Eigentlich wollte ich als nächstes über die Fontana della Terrina berichten, habe aber nun aus aktuellem Anlass die Fontana del Moro an der Piazza Navona vorgezogen.
Fontana del Moro
1574 bis 1576
1574 bis 1576
Der Mohrenbrunnen ist der älteste von drei Brunnen an der Piazza Navona und befindet sich an ihrem südlichen Ende. Der "Mohr", dem er seinen Namen verdankt, gehört nicht zum Entwurf della Portas aus dem 16. Jahrhundert, sondern wurde erst rund 90 Jahre später (in der Mitte des 17. Jahrhunderts) von Bernini hinzugefügt.
Der Brunnen von 1574 bis 1651
Gleich nachdem der Aquädukt der Acqua Virgo 1570 restauriert war, wurde eine unterirdische Wasserleitung zum Marsfeld gelegt und eine Reihe von Brunnen geplant.
1574 vergab Papst Gregor der XIII. Boncompagni den Auftrag zur Errichtung von zwei Brunnen am südlichen und am nördlichen Ende der Piazza Navona (damals Piazza in Agone genannt. Der Name entwickelte sich weiter zu n’Agone und daraus entstand das heutige Navona) an Giacomo della Porta.
Im von Notar Ottavio Gracchi am 25. September 1574 aufgesetzten Vertrag wird als Steinmetz Ludovico Rossi aus Fiesole genannt. Der Steinmetz wurde beauftragt für beide Brunnenbecken antiken Portasanta-Marmor zu verwenden und unter Androhung von Strafen darauf zu achten, dass der Stein keine Mängel aufweist. Dies gelang ihm auch und er machte sich an die Arbeit. Der rosafarbene Marmor von der Insel Chios trägt viel zur Schönheit und Eleganz des Brunnens bei.
Das Brunnenbecken für die Fontana del Moro, wie für den zweiten Brunnen (die heutige Fontana del Nettuno), meisselte Rossi nach einem von Giacomo della Porta persönlich hergestellten hölzernen Modell. Die Länge der Becken sollte 48 Hände, die Breite 30 Hände betragen, was den heutigen Massen von 10,8 Metern Länge und 6,75 Metern Breite entspricht.
Der Steinmetz sollte die Arbeit an beiden Becken bis zum Monat Juni 1575 beendet haben, ansonsten würde die Brunnenbaukommission auf seine Kosten einen anderen Handwerker mit der Ausführung beauftragen. Die Arbeit scheint aber länger gedauert zu haben, ohne dass Rossi der Auftrag entzogen worden wäre. Er erhielt jedenfalls im September 1576 noch Teil-Zahlungen für die Stufen von derselben Form wie die beiden Becken.
Im April 1576 hatte er zusätzlich den Auftrag für eine elegante, 35 cm hohe und aus 12 Säulen bestehende Balustrade aus Travertin erhalten, mit welcher der Brunnen vor Schäden, verursacht durch Karren und Kutschen, bewahrt werden sollte. Sie ahmte die Form des Brunnenbeckens nach. Heute ist der Brunnen ebenfalls von einem Geländer mit 24 Säulen umgeben.
Als Dekoration wählte della Porta vier Figuren von Tritonen und vier Masken, Delphine und Drachen (Wappentier Papst Clemens' XIII.), welche zwei Jahre zuvor für einen Brunnen an der Piazza del Popolo (über den noch zu berichten sein wird) angefertigt (aber nicht gebraucht) worden waren. Die Figuren der Tritonen wurden von verschiedenen Künstlern angefertigt, deren Namen überliefert sind: Simone Moschino und Taddeo Landini aus Florenz, Egidio della Riviera, ein flämischer Künstler und Giacobbe Silla Longhi aus Mailand.
Taddeo Landini, ist der Bildhauer, der auch die Bronzejünglinge für den Schildkrötenbrunnen schuf!
Der Entwurf für die Tritonen stammt von Giacomo della Porta, der sie in Gips modellierte und sehr mochte. Erhaltene Verträge betonen, dass er für ihre Ausführung durch die genannten Bildhauer besten Marmor und eine in Vollrelief ausgeführte Arbeit verlangte.
Das Wasser sprudelte aus den Hörnern der Tritonen und aus einer bescheidenen Felsformation in der Mitte des Brunnens.
Bei den acht Figuren della Portas (Tritonen und Masken), die wir heute sehen, handelt es sich nicht mehr um die Originale. Diese wurden 1874 durch Kopien ersetzt.
Seit der jüngsten Beschädigung der Fontana del Moro am 3.9.2011 sind auch die Originale wieder verstärkt ins Blickfeld geraten! Doch dazu später mehr.
1635 entstand dieses Gemälde des Strassburger Künstlers Johann Wilhelm Baur (1607 bis 1640):
Er lebte in den 1630er Jahren in Italien, zuerst in Neapel dann bis 1637 in Rom. Sein Gemälde "Piazza Navona con il mercato intorno al 1630" im Museo di Roma (Palazzo Braschi) kannte ich bis zu meinem Besuch dort am 21.8.2011 nicht.
