Bericht: Ciao Venezia!

Pasquetta

Magnus
Stammrömer
Die vielen netten Reiseberichte der letzten Tage haben mich ermutigt, meinen längst überfälligen Venedig-Reisebericht endlich in Angriff zu nehmen. Er ist leider ein wenig textlastig, da ich weder die Zeit noch die Muße hatte (und auch nicht den Durchblick!) in die Geheimnisse des Fotoeinfügens vorzudringen.
Aber vielleicht habt Ihr auch so Spaß, mit mir noch einmal durch Venedig zu spazieren.
Teil zwei folgt (hoffentlich bald).
Liebe Grüße – ganz besonders und speziell an die mit dem Venedig-Virus Angesteckten!
Pasquetta


Ciao Venezia!

Sohn Nr. 3 hatte einen kleinen Venedig-Kalender geschenkt bekommen. Er stellte ihn auf das Fensterbrett in seinem Zimmer und schlug pflichtbewusst jeden Monat ein Blatt um, schließlich war es ja ein Geschenk gewesen. So fiel sein Blick, am Schreibtisch sitzend tagtäglich auf ein Bild des Markus-Platzes, der Rialto- oder die Seufzerbrücke, Kirchenkuppeln, und schlussendlich auf Gesamtansichten von großartiger Palastarchitektur am Canal Grande und Blick auf Venedig von der Lagune aus. Der kleine Venedig-Kalender wurde zum Jahreswechsel nicht entsorgt, sondern blieb stehen und wurde zum Bildbegleiter über mehrere Jahre und zog sogar mit in die erste eigene Wohnung. So reifte irgendwann der Wunsch „Venedig würde ich gerne mal sehen“ der auch für seine Eltern verständlich war.
Diese waren in ihren jungen Jahren jeder irgendwann einmal ein paar Tage in Venedig gewesen – ein Abstecher auf dem Weg nach Rooom! Aber das ist lange her und ich erinnere mich nur noch an das kleine alte Hotel an der Rialto-Brücke, dass ich mich einmal heillos in den kleinen Calli verlaufen und in einer winzigen Trattoria fegato alla veneziana gegessen hatte und auch auf die Inseln gefahren war. Noch heute stehen zwei kleine Vögelchen aus buntem Glas im Regal, gekauft damals in Murano.
Sohn Nr. 3 ist kein Reisetyp, weder allein reisend noch haben seine Freunde Interesse an Venedig. Das Argument „ich kann ja kein italienisch, ihr aber schon“ war nicht zu widerlegen und der Gedanke, die Serenissima nach so langer Zeit wieder zu sehen, war auch für die Eltern verführerisch. Und irgendwann ließ ich mich zu dem Versprechen hinreißen „wir fahren mal zusammen mit dir nach Venedig“. Da man ein Versprechen halten soll, klappte nach einigen halbherzigen Anläufen und etlichen Versuchen, alle Urlaubspläne und sonstigen Termine unter einen Hut zu bringen, die Reiseplanung. Ein für unsere Verhältnisse passendes Angebot entdeckte ich fast zufällig und wir drei einigten uns darauf, dass wir eine von einem kleinen Reisebüro organisierte Venedig-Gruppenreise machen würden. Auch Sohn Nr. 3 war sich klar darüber, dass er das Durchschnittsalter der Mitreisenden eindeutig nach unten drücken würde, aber er hatte damit kein Problem und wir sahen der organisierten Reise durchaus positiv entgegen. Wir hofften, uns dadurch als Venedig-Unerfahrene (-Neulinge, ein paar Tage in Venedig in „jungen Jahren“ zählen da nicht mehr), unnötige „Umwege“ zu ersparen und möglichst viel von der Stadt zu sehen. Und wir wurden nicht enttäuscht.

Venedig-Reisenotizen

Sonntag, 22.03.09
Frühzeitig am Flughafen angekommen, die Gruppe trifft ein, erstes „Kennenlernen“ und Begrüßen, einchecken und Gang zum Abflug-Gate, noch ein wenig warten mitten zwischen lärmenden amerikanischen Jugendlichen, die auch nach Venedig wollen (das kann ja heiter werden). Nach gutem Flug schöner Anflug auf Venedig und gute Landung. Schnuckeliger kleiner sauberer Flughafen. Das Gepäck wurde von einem Transportservice aufgeladen und extra „verschifft“. Und wir gingen leichten Schrittes bei strahlendem Sonnenschein zum Anleger des Wassertaxis. Flott ging es Richtung Venedig, vorbei an Murano, der Friedhofsinsel San Michele und durch kleine Kanäle hinein in die Stadt. Bevor wir den Blick auf die wunderschönen Paläste am Canal Grande hatten sahen wir erst sozusagen „Venedig von hinten“. Die Kanäle waren viel befahren mit Booten aller Art: Gondeln, vollbesetzte Wassertaxis, kleine Motorboote und dazwischen ein Polizeiboot, das ein Lastboot kontrollierte. Noch mehr Verkehr auf dem Canal Grande, die Vaporetti kommen hier als öffentliches Verkehrsmittel dazu, viele Menschen bevölkern die Rialto-Brücke und die schmalen Gehwege am Canal Grande.
Wir verlassen unser Wassertaxi am Anlegeplatz San Samuele und sind nach einem kurzen Weg durch verwinkelte enge Gassen, - rechts und dann wieder links - oder war es anders herum? - am Hotel angekommen. Und hier sollen wir uns in den nächsten Tagen zurechtfinden? Das Hotel Domus Ciliota liegt versteckt und vollkommen ruhig in der Calle delle Muneghe beim Campo Santo Stefano. Ein nettes Haus (sehr sauberes einfaches Zimmer mit großzügigem Bad) der Blick aus dem Fenster geht auf einen kleinen Kanal mit kleinen Booten darauf. Im schönen Innenhof des Domus Ciliota trinken wir zuerst einmal einen köstlichen Cappuccino, Möwengekreische und strahlend blauer Himmel über uns.

Dann machen wir uns auf zum ersten Erkunden der Stadt bzw. unseres Viertels: vom Hotel aus zum Campo S. Stefano und weiter bis zur Piazza San Marco. Überall herrscht reges Treiben: viele viele Touristen und sicher auch Venezianer, die heute am Sonntag dazu Zeit haben, flanieren in den Gassen rund um San Marco, wo es die tollen teueren Geschäfte gibt. Wir wollen uns noch nicht zu weit weg wagen, sondern lieber erst mal alles ein wenig auf uns wirken lassen: die Weite des Platzes, die vielen Menschen, die Kinder, die die Tauben vor sich her jagen. Es gibt nicht mehr so viele Tauben, wie ich es von früher in Erinnerung habe, aber die Musikkappelle vor dem Florian spielt immer noch ihre Wiener-Kaffeehaus-Weisen.
Weiter über die Piazzetta hin zur Uferpromenade (wie es in Venedig Sitte ist, nicht zwischen den beiden Säulen durchgegangen, da dort der Hinrichtungsplatz für die zum Tode Verurteilten war – man kann ja nie wissen…), Verschnaufpause in den kleinen Giardini Ex-Reali, eine der wenigen grünen Oasen in diesem Stadtbild aus Stein und Wasser. Am Ufer entlang, vorbei an Ständen mit Masken und Bildern von Venedig, die langsam eingepackt werden. Interessant, wie handlich die kleinen Carelli sind, mit Schubladen in denen die Aquarelle oder Zeichnungen verstaut werden und der Verkaufstisch oder die Stellage abgeklappt und festgezurrt wird, so dass nur ein kleiner Rollkasten übrig bleibt. Es ist frisch geworden, die Sonne geht langsam unter, der Himmel färbt sich rosa. Wunderschönes Spiel von Schatten und Licht.
Die Glocken vom Campanile läuten den Abend ein, um 18 Uhr noch verhalten, aber eine viertel Stunde später mit großem mächtigen Klang. Um Mitternacht soll es noch schöner klingen – ob wir das wohl hören werden diese Woche? (Leider nein, dazu waren wir dann doch zu müde wie auch zu einem sehr frühen Morgenspaziergang. Aber es muss auch noch etwas für eine weitere Venedig-Reise übrig bleiben.)
Zum Abendessen würde uns jeden Tag der Weg über die Accademia-Brücke durch schmale Calli und über kleine Brücken zum Ristorante San Trovaso führen, in das Sestiere Dorsoduro. Ein einfaches aber ansprechendes kleines Lokal, kühle aber angenehme Atmosphäre. Dort war für unsere kleine Reisegruppe reserviert. Guter Hauswein, Wasser und Brot auf dem Tisch, immer Tischdecke und passende große Stoffservietten dazu, was ich immer sehr angenehm finde, nicht wie so oft bei uns in Deutschland nur Papierservietten. Primo piatto (Pasta in verschiedensten Variationen oder Risotto), secondo (wahlweise Fisch oder Fleisch) und contorno (Gemüse, zu dem auch Kartoffeln zählen, oder Insalata mista) sowie der Nachtisch (dolci, Frutta oder crema und am letzten Abend haben wir ein sgroppino (Zitronensorbet aufgerührt mit Prosecco (in dubbio sempre prosecco!) probiert) haben immer gut geschmeckt, einfach aber ehrlich. Das Personal war auch in hektischen Situationen sehr freundlich und zuvorkommend, das Lokal immer gut besucht mit Einheimischen (auch im größeren (Familien?-)Kreis) und kleinere Tische waren besetzt mit Stranieri, wie auch wir welche waren.

