Bunter Reigen römischer Tiere

Das erinnert mich daran, dass ich noch irgendwo eine Foto von Schwalben und ihrem Nest unter dem Portikus von Sankt Paul vor den Mauern haben muss. Ich werde mal suchen!
 
Die vermeintlichen Schwalben haben sich als Spatzen herausgestellt:


Dennoch hat sich die Suche gelohnt - ich habe dabei noch Pfauen gefunden. Für solche hat sich @nummis durensis ja vor ein paar Monaten interessiert. Ich werde sie noch in meinen Pfauen-Beitrag einfügen.

Ist jemandem ein Pfau in Rom aufgefallen?

 
Ja, zum Sommer gehören die Schwalben, auch wenn sie anscheinend immer weniger zu sehen und hören sind (kein Wunder, die wenigsten Hausbesitzer wollen noch ein Schwalbennest unter der Dachrinne haben :( ). Besten Dank für diese sommerlichen römischen Vogelbilder.

Die Schwalbe ist über einem Lorbeerbaum abgebildet und fliegt mit weit ausgebreiteten Flügeln nach links auf eine Palme zu.

Ich kann nicht dafür bürgen, dass es sich wirklich um eine Schwalbe handelt (persönlich fehlt mir der so typische gegabelte Schwanz, aber das kann u.a. an der Perspektive liegen).
;) Vielleicht ist es gar keine Schwalbe sondern ein Mauersegler, der durch Livias Gartenparadies fliegt. Dieser Vogel mit seinem typischen Rufen gehört für mich zum römischen Sommer.
 
Wer weiss! Ob Schwalbe oder Mauersegler, in meinem Beitrag kann der gefiederte Geselle sich gerne tummeln. Die Schwalbe heisst auf italienisch "rondine", der Mauersegler "rondone". Ähnlickeit also auch beim Namen.
Besten Dank für diese sommerlichen römischen Vogelbilder.
Freut mich, dass die Bilder dir gefallen haben.
 
Eigentlich sollte zuerst der Bienen-Beitrag Teil III folgen, aber mir stand der Sinn nach Abwechslung und ich habe mich den Schlangen gewidmet. Teil I von II wird in Kürze zu lesen sein.
 
Schlangen
Teil I

1. In den Vatikanischen Museen

Im Cortile Ottagono der Vatikanischen Museen bleibt wohl niemand unbeeindruckt von der Laokoongruppe. Laokoon war in der Mythologie ein Priester des Gottes Apoll. In seiner Aeneis verknüpft Vergil die Geschichte Laokoons mit dem Trojanischen Krieg:

Die Griechen gaben vor, Troja zu verlassen und der Stadt zur Ehrung der Götter ein hölzernes Pferd schenken zu wollen, welches in Wirklichkeit jedoch mit griechischen Kämpfern gefüllt war. Laokoon erkannte als einziger den Betrug. Er stieß mit einem Speer auf das Pferd ein; dieser prallte jedoch ab. Daraufhin erschienen zwei von Athene geschickte Schlangen, die Laokoon zusammen mit seinen beiden Söhnen töteten. Die Trojaner meinten darin eine Strafe der Götter für die Entweihung des Geschenkes zu sehen, zogen das hölzerne Pferd in die Stadt und besiegelten damit ihren Untergang.​

Quelle: Laokoon – Wikipedia


2016 haben Susanne Muth und Luca Giuliani eine Neuinterpretation der Skulptur vorgeschlagen: Der verkrampfte rechte Arm des Laokoon spreche für eine starke Zugwirkung nach oben. Daher sei dort – anders als in der Rekonstruktion der Renaissance – der Kopf und nicht das Schwanzende der zweiten Schlange zu verorten.[6] Laokoon sei folglich weniger als Held, sondern vielmehr als Opfer der Schlange als übermächtiger Naturgewalt zu verstehen.[7]

Siehe dazu auch: Laokoon-Gruppe: So sah das größte Kunstwerk der Antike wirklich aus - WELT

Muth und Giuliani verlegen (...) den Schlangenkopf von Laokoons linker Hüfte, wo ihn die Renaissance plaziert hat, an den Hals des Alten. Dadurch werden auch der entsetzte Blick des älteren Sohns auf den Vater und dessen zurückgebogener Hals plausibel. Die Spannung des Oberkörpers und der Beinmuskulatur stützt die Neuinterpretation.

Quelle: Fehldeutungen des Laokoon: Der Arm ist verkrampft

Die Schlangen der Laokoon-Gruppe sind nicht die einzigen im Cortile ottagono. Eine weitere windet sich am Baumstumpf an der Seite des Apollo von Belvedere empor. Sie stellt eine Anspielung auf den Python der Mythologie dar.


