl Baedecker, Italien. Handbuch für Reisende. Zweiter Theil: Mittel-Italien und Rom, Coblenz 1866, S. 131:
Aus diesem Brunnen pflegt der von Rom Scheidende zu trinken und eine Münze in das Becken zu werfen, um sich der Wiederkehr zu versichern.
 
Besten Dank! Wegen der Beziehung zum römischen Opferritus bin ich geneigt, im Münzwurf doch eher einen Volksglauben als eine Legende zu sehen, zumal mir die Beziehung zu einem Heiligen fehlt, die dazu berechtigte, von einer Legende zu sprechen.
Erbaut wurde er in der heutigen Gestalt zwischen 1732 und 1762. Goethes Vater, der 1740 in Rom war, erwähnt den Brauch des Münzwurfs noch nicht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Aus dem Lucentini (Rom - Wege in die Stadt, Lucentini, 1995, Pattloch):

"Die Tradition, die das "Acqua Vergine" mit einer wehmütigen Erinnerung an Rom in Verbindung bringt, ist älter als der derzeitige Brunnen. Die älteste Version lautet, dieses Wasser sei so gut, dass jeder, der davon gekostet hat, mit Sicherheit nach Rom zurückkehren werde. Im Laufe der Zeit wurde dem Ganzen ein magisches Element hinzugefügt: Unausweichlich würde derjenige nach Rom zurückkommen, der beim Schein des mitternächtlichen Mondes von dem Wasser trinke.
Nach der Errichtung des Trevi-Brunnens und nachdem dieser zu einer Hauptatraktion für Touristen geworden war, trat an die Stelle des Mondrituals die Sitte, Münzen in den Brunnen zu werfen - durchaus vorstellbar, daß dies die brilliante Idee von irgend jemand war, der anschließend den Gewinn einheimste. Heute dürfen die Münzen nur von wohltätigen Institutionen eingesammelt werden." (Seiten 64-65)
 
Was so eine kleine Gruppe an Informationen zusammenträgt, ist schon erstaunlich.

Danke
Ludovico

PS: passt zu oben Geschriebenem: bei einigen Google Recherchen habe ich heute mal wieder festgestellt, dass man unweigerlich auf dieses Forum stößt, sobald man ein Thema eingibt, das irgendwie mit Rom zu tun hat. Schön hier mitzuwirken.
 
PS: Ich habe noch keine Münze geworfen und komme doch immer wieder. :)

PPS: Ich habe auch noch nie eine Münze in den Brunnen geworfen und war doch schon soooo oft Rom.
Aber Geschichte über das Trinken aus dem Brunnen finde ich sehr interessant, aber auch dies werde ich sicherlich nicht ausprobieren. ;) :~ :]
 
Erbaut wurde er in der heutigen Gestalt zwischen 1732 und 1762. Goethes Vater, der 1740 in Rom war, erwähnt den Brauch des Münzwurfs noch nicht.

Auch 1888 scheint man noch nichts vom Brauch des Münzwurfs gewußt zu haben, wie das Zitat aus Ferdinand Gregorovius, Wanderjahre in Italien, zur Villa Malta und http://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_I._(Bayern) geschrieben eben 1888, ahnen läßt:
Der König Ludwig hat seine Villa zum letzten Mal im Jahre 1867 besucht ...
Sein nahes Ende ahnend, nahm er Abschied vom geliebten Rom, von den vatikanischen Museen, von seiner römischen Vergangenheit. Am Abend vor seiner Abreise trank er aus dem Brunnen Trevi, von tiefer Wehmut ergriffen, so daß er weinen mußte. Der alte schöne Aberglaube, daß man nach Rom wiederkommt, wenn man beim Scheiden von der Ewigen Stadt aus jenem Wasser getrunken hat, bewahrheitete sich diesmal nicht. Der König starb zu Nizza am 29. Februar 1868
:~:~ ;)
Was so eine kleine Gruppe an Informationen zusammenträgt, ist schon erstaunlich.
Es wäre schon schön, wenn man's rausbekommen würde
meint Pasquetta
 
Grazie mille - in der Tat ist unser Forum das beste, das sich denken lässt. Ich fresse mich gerade durch die Romliteratur des späten 18. / frühen 19. Jahrhunderts. Vielleicht werde ich dort auch noch fündig. Im Augenblick neige ich dazu anzunehmen, dass das Ganze auf mündlicher Überlieferung beruht. Mal sehen....
 
Ich hätte in Sachen Baedecker noch dazuschreiben sollen, dass die Ausgabe von 1866 die Erstauflage ist. Trage ich hiermit nach.
 
Vielen Dank für die Hinweise. Eine Heiligenlegende scheint nicht hinter dem Brauch des Münzwurfs zu stecken, sondern der pagane Opferritus dürfte in der Tat Pate getsanden haben. Das macht die Ermittlung einer möglichen Quelle natürlich schwierig. Interessant fand ich in der Romdichtung solche Stellen, wo Reisende sich bewusst von dem Brauch distanzieren und weder vom Wasser des Brunnens trinken noch ein Münze hineinwerfen - aus welcher Motivation auch immer!
 
PS: Ich habe noch keine Münze geworfen und komme doch immer wieder. :)

PPS: Ich habe auch noch nie eine Münze in den Brunnen geworfen und war doch schon soooo oft Rom.
Aber Geschichte über das Trinken aus dem Brunnen finde ich sehr interessant, aber auch dies werde ich sicherlich nicht ausprobieren. ;) :~ :]

Auch ich gehöre zu denen, die noch nie eine Münze geworfen haben und doch immer wieder kommen! :nod:
Und trinken werde ich sicher auch nichts! :~
 
Spielverderber :~:twisted:

Auch wenn ich schon lange keine Münze mehr werfe, habe ich die Erfahrung gemacht, dass sich Mitreisende mit weniger Romerfahrung gerne in der Pose fotografieren lassen, um ein hübsches Andenken zu haben.

Das folgende Foto musste ich der Witwe des inzwischen Verstorbenen als "wertvolle" Erinnerung in guter Qualität abziehen lassen.

So spielt das Leben.

Gruß Ludovico
 
Tja, auch wir werfen keine Münzen - und kommen auch immer wieder!

meint

Paganus, mit der Gefährtin seiner guten und schlechten Erdentage ein Mitlglied im (noch zu gründenden) Verein der Münzwerfverweigerer!
:lol::lol::lol:
 
Tja, auch wir werfen keine Münzen - und kommen auch immer wieder!

meint

Paganus, mit der Gefährtin seiner guten und schlechten Erdentage ein Mitlglied im (noch zu gründenden) Verein der Münzwerfverweigerer!
:lol::lol::lol:

... oder einer neuen Interessengemeinschaft :~ :D :~
 
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