Unser Reiseleiter (Venedigliebhaber und –kenner seit vielen Jahren – und die Begeisterung für diese schöne Stadt konnte er sehr gut vermitteln) hat eingeladen zu einem kleinen Abendspaziergang durch Venedig abseits der Touristenpfade. Wir haben dieses nette Angebot jedes Mal gerne angenommen und dadurch viele schöne Ecken und Winkel von Venedig entdeckt.
Dorsoduro – Studentenviertel, hier sind noch viele junge Leute „auf der Gass’“ im Gegensatz zu den kleinen verwinkelten Calli vorher vom Lokal weg, das Wasser der Kanäle schwappt leise an die Stufen gegenüber dem Campo San Trovaso, Blick auf schöne Paläste, die alle nur Ca’ heißen, so groß und prächtig sie auch sind, im Nachtlicht, das das Wasser der Kanäle wie ein dunkles glänzendes Tuch aussehen lässt. Die letzte alte Gondelwerft in der Stadt - jetzt werden weiter draußen die Gondeln gebaut -, zum Zattere, wo früher das Holz angeliefert wurde, mit schönem Blick hinüber zur Giudecca, zum Palazzo Molino Stucky. Schöne Palastfassaden, menschenleere Calli und im Dorsoduro wieder junge Leute unterwegs mit einem Glas Wein in der Hand, palavernd, lachend. Und wir – ohne Absacker – zurück über die Accademia-Brücke und den Campo Santo Stefano ins Hotel.


Montag, 23.03.2009
Ein sonniger Frühlingstag beginnt. Es ist herrlich ruhig, kein Lärm – schon gar kein Autolärm!! – das Zimmerfenster geht auf einen kleinen Kanal, am Palazzo gegenüber sind die Fensterläden meistens geschlossen, das Obst und andere Sachen, wie Kehrschaufel, sind auf dem kleinen Balkon deponiert.
Ein hervorragendes, reichliches Frühstück genossen mit u.a. kräftigem Kaffee und frisch gebackenen cornetto mit crema als Stärkung für einen schönen und anstrengenden Tag. Die Besichtigung des Dogenpalastes steht als erstes auf dem Programm. Über den Campo Santo Stefano - wunderschöner Platz jetzt in der Morgensonne, über Brücken - am Campo San Moisè warten Gondolieri auf Kundschaft „Gondola! Gondole!“ rufen sie uns zu. Manche Calle oder Brücke kommt uns bereits bekannt vor. Auch das eine oder andere schöne kleine Stoffe- oder Papiergeschäft, einen Alimentari-Laden oder eine Kirchenfassade wieder erkannt und so den Weg im Gedächtnis „markiert“. Rund um San Marco die tollen Haute-Couture-Geschäfte (Prada, Chanel, Gucci, Ferragamo, Versace usw. usf. - Geldbeutel was willst du mehr?) und zum Markusplatz, wo schon reges Touristentreiben herrscht.

Treffpunkt mit Elisabeth (einer sehr freundlichen, sympathischen Belgierin aus dem Flämischen, die hier in Venedig lebt und ein sehr gutes, drolliges Deutsch spricht) war an der Ecke des Markusdomes vor den vier Porphyr-Figuren. Hier gab sie uns gleich eine sehr profunde Einführung zur (baulichen wie auch herrschaftlichen) Geschichte Venedigs, dem Markusplatz, zu den Dogen und ihrem prächtigen Palast, der Weltmacht, die die Venezianer einmal darstellten. Über die Piazzetta an den wartenden Touristenschlangen vorbei zum Eingang des Dogenpalastes. Da es einige Umständlichkeiten wegen der Eintrittskarten gab (Rentner bekommen Preisnachlass…) hatten wir ein wenig Muße um in der Morgensonne sitzend auf die Lagune hinaus zu schauen und das Ankommen der Tagestouristen zu beobachten.
Nach zwei Stunden intensives Schauen und Zuhören im Dogenpalast schwirrten die Bilder durcheinander: Giganten-Treppe und Grotesken – Prachtgemächer und die Kerker– Veronese, Tizian und Tintoretto - die Seufzerbrücke und wie war das mit Casanova, der sich in der Nacht zum 1. Nov. 1756 aus dem Kerker davon machen konnte oder wem galt gleicht noch mal das mit einem schwarzen Tuch übermalte Dogenporträt in der Sala del Maggior Consiglio… oder sollten wir daraus nicht doch der Welt größtes Ölgemälde, Tintorettos „Paradies“, in Erinnerung behalten…
Noch ein letzter Blick in den Hof mit der Giganten-Treppe und auf die Kuppeln von San Marco, dann durch die Porta della carta, über der der Markuslöwe seine Pranke auf das Buch hält und auf den kleinen, vor ihm knienden Dogen blickt, und vorbei an den Schlangen von Wartenden die auf den Campanile hoch wollten oder in den Markusdom hinein, vorbei an Tauben fütternde Menschen und durch Taubengeflatter (der aufgewirbelte Dreck und Staub fliegt den Prosecco trinkenden Leuten, die im Caffé Florian in der ersten Reihe sitzen, in die Gläser: alles hat seinen Preis!) auf den Weg zurück ins Hotel gemacht, vorbei an den schicken Boutiquen, durch die kleinen Gassen mit den schönen Geschäften mit Antiquitäten, über Brückchen treppauf treppab - zum Campo Santo Stefano. Nachdem wir vergeblich nach der gestern Abend gesichteten Pizzeria gesucht haben (Ruhetag oder nur abends geöffnet?), im stehen am banco in der hektischen Eckkneipe eine Kleinigkeit gegessen (Tramezzini und ein Gemüse-Rotolo), und darauf ein herrlich gutes Eis in der gegenüberliegenden Gelateria Paolin. Rast im Innenhof des Hotels mit cappuccino und dolci, gerade richtig um die sonnige ruhige Atmosphäre zu genießen nur unterbrochen von ein wenig Möwengeschrei oder einer Taube, die sich in den schönen Innenhof verirrt hat.
Für den Nachmittag sind verschiedene Besichtigungen angesetzt, aber das geruhsame Genießen soll auch nicht zu kurz kommen:
Fahrt mit der Linie 1 über den Canal Grande zur prächtigen Barockkirche S. Maria della Salute. Die Kuppel ist noch eingerüstet und versteckt ihre „großen Ohren“. Das Innere mit dem riesigen Bodenmosaik beeindruckt durch seine Schlichtheit.
Nächste Station: die so malerisch das Stadtbild prägende Kirche S. Giorgio Maggiore. Die Gunst der Stunde genutzt, es stand niemand am Aufzug an, um auf den Turm zu fahren. Und so hatten wir für einige Zeit das Vergnügen fast allein diese als schönsten Blick über die Stadt und die Lagune gerühmt Aussicht zu genießen, rund um über Venedig hinweg bis zum Festland und den Inseln, die direkt hinter der Stadt zu liegen scheinen und hin bis zum Lido und der Blick nach unten in die Klosteranlage und auf den kleinen Bootshafen. Es war recht kühl und windig so hoch oben und gerade rechtzeitig bevor eine Gruppe (deutscher Touristen) lautstark die schöne Stimmung hier oben stören konnte fuhren wir wieder hinunter, um in der Kirche vor allem noch die beiden Tintoretto-Gemälde vom „Manna-Wunder“ und dem „letzten Abendmahl“ anzusehen.
Kunst ist sehr gut und schön, aber eine Canal-Rundfahrt mit dem Vaporetto der Linie 2 ist auch nicht zu verachten: durch den Canale della Giudecca hinaus auf die Lagune zum Verbindungsdamm und unter der neuen Fußgängerbrücke (leider zum Großteil mit Baunetzen verhängt) hindurch am Bahnhof vorbei und wieder eingebogen in den Canal Grande, wo reger Verkehr herrscht und die wunderschönen Palästen wie Perlen aufgereiht sind. Besonders schön war der Bootsverkehr draußen auf dem bewegten Wasser zu beobachten – einer transportiert eine Lage Stühle und rettet die runde Tischplatte gerade noch vorm ins Wasser rollen, die Ambulanz mit durchdringender Sirene ist unterwegs, der alle anderen Boote Platz machen, die vielen Privatboote mit und ohne Motor, die Vaporettos des ACTV, ein großes Fährschiff und ein riesiges Passagierschiff, es sollen richtige Kreuzfahrtschiffe bis in die Lagune herein fahren. Dafür wurden die drei Durchgänge zwischen den vorgelagerten Inseln tiefer gemacht, was natürlich auf die Strömung bei Ebbe und Flut und damit auf die Bausubstanz Venedigs ungünstigen Einfluss hat.
Nun, am späten Nachmittag ist es schon merklich kühler geworden, aber wir harren auf dem offenen Deck aus, um möglichst viel zu sehen. Sogar die Sonne hat an Kraft verloren und reicht nicht mehr den frischen Wind auszugleichen. Da tut der rasche Spaziergang vom Rialto zum Hotel gut: am Campo Manin ein kurzer Abstecher zur Scala Contarini del Bovolo – kein Tourist außer uns in diesen engen Gassen und vor dem winzigen Gärtchen mit der „Schneckenhaus-Treppe, kurzer Blick in die Kirche Santo Stefano mit dem schönen Deckengewölbe wie ein umgedrehter Schiffsrumpf und dann ins Hotel und mit einem heißen Kaffee aufgewärmt.
Später, nach Lasagne, Hähnchenschnitzel in Zitronensoße con patatine, Tiramisú und einer guten Grappa, fühlen wir uns ausreichend gestärkt für einen langen Abendspaziergang.
Quer durch das Sestiere Dorsoduro – Campo San Barnaba, S.M. dei Carmini, Campo S. Margherita - abwechselnd ruhige Gässchen und Kanäle, die wie ein dunkler Spiegel daliegen, dann wieder quirliges Leben auf den Campi und vor allem junge Leute vor den Bars, mit dem Weinglas in der Hand – auf einen ombra – diskutierend, sich unterhaltend, Lachen. Eine wunderschöne Mischung, dazu diese schöne Stadt im nächtlichen Licht. Über Brücken und durch enge Gassen von S. Pantaleon zum Campo S. Tomà - manchmal ist versteckt ein Garten zu erkennen, der reinste Luxus in Venedig, wenn über eine Mauer oder hinter einem schmiedeeisernen Tor ein Baum seine Äste reckt - weiter zum Campo S. Polo und S. Silvestro - es sind nur noch wenige Flaneure unterwegs - über den Ponte di Rialto (wunderbar fühlt sich der von vielen Händen glatt gestrichene kühle Marmor der Brückenbrüstung an) zum Bootsanleger und dort auf die Linea 1 gewartet um noch eine nächtliche Bootsfahrt zu machen.
Postkartenstimmung – und trotzdem so erlebt, dass es nicht kitschig ist: die Vaporetto-Fahrt über den leeren nächtlichen Canal Grande, die sich im dunklen Wasser widerspiegelnden Fassaden der prächtigen Paläste, vor denen die abgedeckten schwarzen Gondeln sachte schaukeln oder das hauseigene Boot angetaut liegt. Manchmal einen Blick auf eine angestrahlte schöne Stuck- oder Holzdecke erhaschen, zu ahnen, welche prachtvollen Räume sich hinter den noch wenigen erleuchteten Fenstern befinden. Die Stadt hat Platz für 200.000 Einwohner, es leben noch ca. 60.000 Einheimisch hier. Jedes Jahr sind es ungefähr tausend weniger, die es sich leisten können in der Stadt zu leben. Die meisten ziehen auf das Festland. Es wäre relativ leicht einen Palazzo zu erwerben aber ein finanzielles Fiasko ihn bewohnbar zu machen.
Bis S. Maria del Giglio gefahren und dann durch die fast menschenleere schon vertrauten Gassen zum Hotel spaziert, über den Campo Maurizio zum Campo Santo Stefano, wo man sich anschickt die Bars und Restaurants zu schließen.