Der Python (altgriechisch Πύθων Pýthōn) ist in der griechischen Mythologie ein Drache, der das Orakel von Delphi bewachte und von Apollon getötet wurde.

Im Braccio Nuovo der Vatikanischen Museen habe ich die Statue der Athena Giustiniani photographiert.


Leider habe ich die Erklärungstafel nicht photographiert, aber unter obigem Link liest man, dass die Schlange an der Seite der Göttin das Symbol ist für Erichthonios, eine Gestalt der griechischen Mythologie. Dieser spätere König von Attika wurde in seiner Kindheit von der Göttin Athene gepflegt.

Athene legte den ihr von Gaia anvertrauten Erichthonios in eine Kiste und übergab ihn so der Pandrosos, einer Tochter des Kekrops I., und deren Schwestern Herse und Aglauros, mit dem Gebot, die Kiste ja nicht zu öffnen. Die Schwestern der Pandrosos öffneten sie jedoch aus Neugierde und fanden das Kind in Schlangengestalt (oder mit Schlangenbeinen oder auch von Schlangen umringelt), worauf Athene die Pflege selbst übernahm.

In einem der Räume nach der Sixtinischen Kapelle habe ich die beiden folgenden Darstellungen photographiert:


Rechts erkennen wir die Allegorie einer der vier christlichen Kardinaltugenden, die Prudentia (Klugheit). Sie hält mit einer Hand einen Spiegel, mit der anderen eine Schlange.

Hauptattribute der Klugheit (prudentia) und Weisheit (sapientia): Die Schlange: Interessant an der Schlange ist vor allem ihre Doppeldeutigkeit. Die Griechen schrieben der Schlange Seherische Kräfte zu als Voraussicht der Klugheit. Der Spiegel: Klugheit wird als Selbstreflexion verstanden.​

Quelle: Tugenden.de | Tugenden.com

Bei der Darstellung links handelt es sich um die Allegorie der Iustitia (Gerechtigkeit).

In den Stanzen des Raffael, genauer im Saal des Konstantin, findet man in den Raumecken ebenfalls allegorische Darstellungen der Tugenden. Hier eine weitere Prudentia in Gesellschaft der Charitas:


Nicht nur in den Vatikanischen Museen, auch in anderen Monumenten, Museen und Palazzi trifft man Schlangen an:

2. In der Engelsburg

In der Sala Paolina der Engelsburg habe ich dieses Fresko photographiert. Dargestellt ist ebenfalls die Prudentia mit einem ihrer Attribute, der Schlange. Gemalt wurde sie von Girolamo Siciolante da Sermoneta (1521 bis 1575).

3. In der Centrale Montemartini ist diese Brunnenschale ausgestellt, die in den Gärten des Maecenas gestanden hat und aus der frühen Kaiserzeit stammt. Sie wurde beim Bau der Via Merulana 1875 entdeckt. Ihr Rand ist mit zwei Schlangen verziert.

4. Im Palazzo Massimo habe ich 2019 dieses Standbild der Göttin Athene photographiert. Ihre Aigis (Schultertuch oder Umhang) ist mit kleinen Schlangendarstellungen verziert.

Athene trägt die Aigis (...) als Schultertuch oder Umhang und wird so später auch auf den Vasen dargestellt. Die Aigis schützt zum einen ihren Träger und dient zum anderen dazu, Gewitter heraufziehen zu lassen. Wenn sie geschüttelt wird, führt das zu Blitz, Donner und dunklen Wetterwolken. (...) Von der Aigis abgeleitet ist die Redewendung „unter jemandes Ägide (Schutz, Obhut) stehen“.​
Quelle: Aigis – Wikipedia

5. Im Palazzo Altemps ist das folgende überlebensgrosse Standbild der Athena Parthenos mit Schlange ausgestellt. Es stammt aus der Sammlung Ludovisi.


Gefunden wurde sie 1627 auf dem Campo Marzio und 1631 von Alessandro Algardi umfassend restauriert und ergänzt.Siehe: Fichier:Athena Algardi Altemps Inv8626.jpg — Wikipédia. Sie erinnert mich stark an die Athena Giustiniani aus den Vatikanischen Museen vom Beginn dieses Beitrags.

Die Schlange ist neben der Eule ein heiliges Tier der Göttin und ein traditionelles Symbol der Weisheit.