Es zeigt uns die Piazza Navona noch ohne den Vierstömebrunnen in der Mitte, ohne den Palazzo Pamphilj und ohne Sant'Agnese in Agone, die beide erst danach errichtet wurden.
Es herrscht lebhaftes Treiben auf dem Platz, der auch als Marktplatz diente. Im Vordergrund sehen wir den Brunnen, so wie er von della Porta geplant worden war.
Zum Vergleich:
Dezember 2010
Der Brunnen von 1651 bis 1874
1651, nach der Fertigstellung von Gian Lorenzo Berninis Vierströmebrunnen in der Mitte der Piazza Navona, gab Papst Innozenz X. (Giovanni Battista Pamphilj) diesem den Auftrag, den Brunnen am Südende des Platzes zu restaurieren, zu ergänzen und zu vergrössern.
Geländer und Stufen wurden entfernt und ein grosses äusseres Becken von der gleichen Form, wie das innere della Portas, wurde hinzugefügt. Bernini soll hierbei auf einen Entwurf seines Erzrivalen Borromini zurückgegriffen haben. Auch wählte er rötlichen Marmor, der nicht mit dem Portasanta-Marmor harmonierte und 1708 unter Giovan Battista Contini, dem damals zuständigen Architekten für die Aqua Vergine-Brunnen, durch weissen Marmor ersetzt wurde, den wir heute noch sehen.
Die kleine Felsformation in der Mitte des Brunnens wurde entfernt. An ihre Stelle trat im Mai 1652 eine grosse schneckenförmige Muschel umgeben von drei Delphinen, "Lumaca" genannt, mit der Bernini das Zentrum des Brunnens schmückte. Die relativ kleine Gruppe konnte nicht mit den vier Tritonen della Portas mithalten. Da sie Innozenz X. Pamphilj nicht gefiel, wurde sie einen Monat nach ihrer Fertigstellung entfernt. Das Original befindet sich heute in den Privaträumen des Palazzo Doria-Pampilj an der Via del Corso, während eine Kopie einen Brunnen im Park der Villa Doria-Pamphilj schmückt.
1654 wurde della Portas Brunnen im Auftrag von Olimpia Maidalchini-Pamphilj, der Schwägerin des Papstes, weiter von Gian Lorenzo Bernini überarbeitet.
Ein erster neuer Entwurf Berninis sah zwei sitzende Tritonen und vier Delphine vor, wurde aber vom Pamphilj-Papst abgelehnt. Dieser verlangte nun eine grosse stehende Figur in die Mitte der vier 1.57 Meter hohen halbsitzenden Tritonen della Portas zu stellen.
Zwischen 1653 und Dezember 1654 arbeitete Giovanni Antonio Mari, ein Schüler Berninis, nach dessen Entwurf und in dessen Atelier, an einer überlebensgrossen neuen Figur, dem sogenannten "Mohren", der einen entkommenden Delphin zu halten versucht aber dabei seltsamerweise in weite Fernen zu blicken scheint. Die Gesichtszüge, des von Bernini ebenfalls als Triton beschriebenen Figur, erinnerten das römische Volk an einen Afrikaner und so kam der Brunnen zu seinem heutigen Namen.
Das von Bernini angefertigte Tonmodell des "Mohren" befindet sich übrigens im Kimbell Art Museum in Fort Worth Texas.
Ein weiteres sehr wichtiges Jahr in der Geschichte des Brunnens auf dem Weg zu dem Aussehen, das wir heute kennen, war das Jahr 1874. Damals erhielt der Neptunbrunnen am anderen Ende der Piazza sein heutiges Aussehen. Gleichzeitig wurden die 8 Figuren della Portas vom Mohrenbrunnen entfernt und durch (meist als schlecht beschriebene) Kopien von Luigi Amici ersetzt.
Es war fast unmöglich etwas Richtiges über den Verbleib der Kunstwerke della Portas herauszufinden. Dazu gleich noch mehr.