Dienstag, 24.03.2009
Rechtzeitig aufgewacht trotz des gestrigen langen Abends. Wieder Sonne am Himmel und Taubengurren im Luftschacht hinterm Badfenster. Bei noch heiterem Wetter losmarschiert nachdem wir die zwei Kätzchen bestaunt hatten, die hoch oben auf dem Altan und auf dem Schornstein des Daches saßen und majestätisch auf uns herab blickten und die sicher die Menschen, die da unten in der Gasse zu ihnen hoch schauten, so recht spaßig fanden.

Zu dieser frühen Stunde waren vor allem noch die Venezianer unterwegs und wenig Touristen, - wenigstens in unserer Gegend, am Markusplatz sah es vielleicht schon anders aus -. Einen anderen Weg genommen durch die vielen kleinen Gassen an vielen kleinen Geschäften vorbei über ein Brückchen und weiter über den lauschigen kleinen Platz zur Kirche Santa Maria dei miracoli , idyllisch gelegen an einem kleinen Kanal und von außen und innen sehr schön anzusehen (wird als die schönste Saalkirche der italienischen Frührenaissance eingestuft). Hier ist mir zum ersten Mal die „elektrische Kerzenofferte“ aufgefallen: man wirft eine Spende in den Opferstock und kann eine rote „Kerzenhülle“ auf eine Fassung schrauben, so dass diese elektrische Kerze, wahrscheinlich zeitlich begrenzt, aufleuchtet. Automatisierte Votivgabe, aber sicher auch „gültig“: auf die Gesinnung kommt es an.
Durch die engen Gassen, es scheint uns - und wem verwundert das noch - kreuz und quer, zur Anlegestelle Fondamente Nuove, wo die Linienboote zu den Inseln abfahren.
Vorbei an der Friedhofsinsel San Michele, der Glasbläserinsel Murano, der Fischerinsel Burano und mehreren unbewohnten kleinen Inselflecken fahren wir zuerst nach Torcello. Während der Überfahrt versteckte sich die Sonne hinter dunklen Wolken, ein kalter Wind lässt uns ein wenig frösteln, aber wenigstens gab es keinen Regen. Kaum einer hatte daran gedacht, einen Regenschirm mitzunehmen. In Venedig ist er sowieso nicht gut zu gebrauchen bei den engen Gassen, in denen man auch so oft kaum aneinander vorbei kommt. Gegen Mittag, als wir Torcello wieder abfahren, klarte der Himmel wieder auf.
Aber zuerst besichtigten wir auf der Insel Torcello die Kirche Santa Maria Assunta mit dem großartigen Weltgericht-Mosaik auf der Innenwand der Fassade. Wenn die Kirchgänger das Gebäude verließen hatten sie drastisch vor Augen was sie beim Letzten Gericht erwarten könnte. Wir wurden mit dem, im Eintrittspreis inbegriffenen, Audioguite gut Schritt für Schritt durch die Kirche geleitet.
Kurzer lohnender Blick auch in die festlich für eine Hochzeit mit vielen duftenden Lilien geschmückte Kirche Santa Fosca und auf die auf dem Gelände vor den Kirchen aufgestellten Skulpturen und Grabplatten.
Zurück zur Anlegestelle des Vaporettos ging es an der Lagune entlang (den Trampelpfad von früher gibt es nicht mehr, es wollen ja auch bedeutend mehr Touristen auf die Schnelle das Kleinod dieser Insel sehen), ab und zu ein kleines Artischockenfeld, ein paar Bäume und Sträucher, die zaghaft anfangen zu blühen, und die Sonne wagt sich wieder hinter den dusteren Wolken hervor.
Nächster Halt war auf der Insel Burano. Mit uns wollten viele andere Touristen dort spazieren, besonders viele Schulklassen waren unterwegs, lagerten auf der Wiese beim Schiffsanlegeplatz. Wir dachten, wenn wir uns ein wenig von der Menge entfernen wird es besser und wir könnten vielleicht einige ruhigere Eckchen der Insel entdecken und eine Kleinigkeit essen. Seltsam mutete das Erscheinungsbild von Burano an, all die kleinen Fischerhäuschen in kräftig bunten Farben angestrichen. Auch wenn Burano immer noch eine Fischerinsel sein soll, ist man doch vor allem auf die Tagestouristen eingestellt mit dem Angebot an kleinen Lokalen, Souvenirläden, Geschäftchen mit Spitzen- und Stickereiarbeiten, die allerdings – wie auch die Glaswaren auf Murano – zum größten Teil aus Fernost kommen sollen. Spitze in Handarbeit auf Burano hergestellt findet sich nur noch selten und ist teuer. Wir waren ziemlich unschlüssig, ob des riesigen auch kitischigen Angebots und konnten auf die Schnelle nicht fündig werden, während Irmgard ein schönes Spitzenbild erstand, angeblich bei einer Einheimischen, die in ihrem Laden noch am Klöppelkissen sitzt. Aber ob das, was sie verkauft wohl von ihr gemacht wurde…
Außerdem hatten wir Hunger und zum Glück gab es in einem kleinen Schnellimbiss zu einem annehmbaren Preis ein großes Stück gute Pizza, lecker!, und nach einem belebenden Caffè geht es gleich wieder besser weiter. Durch die Touristenmenge und lärmenden Schulklassen, vorbei an den vielen Spitzenläden (berechtigen den Zweifel an Handarbeit), bahnten wir uns unseren Weg zurück zum Treffpunkt am Bootanleger um nach Murano zu fahren.
Auch hier wieder ein bisschen viel Touristennepp und die 1-Euro-Glasgeschäfte in denen unmöglich das berühmte Murano-Glas verkauft werden konnte. Einen leichten Anflug von Rat- und Lustlosigkeit verspürt und auch das Wetter trug nicht dazu bei, fröhlicher zu werden. Der Touristenrummel sagte uns nicht zu und nach einem kurzen Bummel die Hauptstraßen entlang vorbei an Billigläden suchten wir uns hinter der Kirche S. Pietro den Übergang zur Kirche SS. Maria e Donato. Und das rettete die Stimmung. Hier gab es auch noch kleine Geschäfte, in denen einheimische Glaskunst verkauft wurde, und Ausstellungsräume mit kunstvollen Glaswaren-Design. In dieser Ecke der Insel war immer wieder in Schaufenstern zu lesen (sinngemäß): Wer Glaswaren aus China einführt, verkauft oder kauft, trägt mit bei am Untergang der Glasbläserkunst aus Murano. Wir fanden nette Kleinigkeiten als Mitbringsel zu annehmbaren Preisen, Murano-Perlen in allen Farben und Größen wunderschön zum auffädeln für eine Kette, Tierchen in vielen Größen und nicht so bunt und kitschig wie an der Flaniermeile und schälchenweise Glas-Bonbons süß und lecker anzusehen.
Leider (auch aus Zeitmangel) die Gelegenheit verpasst in eine Glasbläserei zu schauen oder ins Glasmuseum (hier hätte unsere Museumskarte noch gegolten); vielleicht gibt es ein nächstes Mal!
Weiter zur Kirche SS. Maria e Donato – ein Abstecher, der sich wirklich gelohnt hat: wunderschöner Mosaikfußboden, wie ein bebilderter Teppich.
Mit dem Vaporetto weitergefahren zur Friedhofsinsel San Michele, aber leider leider fünf Minuten bevor wir ankamen war das große Friedhofstor verschlossen worden: Winteröffnungszeiten nur bis 16.30 Uhr. Also diesmal kein Blick auf die Parkanlage mit Gräber von Strawinsky und Co. Dafür in der Sonne sitzend auf das nächste Boot gewartet, das uns nach Venedig zurückbringen sollte. Der Blick schweift durch die Lagune von einer Insel zur anderen bis hin zu den schneebedeckten Bergen