Laut Nilsson geht der Athena-Kult auf die minoische Haus - und Schlangengöttin zurück. In den Hauskapellen der kretischen Minoer wird im 2. Jahrtausend v. Chr. eine Göttin verehrt, deren Tier die Schlange ist und die selbst als Schlange, aber zumeist in Vogelgestalt erscheint, eine für die kretische Religion normale Angelegenheit. Bei Homer treten später Götter des öfteren in Vogelgestalt auf, wobei Athena immer dabei ist. Die Schlange wird in der Kunst oft ein weiteres Attribut der Göttin in Erinnerung an ihre einstige Gestalt.​
Quelle: ***PALLAS ATHENE***
6. Im Palazzo Corsini habe ich zwei Schlangen gesehen:

Vor dem Eingang zur Galleria Corsini steht eine Statue der ägyptischen Königin Kleopatra. Die spätmanieristische, 2 Meter grosse Skulptur stammt aus dem Jahr 1574 und ist das Werk des zu diesem Zeitpunkt 23jährigen Pietro Paolo Olivieri (1551 bis 1599).


Olivieri hat die Königin im Moment des todbringenden Schlangenbisses abgebildet. In der linken, teilweise beschädigten Hand Kleopatras erkennt man die leider nicht vollständig erhaltene Schlange. Wie Kleopatra tatsächlich starb ist nicht sicher. Siehe: Kleopatra VII. – Wikipedia

Im Palazzo Corsini steht eine weitere Skulptur mit einer besser erhaltenen Schlangendarstellung. Die Skulptur ist ein Bildnis der Hygieia. Sie war in der griechischen Mythologie die Göttin der Gesundheit, Tochter des Heilgottes Asklepios (einer anderen Version zufolge dessen Frau). In Rom wurde sie auch als Bona Dea (Gute Göttin) verehrt. Sie ist mit einer aus einer Schale trinkenden Schlange dargestellt. Dieses Tier war ihr heilig.


7. Im Palazzo Carpegna (Sitz der Accademia di San Luca)

Dort befindet sich ein sehr schönes Werk Borrominis, das Innenportal vor dem Eingang zu seiner elliptischen Treppe. In der Mitte befindet sich ein Medusenhaupt mit Schlangenhaar.


Das schreckliche Medusenhaupt (Medusa) ist ein Unheil abwehrendes, magisches Schutz- und Schreckmittel und erinnert an den Schild der Pallas Athene (Siehe: Gorgoneion). Vgl.: Die Werke Francesco Borrominis

8. In den Kapitolinischen Museen

Ich erinnere mich an vier Kunswerke in den Kapitolinischen Museen, bei denen Schlangen eine Rolle spielen.

Das Double der oben gezeigten Brunnenschale aus der Centrale Montemartini:


Die Büste der Medusa mit dem Schlangenhaar von Gian Lorenzo Bernini. Siehe: Busto di Medusa | Musei Capitolini. Die Geschichte von Medusa jugendgerecht erzählt.


Ein als Herkules dargestellter Junge, der eine Schlange erwürgt. Siehe: Fanciullo raffigurato come Ercole che strozza i serpenti | Musei Capitolini. Herkules ging aus einer Liebschaft von Zeus mit Alkmene hervor und erdrückte im Alter von acht Monaten mit blossen Händen zwei Schlangen, die die eifersüchtige Zeus-Gattin Hera geschickt hatte, um ihn zu töten.


Eine Äskulap-Statue:


Attribut des Heilgottes Äskulap ist der Schlangenstab, an dem sich eine Natter emporwindet.

Asklepios soll zu seinen Lebzeiten, bei Wanderungen oder auf dem Weg zu Kranken, immer eine Äskulapnatter dabei gehabt haben, die sich um seinen Wanderstab ringelte. Einige Darstellungen zeigen sogar die Verehrung von Asklepios selbst in Schlangenform. In den griechischen Heiltempeln, die dem Gott Asklepios geweiht waren, wurden Schlangen gehalten.
Quelle: Äskulapstab – Wikipedia

9. In den Gärten der Villa Medici

Dort steht die Kopie einer Merkur-Skulptur des Künstlers Giambologna. Das Original befindet sich im Bargello in Florenz. Merkur hält den Caduceus (auch Merkurstab/Hermesstab) an dem sich zwei Schlangen mit einander zugewendeten Köpfen emporwinden.