Diesen Teil des Berichts möchte ich mit einigen Links zu alten Ansichten des Brunnens abschliessen:
1752 2009 Piazza Navona
1851 2009 Piazza Navona allagata
1854 2008 Piazza Navona Naumachia
1854 2009 Piazza Navona allagata
1865 2009 Lago estivo
1865 2009 Piazza Navona, il lago
1865 2009 Piazza Navona, il lago
1825 2007 Piazza Navona, il mercato
1825 2009 Piazza Navona, il mercato
1830 2008 Piazza Navona mercato
1857 2007 Piazza Navona, il mercato
1862 2007 Piazza Navona il mercato
1865 2007 Piazza Navona, il mercato
1868 2007 Piazza Navona mercato
1865 2005 Fontana del Moro
1851 2009 Piazza Navona allagata
1854 2008 Piazza Navona Naumachia
1854 2009 Piazza Navona allagata
1865 2009 Lago estivo
1865 2009 Piazza Navona, il lago
1865 2009 Piazza Navona, il lago
1825 2007 Piazza Navona, il mercato
1825 2009 Piazza Navona, il mercato
1830 2008 Piazza Navona mercato
1857 2007 Piazza Navona, il mercato
1862 2007 Piazza Navona il mercato
1865 2007 Piazza Navona, il mercato
1868 2007 Piazza Navona mercato
1865 2005 Fontana del Moro
Kürzlich geriet die Fontana del Moro in die Schlagzeilen, als sie am 3. September 2011 durch einen Akt von Vandalismus beschädigt wurde. Das Forum berichtete: Rom: Fontana del Moro Giacomo della Portas an der Piazza Navona von Vandalen beschädigt
Mit zehn Schlägen wurde eine der Masken beschädigt. Den entstandenen Schaden erkennt man sehr gut auch auf diesen Photos des Forista Padre aus seinem Reisebericht Zwischen Kirchen, Palästen und einem Streik:
Mein erster Weg führte mich ins Centro Storico, der Altstadt Roms. In einem kleinem Restaurant stärkte ich mich erst einmal und ging von dort aus weiter zur Piazza Navona. Hier konnte ich die Auswirkungen des Vandalismus am Mohrenbrunnen in Augenschein nehmen, der sich zwei Tage zuvor zugetragen hatte.
In einem antiquarisch erworbenen Buch ("Die Brunnen von Rom" von H.V. Morton, Societäts-Verlag, 1970) fand ich schliesslich das Foto eines der Tritonen in den Borghese-Gärten. Allerdings blasen weder dieser, noch seine "Kollegen", heute noch dort aus dicken Backen in ihre Hörner. Sie wurden auch am neuen Standort wieder entfernt (1993?) da sie in schlechtem Zustand waren.
Eine Original-Maske della Portas kann man an der Fontana delle Vittorie Alate am Viale Goethe der Villa Borghese entdecken.Ich werde dem Original, das über einem römischen Sarkophag angebracht ist, sicher bei Gelegenheit einen Besuch abstatten. Die meisten meiner Quellen halten sie für eine derjenigen von der Piazza Navona, andere Seiten ordnen sie dem della Porta-Brunnen an der Piazza della Rotonda zu.
Ein Fund im Netz hat mir ganz besonders dabei geholfen, einige der Unklarheiten in Zusammenhang mit dem Verbleib der della Porta-Skulpturen zu beseitigen. Es handelt sich um den Artikel Il mascherone originale spaccato negli stessi punti des "Il Messaggero" vom 6.9.2011, demzufolge die restlichen Masken sich in einem Lager des Museo Pietro Canonica auf dem Gelände der Villa Borghese befinden. 1874 waren sie zuerst, wie auch die Tritonen, in den Semenzaio di San Sisto gebracht worden.
Edit: Der Messaggero-Link funktioniert inzwischen leider nicht mehr aber hier gibt es Ersatz.
Mindestens einer der vier Tritonen befindet sich ebenfalls in diesem Depot und findet besondere Erwähnung. Es handelt sich um jenen, der von Taddeo Landini angefertigt, einen alten Tritonen meisterhaft darstellen soll. So meisterhaft, dass sich Luigi Amici, seine Grenzen kennend, 1874 gar nicht erst an einer Kopie versuchte!
Die Beamten der Sovrintendenza ai Beni culturali haben nach dem Vandalenakt an der Piazza Navona den restaurierungsbedürftigen Originalen einen Besuch abgestattet und mit Erstaunen festgestellt, dass die Originalmaske mit der Nummer UB261 (Vergleich hier) exakt den gleichen Schaden aufweist, wie die nun bereits wieder restaurierte Kopie!
Interessant auch die Information, dass die erhaltenen della Porta Original-Skulpturen und andere restauriert und dem Publikum zugänglich gemacht werden sollen. Man darf gespannt sein, wann das der Fall sein wird.
Ein weiterer (auf einer anderen Seite zitierter) Messaggero-Artikel vom 7.9.2011 "Roma. I capolavori nascosti a Villa Borghese" spricht vom kommenden Jahr!Il Messaggero schrieb:Sculture restaurate, locali rimessi a nuovo. Il progetto, voluto dal sovrintendente ai Beni culturali di Roma Umberto Broccoli e curato da Angela Napoletano, ha l’obiettivo finale di aprire al pubblico i locali e mostrare gli originali.
Zum Abschluss dieses Berichts, der leider Fragen offen lassen muss, aber auch, wie ich finde, interessante Perspektiven aufweist, noch dieser herrliche Blick auf die Fontana del Moro, aufgenommen aus einem Fenster des Palazzo Braschi wenige Tage bevor der Brunnen Schaden litt:
EDIT von August 2018: Vergleiche bei Interesse Mein Rom-Mosaik und Rom: Brunnen-Vandalismus
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