Ausgiebige Schifffahrt durch die Lagune und dann vom Bahnhof ab in der überfüllten Linea 1 den Canal Grande entlang getuckert. Zu dieser Tageszeit kostet es Geduld mit dem Vaporetto auf dem Canal Grande unterwegs zu sein, viele Einheimische fahren mit - vor uns die genervte Mutter mit dem kleinen Jungen, der nicht mehr zu bremsen war in seiner Motorik und die alte Dame neben sich immer wieder schubste, bis er von einer anderen netten freundlichen Frau mit Fingerspielen abgelenkt wurde. Singen beruhigt die Kinder weltweit... Die Sonne scheint und lässt die dem Canal Grande zugewandten prächtigen Fassaden aufleuchten, Ca’ d’oro und all die anderen oft farbigen Paläste mit den reich mit Ornamenten versehenen Balkonen oder Loggien, mit den Bootsanlegestellen vor dem Eingang. Wer weiß, wie diese Paläste innen aussehen, mit ihren Höfen und Arkaden. Die Fondazione dei tedeschi (das ehemalige Handelshaus der deutschsprachigen Kaufleute) an der Rialto-Brücke, weiter zur Accademia und von der Anlegestelle Giglio aus zurück ins Hotel. Wir sind nun schon sicher in unserem Weg durch die kleinen Calli und Campi, wissen über welche Brücke wir müssen und an welcher Ecke abbiegen. Kurze Rast im Hotel, Spaziergang zum Lokal und Abendessen, das wir auch heute – trotz deutlicher Müdigkeit: man merkt, heute war „Bergtag“ = Mitte der Tour – wieder genossen: Penne all’amatriciana, Vietello arrosto und insalta mista (jede Karotte und jedes Blatt Rucola muss vom Festland oder der Gemüseinsel mit dem Boot herüber gebracht werden!) und die „berühmte“ Torta della nonna, ein Mürbeteigkuchen mit Cremefüllung und Mandelsplitter, sehr gut – aber „die nonna“ war natürlich der Koch, der unsere Complimenti entgegen nahm.
Das Lokal war heute sehr gut besucht, so dass sogar an der Theke die Leute standen und warteten, dass Plätze frei wurden, während sie ihren ombra tranken. Das Personal bliebt trotzdem freundlich und gelassen, obwohl wir heute viel Muße - noch eine Grappa und noch ein Glas Wein… - oder aber auch vielleicht nur müde Beine hatten. Wie sieht es mit einem Abendspaziergang aus? Aber ja doch, das nächtliche Venedig mit seinen Schönheiten lockt Am Lokal gleich nach rechts durch Gässchen und über kleine Campi, am Guggenheim-Museum vorbei (der Name kommt von „rein-guggen“ J), zur Kirche Santa Maria della Salute, dort in die 1 eingestiegen und bis San Marco gefahren, am Canal entlang, das Wasser hat auf dem Platz vor dem Dogenpalast und Markusdom große Pfützen gebildet, die Lichter vom fast menschenleeren Platz spiegeln sich darin. Wie auch San Giorgio so schön beleuchtet über das Wasser grüßt. Vom Uhrturm die Glockenschläge, und dann die Procuratie. Sogar Kaffeehausmusik (aber nicht live) schallt über den Platz. Ab da im Zick-zack zum Hotel gegangen und dabei verschiedene kleine Sachen gesehen: Harrys Bar, die feinen Geschäfte von Gucci usw. mit ihren Taschen für 1740 Euro und Portemonnaie dazu für 400 Euro. Und es scheint Bedarf da zu sein, denn ein Luxusgeschäft dieser Art reiht sich an das andere, mit Bekleidung, Lederwaren wie Schuhe und Taschen. Welchen Weg sind wir weiter gegangen? Ich weiß es nicht mehr – einfach gelaufen über viele Treppchen hinauf und wieder hinunter, über Kanäle und an Kanälen entlang, das Wasser stand bedeutend höher als die Abende zuvor – der Südwestwind weht kalt und drückt das Wasser weiter in die Stadt hinein. Am Teatro La Fenice vorbei, Blick auf die Fassade und in das erleuchtete Fenster und nach wieder etlichen Gässchen die Rückansicht des Opernhauses wo man mit der Gondel ankam und direkt ins Theater gehen konnte, auch Richard Wagner schlich sich so wenn er wieder mal zu spät kam direkt ins Opernhaus.
Das Wasser im Kanal liegt sehr ruhig, dass er fast wie ein grüner Spiegel aussieht… ab und zu lugt eine blühende Clematis-Ranke über eine Mauer… die gut besuchte vinoteca, Lachen und Stimmengewirr… Noch die prächtige Fassade der Kirche Santa Maria del Giglio bestaunt und dann nur noch schleichend im Hotel angekommen.
Das letzte Abenteuer des Tages (ich saß im Aufzug fest, da ich die letzte Hürde des Tages hinauf in den zweiten Stock nicht mehr zu Fuß nehmen wollte, wurde aber dank der Vermisstenanzeige meiner „beiden Männer“ recht bald von einem schockierten Nachtportier (das sei noch nie passiert!) befreit) will ich lieber nicht ausführlicher beschreiben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo und Moin, Moin Pasquetta!


VIELEN DANK

:thumbup: :thumbup: :thumbup: :thumbup: :thumbup:



.... leider habe ich eben den Text nur überfliegen können - ABER - ich werde ihn bestimmt NOCH EINMAL lesen :nod:



Gruß - Asterixinchen :)
 
Hallo Pasquetta,

vielen, vielen Dank für diesen wunderbaren Beginn Deines Reiseberichts!

Pasquetta schrieb:
Die vielen netten Reiseberichte der letzten Tage haben mich ermutigt, meinen längst überfälligen Venedig-Reisebericht endlich in Angriff zu nehmen. Er ist leider ein wenig textlastig, da ich weder die Zeit noch die Muße hatte (und auch nicht den Durchblick!) in die Geheimnisse des Fotoeinfügens vorzudringen.
Aber vielleicht habt Ihr auch so Spaß, mit mir noch einmal durch Venedig zu spazieren.
Teil zwei folgt (hoffentlich bald).
Liebe Grüße – ganz besonders und speziell an die mit dem Venedig-Virus Angesteckten!
Pasquetta

Da fühle ich mich angesprochen und muss gestehen, dass Du mich mit Deiner lebendigen Schilderung wieder einmal ganz in den Bann Venedigs gezogen hast.
Du hast das Venedig, das ich so liebe, so einfühlsam beschrieben, man fühlt sich, als ob man dabei gewesen wäre.

Dass Du (noch) keine Bilder hast, stört mich persönlich gar nicht so sehr, da ich alle Orte, die Du beschrieben hast, kenne! ;)

Dennoch würde ich mich natürlich freuen, wenn doch noch Fotos nachfolgen würden.

Ich freue mich auf die Fortsetzung!

Liebe Grüße

Angela
 
Hallo Pasquetta,

vielen Dank für den wundervollen Start Deiner Reiseerinnerungen!
Ich habe sie mir ausgedruckt und in aller Ruhe gelesen!
Es freut mich, dass Ihr es trotz nicht immer idealer Wetterbedingeungen, so gut getroffen habt!
Gerne bin ich Euch auf den Pfaden kreuz und quer durch Venedig und die Lagune gefolgt, man kann die Geräusche der Stadt fast hören, das Meer riechen, die Farben und Lichter sehen....