10. An der Ara Pacis

In diesem und einigen nachfolgenden Beiträgen habe ich mich einmal mit anderen Foristi über die Darstellung verschiedener kleiner Tiere als Motive der Ara Pacis unterhalten. Dazu gehört auch eine Schlange, die ein Nest mit jungen Vögeln bedroht. Hier ein Photo aus dem weltweiten Netz:


11. Im Museum von Ostia Antica

Beeindruckend fand ich diese Statue der Isis Pharia oder Pelagia mit einer Schlange. Leider ist die Schlange nicht ganz mit ins Bild gekommem. Isis galt u.a. als Beschützerin der Seefahrer und wurde häufig auf einem Schiff stehend mit einem geblähten Segel in der Hand dargestellt. Zur Bedeutung der Schlange liest man auf der Seite des archäologischen Parks von Ostia:

The identification of the shrine took place after the discovery of a huge grey marble statue portraying a female figure, wrapped in drapery equipped with the snake Agathodaimon (“benevolent genius”) and displayed inside the Museum of Ostia Antica Archaeological Park.
Quelle: Temple of Isis - The archaeological area of the Temple of Isis - Fiumicino - Necropolis of Porto (Isola Sacra) - Archaeological Sites and Monuments - Archaeological Park of Ostia antica

Es handelt sich also bei der Schlange um die Darstellung eines wohlwollenden Schutzgeistes. Vgl.: Agathos Daimon – Wikipedia

12. In der Galleria Borghese

Dort kann man Caravaggios Madonna dei Palafrenieri bewundern.


Dargestellt ist, wie Maria und das Jesuskind im Begriff sind, eine Schlange zu zertreten. Hier eine Detailaufnahme. Die Schlange, eine Vierstreifennatter, steht für die Erbsünde. Maria gilt als von dieser Sünde frei geboren, Jesus wird durch seinen Tod am Kreuz die Menschen von der Sünde befreien.

13. Im Museo del Foro

Dort sind zwei Äskulapstatuen mit Schlangendarstellungen ausgestellt.



14. In der Domus Tiberiana

Zu besichtigen seit dem 21. September 2023. Siehe: Archäologischer Park des Kolosseums

****************

Im zweiten, den Schlangendarstellungen gewidmeten Beitrag, werden wir uns auf den Weg zu Schlangen im Stadtbild von Rom und in römischen Kirchen begeben.
 

Schlangen
Teil II

1. Schlangen in römischen Kirchen

Im ersten Teil habe ich ja bereits von der Allegorie einer der vier christlichen Kardinaltugenden berichtet, der Prudentia (Klugheit). Sie hält mit einer Hand einen Spiegel, mit der anderen eine Schlange. Solche Darstellungen findet man häufig in und an römischen Kirchen. Aber auch Schlangen mit anderen Bedeutungen kommen vor.

a) S. Marta al Collegio Romano
Prudentia mit ihrer Schlange hier an der Decke der ehemaligen Kirche S. Marta al Collegio Romano.

b) S. Maria in Aracoeli
Im Obergaden der Kirche sind Fresken aus dem 17. Jh. mit Szenen aus dem Marienleben dargestellt.

Sieben davon sind Werke des Franziskaners Fra Umile da Foligno. Dazu gehört auch die Verkündigungsszene auf der rechten Seite des Mittelschiffs.

Auch findet man folgendes Fresko der Immacolata Concezione mit der üblichen Darstellung der Schlange zu Marias Füssen.

c) Petersdom
Am und im Petersdom kenne ich zwei Darstellungen der Prudentia mit Spiegel und Schlange, habe aber noch keine eigenen Photos davon, und so verlinke ich vorläufig zu diesen Bildern aus dem weltweiten Netz: Skulptur der Prudentia aus dem 18. Jh. im Portikus von Giuseppe Lironi und Relief im Hauptschiff.

Weitere Prudentia-Darstellungen mit Schlange befinden sich z.B. in den Kirchen S. Giovanni in Laterano, S. Ignazio, S. Vincenzo e Anastasio a Trevi, S. Maria in Trastevere, S. Maria sopra Minerva, S. Andrea della Valle und S. Maria dell’Anima. Einen Blick kann man hier auf einige davon werfen. Ich freue mich schon, mich selbst auf ihre Spuren zu begeben.

d) Petersdom - Porta della morte
Wie bereits im Kapitel über Schildkrötendarstellungen erwähnt, hat Giacomo Manzù u.a. Tiere an der Porta della morte verewigt. Die Schildkröte ist auf dem Rücken liegend dargestellt, wie sie eben eine Schlange beisst.

Manzù hat mehrere Entwürfe der Tiere hergestellt, so waren z.B. 2016/17 zwei weitere Darstellungen der Schildkröte mit der Schlange in einer Ausstellung in der Engelsburg zu sehen.


Links: Tartaruga con serpe, 1962 - bronzo dorato
Rechts: Tartaruga con serpe, 1962 - bronzo dorato
Beide: Ardea, Museo Giacomo Manù​

e) S. Girolamo della Carità
Im schönen Paviment der dortigen Cappella Spada befindet sich eine Schlange im Kreismotiv vor dem Altar. Leider wusste ich das bei meinem bisher einzigen Besuch dort im Jahr 2010 noch nicht, und so kann ich kein Detailphoto anbieten. Im Photo unten rechts ist ein Teil der Schlange zu erkennen, wenn man von ihrer Existenz weiss.

f) S. Alessio auf dem Aventin
In einem Fünfkreismotiv neben dem Altar von S. Alessio hat der Pavimentkünstler eine Schlange verewigt, die sich in den eigenen Schwanz beisst.


Die Schlange besteht vor allem aus rotem und grünem Porphyr, hat spitze Zähne aus weissem Marmor und einen Augenring aus weissem Marmor rings um das grüne Porphyrauge. Porphyrdreiecke deuten die Schuppen der Schlange an. Die an Schlangenwindungen erinnernden Muster haben einen Pavimentkünstler wohl zu diesem kleinen Scherz angeregt. Aber vielleicht ist sie doch das Symbol für die Ewigkeit. Wer weiss das schon so genau!
Eine Schlange, die ihren Schwanz verschlingt (Uroborus), ist Symbol für die Ewigkeit (Schlangenring).
Quelle: 5.2 Tiersymbolik | diwilek.de. Vgl.: Ouroboros - Wikipedia

g) S. Maria del Priorato auf dem Aventin
Gian Battista Piranesi (1720-1778) hat die Schlange als dekoratives Motiv u.a. an der Fassade der Prioratskirche des Souveränen Malteserordens auf dem Aventin verwendet. Man erkennt zwei grosse Schlangen mit eingerollten Hinterkörpern rechts und links des Rundfensters von S. Maria del Priorato.


Im Kircheninnern findet sich die Schlange wieder, u.a. am Denkmal für den Künstler, welches dessen Urne enthält.
Dazu liest man in einem Beitrag auf der Webseite des Malteserordens:

Si nota anche la tomba del Piranesi nella seconda nicchia di destra [5]. L’aspetto funerario si esprime anche attraverso raffigurazioni fortemente simboliche, poco comuni in una chiesa tradizionale, come il sarcofago mortuario (visibile sopra la porta d’ingresso della chiesa e come pietra d’altare) e il serpente [6], la cui immagine è ricorrente sia sulla facciata, sia sul portone d’ingresso, sia come ornamento nelle nicchie della nave, di pari passo con il cranio (immagine della vanità, della morte, della vana gloria) e le torce a testa in giù (segno di morte nella cultura antica romana, così come per gli addetti del culto di Mitra).​
Quelle: Piranesi e l'Ordine di Malta

Übersetzt bedeutet das sinngemäss: In der zweiten Nische auf der rechten Seite ist auch das Grab von Piranesi zu sehen. Der Aspekt des Begräbnisses kommt auch durch symbolträchtige Darstellungen zum Ausdruck, die für eine traditionelle Kirche ungewöhnlich sind, wie der Sarkophag (sichtbar über der Eingangstür der Kirche und als Altarstein) und die Schlange, deren Bild sowohl an der Fassade als auch an der Eingangstür und als Ornament in den Nischen des Kirchenschiffs wiederkehrt, zusammen mit dem Totenkopf (Bild der Eitelkeit, des Todes, des eitlen Ruhmes) und den nach unten weisenden Fackeln (Zeichen des Todes in der antiken römischen Kultur, auch für die Anhänger des Mithraskults).

Besonders interessant ist die Fussnote Nummer 6:
Il serpente nel mondo antico non ha il significativo negativo che gli attribuì la chiesa cattolica. Per gli egiziani, il serpente è l’animale che porge l’enigma al Faraone morente per superare le porte della morte. Per gli etruschi, il serpente è sinonimo di forza positiva e d’immortalità, legato alla morte e all’al di là, idea ripresa dopo dai Romani che collegarono la sua immagine alla dea Giunone per la quale fu elevato un tempio vicino sull’Aventino. Per cui il colle Aventino nell’antichità prese anche il nome di Mons serpentarius (colle dei serpenti). Il serpente infine è collegato al dio della medicina Esculapio, allusione alla vocazione ospedaliera e medica dell’Ordine di Malta.​

Übersetzt bedeutet das sinngemäss: Die Schlange hatte in der antiken Welt nicht die negative Bedeutung, die ihr von der katholischen Kirche zugeschrieben wird. Für die Ägypter ist die Schlange das Tier, das dem sterbenden Pharao das Rätsel aufgibt, wie er die Pforten des Todes überwinden kann. Für die Etrusker ist die Schlange ein Synonym für positive Kraft und Unsterblichkeit, verbunden mit dem Tod und dem Jenseits, eine Idee, die später von den Römern aufgegriffen wurde, die das Bild der Schlange mit der Göttin Juno in Verbindung brachten, für die ein nahe gelegener Tempel auf dem Aventin errichtet wurde. Daher trug der Aventin in der Antike auch den Namen Mons serpentarius (Hügel der Schlangen). Schließlich wird die Schlange mit dem Gott der Medizin Äskulap in Verbindung gebracht, eine Anspielung auf die medizinische Mission des Malteserordens.