Auf noch mehr venezianische Impressionen
freut sich
Simone
 
Ciao Venezia! - die 2.

Vielen Dank für euere freundliche Reaktion auf "mein Venedig". :blush::) Es freut mich, dass ich Euch mitnehmen konnte auf unseren Wegen durch diese schöne Stadt.
Damit sich nicht wieder soviel auf einmal ansammelt hier die Fortsetzung. Der Schluß folgt hoffentlich bevor ich mich in die Toskana verabschiede. Und das mit den Fotos einfügen versuche ich mal, wenn ich mehr Zeit - und es kapiert - habe.
Liebe Grüße und einen schönen restlichen Mai-Sonntag wünscht
Pasquetta

Ciao Venezia – die 2.

Mittwoch, 25.03.2009
Ein sonniger Morgen, noch ein wenig kühl, ein paar Seiten Lektüre aus Hanns-Josef Ortheils „Venedig: eine Verführung“ als Einstimmung in den Tag.

Erste Station soll heute morgen der Markt an der Rialto-Brücke sein. So viele schöne Schleichwege bis zur Anlegestelle Sant’Angelo und es gibt so viel zu sehen an schönen Kleinigkeiten mitten im Alltagstreiben der Einheimischen, dass wir doch glatt den Rest der Gruppe aus den Augen verloren haben. „Sempre diritto! - non potete sbagliare“ (Immer geradeaus, ihr könnt es nicht verfehlen) meinte der freundliche ältere Herr. Das soll auf die Frage nach dem Weg in Venedig zwar die Standardantwort sein, aber wir haben - nach rechts und links und wieder rechts… - tatsächlich den Anschluss wieder gefunden.
Fahrt mit der Linie 1 zum Rialto-Markt - ein herrlicher Markt; überwältigt von dem reichen Angebot an Obst und Gemüse, jeder Stand leuchtete in den buntesten Farben, eine wunderbare Atmosphäre, gar nicht so arg überlaufen und touristisch, einfach sehr schön! Über den Fischmarkt gebummelt und all die Meerestiere, malerisch hingerichtet (im zweifachen Sinn des Wortes) auf ihrem Eisbett, bestaunt und sich über ihre Zubereitung so unsere Gedanken gemacht und auch schon mal von einem Venezianer, der sich seinen großen Fisch vom Fischhändler gleich fachgerecht schuppen und ausnehmen ließ, einen Tipp geben lassen.
Zeit und Muße gehabt, über den Markt zu bummeln, zugeschaut, wie die Artischocken kistenweise auf dem Canal angeliefert und ausgeladen werden (San Erasmo ist noch immer die Gemüseinsel für Venedig, aber auch vom Festland kommen die Lieferungen in die Lagunenstadt) Welche Vielfalt an guten Dingen: überall wird die frische Ware angepriesen, probiert und abgewogen ob sie für den Mittagstisch gut genug ist. Auch einen Blick in die Metzgerei mit Pferdefleischangebot in der Auslage geworfen. Wäre sicher ein Probieren wert.

Zweite Station: Ca’ Rezzonico. Elisabeth ist uns schon als überaus freundliche und sehr kundige Wahlvenezianerin bekannt. Sie erwartet uns bereits am Anlegesteg vor dem Museum. Kurze Einführung in die Geschichte dieses Palazzos, im Innenhof eine historische Gondel, an der man sehr schön die Bauweise mit dem „Schwung“ erkennt (sie ist noch überdacht, so wie Gondeln früher gebaut wurden als man sie auch als Transportmittel für Waren benutzte).
Der Palazzo:. Ein ganzes Jahrhundert venezianischer Spätbarock breitet sich vor uns aus. Nein, wir lassen uns nicht „erschlagen“ von der Fülle der Eindrücke, sondern schauen einfach, halten Einzelnes für uns fest: der riesige Ballsaal mit dem Deckenfresko von Tiepolo und Fresken, Szenen mit historische Personen und Allegorien darstellend. Besonders witzig finde ich den kleinen Putto (den es auch schon am Treppenaufgang gibt), der eine Fledermaus hinter sich herzieht. Kunstvoll geschnitzte Möbel und Kronleuchter aus Muranglas, - Dekorationsstücke wie der „Schatzkoffer“ für die Reise, mit Schildpatt eingelegt und in Augsburg hergestellt - oder Gebrauchsgegenstände. Die wunderschönen kleinen Kännchen und hauchdünnen Porzellan-Becher für Kaffee und Schokolade könnten jetzt gut gefüllt gerne auch uns gereicht werden. Aber noch sind wir nicht so weit: - Im Palazzo gibt es auch noch eine Gemäldegalerie: - von den Porträts der edlen Damen und Herren der Gesellschaft, den Venedig-Veduten Canalettos bis zu den Bildern von Pietro Longhi, die das Alltagsleben in der Stadt zeigen - vom Polenta kochen bis zum Maskentreiben ist alles vertreten.

Dann gemeinsam zum Campo S. Margherita gelaufen und dort bei Pizza a volo eine herrliche frischgebackene Pizza a taglio gegessen: verkauft und gegessen wird, was aus dem Ofen kommt, mehr gibt es nicht, aber das ist immer frisch z.B. mit Zucchini und Melanzane oder noch mal mit Pilzen bzw. Schinken, dazu Wasser aus dem Nasone am Fischstand. Es schmeckte zwar ein wenig gechlort, aber è acqua potabile - hat mir die Marktfrau versichert und auch der kleine schwarze Hund hat sich daran gütlich getan, so kann es also nicht schlecht sein. Auf diesem schönen belebten Platz in der Sonne gesessen und die kurze Rast sehr genossen bevor es weiter geht zur Scoula grande di San Rocco.

Im großen Saal bewunderten wir den gigantischen Gemäldezyklus von Tintoretto; wieder einmal er, dieser gewiefte Maler, der beim Wettbewerb um die Ausmalung der Scuola grande den Auftrag durch eine List an sich zog (er legte keine Skizzen vor, wie die anderen Maler sondern gleich ein Meisterbild) und dadurch eine Art Leibrente sich sicherte. Entgegen meiner Befürchtung was die großzügige Freizeit für diesen Besichtigungspunkt betraf, verging diese wie im Flug und je mehr man schaute um so mehr entdeckte man.

Zur gegebenen Zeit am Treffpunkt eingefunden und weiter ging es zur Frari-Kirche (Santa Maria Gloriosa dei Frari): wunderschöne Gemälde: von Bellini/Maria mit Jesuskind, gemalt als ob sie in einer Apsis auf einem Sockel sitzen, keine Wölbung, sondern gerade Fläche, perspektivisch genial gemalt. Zwei Gemälde von Tizian/Die Himmelfahrt Marias, in leuchtenden Rottönen und bewegten Figuren, und /Maria mit dem Jesuskind und Petrus und Sankt Martin und dem Stifter Pesaro und rechts das Kind, das aus dem Geschehen herausblickt und den Betrachter mit ins Bild holen will. Es folgt einem mit seinen Blick egal von welcher Seite man sich dem Bild nähert.
Von den Grabmälern hat mich besonders berührt die einfache Grabplatte für Monteverdi, der, da er kein Venezianer war, in einem Massengrab beigesetzt wurde. Aber seine Dienste hatte man im Markusdom gut gebrauchen können und seine Musik gerne dort aufführte. Heute liegen immer ein paar Blumen auf seiner Grabplatte.

Dann war der Besichtigung genug getan. In der Zwischenzeit war es auch recht kühl und trüb geworden, das hinderte uns aber nicht daran, das „beste Eis der Stadt“ zu probieren aus der Gelateria „Millevoglie“ ganz in der Nähe der Frari-Kirche, und wir wurden nicht enttäuscht! Das Pistazieneis hat besonders gut geschmeckt, aber auch Limone, Pfirisch, Amarena und Nocciola waren wirklich hervorragend und wurden mit Genuss verzehrt - und mit den kleinen Resten der Waffel die Tauben gefüttert, die sofort angeflattert kommen sobald man sich nur irgendwo hinsetzt und unerschrocken nach ein paar Brösel picken.
Auf kleinen Umwegen und mit einem Zwischenstopp in der Kirche San Maurizio, „Vivaldi und seine Zeit“ eine kleine Ausstellung mit wunderschönen alten Instrumenten, sehr schön und ansprechend gemacht, und mit leiser Vivaldi-Musik vom Band, haben wir es zum Hotel geschafft zur wohlverdienten kurzen Ruhepause.