Bleiben wir noch kurz auf dem Aventin. An der Piazza dei Cavalieri di Malta befindet sich das Eingangstor der Magistralvilla, dem institutionellen Sitz des Souveränen Malteserordens. Im Bildfeld links oben über dem Portal befindet sich unter den Motiven auch eine Schlange. Leider habe ich kein anderes Photo als das folgende, werde es aber so schnell wie möglich durch ein besseres ersetzen.

Nella piazza, concepita come uno spazio chiuso autonomo, alle cui pareti si alternano fastigi di pace e guerra impressi nel marmo e nello stucco, Piranesi non esita ad aggiungere alla retorica guerriera il repertorio etrusco romano a lui caro come la lira, il cammeo, la cornucopia, il serpente e l’ala d’uccello.​
Quelle: Piranesi e l'Ordine di Malta

D.h.: Auf dem Platz (...), an dessen Wänden sich in Marmor und Stuck gearbeitete Motive des Friedens und des Krieges abwechseln, zögert Piranesi nicht, der Kriegerrhetorik das ihm liebgewordene römisch-etruskische Repertoire hinzuzufügen, wie die Leier, die Kamee, das Füllhorn, die Schlange und den Vogelflügel.

2. Schlangen im römischen Stadtbild

a) Piazza di Spagna - Säule der Unbefleckten Empfängnis

Die Figur der Jungfrau ruht auf einem Globus mit einer Mondsichel, einer Schlange und den Symbolen der Evangelisten. Die Statue wurde von Giuseppe Obici für das vom Architekten Luigi Poletti entworfene Denkmal zum Dogma der Unbefleckten Empfängnis geschaffen. Es wurde am 5. August 1857 von der römischen Feuerwehr an der Spitze des Denkmals angebracht.

Die Schlange ist hier als biblisches Symbol für die Erbsünde zu verstehen und wird von der Jungfrau Maria zertreten. Von unten ist die Schlange mit blossem Auge schwer zu sehen, aber mit etwas Geduld bei der "Schlangenjagd" ;) kann eine Kamera mit Zoom sie ablichten. Hier ein Photo, das mir freundlicherweise zur Verfügung gestellt wurde, und zwei Details daraus:


Ein schönes Photo auch von den Vigili del Fuoco.

b) Piazza della Rotonda - Madonnella "tutta bella"
Die schöne grosse Madonnella an der Piazza della Rotonda stellt, wie im vorigen Beispiel, ebenfalls eine Immacolata dar. Typisch sind der blaue Mantel, die über der Brust gekreuzten Hände und unter ihren Füssen die Weltkugel, die Mondsichel und die Schlange. Der Stuckrahmen ist sehr elegant und oben mit der Taube des heiligen Geistes verziert. Am Fuss des Freskos befindet sich eine Inschrift aus dem Hohelied, die in eine mit Lilien geschmückte Kartusche eingefasst ist: "Tota pulchra es, amica mea, et macula non est in te", oder "Schön bist du, meine Freundin, in allem, und kein Makel ist an dir!".

Das Fresko stammt aus der Mitte des 18. Jahrhunderts.


Bald nach der Entstehung dieses Photos wurde das hellblaue Haus eingerüstet.


Wie die Webcam zeigt, dauert die Baustelle aktuell noch an. Ich bin gespannt, wie Fresko und Fassade sich nach der Restaurierung präsentieren werden.

c) Hausmadonna Ecke Via della Gatta/Piazza del Collegio Romano
An der Ecke des Palazzo Doria Pamphilj befindet sich eine Hausmadonna, eine Madonna Immacolata von 1796. Gemalt hat die sitzende Madonna, deren Füsse auf der Mondsichel stehen, der Maler Antonio Concioli. Sie hält eine kleine rote Katze in den Armen. Im März 2023 habe ich Palazzo und Madonnella frisch restauriert angetroffen.