Abendessen wie gewohnt im Ristorante San Trovaso, heute mit kalkuliertem „Zeitdruck“ für die Konzertbesucher. Obwohl ein Konzertbesuch in einer Kirche in Venedig sicher seinen großen Reiz hat, wir jedoch in den heimatlichen Gefilden fleißige Konzertbesucher sind und auch Filius Nr. 3 keine große Lust auf Barockmusik hatte, hat unser „Familienrat“ nach einer kleinen Grappa extra einstimmig beschlossen: - wir wollen lieber noch einmal einen nächtlichen Spaziergang durch die Gassen der Stadt machen.
Also losgezogen mit offenen Sinnen für die Schönheiten des nächtlichen Venedig: entlang des Kanals an der alten Gondelwerft vorbei, vom Fondamenta Zattere aus noch eine schnelle Bootsfahrt gemacht mit einem „direttissimo“ über die offene Lagune - der Nachtwind blies kühl und kräftig - nach San Marco. Herrlich, so eine nächtliche flotte Bootsfahrt über diese Wasserfläche, die schwarzgrün und bewegt ist wie wenn ein Seidentuch geschwungen würde. Wie eine Lichterkette die Uferpromenaden und auch San Giorgio beleuchtet, dann linkerhand San Marco, die beiden Säulen an der Piazzetta und der Campanile, die Baustellenverkleidung an der Seufzerbrücke, wolkenblau, dazwischen die Menschen die an der Molo und der Riva degli Schiavetti noch immer flanieren.
Spaziergang hinüber zur Piazza San Marco. Hier steigt das Wasser aus den Abflusslöchern und zwischen den Plastersteinen unaufhaltsam langsam nach oben. Die Laufstege sind aufgebaut und man konnte zuschauen wie das Wasser ineinander fließt und weite Teile des Platzes überzog. Zwar nicht sehr hoch, aber immerhin eine Wasserfläche bei der man nasse Schuhe bekommen konnte. Ein Pärchen hatte sich von Café Florian zwei Stühle geholt und auf eine Plaster-„Insel“ gesetzt. Hier warteten sie ab, bis auch dieses letzte trockene Stückchen überflutet würde. Langsam schloss sich die Wasserfläche und die Fassade von San Marco und die Lichter der Procuratie Vecchie spiegelten sich darin. Wunderschön zum anschauen.
Weitergelaufen unsere vertrauten Gassen und Brücken, nach San Mosé, vorbei an den Luxusgeschäften und den Designertaschen-Imitat- und Rosen-Verkäufern, den kleinen Lokalen und Bars, wo man sich trotz der späten Stunde noch immer auf einen ombra einfindet. Geschlossen sind die kleinen Geschäfte mit feinen Stoffen, handgeschöpften Marmor-Papierwaren, edlen Glaskreationen oder Antiquitäten und auch die schönen kleinen Alimentariläden mit ihren Köstlichkeiten an Lebensmitteln und allerlei Naschereien. Man wird des Schauens nicht müde. Und weiter vom Campo San Maurizio nach Santo Stefano und zum Hotel; ein Tag voller sehr schöner Eindrücke geht zu Ende.


Donnerstag, 26.03.2009
Heute ist Brunetti-Tag; diese Tour ist vorgezogen, da bis heute Nachmittag noch unser ACTV-Ticket gültig ist. San Marco kommt dann hinterher dran.

Fahrt von Giglio mit der Linie 1 zum Arsenale. Ein gelbes DHL-Post-Boot kreuzt den Kanal und ein Polizeiboot passend zu unserem Programm wie auch später in der Nähe des Hospitals die roten Ambulanz-Boote. Bis San Marco/Zaccaria haben die Paläste, die z.T. Luxushotels beherbergen (Monaco, Danieli und wie sie alle heißen) wunderschöne Fassaden, Balkone reich verziert, wie Spitze aus Stein. Ornamente, die den Blumenschmuck ersetzen können.
An der Anlegestelle Arsenale begann dann unsere schöne Tour durch ein Venedig, das in den Büchern Donna Leons beschrieben wird. Zuerst habe ich gedacht: Na ja, muss das sein, auf diesem Weg durch Venedig? Aber er führte uns wirklich auch durch das Venedig der Venezianer:

Der Eingang zum Arsenale: ehemals größte Werft der Welt, wo in Fließbandarbeit Schiffe produziert wurden, heute flankiert von Löwen aller Art (aber alles andere als kuschelig) „importiert“ von verschiedenen griechischen Inseln. San Francesco della vigna: handypalavernder und fotoapparatschwingender Franziskaner vor der Kirchentür der sich durch nichts und niemand stören lässt; schöner Kreuzgang; mit schnellem Blick erhascht eine „Sacra Conversazione“ di Bellini - Weiter den Weg den Brunetti immer geht durch den Säulengang und über die Brücke nach San Lorenzo, deren Fassade nicht mehr eingerüstet ist, wie Brunetti sie von seinem Bürofenster aus immer sieht, aber mit einer Katzenherberge auf den Stufen. Dann in die quirligen Viertel mit wunderschönen Blicken auf Kanäle und Paläste, von Brücken und in kleine Gassen hinein oder hinaus auf die Lagune nach San Michele.
Wir entdeckten viele wunderhübsche kleine Geschäfte mit vielen schönen Dingen und dem, was man für den Alltag braucht. Hier ist das Leben der Venezianer.

San Zanipolo und Scoula Grande di San Marco mit Hospital: auf dem weiten Platz, gesäumt von Caffés und Gelaterias, von schönen Wohnhäusern und kleinen Palazzi am Rio, das Reiterstandbild Colleonis, allerdings nicht vor dem San Marco, das er mit seiner Vermögensschenkung an die Stadt nach seinem Tod sich gewünscht hatte: sono furbi i veneziani – setzen ihm sein Denkmal einfach vor die Scoula Grande di San Marco und kassieren das viele Geld…. Markus bleibt Markus …Die riesige Kirche SS. Giovanni e Paolo - kurz San Zanipolo genannt - mit ihren vielen imposanten Dogengräbern und ein Blick in die Scoula Grande, heute Hospital – in dem auch Brunettis Leichen aufgeschnippelt werden, mit ihrer wunderbaren Renaissance-Fassade.
Kurzer Imbiss bei Caffè (statt einem ombra) und einem „cicchetto“-Tramezzino und hinterher ein herrliches Eis gegessen aus der (auch schon im Forum viel gelobten) Bar Rosa Salva. Crema del doge schmeckte genau so lecker wie sich der Name anhört ebenso Frutti di bosco al joghurt – fruchtig und hmm so lecker! Und dem quirligen Alltagsleben der Venezianer zugeschaut, das hin und her der Boote, die Ambulanz die zum Hospital fährt und Boote mit denen Lasten transportiert werden. Hier wird gearbeitet.

Über die Brücke durch die Gassen an Kanälchen entlang bei S. Maria dei miracoli raus gekommen auf dem kleinen Platz wo der schöne Stand mit alten Büchern war… Leider nicht verweilen können… weiter zur Rialto-Brücke hier viele Menschen unterwegs in den engen Calli hinter der Brücke. Von dort mit der Linie 1 nach San Angelo und hier der „berühmte Brunetti-Terrasse Blick“ - eigentlich würde mir die rechts daneben besser gefallen aber fotogener ist natürlich der „Brunetti-Palazzo“ um auf der Terrasse kluge Gespräche mit Frau und Kindern zu führen.

Von San Angelo unseren bekannten Weg zum Campo Santo Stefano. Hier endet die Literatur-Tour mit einem Zitat aus einem der Brunetti-Romane, in dem er mit Vicequestore Patta auf diesem schönen Platz vor der Bar Paolin sitzt und über das Leben in Venedig nachsinnt. Sicher hat er dabei auch den Blick auf das Denkmal von Niccolò Tommaseo geworfen, der - und hier schließt sich der Kreis- an einen Bücherstapel gelehnt sinnend auf die Menschen blickt, die über diesen Platz eilen oder flanieren, und die ihn darum liebevoll „Cacca libri“ nennen.

Ein wenig für die Mittagsrast eingekauft und geruhsam Pause gemacht mit Brot, Mortadella und Käse, Obst und hinterher ein Caffè. Ein schöner ruhiger Ort dieser Innenhof des Hotels, nur ab und zu schreien und kichern die Möwe, der Himmel ist strahlend blau und es soll so bleiben. Die Sonne hat schon so viel Kraft an diesem schönen Frühlingstag, dass sogar die kleinen Eidechsen an der warmen Mauer sich jagen und an der Sonnenseite sich wärmen. Man könnte es hier jetzt gut etwas länger aushalten. Aber wir wollen ja noch nach San Marco.
 
Hallo und Moin, Moin Pasquetta!


VIELEN DANK

:thumbup: :thumbup: :thumbup: :thumbup: :thumbup:


für die Fortsetzung


Sie sagt mir sehr deutlich, dass ich DRINGEND auch mal wieder nach Venedig fahren / fliegen MUSS



Gruß - Asterixinchen :)
 
Liebe Pasquetta

Wunderschön ge - und beschrieben. :) :) :)

Ganz herzlichen Dank für Deine Eindrücke.


LG

Christa, für die es in 2 Wochen losgeht nach Venedig....
 
Hallo Pasquetta,

Du hast mir mit Deiner Venedig-Fortsetzung wieder viel Freude gemacht - ich habe sie heute zum Frühstück genossen. Vielen Dank dafür!