Unter den Füssen der Madonna erkennt man nicht nur die Mondsichel, sondern auch eine Schlange. Dazu:

Wesentlich ist, dass Maria mit einem Fuß auf dem Kopf der Schlange steht, die die Erbsünde und in weiterer Folge das Böse allgemein symbolisiert. Das Motiv der Immaculata ist seit dem 17. Jh. nachweisbar. Meist ringelt sich die Schlange um die als Weltkugel dargestellte Erde.
Quelle: Immaculata

c) Palazzo della Sapienza
Francesco Borromini war zu Beginn des 17. Jahrhunderts u.a. zuständig für die Fertigstellung des Gebäudeflügels der Universität in Richtung S. Eustachio. Über einem Tor an der Piazza S. Eustachio erkennt man allegorische Ornamente, die Borromini an der Balustrade eines Balkons einfügte. Ich habe die Darstellung leider immer nur in einem unwürdigen, verschmutzten Zustand gesehen.

Buch, Schwert und Waage (links) sind eine Anspielung auf die juristischen Disziplinen der Universität. Schlange und Spiegel (rechts) auf die medizinischen. So jedenfalls zu entnehmen folgendem Beitrag von der Seite des heute im Palazzo della Sapienza beheimateten Archivio di Stato: Il palazzo della Sapienza - Archivio di Stato di Roma

Le vedute del cortile dell’edificio e del prospetto su piazza S. Eustachio permettono di apprezzare appieno la cupola della chiesa borrominiana che svetta dal corpo mediano del palazzo e gli ornati allegorici inseriti da Borromini nel cornicione, sui finestroni, tra le mensole e le balaustre dei balconi (libro, spada, bilancia, allusivi alle discipline giuridiche, serpente e specchio a quelle mediche).​

Zum Verhältnis Schlange und Medizin siehe auch hier:
Im Altertum wurde sie schließlich zum Symbol der Heilkunde. Ihre Charakteristika „Verjüngung durch Häutung“, „Scharfsichtigkeit/Wachsamkeit“ sowie „Heilkraft“ (aus Schlangenfleisch wurden Pharmaka hergestellt) machten sie zum Sinnbild ärztlicher Tugenden und zeigten so die Vorzüge der Medizin.
d) Tiberinsel
Hat die Schlange uns eben schon zum Bereich der Medizin geführt, so tut es der Äskulapstab mit der Schlange auf der Tiberinsel in vielleicht noch stärkerem Mass.


Oft habe ich auf die Tiberinsel geblickt und mir folgende Geschichte mit historischem Bezug vor Augen gehalten:

Es geschah 292 oder 291 v. Chr. Eine schreckliche Pestepidemie suchte die Stadt heim. In ihrer Not entsandten die Oberen eine Delegation nach Epidauros auf der griechischen Peloponnes, dem Kultplatz des Gottes der Heilkunst Asklepios. Das römische Kriegsschiff, eine Trireme, kehrte mit einer heiligen Schlange an Bord zurück. In Höhe der Tiberina glitt die Schlange ins Wasser und schwamm zur Insel. Für die Römer kam das einer Aufforderung gleich, hier dem Gott der Heilkunst einen Tempel zu errichten und so geschah es. Im Jahre 289 v. Chr. wurde der Tempel geweiht. Er begründete eine Tradition als Heilstätte, die noch heute vor Ort lebendig ist. Das Heiligtum war eine Art Sanatorium. Seine Patienten begaben sich zum Schlaf in den Tempel, darauf hoffend, ihnen möge im Traum der Arzt mit tröstenden Worten und medizinischen Ratschlägen erscheinen.
Zur Erinnerung an die beschwerliche Reise der Trireme und ihren guten Ausgang ließ man die schiffsähnlichen Konturen der Insel an einigen Stellen besonders hervorheben. So wurde an der flussabwärts gerichteten Inselspitze ein mit Travertin verkleideter Schiffsschnabel (Rammsporn) angebracht, den ein heute stark verwittertes Relief des Asklepios (Äskulap) mit dem Äskulapstab schmückt.
Quelle: Die Tiberinsel (Isola Tiberina)

e) Piazza Navona - Vierströmebrunnen und Neptunbrunnen
Der Vierströmebrunnen in der Mitte der Piazza Navona ist nicht nur berühmt für seine Versinnbildlichungen in Männergestalt von Donau (für Europa), Ganges (für Asien), Nil (für Afrika) und Rio della Plata (für Amerika), sondern auch für die begleitenden Tierdarstellungen. Um den Brunnen herum sind Tiere und Pflanzen verteilt, die mit den Kontinenten in Verbindung stehen. Das Pferd ist der Donau zugeordnet, der Drache dem Ganges, der Löwe dem Nil, das Gürteltier dem Rio della Plata. Doch uns interessieren in Zusammenhang mit diesem Beitrag die Schlangen. Im nördlichen Teil des Wasserbeckens findet eine Meeresschlange, von der ich leider noch kein eigenes Photo besitze, daher hier der Rückgriff auf ein Photo von Wikipedia. Auf den Felsen am Fuss des Obelisken findet man folgende prächtige Landschlange mit weit aufgerissenem Maul und vorschnellender Zunge:

Weniger auffallend ist die Präsenz von mindestens einer Wasserschlange am Neptunbrunnen. Der Bildhauer Gregorio Zappalà (1833-1908) hat eine Brunnenmaske mit Putto, Schnecke, Schlange, Krabbe und Schildkröte (leider seit vielen Jahren kopflos) angefertigt.

Ob sich in Gesellschaft der übrigen Masken ebenfalls Schlangen finden lassen, werde ich mir noch ansehen.

f) Villa Torlonia - Casina delle Civette
Am Fuss dieses Türmchens befindet sich folgende imposante Schlangendarstellung:

 
Zuletzt bearbeitet:
Vielen Dank für diesen wieder schönen und informativen Berichtsteil.
Die Schlange, eine Vierstreifennatter, steht für die Erbsünde. Maria gilt als von dieser Sünde frei geboren, Jesus wird durch seinen Tod am Kreuz die Menschen von der Sünde befreien.

Bisher war ich nur einmal in der Galleria Borghese und war von der Madonna dei Palafrenieri damals so begeistert, dass ich mich gar nicht von ihr losreißen konnte. Schön, dass Du mich mich an diesem Moment erinnert hast - und sollte ich noch einmal vor diesem Gemälde stehen, dann weiß ich um welche Gattung von Schlange es sich handelt.
 
Lieber Padre, liebe Gauki, liebe ColleMarina und lieber mystagogus,
gerne sehe und lese ich, dass der erste Schlangenbeitrag keine zu schwere Kost war, sondern schöne Erinnerungen und Interesse geweckt hat. Ich bin noch damit beschäftigt mich zu dokumentieren um weiteren Schlangen hier in Wort und Bild zu ihrem Auftritt zu verhelfen. Dabei erfahre ich auch noch allerlei Genaueres zu bekannten Orten. Man achtet ja nicht immer auf alle Details. :)
 
Liebe Simone,

wieder ein sehr lesenswerter u. interessanter Beitrag (auch wenn ich Schlangen in natura nicht mag),
der dazu anregt, noch intensiver auf Darstellungen und die damit verbundenen Details zu achten.
 
Liebe lukasi,

besten Dank für deine positive Reaktion. Auch mir werden die echten Schlangen immer etwas unheimlich bleiben, aber ich fand die Vielfalt der Symbolik in Kunst, Mythologie und Religion interessant. Bis zum 2. Teil wird es allerdings noch ein wenig dauern.
 
Liebe Simone, diesen Teil deines bunten Reigens römischer Tiere musste ich mir tatsächlich in einzelnen Häppchen zu Gemüte führen und ich bin erst jetzt damit fertig geworden.
Ganz fantastisch, was du bis jetzt zum Thema Schlangen zusammen getragen hast. Man denkt ja zunächst "nur" an die Schlangen, die bei Äskulapdarstellungen zu sehen sind. Dass es darüber hinaus auch noch so viele andere gibt, war mir nicht so bewusst, auch wenn ich viele davon durchaus auch schon gesehen habe.
Hochinteressant finde ich die Informationen zur Laokoongruppe, die ganz neu für mich waren.
Meine Favoriten aus diesem Beitrag sind die Brunnenschale aus der Centrale Montemartini und der kleine Herkules. Aber faszinierend sind sie natürlich alle.
 
Liebe ColleMarina,
herzlichen Dank für dein Interesse und dein freundliches Lob. Ich freue mich besonders, dass ich dir mit den Links zur Laokoongruppe noch zu neuen Informationen verhelfen konnte. Die Brunnenschale aus den Gärten des Maecenas finde ich auch wunderschön. Schlangen an anderen Brunnen werden wir noch in Teil II sehen.
 
Liebe Simone,
Danke für die Fortsetzung des Reigens! Ich mag „echte“ Schlangen überhaupt nicht, aber in der Kunst- und Kulturgeschichte sind die Viecher nicht wegzudenken.
Da schadet es nicht, sich wieder mal mit ihnen zu beschäftigen.
Ich bin schon auf den nächsten Teil neugierig.
 
Ich habe dem Beitrag "Tauben Teil 1" zwei neue Photos von Taubendarstellungen aus S. Agnese in Agone an der Piazza Navona hinzugefügt.

Je eine Taubendarstellung findet man am Boden vor dem Altar der heiligen Agnes in Flammen und jenem des heiligen Sebastian:

Inzwischen herrscht nämlich kein generelles Photographierverbot mehr in der Kirche. Siehe: S. Agnese in Agone - kein generelles Photographierverbot mehr
 
Zurück
Oben