Pasquetta schrieb:
Zur gegebenen Zeit am Treffpunkt eingefunden und weiter ging es zur Frari-Kirche (Santa Maria Gloriosa dei Frari): wunderschöne Gemälde: von Bellini/Maria mit Jesuskind, gemalt als ob sie in einer Apsis auf einem Sockel sitzen, keine Wölbung, sondern gerade Fläche, perspektivisch genial gemalt. Zwei Gemälde von Tizian/Die Himmelfahrt Marias, in leuchtenden Rottönen und bewegten Figuren, und /Maria mit dem Jesuskind und Petrus und Sankt Martin und dem Stifter Pesaro und rechts das Kind, das aus dem Geschehen herausblickt und den Betrachter mit ins Bild holen will. Es folgt einem mit seinen Blick egal von welcher Seite man sich dem Bild nähert.
Von den Grabmälern hat mich besonders berührt die einfache Grabplatte für Monteverdi, der, da er kein Venezianer war, in einem Massengrab beigesetzt wurde. Aber seine Dienste hatte man im Markusdom gut gebrauchen können und seine Musik gerne dort aufführte. Heute liegen immer ein paar Blumen auf seiner Grabplatte.

Das Monteverdigrab besuche ich auch immer, wenn ich in Venedig bin und das schöne Bellinibild in der Kapelle nebenan gehört auch zu meinen Lieblingsbildern, u.a. zusammen mit diesem Bild

San Francesco della Vigna: schöner Kreuzgang; mit schnellem Blick erhascht eine „Sacra Conversazione“ di Bellini -


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Auch in der Eisdiele "Millevoglie" waren wir mehr als einmal, ebenso in der Bar Rosa Salva.
Dieser Platz (Campo San Zanipolo) gehört auch für mich zu den schönsten der Stadt, u.a. wegen der wunderbaren Fassade der Scuola Grande di San Marco.

Und zu Deinem Brunetti-Spaziergang wollte ich Dir kurz zeigen, was ich zum Geburtstag bekam:

Ich finde es sehr schön, anhand von Zitaten der verschiedenen Romane und detaillierten Kartenausschnitten die Wege Brunettis gerade auch durch das unbekannte Venedig zu verfolgen. Und ich denke, man hat besonders viel Spaß an diesem Buch, wenn man Venedig kennt!

Herzliche Grüße

Angela
 
Hallo Pasquetta,

Dein Bericht ist ein Leckerbissen vor allem für Leute, die Venedig bereits (mehr oder weniger) kennen.

Praktisch eine Führung durch Gassen und über Plätze und Inseln am langen Faden einer endlosen Schnur.

DANKE für die viele Arbeit mit präzisen Kennzeichnungen und Beschreibungen.

Für den Leser ein wenig anstrengend, aber ein intensives Vergnügen mit zahlreichen Erinnerungen an eigene Exkursionen in dieser herrlichen Stadt.

Nochmals: Mille grazie!

Gruß
Alex
 
Hallo Angela,

Dir DANK für den Buchtipp "Mit Brunetti durch Venedig".

Das wird eine meiner nächsten Anschaffungen und dann beim nächsten Venedig-Besuch........:)

Gruß
Alex
 
Vielen Dank für Euer Interesse und freundliches Mitgehen durch das Venedig, wie ich es erlebt habe - letzter (kurzer:~) Teil folgt hofftentlich noch vor der Abfahrt in die Toskana:!:
Danke auch für den Buch-Tipp, liebe Angela. Ich hatte es mir auch schon auf meinen langen Buchwunschzettel notiert.
Bis bald
Pasquetta
 
Ciao Venezia – die 3.


Donnerstag, 26.03.09

Früher Nachmittag, in der Sonne sitzen und dösen. Die Möwen schreien heiser über dem Innenhof des Hotels und die kleinen Eidechsen flitzen an der warmen Mauer entlang. Die Zierorangen leuchten im satten Grün der Kübelpflanzen, Zeit, ein „pisolino“ (Nickerchen) zu machen vor dem nächsten kulturellen High-light: San Marco.

Ein Trubel ist das in den engen Gassen und erst recht auf dem Markusplatz. Zum Schuljahresende sind anscheinend Kulturausflüge angesagt: so viele Kinder und Jugendliche, die wie losgelassen über den Platz schwirren. In den Geschäften herrscht dagegen ziemliche Leere und selbst vor dem Caffè Florian stehen mehr Camerieri als Gäste drinnen sind
.
Basilica San Marco: der Boden ein einziges riesiges Mosaik mit geometrischen Mustern, die goldenen Deckenmosaiken erzählen leuchtende biblische Geschichten, der Pala d’oro aus Gold und Edelsteinen einfach unbeschreiblich schön, dann hinauf die steile Treppe in das Museum und zu den Original-Pferden der Quadriga. Oben über dem Hauptportal der grandiose Ausblick: vom Uhrturm hinab auf die Piazza, vom Campanile und der Loggetta über die Piazzetta zu den zwei Säulen die wie ein Tor wirken hinaus auf den Canale di San Marco und wieder zurück zum Dogenpalast, dessen ornamentdurchwirkte Fassade im milden Licht der Nachmittagssonne erstrahlt. Diese wunderschöne Kulisse nutzt auch das Hochzeitspaar das dort unten auf der Piazzetta von den Fotografen arrangiert wird und posieren muss. Da drückt auch so mancher touristische Hobbyfotograf auf den Auslöser, als das festlich gekleidete Brautpaar sich vor den vier Tetrarchen-Figuren aus rotem Porphyr küsst.

Weiter durch die Gassen zur Kirche San Zaccaria und dem daneben liegenden „Kloster für reiche Töchter“, die allesamt aus bestem Haus waren und angeblich alles andere als tugendhaft, aber so von der Familie „weggeräumt“ wurden um die Mitgift bei einer Verheiratung zu umgehen. Ein Bild in der Sakristei zeigt sehr schön, wie sogar der Doge einmal im Jahr bei ihnen seine Aufwartung machte, damit den einflussreichen Familien genüge getan wurde. Schöner Platz der in der Abendsonne liegt mit der reich gegliederten Fassade der Kirche San Zaccaria. Auch hier wieder eine wunderschöne „Sacra Conversazione“ von Bellini: still und hingebungsvoll Maria mit Kind, Engel und Heilige, die kostbare Gaben aus dem Kunsthandwerk Venedigs bringen: Murano-Glas, Violine, Brokatstoff und Bücher. Hinab in die Krypta wo es immer „Hochwasser“ gibt. Sehr schön anzuschauen die Spiegelung der Säulenbögen im Wasser. Dann die Tiepolo- und Tintoretto- Bilder in der alten Sakristei (die Geburt Johannes und die Flucht nach Ägypten), so viele Kunstwerke hängen hier einfach so herum, irgendwo in einem Nebenraum…

Und dann auf dem Campo noch das kleine Negozio Merletti - Ricami entdeckt, winzig und vollgestopft mit Handarbeiten aller Art. Der wortkarge aber sehr höfliche ältere Herr holte bereitwillig seine Schätze aus den Schubläden der schönen alten Verkaufschränke und breitete sie vor uns aus, so dass die Wahl schwer fiel. So bin ich also auch noch zu einem echten venezianischen Spitzendeckchen gekommen.

Vorbei und durch die Menschenmenge die Uferpromenade entlang gebummelt, vorbei an dem kleine Park, um die Ecke zu Harrys Bar - nur einen Blick durch’s Fenster riskiert, den berühmten „Bellini“ werden wir zuhause kostengünstiger selbst ausprobieren - und da es jetzt, da die Sonne untergegangen ist doch recht kühl wird, mit schnellerem Schritt durch die Gassen, über die kleinen Campi brückauf brückab zum Hotel zurück. „Gondola, Gondole!“ locken die Gondolieri noch immer zu einer Gondelfahrt.
Abendessen wie gehabt im heute wieder rappelvollen „San Trovaso“, wo wir dann mit einem Sgrobino (Zitronen-Prosecco-Sorbet) und den für Venedig typischen Buranei-Keksen (die der Filius sich auch noch vom Nachbartisch gehamstert hat) diesen schönen Tag ausklingen lassen. Diesmal ohne größeren Nachtspaziergang langsam heimspaziert, so fällt vielleicht der Abschied von Venedig leichter.

Freitag, 27.03.2009

Es erwartet uns wieder ein wunderschöner sonniger Frühlingstag. Wir haben schon vorgepackt, so dass wir gut Zeit haben für ein ruhiges ausgiebiges Frühstück. Und es bleibt Zeit für einen ausgedehnten Spaziergang durch das Venedig abseits der Touristenpfade:

Campo S. Stefano – Blick in den Innenhof eines Palastes, Klavierklänge bestätigen es: hier hat das Konservatorium seinen Sitz – und weiter – sogar über einfachen Türen thront der Markus-Löwe – mit dem Traghetto übergesetzt, für 50 Cent pro Person kurzes Gondelfahrt-Feeling. Die Venezianer überqueren den Canal natürlich stehend aber wir durften/ sollten uns lieber hinsetzen…. – weiter zum Campo S. Polo, durch die kleinen Gassen gebummelt und um venezianisches Leben mitzubekommen alle Sinne geschärft: für die Mamma die ihr kleines Kind vor den Unwegsamkeiten der Gasse warnt: „Attenzione! Cacca grande!!“ schallt es laut durch die Calle – und für die Schönheit der alten Palazzi, wie den der Albrizzi am gleichnamigen Campiello, an versteckten Gärten voll Grün vorbei und Halt an richtigen Wasserweg-Kreuzungen mit regen Bootsverkehr, die Wäsche hängt zum Trocknen an der Leine vorm Fenster direkt überm Wasser des Kanals, na - hier heißt es aber aufpassen beim Wäsche aufhängen – über Brücken auf einen Platz, auf dem kleine Schulkinder Ringelreihen spielen - für uns ist hier Kaffeepause, was trinkt aber der Venezianer auch zu dieser frühen Stunde: einen Spritz (Weißwein) mit Aperol – vorbei an Kirchen und Ca’ Goldoni, an Läden mit schönen Masken in der Auslage und kleinen Haushaltswarengeschäften – am Campo Tomà der Wasserglas-Musiker macht tolle Glas-Musik und erntet viel Applaus. An der Fari-Kirche vorbei – Eisdiele! – und bei San Pantaleon über die Brücke – zum Campo S. Margherita. Heute herrscht hier noch reges Markttreiben vor den Gemüse-, Obst- und Fischständen: Hausfrauen beim einkaufen, Männer vor den Bars ihren Gespritzen trinkend und viele junge Leute auf dem Platz, die es sich hier gut gehen lassen.
Unsere beste Pizzeria „a volo“ besucht und Pizza mit Gemüse, scharfer Salami und dann noch einmal mit schwarzen Oliven gegessen. Herrlich lecker!
Dann noch einen kleinen Einkauf (die harten Biscotti) im Supermercato gemacht und quer durch das Viertel Richtung Hotel, Brück’ auf und Brück’ ab – Gondola, Gondole! – und an der Accademia-Brücke schon fast „daheim“ am schönen Campo S. Stefano zur Gelateria und dort das letzte gute venezianische Eis genossen inmitten des Hin und Her von Einheimischen und Fremden, Kindern und alten Leuten. .

Etwas später wartete an der Accademia-Brücke das Wassertaxi um uns zum Flughafen zu bringen, durch den Canal Grande – letzter Blick auf die schönen Fassaden der Paläste – dann abgebogen in einen kleineren Kanal und wegen der Geschwindigkeitsbegrenzung langsam dahin getuckert an der Rückseite der Paläste entlang - hier zeigt sich der morbide Charme von Venedig - hinaus auf die offene Lagune, wo das Boot endlich über das Wasser flitzen konnte. Möwen und andere Wasservögel sitzen auf den Wasserwegmarkierungen oder schaukeln auf den Wellen.
Am Flughafen hieß es pazienza haben – es spielten sich Szenen ab, wie hier im Forum schon mal beschrieben („ich will aber…. Und diesen Platz will ich nicht…und außerdem will ich neben meinem Mann sitzen...) also „pazienza“, aber das haben wir in den letzen Tagen recht gut gelernt.
Schöner Flug mit Blick auf die Lagune und über den Wolken Sonne. In Frankfurt soll es bewölkt, windig und nur 7 Grad warm sein.
Und dann auf dem Weg zum Gepäckband wie ein Versprechen, ein großes (Werbe-)Plakat für Venedig mit Campanile und Lagunen-Blick: Ciao Venezia!“ – Oh ja, ciao bella Venezia, wir kommen wieder – a presto, Venezia!

Hier schließe ich mein Venedig-Reise-Tagebuch, danke Euch für Euer geduldiges Mitgehen/lesen und hoffe, dass es ein wenig rüber kam, wie schön Venedig ist – auch wenn die große Liebe Rom gehört…
Pasquetta
 
Hallo und Moin, Moin Pasquetta!



VIELEN DANK

:thumbup: :thumbup: :thumbup: :thumbup: :thumbup:

für die Fortsetzung

( die leider auch schon der Abschluß ist )




Gruß - Asterixinchen :)
 
Liebe Pasquetta,

noch einmal vielen lieben Dank für diese wunderbaren Venedig-Impressionen! Du hast sehr viele meiner Lieblingsorte auch besucht, z.B. am letzten Tag San Zaccaria mit dem herrlichen Bellini-Bild.

Aber auch Euer letzter Spaziergang durch San Polo, vorbei am Campo San Polo, Campo San Tomà, Campo Santa Margherita - das sind die Ecken in Venedig, die ich vielleicht am besten kenne und auch besonders liebe, da es mir immer vorkommt, als ob gerade dort das Leben noch sehr ursprünglich geblieben ist - trotz aller Touristen (zu denen wir ja auch gehören!)

Bei der Lektüre des von mir verlinkten Buches stelle ich allerdings fest, dass es sich auch lohnen würde, längere Zeit unbekannten Wegen in Castello nachzuspüren!

Pasquetta schrieb:
am Campo Tomà der Wasserglas-Musiker macht tolle Glas-Musik und erntet viel Applaus.

Diesen Musiker haben wir in den letzten Jahren zweimal in Venedig getroffen, an verschiedenen Plätzen. Er spielt wirklich wunderbar, mit musikalischem Ausdruck, und als wir mit meinen Eltern dort waren, haben wir uns mit ihm unterhalten, er spricht sehr gut deutsch, kommt ursprünglich, wenn ich mich recht erinnere, aus Tschechien.

Deine Schilderungen der Schönheit Venedigs entsprechen ganz meinen Empfindungen und diesem hier:

und hoffe, dass es ein wenig rüber kam, wie schön Venedig ist – auch wenn die große Liebe Rom gehört…

kann ich nur antworten: Ja, es kam ganz fantastisch rüber und ich habe immer, wenn ich dort bin, das Gefühl, dass ich in dieser Hinsicht zwei große Lieben habe!

..... ein großes (Werbe-)Plakat für Venedig mit Campanile und Lagunen-Blick: Ciao Venezia!“ – Oh ja, ciao bella Venezia, wir kommen wieder – a presto, Venezia!

..... dazu als kleiner Dank (auch ein Werbeplakat!) ein paar Impressionen von einer schönen Ausstellung im Pariser Musée d´Orsay:


Liebe Grüße

Angela
 
Hallo liebe Angela,
vielen Dank für Deine nette Reaktion auf "Venedig", hat mich sehr gefreut! In der Zwischenzeit höre ich das "gondola, gondole!" weniger und mehr das Lied der Nachtigall vor unserer Ferienwohnung auf einem Hügel in der Nähe von Siena, wenn man es bei einer Unterbrechung des Froschkonzertes hören konnte... Aber bei einem oder zwei und auch mehr Gläschen Rosso di Montalcino hört sich auch ein solches Konzert "gut" an beim Nachsinnen über all das Schöne, das man den Tag über gesehen und erlebt hat.
Ich habe gelesen, dass Ihr ein großes schönes Familienfest feiern konntet - herzlichen Glückwunsch noch nachträglich!
Liebe Grüße
Pasquetta
 
Hallo liebe Angela,
vielen Dank für Deine nette Reaktion auf "Venedig", hat mich sehr gefreut! In der Zwischenzeit höre ich das "gondola, gondole!" weniger und mehr das Lied der Nachtigall vor unserer Ferienwohnung auf einem Hügel in der Nähe von Siena, wenn man es bei einer Unterbrechung des Froschkonzertes hören konnte... Aber bei einem oder zwei und auch mehr Gläschen Rosso di Montalcino hört sich auch ein solches Konzert "gut" an beim Nachsinnen über all das Schöne, das man den Tag über gesehen und erlebt hat.
Ich habe gelesen, dass Ihr ein großes schönes Familienfest feiern konntet - herzlichen Glückwunsch noch nachträglich!
Liebe Grüße
Pasquetta

Vielen Dank, Pasquetta!

Das Froschkonzert haben wir zur Zeit jede Nacht unermüdlich und ganz schön laut in unserem Garten!
Und in der Toskana waren wir vor einem Jahr und haben es trotz nicht so tollen Wetters sehr genossen!

Liebe Grüße

Angela
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Asterixinchen,
zurück aus der Toskana sage ich Dir danke für Dein bekundetes Interesse an meinem Blick auf Venedig! Es hat mir Spaß gemacht, ihn (auch für mich selbst) festzuhalten.
Liebe Grüße
Pasquetta
 
Hallo, Pasquetta,

erst jetzt bin ich dazu gekommen, Deinen so ausführlichen Venedig-Bericht zu lesen. Beim Lesen kamen mir all die "Bilder" unseres eigenen Venedig-Aufenthalts wieder vor das geistige Auge - Du beschreibst alles so bildhaft, daß es eigentlich keiner Fotos mehr bedarf. Trotzdem fände ich es schön, wenn Du es doch noch schaffen würdest, Deinen Bericht mit Deinen schönsten Fotos anzureichern :!: (vor allem für die, die noch nicht von der "venicitis" angesteckt sind)

(Das Verfahren ist eigentlich gar nicht so schwierig - es gibt auch gute Tips im Forum z.B.: http://www.roma-antiqua.de/forum/rom_33/fotos_einfuegen_leicht_gemacht-6585/)

meint

Friedrich
(der das auch nach relativ kurzer Zeit gelernt hat :~)
 
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